8924/J XXIV. GP

Eingelangt am 30.06.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Korun, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

 

betreffend Kostenüberwälzung für ausgelagerte „Vertrauenspersonen“ der Botschaft auf AntragstellerInnen

 

 

Österreichische Botschaften bedienen sich in einigen Ländern für die Beglaubigung von Urkunden bzw. Echtheitsbestätigungen systematisch sogenannten „Vertrauenspersonen“. Damit wird eine Aufgabe der Botschaft, nämlich die Überbeglaubigung von Urkunden im jeweiligen Gastland an einzelne Privatpersonen ausgelagert. Wie und nach welchen Kriterien diese Personen ausgewählt werden und welche Qualifikation sie besitzen müssen ist unklar. Weiters wird das –meist im Vergleich zum Einkommen eines in diesen Ländern Antragstellenden sehr hohe Pauschalhonorar (bis zu 1200 €)- anscheinend automatisch  von der Botschaft auf den Antragsteller/die Antragstellerin übergewälzt. Dies obwohl auch die Vertrauensperson nichts anderes tun kann, als die Echtheit mit besagten Gastland-Behörden zu klären.

Will beispielsweise ein pakistanischer Staatsbürger einen Antrag auf eine Aufenthaltsbewilligung für Österreich stellen, wird ihm mittels eines Infoblatts mitgeteilt, dass „Beglaubigungen von öffentlichen Urkunden aus dem Amtsbereich der Botschaft aufgrund des mangelhaften Urkundenwesens und der schwierigen Behördenstruktur nur mehr nach vorheriger Überprüfung durch eine Vertrauensperson der Botschaft erfolgen kann“ (Informationsblatt Österreichische Botschaft Islamabad zu Beglaubigungen von öffentlichen Urkunden). Diese Praxis samt Kostenüberwälzung bedeutet für viele AntragstellerInnen enorme finanzielle Hürden und Schulden.

 

 

 

 

 


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

  1. Auf welcher Rechtsgrundlage  beruht die Praxis der Bestellung von sogenannten „Vertrauenspersonen“ durch die einzelnen Botschaften?

 

  1. Auf welcher Notwendigkeit beruht die Praxis der Bestellung von sog. „Vertrauenspersonen“ durch Botschaften, inwiefern erbringen diese Personen Leistungen, die die Botschaft nicht selbst erbringen könnte?

 

  1. Ist die Beglaubigung öffentlicher Urkunden nicht eine Aufgabe der österreichischen Botschaften? Aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage ist eine solche Auslagerung hoheitlicher Tätigkeiten zulässig?

 

  1. Welche fachlichen Kriterien werden für die Bestellung einer Vertrauensperson herangezogen, wo und wie werden diese Kriterien definiert? Bitte um Beifügung.

 

  1. Gibt es zur Bestellung von Vertrauenspersonen ein vorgeschriebenes Bestellungs- bzw. Auswahlverfahren? Falls ja, wo wird dieses festgeschrieben und bitte um Beifügung.

 

  1. Wer entscheidet in den Botschaften über die Bestellung einer Vertrauensperson und wird diese von dem BMeiA genehmigt oder überprüft? Falls ja: Wie sieht diese Überprüfung aus? Falls nein, wie stellen Sie sicher, dass die Bestellung den Kriterien entspricht?

 

  1. Worin konkret besteht die Tätigkeit einer Vertrauensperson bei Überprüfung der Echtheit einer Urkunde (Behördengänge, Aktenstudium..)? Zieht diese noch Personen/Quellen außerhalb der Behörden im Gastland zu Rate?

 

  1. Falls nein, worin liegt der Mehrwert der Tätigkeit einer Vertrauensperson im Vergleich zur Überprüfung durch die österreichische Behörde?

 

  1. Wie setzt sich die Pauschalgebühr einer Vertrauensperson zusammen, gibt es bezüglich Honorarlegung Vorschriften von Seiten der Botschaften oder des BMeiA? Falls ja welche, falls nein wie wollen Sie willkürliche Pauschalhonorare hintanhalten?

 

  1. Wie genau berechnen sich die Pauschalkosten für die Vertrauensperson in Pakistan von 220 bis 770 €? Welche Handlungen und Leistungen umfasst die jeweilige Stufe von Pauschalkosten?

 

  1. Wie genau berechnen sich die Pauschalkosten für die Vertrauensperson iin Afghanistan von €900 und €1200 und aus welchem Grund ist diese vier bis fünfmal so hoch wie die Pauschalgebühr in Pakistan? A) Welche Handlungen und Leistungen umfasst die jeweilige Stufe von Pauschalkosten? B) Welche Mehrleistungen werden hier erbracht?
  2. Wird bei der Bemessung der Honorare auf das jeweils landesübliche Einkommen Rücksicht genommen (da in Afghanistan nicht anzunehmen ist, dass Personen € 1200 pro Monat verdienen)?

 

  1. Falls nein, wie stellen Sie die Verhältnismäßigkeit dieser Vorgehensweise sicher?

 

  1. Im dem Informationsblatt der österr. Botschaft Islamabad wird bei der Begründung für die Kostenüberwälzung auf den Antragsteller pauschal auf „§§ 75 AVG“ verwiesen. Auf welcher Bestimmung genau beruht diese Kostenüberwälzung, da das § 75 AVG den Grundsatz aufstellt, dass Kosten für Behördentätigkeit eigentlich von Amts wegen zu tragen sind?

 

  1. Das AVG sieht lediglich in Ausnahmefällen eine Kostenübernahme der Antragsteller für Barauslagen für „Dolmetscher und Sachverständige“ vor. Als was wird die Vertrauensperson qualifiziert?

 

  1. Sollte die Vertrauensperson als nichtamtlicher Sachverständiger iSd § 52 AVG eingestuft werden, so hat laut Gesetz die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten. Widerspricht die Einhebung einer Pauschalgebühr nicht dieser Regelung, da die Antragsteller keine Einflussmöglichkeit auf die Höhe des verlangten Gebührenbetrages haben?

 

  1. In welchen österreichischen Botschaften werden „Vertrauenspersonen“ eingesetzt und aus welchem Grund? Bitte um Auflistung der Botschaften, Länder, Vertrauenspersonen (inkl. Berufsbezeichnung) und  verrechneten Pauschalhonorare.

 

  1. Haben Sie sich erkundigt, wie Botschaften anderer Länder mit diesem „mangelhaften Urkundenwesen“ umgehen? Falls ja, bitte um Erläuterung.

 

  1. Wie viel an Pauschalhonoraren für Vertrauenspersonen wurde in den Jahren 2005 -2011 (bitte um Aufgliederung nach Jahren) durch die österreichischen Botschaften weiterverrechnet?

 

  1. Planen Sie diese Praxis der Beiziehung von Vertrauenspersonen zur Beglaubigung von Urkunden genauer zu untersuchen? Falls ja, welche Schritte sind geplant? Falls nein, wie wollen Sie diese Praxis transparenter und kostenmäßig verhältnismäßiger machen?