8957/J XXIV. GP
Eingelangt am 05.07.2011
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ANFRAGE
des Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend des allgemein beeideter Sachverständigen f. das Gebiet der Psychiatrie Prof. Peter Hofmann
Im Juni 2011 wurde Missio Chef Dr. M. wegen sexueller Übergriffe angezeigt. Im Zuge der öffentlichen Debatte hat Missio Austria in einer Aussendung zum Gegenschlag ausgeholt.
In einer OTS-Aussendung hieß es:
„Der renommierte Grazer Psychiater und anerkannte Gerichtsgutachter, Universitätsprofessor Dr. Peter Hofmann, meint in seinem Gutachten „dass sich aufgrund der konkreten Datenlage der dringende Verdacht eines Stalkingverhaltens [der Anzeigerin] ergibt. Grundlage wäre in diesem Fall mit größter Wahrscheinlichkeit eine emotional instabile Persönlichkeit (Borderline).“
Im „Gutachten“ soll es heißen:
„Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich bei Dr. Leo Maximilian M. keinerlei psychische Störung findet. Es findet sich aufgrund der Befundlage aber auch der Datenlage keinerlei Anhalt, dass es je zu einem sexuell übergriffigen Verhalten durch Dr. Leo M. gegenüber Frau C.A. gekommen wäre, vor allem kein Anhalt für ein tätlich-aggressives Übergreifen.“
Das zitierte „Gutachten“ von Prof. Hofmann wurde ohne persönlichen Kontakt mit der Betroffenen erstellt. Selbst unter der Annahme, dass ein Aktengutachten erstellt wurde, was bewusst verschwiegen wird, stellt sich die Frage, ob eine derartige Fernbegutachtung seriös war und gutachterlichen Anforderungen genügt. Die Argumentation des Gutachters zielt bewusst darauf ab, die Glaubwürdigkeit der Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzusetzen und so gleichsam in einer Tatumkehr zur Stalkerin zu machen. Gerade beim Vorwurf sexualisierter Gewalt wird
immer wieder versucht, den Betroffenen eine instabile Persönlichkeit zu unterstellen. Gleichzeitig wird M. taxfrei attestiert, dass es keinerlei Anhaltspunkte für sexuelle Übergriffe seinerseits gibt. Dazu kommt, dass M. und Hoffmann im selben persönlichen Umfeld verkehren. Die Umstände legen in Summe nahe, dass Prof. Hofmann nicht nach den üblichen Maßstäben der Sorgfalt vorgegangen ist.
Prof. Hofmann scheint auch als Referent des privaten „Instituts für Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie“ auf. Dieses Institut geht auf einen Kongress im Jahr 2007 zurück, wo man unter anderem Vorträge über die Heilung von Homosexualität und Exorzismus abhalten wollte. Bei diesem unseriösem RPP-Kongress trat auch Hofmann in einem Workshop zu „Kirche und Pädophilie“ auf.
Auf der Internetseite kath.net (http://www.kath.net/detail.php?id=25966) nimmt Psychiater Hofmann auch zur Debatte um die Opfer sexualisierte Gewalt in der Kirche an Kindern Stellung. In einem Artikel heißt es:
Heute gebe es in der
öffentlichen Meinung die Tendenz zu meinen, alle Opfer von Pädophilen
seien „schwerstens traumatisiert“. Hofmann: „Das ist nicht
der Fall.“ Pädophile Handlungen bleiben – so seine Erfahrung
– oft auf Ebene der Berührung.
Untersuchungen zeigen außerdem: Die Hälfte der betroffenen Kinder
kann mit pädophilen Übergriffen gut umgehen. Sie ordnen sie in ihre
Biographie ein und bekommen keine posttraumatische Belastungsstörung.
