8683/J XXIV. GP
Eingelangt am 31.05.2011
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ANFRAGE
des Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Gesundheit
betreffend schadhafte Hüftprothesen-Implantate
In Deutschland sorgen sich derzeit wieder tausende Träger eines künstlichen Hüftgelenks: Der Hersteller DePuy, eine Tochter von Johnson & Johnson, musste ein Produkt wieder vom Markt nehmen. 5500 Patienten hatten diese Prothese erhalten. Laut dem Magazin Der Spiegel mussten bereits tausende Implantate viel früher als vorgesehen ausgetauscht werden, der größte Schadensfall in der deutschen Medizingeschichte drohe[1].
In
Österreich wird dieses spezielle Modell bereits seit Juli 2010 nicht mehr
auf den Markt gebracht, hieß es bei der Agentur für Gesundheit und
Ernährung (AGES). Bereichsleiter Reinhard Berger im Kurier vom 19. April
2011[2]:
"Der Hersteller hat alle dieses Produkt implantierenden Kliniken
betreffend Risiken informiert." Die Kliniken seien ihrerseits
verpflichtet, ein Implantationsregister zu führen: "Somit können
die Krankenhäuser ihre betroffenen Patienten entsprechend nachverfolgen.
Das liegt ausschließlich im Bereich und der Verantwortung der
behandelnden Ärzte." Im Gegensatz dazu existiere in Deutschland kein
umfassendes derartiges Register.
Dies habe sich hierzulande bereits bewährt: "Wir verfügen in
Österreich über ein - freiwilliges - systemisches Register mit
elektronischer Erfassung. Jede Komponente ist darin nachvollziehbar. Das
funktioniert sehr gut", sagt Univ.-Prof. Reinhard Windhager, Leiter der
UniKlinik für Orthopädie in Wien. Er hat am Aufbau dieser Sammelstelle
mitgewirkt. Zudem nutze man im Wiener AKH eine sogenannte Radiosystemische
Analyse (RSA), mit der die Stabilität der Prothesen beurteilt wird.
"Man analysiert sehr früh kleine Patientengruppen recht genau.
Dadurch kann man schon nach ein oder zwei Jahren Aussagen über die
Haltbarkeit machen."
Probleme mit künstlichen Hüftgelenken kommen allerdings trotzdem immer wieder vor. "Materialfehler sind aber sehr selten", betont Gerald Bachinger, Leiter der NÖ Patientenanwaltschaft, im selben Artikel.
In Österreich sind nun allerdings nach neueren Informationen (Ö1- Morgenjournal vom 2. Mai 2011[3]) Probleme mit genau diesen Hüftgelenken von DePuy aufgetreten.
Die Vorarlberger Krankenhausbetriebsgesellschaft habe danach bereits 99 PatientInnen darüber informiert, dass ihre Hüftprothesen möglicherweise Mängel hätten und ersetzt werden müssten. Zuerst waren nur Fälle aus Vorarlberg bekannt, wie Christoph Grager, Jurist der dortigen Patientenanwaltschaft, im Morgenjournal sagte. Ob die Gelenke von DePuy auch in anderen Bundesländern eingesetzt wurden, sei noch nicht klar. Immerhin scheine es nicht so zu sein, dass sie in Österreich „in großem Stil eingesetzt“ worden seien.
In Österreich ist im Medizinproduktegesetz im 4. Abschnitt in §73 und §74 das Implantatregister bzw. die Verfolgbarkeit von Medizinprodukten geregelt[4]. Laut Gesetz (§73a) ist die Gesundheit Österreich GmbH berechtigt, ein Implantatregister für orthopädische Implantate zu führen. Ebenso kann der Gesundheitsminister verfügen bzw. durch Verordnung vorschreiben, dass es Anwendungsbeobachtungen gibt (§74). Alle österreichischen Krankenanstalten haben nach der Medizinproduktebetreiberverordnung[5] auf Basis des Medizinproduktegesetzes ein verpflichtendes Implantatregister zu führen.
Diese lokalen dezentralen Register in den einzelnen Krankenanstalten, verpflichten die Anstalten, neben Herstellern auch Datum und Operateur einzutragen. Was fehlt, ist allerdings eine flächendeckende österreichweite Datenbank, wie etwa ein nationales Hüftendoprothesenregister, am erfolgreichen Beispiel von Schweden[6].
Ziel eines Hüftendoprothesen-Registers ist es, die Behandlungsqualität im Bereich der Hüftendoprothetik auch in Österreich zu beurteilen und zugleich ein Frühwarnsystem für allfällig fehlerhafte Produkte einzurichten. Nur mithilfe dieses Registers ist es möglich, Verlaufskontrollen bundesweit einheitlich zu erfassen und Daten über Behandlungserfolge bzw. über Unterschiede bei der Verwendung von Implantaten verschiedener Hersteller zu generieren. Um den Datenpool zu vergrößern und so frühzeitig mangelhafte Implantate erkennen zu können, sollen die österreichweiten Daten auch für internationale Vergleiche herangezogen werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
[2] http://kurier.at/nachrichten/gesundheit/2091962.php
Sorgloser Hüftschwung mit Implantaten vom 19.4.2011
[3] http://oe1.orf.at/artikel/275950
[5] Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend über das Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens (Medizinproduktebetreiberverordnung - MPBV) StF: BGBl. II Nr. 70/2007
[6] https://www.jru.orthop.gu.se/ Swedish National Hip Arthroplasty Register
[8] http://www.basg.at/news-center/news/news-detail/article/information-zu-hueftimplantaten/