8951/J XXIV. GP

Eingelangt am 04.07.2011
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten  Schenk

Kollegin und Kollegen

an die Bundesministerin für Finanzen

betreffend Anwendung der Sharia in Österreich

 

 

Auf Initiative des Islamischen Informations- und Dokumentationszentrum Österreich (IlDZ Austria) entwickelte das Austrian Standards Institute u. a. Regeln für Islamic Banking und Islamische Versicherungen, welche Mitte Juni 2011 dort beschlossen wurden. Laut Homepage des Austrian Standards Institute soll die ONR 142001 „…Muslimen die Sicherheit geben, dass solcherart zertifizierte Produkte mit den Regeln des Islam konform gehen.“

Mit „Regeln des Islams“ ist die Sharia gemeint, welche auch verschiedene Regeln zum Thema Umgang mit Geld vorgibt. Geschäfte mit Alkohol, Glücksspiel, Waffen, der Erotikbranche, aber auch mit Schweinefleisch sind ebenso verboten, wie hochriskante Spekulationen und die Einhebung von Zinsen. "Diejenigen, die Zins verschlingen, sollen nicht anders dastehen als wie einer, der vom Satan erfasst und geschlagen ist." (Sure 2, Vers 275). Auch für den islamischen Versicherungsmarkt (Takaful-Versicherungen) gelten eigene Regeln. Das weltweite Volumen für Takaful-Policen beziffert Ernst and Young bis 2012  auf 15 Mrd. Dollar. Der Markt wächst um rund 25 Prozent pro Jahr.

Obwohl der Begriff „Sharia“ im Regelwerk für Halal-Lebensmittel (ONR 142000) vom 1.11.2009 nicht enthalten war, wird sie für die ONR 142001 explizit als Grundlage angeführt. „Der Rahmen für das islamische Bankensystem sind sowohl das islamische Wirtschaftssystem als Teil des islamischen Rechtssystems (Sharia), als auch die geltenden Rechtsvorschriften. Der Koran und die Sunna bilden hierfür die beiden Hauptquellen. Alle Beziehungen des öffentlichen und privaten Lebens müssen im Sinne der religiösen Gesetze geregelt werden.“(ONR Vorwort, S.3, Abs.2)

Dies ist in vielerlei Hinsicht äußerst problematisch. Österreich bekennt sich zur Trennung von Staat und Religion, es kommt zu einer Vermischung von innerkonfessionellem und staatlichen Recht, deren Zulässigkeit äußerst zweifelhaft ist. Die Einführung verschiedener Rechtssysteme kann außerdem nicht als vereinbar mit der EMRK betrachtet werden. „Die Scharia ist unvereinbar mit den grundlegenden Prinzipien der Demokratie, die in der Konvention festgeschrieben sind.“ (EGMR Bsw41340/98, Bsw41342/98, Bsw41343/98, Bsw 41344/98).


Auch sollten die Auswirkungen auf Integrationsbestrebungen überdacht werden, da die Bildung von Parallelgesellschaften unterstützt wird, nachdem Muslime spezifische Produkte in spezifischen Geschäften und Instituten konsumieren.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Finanzen folgende

ANFRAGE:

1.      Ist Ihnen die ONR 142001 bekannt? Wenn nein, wie werden Sie darauf reagieren?

2.      Teilen Sie oben genannte Zweifel?

3.      Liegt Ihnen eine diesbezügliche Stellungnahme der FMA vor? Wenn ja, mit welchem Inhalt und wie werden Sie darauf reagieren?

4.      Wie weit und von wem könnte der islamische Finanzsektor in Österreich kontrolliert werden? Auf welche Rechtsgrundlagen berufen Sie sich?

5.      Welche Auswirkungen haben religiöse Normen auf die in Österreich zu leistende Steuerpflicht?

6.      Die meisten Moscheen und Gebetsräume in Österreich werden von Vereinen betrieben. Oft befinden sich am selben Ort auch kleinere Friseure, Imbisse, Lebensmittelhändler usw. Sind diese Betriebe steuerpflichtig? Werden dort Finanzkontrollen durchgeführt? Wenn ja, wie viele derartige Betriebe zahlen derzeit Steuern?

7.      Im Jahr 2050 wird laut mehrerer Studien die muslimische Bevölkerung in Österreich rund zwei Millionen, die in Gesamteuropa etwa hundert Millionen betragen. Das Wirtschaftsvolumen für Halal-Lebensmittel, Islamic Banking bzw. Takaful-Versicherungen wird in Europa jährlich mehrere hundert Milliarden Euro betragen. Sind Sie der Meinung, dass dafür die volle Steuerpflicht gelten soll? Wenn ja, was werden Sie tun, um dies zu gewährleisten?

8.      Auch andere Religionsgemeinschaften haben Gebote und Verbote für ihre Gläubigen, die im Wirtschaftsleben relevant sein können. Bestehen auch unter Rücksichtnahme auf andere als muslimische Religionen ÖNORMEN?