8952/J XXIV. GP
Eingelangt am 05.07.2011
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ANFRAGE
der Abgeordneten Schenk
Kollegin und Kollegen
an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend
betreffend Anwendung der Sharia in Österreich
Auf Initiative des Islamischen Informations- und Dokumentationszentrum Österreich (IlDZ Austria) entwickelte das Austrian Standards Institute u. a. Regeln für Islamic Banking und Islamische Versicherungen, welche Mitte Juni 2011 dort beschlossen wurden. Laut Homepage des Austrian Standards Institute soll die ONR 142001 „…Muslimen die Sicherheit geben, dass solcherart zertifizierte Produkte mit den Regeln des Islam konform gehen.“
Mit „Regeln des Islams“ ist die Sharia gemeint, welche auch verschiedene Regeln zum Thema Umgang mit Geld vorgibt. Geschäfte mit Alkohol, Glücksspiel, Waffen, der Erotikbranche, aber auch mit Schweinefleisch sind ebenso verboten, wie hochriskante Spekulationen und die Einhebung von Zinsen. "Diejenigen, die Zins verschlingen, sollen nicht anders dastehen als wie einer, der vom Satan erfasst und geschlagen ist." (Sure 2, Vers 275). Auch für den islamischen Versicherungsmarkt (Takaful-Versicherungen) gelten eigene Regeln. Das weltweite Volumen für Takaful-Policen beziffert Ernst and Young bis 2012 auf 15 Mrd. Dollar. Der Markt wächst um rund 25 Prozent pro Jahr.
Obwohl der Begriff „Sharia“ im Regelwerk für Halal-Lebensmittel (ONR 142000) vom 1.11.2009 nicht enthalten war, wird sie für die ONR 142001 explizit als Grundlage angeführt. „Der Rahmen für das islamische Bankensystem sind sowohl das islamische Wirtschaftssystem als Teil des islamischen Rechtssystems (Sharia), als auch die geltenden Rechtsvorschriften. Der Koran und die Sunna bilden hierfür die beiden Hauptquellen. Alle Beziehungen des öffentlichen und privaten Lebens müssen im Sinne der religiösen Gesetze geregelt werden.“(ONR Vorwort, S.3, Abs.2)
Dies ist in vielerlei Hinsicht äußerst problematisch. Österreich bekennt sich zur Trennung von Staat und Religion, es kommt zu einer Vermischung von innerkonfessionellem und staatlichen Recht, deren Zulässigkeit äußerst zweifelhaft ist. Die Einführung verschiedener Rechtssysteme kann außerdem nicht als vereinbar mit der EMRK betrachtet werden. „Die Scharia ist unvereinbar mit den grundlegenden Prinzipien der Demokratie, die in der Konvention festgeschrieben sind.“ (EGMR Bsw41340/98, Bsw41342/98, Bsw41343/98, Bsw 41344/98).
Auch sollten die Auswirkungen auf Integrationsbestrebungen überdacht werden, da die Bildung von Parallelgesellschaften unterstützt wird, nachdem Muslime spezifische Produkte in spezifischen Geschäften und Instituten konsumieren.
Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend folgende
ANFRAGE:
1. Ist Ihnen die ONR 142001 bekannt? Wenn nein, wie werden Sie darauf reagieren?
2. Teilen Sie oben genannte Zweifel?
3. Halten Sie die Sharia als Grundlage für eine österreichische Norm für vertretbar? Wenn ja, auf welche Rechtsgrundlagen berufen Sie sich?
4. Haben Sie Kenntnis über das Vorhaben, die ONR 142001 über CEN (European Commitee for Standardization) in Europa einzuführen? Wenn ja, seit wann und wie haben davon erfahren und darauf reagiert? Wenn nein, können Sie es dezidiert ausschließen?
5. Herrscht im Bereich Halal-Lebensmittel, Islamic Banking bzw. Takaful-Versicherungen Gewerbescheinpflicht, oder gibt es Ausnahmen aus religiösen Gründen?
6. Welche Auswirkungen haben religiöse Normen auf die als Gewerbetreibender zu entrichtenden Umlagen an die WKO?
7. Haben Sie bezüglich der Thematik dieser Anfrage Gespräche mit der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur geführt? Wenn ja, wann und mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, warum nicht und werden Sie dies nachholen?
8. Haben Sie bezüglich der Thematik dieser Anfrage Gespräche mit dem Staatssekretär für Integration bzw. der Bundesministerin für Inneres geführt? Wenn ja, wann und mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, warum nicht und werden Sie dies nachholen?
9. Müssen irgendwelche religiösen Institutionen für Tätigkeiten, die normalerweise der Umlagepflicht unterliegen, WKO-Umlagen zahlen?