8942/J XXIV. GP

Eingelangt am 04.07.2011
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Vilimsky

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend mysteriöser Tod einer 17-Jährigen

 

Die APA149 vom 09. Mai 2011 berichtete:

„Missbrauchsverdacht: Justiz macht nach Tod der 17-Jährigen dicht

Utl.: Staatsanwaltschaft will Obduktionsergebnis nicht veröffentlichen =

Linz (APA) - Nach dem überraschenden Tod einer 17-Jährigen, die nach dem Verdacht des Missbrauchs durch ihre Großeltern und zwei Nachbarn in Graz seit September 2010 in der Linzer Landesnervenklinik betreut worden war, macht die Justiz nun dicht. Die Staatsanwaltschaft Linz erklärte am Montag auf APA-Anfrage, sie wolle das Obduktionsergebnis nicht veröffentlichen.

Das Mädchen starb in der Landesnervenklinik im Tiefschlaf. Es sei nach mehreren Suizidversuchen in Absprache mit der Mutter in einen therapeutischen, künstlichen Tiefschlaf versetzt worden. Damit habe man sie schützen wollten, so der Spitalsbetreiber gespag. Man habe sie zwar auf Schritt und Tritt beobachtet, zuletzt hätten diese Maßnahmen jedoch nicht mehr ausgereicht. Die vom Krankenhaus vorgenommene Obduktion hat ein Leberversagen als Todesursache ergeben.

Nun soll eine gerichtlich angeordnete Obduktion weitere Klarheit in den Fall bringen. Die Staatsanwaltschaft gab dazu am Montag bekannt, es werde auch ein toxikologisches und ein chemisches Gutachten erstellt. Das werde mehrere Tage in Anspruch nehmen. Aus Gründen des Amtsgeheimnisses, zum Schutz aller Betroffener und wegen des Opferschutzes werde man das Ergebnis aber nicht veröffentlichen.

Das Mädchen hatte sich Anfang September 2010 einer Betreuerin im Spital anvertraut und angegeben, jahrelang von ihren Großeltern und zwei Nachbarn, darunter ein pensionierter Richter, gequält und sexuell missbraucht worden zu sein. Daraufhin wurde Anzeige gegen die vier Personen erstattet und Untersuchungshaft über die Verdächtigen verhängt. Im Oktober kamen sie wieder auf freien Fuß, nachdem das

mutmaßliche Opfer immer mehr Widersprüche in den Einvernahmen aufwarf, sowie Gutachten von Sachverständigen erstellt wurden. Der Anwalt des verdächtigten Richters sprach von "bedauerlichen Sexualfantasien eines psychisch kranken Mädchens".

Für die Mutter der 17-Jährigen besteht jedoch an der Glaubwürdigkeit ihrer Tochter kein Zweifel. Sie ist überzeugt, die zunehmend schlechte Verfassung ihres Kindes sei auch darauf zurückzuführen gewesen, dass den Aussagen zu den Gründen seines Leides nicht geglaubt wurde.“

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Justiz nachstehende

 

Anfrage:

 

  1. Warum wurde der Fall nicht sofort angezeigt?
  2. Warum wurde stattdessen eine krankenhausinterne Obduktion durchgeführt?
  3. Warum wurde die Psychiaterin Adelheid Kastner mit dem Gutachten beauftragt?
  4. Ist Frau Dr. Adelheid Kastner eine eingetragene Gerichtssachverständige für Kinder- und Jugendpsychiatrie?
  5. Warum wurde kein spezieller Gerichtssachverständiger für Kinder- und Jugendpsychiatrie herangezogen?
  6. Wie viele Gutachten über Kinder und Jugendliche hat Frau Dr. Kastner im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren bereits erstellt?
  7. Ist es üblich Ärzte der Abteilung für Psychiatrie mit forensischem Schwerpunkt als Gutachter von möglicherweise missbrauchten Kindern und Jugendlichen heranzuziehen?
  8. Wenn ja, in wie vielen Fällen der letzten drei Jahre wurden Ärzte einer Abteilung für Psychiatrie mit forensischem Schwerpunkt als Gutachter von möglicherweise missbrauchten Kindern und Jugendlichen herangezogen?
  9. Warum wurde die behandelnde Abteilung (Kinder- und Jugendpsychiatrie des Krankenhauses) bisher nicht zur Stellungnahme zum Gutachten der Sachverständigen aufgefordert?
  10. Wurde ein zweites Gutachten eingeholt?
  11. Wenn nein, warum nicht?
  12. Hat es in diesem möglichen Missbrauchsfall Hausdurchsuchungen bei den Beschuldigten gegeben?
  13. Wenn ja, bei wie vielen Personen?
  14. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
  15. Wurde sonst den Gründen für die Traumatisierung des Mädchens nachgegangen?
  16. Wenn nein, warum nicht?
  17. In welchem Rahmen hat die Vernehmung des möglichen Missbrauchsopfers stattgefunden?
  18. Wurde das Opfer mit den Beschuldigten konfrontiert?
  19. Wenn ja, warum?
  20. Ist es üblich mögliche Missbrauchsopfer mit den Beschuldigten zu konfrontieren?
  21. Wie erklärt sich Frau Kastner - im Zusammenhang mit ihrem Urteil- die im Ludwig Boltzmann Institut festgestellten körperlichen Missbrauchspuren?
  22. Wenn es sich um ein „false memory Syndrom“ handelt, wieso ist Klinikchef Werner Schöny nach wie vor überzeugt, dass sexueller Missbrauch vorliegt?
  23. Wie erklärt sich Frau Kastner den großen Unterschied zwischen Ihrem Gutachten und dem ersten Gutachten des Grazer Boltzmann Instituts?
  24. Wie erklärt sich Frau Kastner den großen Unterschied zwischen Ihrer

Beurteilung und der der anderen Experten?

  1. Wenn es sich um falsche Erinnerungen handelte, was waren dann die Gründe

für die zahlreichen Suizidversuche des Mädchens?

  1. Warum wurden nicht weitere Experten bei derartig divergenten Untersuchungsergebnissen zu Rate gezogen?
  2. Können sexueller Missbrauch und andere seelische und körperliche Grausamkeiten bzw. Traumata nicht auch zu widersprüchlichen Aussagen und Erinnerungen führen?
  3. Welche anerkannten wissenschaftlichen Beweise gibt es für die Existenz des „false memory Syndroms“?
  4. Wie oft wurde dieses Syndrom in Österreich diagnostiziert?
  5. Was befürchtet die Staatsanwaltschaft,  weil sie die Ergebnisse der Obduktion nicht veröffentlichen will?