8766/J XXIV. GP

Eingelangt am 15.06.2011
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ANFRAGE

der Abgeordneten Josef Bucher

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Finanzen

betreffend Genug gezahlt für Anleihenankäufe der Nationalbank

 

Im Zusammenhang mit der Präsentation der jüngst veröffentlichten Bilanz der Österreichischen Nationalbank für 2010 blieben einmal mehr Fragen offen, die für die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler von erheblichem Interesse sind. Insbesondere die beharrliche Weigerung des Notenbank-Gouverneur, Ewald Nowotny, darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Ausmaß sich die OeNB im Besitz von ausländischen Staatsanleihen befindet oder etwa auch darüber, wo sich die Goldreserven der Nationalbank befinden, erfüllt die unterfertigten Abgeordneten mit einiger Verwunderung.

Ebenso führen Interviews von Gouverneur Nowotny in seiner Rolle als EZB-Rat immer wieder zu widersprüchlichen Aussagen, bzw. nähren diese den Verdacht, dass die EZB einer Umschuldung Griechenlands, wie sie von immer mehr Ökonomen gefordert wird, deshalb so feindselig gegenüber steht, weil die EZB sich bereits in einem Ausmaß in Besitz von Papieren befindet, das bei einer Umschuldung unter Umständen die gesamte EZB gefährden könnte.

Auch im Zusammenhang mit den Einschätzungen des Gouverneurs Nowotny, bzgl. der Entwicklung der Inflation, erscheinen diese als nicht sehr fundiert. Entweder der Generaldirektor ist ein unverbesserlicher Optimist und er unterschätzt deshalb ständig die Preisentwicklung oder aber er versucht der Bevölkerung die wahre Entwicklung der Preise vorzuenthalten. Jedenfalls bestreitet er seit Monaten eine Verschärfung der Inflation und leugnet beharrlich die Gefahr auch langfristig hoher Inflationsraten.

Interessant ist es weiters, dass der Gouverneur die Reform der Nationalbank für abgeschlossen erklärt. Dies kann in Anbetracht der unglaublichen Privilegien, vor allem der seit Längerem im Dienste der Nationalbank stehenden Mitarbeiter, der nach wie vor nicht gelösten Frage des Wohnungsbesitzes der Nationalbank, sowie der milliardenschweren Pensionsvorsorgen, nur als blanker Hohn gegenüber den durchschnittlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler angesehen werden.

Seit Juli 2010 befindet sich die Nationalbank im Alleinbesitz der Republik Österreich und ist somit die Finanzministerin alleinige Eigentümervertreterin. Der oftmals für das Verhalten des Gouverneurs ins Treffen geführte Umstand, dass die Notenbank als Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken personell, finanziell und institutionell unabhängig agiert, kann den Gouverneur jedenfalls nicht von den basalsten Informationspflichten entbinden und den Eigentümer von diesen ausschließen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesminister für Finanzen in ihrer Rolle als alleinige Eigentümervertreterin folgende

Anfrage:

 

1.       Teilen Sie die Meinung des OeNB-Gouverneur Nowotny, dass die Diskussion bezüglich des Abbaus der unglaublichen Privilegien der Mitarbeiter der Nationalbank abgeschlossen ist?

a.       Falls nein, welche Schritte werden Sie als Eigentümervertreterin setzen, um die offenbar für die Verantwortlichen in der Nationalbank abgeschlossene Diskussion wieder aufzunehmen?

b.      Falls ja, warum?

2.       Wie sehen Sie als alleinige Eigentümervertreterin die Auskunftsverweigerung der OeNB betreffend die Zusammensetzung des Wertpapierbestandes, insbesondere darüber, welche griechischen Anleihen bzw. andere Staatsanleihen von Euromitgliedsstaaten sich im Besitz der Nationalbank befinden?

3.       Welche Staatsanleihen zu welcher Bewertung hält die Nationalbank zum Stichtag 1. Juni 2011?

4.       Welche weiteren Wertpapiere hält die Nationalbank, insbesondere sog. „Asset Backed Securities“ und zu welchen Bewertungen?

a.       Falls ja, wie stehen Sie als alleinige Eigentümervertreterin zu Ihrer Verantwortung gegenüber dem österreichischen Steuerzahler?

5.       Halten Sie es als alleinige Eigentümervertreterin einen Generaldirektor der Nationalbank für seriös, der sich in seiner Rolle als EZB-Rat am 13. Mai 2011 in der Zeitschrift „Focus“ daran stößt, dass Griechenland die Auflagen von EZB, IWF und EU nicht erfüllt, während er am 15. Mai 2011 gegenüber der Nachrichtenagentur „Reuters“ dafür eintritt, Griechenland weitere Kredite zu geben?

a.       Falls ja, welche Konsequenzen werden Sie als alleinige Eigentümervertreterin gegenüber Generaldirektor Ewald Nowotny setzen?

b.      Falls nein, was veranlasst Sie als Vertreterin der österreichischen Steuerzahler zu Ihrer Meinung?

6.       Wie sehen Sie als alleinige Eigentümervertreterin den Umstand, dass die Österreichische Nationalbank Anleihen im Ausmaß von 2,3 Mrd. Euro ankauft und gleichzeitig ihre finanziellen Risikovorsorgen um 2 Mrd. von 6,4 auf 8,4 Mrd. Euro steigert?

7.       Gehen Sie, so wie offenbar die Leitung der Nationalbank, ebenfalls davon aus, dass diesen Anleihen ein Ausfallsrisiko von fast 90 Prozent anhaftet?

8.       Wie sehen Sie als alleinige Eigentümervertreterin den Umstand, dass die Nationalbank bereits Zweidrittel ihres Grundkapitals als Risikovorsorge in der Bilanz ausweist?

9.       Sind Sie als alleinige Eigentümervertreterin zur Offenlegung bereit, wo und in welchen jeweiligen Mengen die Goldreserven der Nationalbank lagern?

a.       Falls ja, bitte um Auflistung der genauen Mengen und jeweilige Orte und gegebenenfalls, ob und zu welchen Konditionen dieses Gold für Zwischenveranlagungen genutzt wird?

b.      Falls nein, warum wird aus dieser essentiellen Frage ein derartiges Geheimnis gemacht?

10.   In welcher Weise fließen die wirtschaftspolitischen Einschätzungen der Nationalbank in die Arbeit des Finanzministeriums ein?

11.   In welcher Weise nutzen Sie die volkswirtschaftlichen Expertisen der Nationalbank?

12.   Verwenden Sie auch wirtschaftspolitische Einschätzungen etwa von Wifo oder IHS für die Einschätzungen der Entwicklung der wichtigsten Budgetgrößen?

13.   Welche Expertisen haben für Sie im Falle von Widersprüchlichkeiten mehr Gewicht?