8950/J XXIV. GP

Eingelangt am 04.07.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend „EHEC: Schaden in Europa und Österreich - Entschädigungsregelung“

 

Deutschland und auch die Behörden anderer Mitgliedsstaaten haben Ende Mai vor dem Verzehr von spanischen Gurken sowie von Tomaten und Blattsalaten gewarnt.

 

Am außerordentlichen Agrarministerrat am 07.06.2011 bot der Agrarkommissar Ciolos den europäischen „Gemüsebauern“ wegen Einnahmeverlusten eine Entschädigungssumme von 150 Mio., die in Folge auf 210 Mio. nachgebessert wurde. Es gab aber auch andere Geschädigte, die bis jetzt auf europäischer Ebene noch nicht berücksichtigt wurden.

 

Zu diesem Entschädigungspaket gab es in Deutschland und anderen Staaten heftige Diskussionen. Die geplanten EU-Hilfen stießen auf massive Bedenken.

„Einnahmeverluste wegen Verzehrswarnungen gehören zum Berufsrisiko der Bauern“, begründete Baringdorf seine Forderung. Landwirte, die ihre Produkte etwa auf Wochenmärkten direkt an den Verbraucher verkaufen, hätten geringere Verluste erlitten. „Wer aber in einem anonymen Markt liefert, nimmt ein höheres Risiko in Kauf.“ Landwirte, die wegen der EHEC-Krise zahlungsunfähig werden könnten, sollten etwa zinslose Kredite bekommen. (taz.de von 14.06.2011).


 

Die wirklich großen Probleme hatten allerdings die spanischen Bauern. Daher forderte Spaniens Landwirtschaftsministerin Rosa Aguilar volle Entschädigung für die Einbußen, die durch die Schuldzuweisung deutscher Wissenschaftler entstanden sind. Auf den spanischen Gurken wurde zwar ein EHEC-Bakterium nachgewiesen, aber nicht der ursächliche. Die Information der Öffentlichkeit war insofern gerechtfertigt, aber der Auslöser des deutschen Krankheitsausbruch waren die spanischen Gurken nicht, wie eine nähere Typisierung des vorgefundenen EHEC-Keims aufzeigte.

 

Warnung vor spanischen Gurken und Paradeisern soll den iberischen Bauern einen Schaden von nicht weniger als 225 Millionen Euro pro Woche beschert haben. Deutschland müsse für den verursachten Schaden aufkommen forderten daher die spanischen Bauern. Konkrete Aufstellungen über Schäden und Markteinbußen in den Mitgliedsstaaten gibt es aber derzeit – zumindest transparent zugänglich – nicht. Probleme und Demonstrationen gab es auch in Frankreich und Holland.

 

Aufgrund der unmittelbar vom BMG angeordneten Lebensmittel-Sonderkontrollen in Österreich wurden zusätzlich zum Kontrollplan und laufenden Schwerpunktaktionen lt. Homepage des BMG zirka 200 Proben von Obst und Gemüse in den letzten Wochen von der AGES analysiert. Grob gerechnet sind dadurch zusätzliche Kosten von 40.000 Euro für die AGES (was den Kosten einer Vollzeitarbeitskraft im Labor pro Jahr entspricht) entstanden.

 

Alle diese Proben bzw. Analysen waren negativ – was neben den KonsumentInnen natürlich auch den österreichischen Bauern und dem Handel zugute kam. Dass die Analysen so rasch gemacht wurden und alle negativ waren, trug zur Marktberuhigung in Österreich mindestens genauso stark bei, wie Werbekampagnen für Gemüse durch AMA und BMLFUW.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende


 

Anfrage:

 

1.     Wie hoch wird der durch die EHEC-Krise verursachte Schaden in Europa geschätzt?
Wie hoch in Österreich?
Wer war in Österreich betroffen (welche Kulturen, welche Erzeugergruppen)?
Wie wird der Schaden geschätzt (Methode)?

 

2.     Aus welcher EU-Budgetposition stammen die Geldmittel, die nun die Gemüsebauern als Entschädigung für die Gemüseabsatzkrise wegen EHEC erhalten sollen?
Wie viel Geld wird dafür zur Verfügung stehen?

 

3.     Wo ist die Quelle für dieses Geld im derzeitigen GAP-Finanzierungsmodell (welche Säule, welcher Fonds)?

 

4.     Aufgrund welcher rechtlichen Vorgaben können diese Geldmittel so rasch für betroffene Gemüsebauern zur Verfügung gestellt werden?

 

5.     Wie müssen die Gemüsebauern ihren Schaden konkret nachweisen und wer überprüft die Richtigkeit dieser Angaben?
Welche Behörde ist in Österreich für die Abwicklung zuständig?

 

6.     Welcher Anteil dieser Geldmittel entfällt auf Österreich?

 

7.     Warum werden durch das Ressort nicht auch die österreichischen Möglichkeiten ausschöpft (7.500 Euro pro Betrieb könnte BMLFUW sofort auszahlen – dies ist nach EU-Wettbewerbsrecht möglich)?

 

8.     Wird im Ressort und auf EU-Ebene ein Versicherungsmodell für die Zukunft überlegt, wo Bauern solidarisch untereinander für solche „Ausfälle" aufkommen bzw. die Schaffung eines Krisenfonds, in den die Bauern einzahlen (wie von Kommissar Ciolos angedeutet, als mögliche Lösung für die Zukunft)?


 

9.     Da die EHEC-Krise auch anderen Unternehmen (z.B. Gemüsehändler, Krankenanstalten, Kontrollagenturen) außerordentliche – nicht planbare – Kosten verursacht hat, stellt sich die Frage, ob nicht auch diese ein Anrecht auf Entschädigung – wie die Gemüsebauern – haben?
Welche Position vertritt das Ressort dazu?
Welche Position vertrat das Ressort dazu in Brüssel?

 

10.  Warum gibt es konkret keine Entschädigung für den Lebensmittelhandel, der ebenfalls Tonnen von Gemüse entsorgen musste?
Welche Position vertritt das Ressort dazu?

 

11.  Sollen in Österreich die zitierten Zusatzkosten der AGES auch durch die
EU-Entschädigungszahlungen abgegolten werden, um die finanziell angespannte Situation der AGES zu entlasten?
Welche Position vertritt das Ressort dazu?