8892/J XXIV. GP
Eingelangt am 22.06.2011
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend „Invasive Arten (Neobiota) in Österreich“ – Öffentliche Aufklärung, Beobachtung und Bekämpfung
Neobiota bzw. invasive (nicht einheimische) Pflanzen-, Tier- und Fischarten dringen weltweit in neue Regionen vor, bedrohen und verdrängen dabei einheimische Arten. Nicht zuletzt der Klimawandel bringt neue Arten – aber auch neue Krankheiten und deren Überträger. Neben diesen klimatischen Gründen ist es aber in erster Linie der Mensch, der für die Neueinschleppung und dieses Vordringen von Neobiota verantwortlich ist (Bioinvasion).
Ein internationales Forscherteam kam daher 2010 zum Schluss, dass sich Neobiota am stärksten in wirtschaftlichen Ballungszentren ausbreiten. Bevölkerungswachstum, Handel und Reichtum: Dies sind laut dieser Forscher die Ursachen für die immer stärkere Einschleppung invasiver Arten. (Zum Beispiel: Reisen mit Einfuhr und Freisetzung nicht-einheimischer Haustiere oder unbeabsichtigtes Einschleppen beim Handel mit Landwirtschaftsprodukten).
Nach vorliegenden EU-Berichten steigt die Zahl der invasiven Arten in ganz Europa. Im Daisie-Inventar sind 10 822 gebietsfremde Arten in Europa erfasst. Zwar sind es nicht durchweg invasive Arten, aber etwa 10-15 % stellen eine potenzielle Gefahr für die biologische Vielfalt in Europa dar. Die Europäische Umweltagentur hat die schädlichsten invasiven gebietsfremden Arten aufgelistet, die europäische Ökosysteme bedrohen.
DAISIE (Delivering Alien Invasive Species Inventories for Europe), die europäische Datenbank für gebietsfremde invasive Arten, ein vom Sechsten Forschungsrahmenprogramm
der EU unterstütztes Projekt, fasst Daten über biologische Invasionen in ganz Europa
zusammen. DAISIE umfasst eine alphabetische Liste der 100 schädlichsten Eindringlinge mit detaillierten Karten ihrer Verbreitung (http://www.europe-aliens.org).
Der „Österreichische Aktionsplan zu gebietsfremden Arten (Neobiota)“ enthält ein Bündel von Maßnahmen, um zukünftige negative Effekte problematischer Neobiota möglichst klein zu halten. Er wurde in Abstimmung mit der Nationalen Biodiversitätskommission erstellt (Umweltbundesamt).
Der Aktionsplan Neobiota fordert u.a. eine vertiefende Erforschung sowie Beobachtung der invasiven und auch der potenziell invasiven Arten.
Invasive Arten stellen eine zunehmende Bedrohung für die biologische Vielfalt Europas dar.
Insbesondere invasive Pflanzen stellen eine wirkliche Bedrohung für die Artenvielfalt dar. Diese eingewanderten oder eingeschleppten Arten finden oft gute Bedingungen, um sich auszubreiten und somit die einheimischen Pflanzen verdrängen und die Umwelt insbesondere die Landwirtschaft schädigen. Diese invasive Pflanzen sind damit auch wirtschaftliche und soziale Auswirkungen verantwortlich (z.B. Landwirtschaft, Gesundheit, Nahrungsmittelproduktion etc.).
Die Europäische Union gab 2008 mehr als 12 Mrd. Euro pro Jahr für die Bekämpfung invasiver Arten und für die Beseitigung der Schäden aus. Im Jahr 2008 lagen die Kosten für die Bekämpfung invasiver Arten und die Beseitigung der Schäden, die sie EU-weit verursacht haben, bei geschätzten 9,6 - 12,7 Mrd. EUR. Experten schätzen diesen Betrag als zu niedrig an, da die meisten Länder erst 2008 mit der Ermittlung der Kosten begannen.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachtstehende
Anfrage:
1. Wie wird im Rahmen des Aktionsplans der Gemeinschaft zur Erhaltung der biologischen Vielfalt das Problem invasiver Arten (Neophyten und Neozoen) in Europa bekämpft?
2.
Gibt es bereits einen gemeinsamen politischen Ansatz
zum Problem invasiver Arten in Europa (Die Europäische Kommission hat im
Jahr 2008 eine Mitteilung mit dem Titel „Hin zu einer EU-Strategie
für den Umgang mit invasiven Arten“ veröffentlicht)?
Wenn ja, was sieht dieser vor?
3.
Wie wurde bislang in Österreich die
Öffentlichkeit sensibilisiert, da dies eine wichtige Voraussetzung
für die erfolgreiche Bekämpfung invasiver Arten ist?
Welche Aktivitäten gab es in den Bundesländern und den von invasiven
Arten bedrohten Regionen?
4.
Welche Institutionen, Interessensvertretungen
und Verbände waren in diese Öffentlichkeitsarbeit einbezogen?
Welche Behörden waren dafür zuständig?
5.
Welche gesetzlichen Regelungen in
Österreich beschäftigen sich mit dem Problem invasiver Arten?
Durch welche Behörden werden diese gesetzlichen Regelungen jeweils
vollzogen?
6.
Wie wird in Österreich die Ausbreitung
invasiver Arten beobachtet und überwacht?
