8679/J XXIV. GP
Eingelangt am 31.05.2011
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ANFRAGE
der Abgeordneten Stefan Markowitz
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Durchsetzung von Besuchsrechtsbeschlüssen
Im Falle einer Trennung oder Scheidung von Paaren entscheidet das Pflegschaftsgericht - wenn sich die Eltern nicht auf eine Gemeinsame Obsorge einigen können - darüber, an wen die alleinige Obsorge über die minderjährigen Kinder zu übertragen ist.
Mit diesem Beschluss wird auch das Besuchsrecht des nicht obsorgeberechtigten Elternteils festgelegt. Wenn nun der obsorgeberechtigte Elternteil diesen Beschluss missachtet, gibt es die Möglichkeit der Durchsetzung dieses Beschlusses mit den Mitteln einer Geld- oder Beugestrafe. Wie aus zahlreichen Beschwerden hervorgeht, die uns von betroffenen BürgerInnen zugetragen wurden, wird dieses Mittel aber offenbar von den Pflegschaftsgerichten praktisch nicht angewendet.
Gängige Praxis ist es offenbar, dass der obsorgeberechtigte Elternteil das Besuchsrecht der Kinder straflos verhindern beziehungsweise sogar vereiteln kann. In diesem Fall wird nicht nur das Recht des Kindes auf Umgang mit beiden Elternteilen ignoriert, es wird vom obsorgeberechtigten Elternteil auch ein rechtsgültiger Beschluss eines österreichischen Gerichtes missachtet. Durch die Missachtung der gerichtlich angeordneten Besuchskontakte besteht auch die Gefahr der Entfremdung der Kinder vom nicht obsorgeberechtigten Elternteil, was eine massive Gefährdung des Kindeswohles, der Gesundheit und der Entwicklung der Kinder bedeutet. Diese Schädigung des Kindeswohles ist mittlerweile durch zahlreiche wissenschaftliche Studien nachgewiesen worden. Kürzlich erging auch ein Erkenntnis des Obersten Gerichtshof, durch welches dem um sein Besuchsrecht geprellten Kindesvater Schmerzensgeld zugesprochen wurde.
Vor dem Hintergrund des aufgezeigten Sachverhaltes stellen daher die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Justiz nachstehende
Anfrage
1. In wie vielen Fällen der Nichtbeachtung eines gerichtlichen Besuchsrechtsbeschlusses hat der/die Richter(in) gegenüber dem obsorgeberechtigten Elternteil eine Geld-oder Beugestrafe verhängt?
2. Nach welchen Kriterien wird über eine Geld-oder Beugestrafe entschieden?
3. Warum wird in der weit überwiegenden Zahl der Fälle der Nichtbeachtung eines gerichtlichen Besuchsrechtsbeschlusses keine Geld-oder Beugestrafe verhängt?
4. Stellt die Missachtung gerichtlicher Beschlüsse einen Hinweis dar, dass der obsorgeberechtigte Elternteil nicht erziehungsfähig ist und damit auch nicht obsorgefähig? Wenn ja, welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die richterliche Entscheidung? Wenn nein, warum nicht?
5. Warum behalten obsorgeberechtigte Elternteile, die sich erwiesenermaßen mehrmals nicht an den gerichtlichen Besuchsrechtsbeschluss halten, die Obsorge?
6. Ist RichterInnen die Duldung der Missachtung der eigenen Besuchsrechtsbeschlüsse mit der sie auch eine mögliche Schädigung der Gesundheit von Kindern in Kauf nehmen, vorzuwerfen? Wenn ja, welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Wenn nein, warum nicht?
7. Erfüllen RichterInnen im Falle einer Bejahung der Frage 5 einen strafrechtlichen und/oder disziplinärenTatbestand? Wenn ja, welchen? Wenn nein, warum nicht?
8. Ist die Duldung der Missachtung der eigenen Besuchsrechtsbeschlüsse österreichischer RichterInnen mit den verfassungsmäßig gewährleisteten Rechten der Kinder auf Kontakt zu beiden Elternteilen vereinbar? Wenn nein, welche Konsequenzen leiten sich daraus für den /die Richter(in) ab?
9. Welche Möglichkeiten gibt es, gerichtliche Besuchsrechtsbeschlüsse durchzusetzen, wenn der/die Richter(in) nicht zum Mittel der Geld- oder Beugestrafe greifen möchte?
10. Welche Möglichkeiten hat ein Kind, seinen Wunsch nach Kontakt zum nichtobsorgeberechtigten Elternteil durchzusetzen, wenn der obsorgeberechtigte Elternteil sich nicht an den gerichtlichen Besuchsrechtsbeschluss hält?
11. Wird der nicht obsorgeberechtigte Elternteil im Falle einer sanktionslosen Missachtung der Besuchsrechtsbeschlüsse in seinen verfassungsmäßig gewährleisteten Rechten diskriminiert?
12. Wie lässt sich die sanktionslose Missachtung richterlicher Beschlüsse mit den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit vereinbaren?