8812/J XXIV. GP

Eingelangt am 16.06.2011
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Gefährdung des Briefgeheimnisses und der Sicherheit durch freien Zugang zum „Post-Zentralschlüssel“ (BG-Schlüssel)

 

 

Die freie Verfügbarkeit des BG-Schlüssels (sog. „Post-Schlüssel“, mit dem Haustore und Hausbrieffachanlagen geöffnet werden können) stellt zunehmend ein Problem dar. Seit er anders als früher nicht mehr geschützt ist, kann dieser Schlüssel für wenige Euro ganz legal bei Schlüsseldiensten oder im Internet beschafft werden. Missbrauch ist damit Tür und Tor geöffnet, so wird Kriminellen auf diesem Weg der einfache und rasche Zutritt zu den zahlreichen mit diesem Schlüssel zugänglichen Wohnanlagen und zum Inhalt der zahlreichen „alten“ HBFA’s ermöglicht.

 

Gerade in den letzten Wochen und Monaten zeigte sich anhand einer Vorfallshäufung, dass dies nicht nur Einbruchsdiebstahlsdelikten Vorschub leistet, sondern auch für die Wahrung des Post- und Briefgeheimnisses ein großes Risiko ist. Denn der Post-Schlüssel dient auch systematisch Verstößen gegen §118 StGB, indem der „freie Zutritt“ zu Wohnhäusern und Hausbrieffachanlagen genutzt wird, um systematisch zB Zusendungen mit Kreditkarten oder PIN-Codes aus versperrten Hausbrieffächern zu entwenden und diese hernach betrügerisch zu verwenden.

 

Ein teilweise diesem Thema gewidmeter oppositioneller Entschließungsantrag kam am 5.11.2009 im Innenausschuss des Nationalrats zur Sprache. Dieser Antrag zielte auf einen (wieder) beschränkten Zugang zu so genannten "Post-Schlüsseln": Derartige BG-Schlüssel sollten nur an verlässliche Personen verkauft werden dürfen, die einen tatsächlichen Bedarf hinsichtlich des Zugangs zu Wohnhausanlagen nachweisen können.

 

Wie bei Oppositionsanträgen unabhängig von Inhalt und Substanz üblich wurde auch dieser Entschließungsantrag mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit vertagt. Eine Abgeordnete der SPÖ begründete die Vertagung dieses Antrags hinsichtlich der Schlüssel-Problematik damit, dass „derzeit ein Postmarktgesetz in Verhandlung ist, mit dem diese Frage eventuell gelöst wird“.

 

Wie die Häufung entsprechender Fälle in letzter Zeit belegt, hat das auch in vielerlei sonstiger Hinsicht schwer missglückte Postmarktgesetz dieses Problem sichtlich nicht gelöst. Es stellt sich daher – auch für besorgte BürgerInnen, deren entsprechende Schreiben an das BMVIT nicht oder nur sehr schleppend beantwortet werden - die Frage anderweitiger wirksamer Maßnahmen, um dem für Briefgeheimnis und Sicherheit bedrohlichen Missbrauch der Post-Zentralschlüssel Einhalt zu gebieten.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Ist Ihnen bekannt, dass die nahezu freie Verfügbarkeit des sog. Post-Zentralschlüssels – BG-Schlüssel – Verstößen gegen das Post- und Briefgeheimnis Vorschub leistet, indem dadurch §118 StGB zum Trotz de facto „freier Zutritt“ zu Wohnhäusern und Hausbrieffachanlagen ermöglicht wird, was es leicht macht, zB Zusendungen mit Kreditkarten oder PIN-Codes systematisch aus versperrten Hausbrieffächern zu entwenden und diese hernach betrügerisch zu verwenden?

 

  1. Warum hat das Postmarktgesetz – anders als seitens der SPÖ u.a. im Innenausschuss vom 5.11.2009 behauptet - dieses Problem bisher sichtlich nicht gelöst?

 

  1. Wie und bis wann soll das Postmarktgesetz dieses Problem lösen?

 

  1. Halten Sie diese Perspektive alleine vor allem in zeitlicher Hinsicht für hinreichend, angesichts der gravierenden Probleme infolge der freien Verfügbarkeit des sog. Post-Zentralschlüssels/BG-Schlüssels?

 

  1. Was haben Sie konkret seit Ihrem Amtsantritt unternommen, um die in Frage 1 skizzierte systematische Gefährdung des Post- und Briefgeheimnisses abzustellen?

 

  1. Was spricht dagegen, Kauf/Verkauf bzw Besitz des Post-Zentralschlüssels/BG-Schlüssels wieder an eine Verlässlichkeitsüberprüfung und einen klaren und eng eingegrenzten Bedarfsnachweis zu binden?

 

  1. Werden Sie sich für ein Verbot des Verkaufs bzw des unbefugten Besitzes des Post-Zentralschlüssels/BG-Schlüssels – mit Ausnahmen im Sinn von Frage 3 - einsetzen, weil der derzeitige freie Zugang zu diesem Schlüssel erwiesenermaßen Verstöße gegen Post-/Briefgeheimnis erleichtert und dazu systematisch genützt wird?

 

  1. Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Welche anderweitigen Möglichkeiten als eine Kauf-/Verkaufs-/Besitzbeschränkung im Sinne von Frage 3 bestünden, um die missbräuchliche Verwendung des Post-Zentralschlüssels/BG-Schlüssels abzustellen?

 

  1. Wer wäre konkret für die Umsetzung bzw. Finanzierung dieser anderweitigen Lösungen zuständig?