Wer bzw. welche Behörden sind dafür zuständig?
7.
Welche konkreten Schlussfolgerungen werden
aktuell vom Ressort zur Einschleppung und Verbreitung invasiver Arten sowie
deren Bekämpfung in Österreich gezogen?
Wie und wann sollen diese umgesetzt werden?
8.
Bei welchen invasiven Arten (Neobiota) werden
seitens des Ressorts Risiken für die Gesundheit von Menschen gesehen?
Wo treten diese Neobiota in Österreich auf?
9.
Welche invasive Pflanzen (Neophyte) sind in
Österreich bekannt?
Welche werden als Gefahr für die biologische Vielfalt und die Umwelt
gesehen?
10. Welche Regionen sind in Österreich davon besonders gefährdet (Ersuche um Darstellung der betroffenen Gebiete)?
11.
Welche sonstigen invasiven Arten (Neozoen) sind
in Österreich bekannt?
Welche werden als Gefahr für die biologische Vielfalt und die Umwelt
gesehen?
12. Welche Regionen sind in Österreich davon besonders gefährdet (Ersuche um Darstellung der betroffenen Gebiete)?
13. Wie hoch schätzt das Ressort die jährlichen Kosten für die Bekämpfung invasiver Arten und für die Beseitigung der Schäden in Österreich ein?
14. In welcher Form erfolgt die internationale Zusammenarbeit, insbesondere mit unseren Nachbarländern beim Auftreten invasiver Arten?
15. Welche diesbezüglichen Probleme an den Staatsgrenzen sind dem Ressort bekannt?
16. Teilt das Ressort die Auffassung der zitierten internationalen Forschungsgruppe, dass sich invasive Arten am Stärksten in wirtschaftlichen Ballungszentren ausbreiten?
17.
Welche Maßnahmen können in
Österreich – wie auch in Europa – dagegen ergriffen werden?
Welche sind auf europäischer Ebene geplant?
18. Welche besonderen Maßnahmen wurden in Österreich bis jetzt im Zusammenhang mit der zunehmenden globalen Mobilität von Waren, Lebewesen und Menschen und den damit verbunden wachsenden Risiken eines Ausbreitens von invasiven Arten ergriffen?
19. Welche Maßnahmen wurden in Österreich bis jetzt im Zusammenhang mit der zunehmenden Klimaerwärmung und dem damit zusammenhängenden Problem eines geänderten Ausbreitungsverhaltens von invasiven Arten ergriffen?
20. Welche wirtschaftlichen Forschungsarbeiten gibt es in Österreich zu den Auswirkungen invasiver Arten (Bioinvasion)?
21.
Warum wird - obwohl Topinambur (Helianthus
tuberosus) zu den invasiven Arten
gehört – dieser manchmal insbesondere auf Ruderalflächen zur
„natürlichen Wildschweinfütterung“ eingesetzt bzw. ein
solcher Anbau von Topinambur nicht untersagt?
22.
Warum wird die gewöhnliche Douglasie
(Pseudotsuga menziesii (Mirb.) Franco. - Pinaceae) im „Aktionsplan
Neobiota“ nur als potentiell invasive Art angeführt, obwohl aus der
Literatur bekannt ist, dass wegen der Wuchsüberlegenheit der Douglasie
gegenüber Eichen in Fels- und Blockwäldern die
Douglasienbekämpfung zur Daueraufgabe werden kann?
Warum wird somit die Douglasie nicht als tatsächlich bestehende invasive
Art geführt?
23. Welche Maßnahmen wurden bis jetzt in Bezug auf das Bienensterben ergriffen, um neben der möglichen Einschränkung von problematischen neonicotinoiden Pestiziden auch die invasiven Schädlinge der Bienen (Varroa-Milbe, Nosema, Beutenkäfer) in den Griff zu bekommen?
24.
Nachdem sich vermehrt der Maiswurzelbohrer
(Diabrotica virgifera) in Österreich ausbreitet; welche Maßnahmen
wurden bis jetzt ergriffen, damit nicht laufend und vermehrt
bienengefährliche neonicotinoide Pestizide eingesetzt werden müssen?
Gibt es Vorschriften bezüglich einzuhaltender Fruchtfolgen in den
Diabrotika-Gebieten?
Gibt es neben der Fruchtfolgesteuerung noch andere umweltangepasste
Maßnahmen?
25.
Ist es richtig, dass das „Beifußblättrige
Traubenkraut“ (Ambrosia artemisiifolia – oder auch als Ambrosie,
Aufrechtes Traubenkraut bzw. Short Ragweed bezeichnet) – von den
Allergikern sehr gefürchtet – zunehmend zu einem Problem wird?
Welche Maßnahmen wurden bis jetzt ergriffen, um neben den Empfehlungen
von chemischen Pflanzenschutzmitteln, welche gleichzeitig immer unwirksamer
werden und zu immer neuen Umweltbelastungen führen, die Ausbreitung von
Ambrosie hintanzuhalten?
26. Bis wann wird ein sektorspezifischer „Biodiversitätsaktionsplan Landwirtschaft“, der auch die Probleme der invasiven Arten bzw. auch den Schutz und die nachhaltige Nutzung der genetischen Ressourcen beinhaltet, entsprechend den europäischer Vorgaben fertig gestellt sein?