8678/J XXIV. GP

Eingelangt am 31.05.2011
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Spadiut

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend Drogenstrategie und Substitutionsbehandlung in Österreich

 

In den letzten Jahren haben sich viele ÄrztInnen aus der Substitutionsbehandlung opioidabhängiger PatientInnen zurückgezogen. Die Versorgungssituation in vielen Regionen Österreichs ist daher nicht mehr gewährleistet. Laut ÖBIG Bericht 2010 ist beispielsweise in Oberösterreich die Anzahl der substituierenden ÄrztInnen von 200 auf 80 zurückgegangen, in der Steiermark gab es vor drei Jahren noch 70 substituierende ÄrztInnen, heute sind es nur mehr 17 und damit ganze Bezirke unversorgt.

Die Ursachen für den Rückzug liegen einerseits in den hohen Auflagen für behandelnde Ärzte durch die Weiterbildungsverordnung 2007, die auch durch die VO 2009 nicht mehr korrigiert werden konnte, andrerseits aber auch im Fehlen von Honorarvereinbarungen zwischen Ärztekammern und Gebietskrankenkassen in den meisten Bundesländern. Lediglich in Wien, Oberösterreich und Teilen Tirols gibt es Abrechnungsmöglichkeiten.

 

Von den geschätzten 25.000 bis  30.000 Opioidabhängigen in Österreich sind laut aktuellem ÖBIG- Bericht nur ca. 13.500 in Substitutionsbehandlung. Der Rest besorgt sich Heroin oder missbräuchlich verwendete Drogenersatzmittel auf dem Schwarzmarkt. Damit liegt Österreich bei der Erfassungsrate EU-weit nur im Mittelfeld. Verschärft wird die Situation noch dadurch, dass es nach wie vor keine einheitliche nationale Drogenstrategie mit konkret definierten Zielen für eine osterreichweite Drogenpolitik gibt.

Ein weiteres Manko ist die schlechte Datenqualität. Trotz mittlerweile von der Österreichischen Gesellschaft für Gerichtliche Medizin entwickelter „Leitlinien zur Obduktion von suchtgiftbezogenen Todesfällen“, wird in vielen Verdachtsfällen nach wie vor keine entsprechende Obduktion durchgeführt.

 

In Österreich besteht der dringende Bedarf an vertiefender wissenschaftlicher Erforschung der Drogenszene (siehe auch Bericht der Gesundheit Österreich GmbH „Suchtgiftbezogene Todesfälle 2009“), um Klarheit über die Dimension der Szene zu erhalten und um die Hintergründe des Konsumverhaltens zu beleuchten. Bis heute kann niemand das Drogen-Problem in Österreich seriös eingrenzen, um daraus sinnvolle Maßnahmen abzuleiten.

 

Vor diesem Hintergrund richten die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für Gesundheit folgende


Anfrage

 

1.      Wie viele opioidabhängige Menschen gibt es aktuell in Österreich und wie viele davon befinden sich in einer Substitutionsbehandlung? (Bitte um Angaben aufgeschlüsselt nach Bundesländern).

 

2.      Wie viele substituierende ÄrztInnen gab es - aufgeschlüsselt nach den einzelnen Bundesländern - im Jahr 2007 und wie viele gibt es aktuell?

 

3.      Welche Maßnahmen wurden von Ihnen bisher ergriffen bzw. ergreifen Sie, um die Anzahl der substituierenden ÄrztInnen im niedergelassenen Bereich zu erhöhen?

 

4.      Ist es für Sie gerechtfertigt, dass nur in einigen wenigen Bundesländern eine Kassen-Abrechnungsmöglichkeit für substituierende Ärzte besteht, wenn ja, warum, wenn nein, warum nicht?

a.      Wie schätzen Sie diese Tatsache hinsichtlich der Bereitschaft zur Substitution ein?

b.      Welche Maßnahmen werden angedacht, um eine einheitliche Leistungsabrechnung für substituierende Ärzte im niedergelassenen Bereich zu erreichen?

 

5.      Ist es Ihr gesundheitspolitisches Ziel, mehr opioidabhängige Menschen in eine Ersatztherapie zu bringen?

a.      Wenn ja, wie hoch soll der Prozentsatz der Erfassungsrate sein?

b.      Wenn ja, wie konkret wollen Sie das Ziel erreichen?

c.       Wenn nein, warum nicht?

 

6.      Was unternehmen Sie, um das Problem des Missbrauchs von Drogenersatzmitteln zahlen- und  datenmäßig zu erfassen?

 

7.      Welche Maßnahmen setzen Sie, um den Missbrauch von Drogenersatzmitteln einzudämmen?

 

8.      Haben Sie vor eine einheitliche nationale Drogenstrategie zu erarbeiten?

a.      Wenn ja, wann und welcher Zeitplan ist dafür vorgesehen?

b.      Wenn nein, warum nicht?

 

9.      Was unternehmen Sie, um eine Obduktion bei möglichst allen Verdachtsfällen hinsichtlich suchtgiftbezogener Todesfälle sicherzustellen, und damit die Datenqualität zu verbessern sowie gegebenenfalls entsprechende Präventionsmaßnahmen abzuleiten?

 

10.  Welche Maßnahmen setzen Sie konkret, um dem, im ÖBIG-Bericht „Suchtgiftbezogene Todesfälle 2009“ festgestellten „dringenden Bedarf an vertiefender wissenschaftlicher Erforschung der Drogenszene“ (zur Generierung von Zahlenmaterial und Informationen über Hintergründe des Konsumverhaltens sowie gesundheitsbezogene Bedürfnisse der Betroffenen) zu entsprechen?