Diese Passage stellt eine skandalöse Verharmlosung von Pädophilie dar. Offensichtlich will auch hier Prof. Hofmann als Kronzeuge für die Kirche im Rahmen der Debatte um sexualisierte Gewalt in der Kirche auftreten. Es ist zu bezweifel, dass diese Position „state oft the art“ in der Psychologie und Psychiatrie ist.
Seit 1998 ist Prof. Hofmann allgemein beeideter Sachverständiger für das Gebiet der Psychiatrie. Es stellt sich somit die Frage, ob Personen, wie Prof. Hofmann wirklich geeignet sind, in sensiblen Fällen als Gerichtsgutachter herangezogen zu werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Ist es richtig, dass Prof. Hofmann als allgemein beeideter Sachverständiger für das Gebiet der Psychiatrie Gerichtsgutachten erstellt?
2. In welchem OLG-Sprengel wird Prof. Hofmann als Gerichtsgutachter herangezogen?
3. Wird Prof. Hoffmann im Strafrecht als Gerichtsgutachter herangezogen?
4. Wird Prof. Hoffmann im allgemeinen Zivilrecht als Gerichtsgutachter herangezogen?
5. Wird Prof. Hoffmann im Familienrecht als Gerichtsgutachter herangezogen?
6. Wann wurde Prof. Hoffmann erstmalig in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher eingetragen?
7. Wann wurden jeweils Rezertifizierungen von Prof. Hoffmann vorgenommen?
8. Wurden bei der Rezertifizierung Stellungnahmen von RichterInnen eingeholt, in deren Verfahren Prof. Hoffmann tätig geworden ist und wurde hierbei insbesondere die Sorgfalt der Befundaufnahme, die Schlüssigkeit, die Nachvollziehbarkeit und der Aufbau der bisherigen Gutachten beurteilt?
9. Wurde von Prof. Hoffmann bei der letztmaligen Rezertifizierung ein Bildungs-Pass vorgelegt?
10. Welche Fortbildungsaktivitäten hat Prof. Hoffmann bei seiner letztmaligen Rezertifizierung nachgewiesen?
11. Teilen sie die Ansicht Prof. Hofmanns, „Pädophile Handlungen bleiben – so seine Erfahrung – oft auf Ebene der Berührung. Untersuchungen zeigen außerdem: Die Hälfte der betroffenen Kinder kann mit pädophilen Übergriffen gut umgehen. Sie ordnen sie in ihre Biographie ein und bekommen keine posttraumatische Belastungsstörung.“?
12. Ist diese zitierte Sichtweise in der Psychiatrie und Psychologie allgemein anerkannt?
13. Wenn ja, auf was stützen sie diese Ansicht?
14. Wenn nein, halten sie einen allgemein beeideten Sachverständiger f. das Gebiet der Psychiatrie, der eine derartige Position vertritt, als Gerichtsgutachter geeignet?
15. Halten sie die Vorgangsweise bei der Erstellung eines „Privatgutachtens“ im Fall M. von Prof. Hofmann und seine simple Täter-Opfer-Umkehr im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen M. für „state oft he art“?
16. Ist es mit den Anforderungen an einen allgemein beeideten Sachverständigen vereinbar, dass Prof Hofmann in typischer Manier von Tätern, einer Betroffenen von sexualisierte Gewalt in einem Ferngutachten eine instabile Persönlichkeit unterstellt, um sie im Sinn seines Auftragsgebers zu diskreditieren?
17. Ist es nach den üblichen Maßstäben der Sorgfalt vertretbar, dass obwohl der Gutachter keinen Kontakt zur Betroffenen hatte im Gutachten dem M. „keinerlei Anhalt, dass es je zu einem sexuell übergriffigen Verhalten durch Dr. Leo M. gegenüber Frau C.A. gekommen wäre“ bescheinigt wird und so der Eindruck verstärkt wird, dass die Vorwürfe falsch sind?
18. Werden bei Gericht in der Regel Aktengutachten oder Gutachten, die auf einem persönlichen Kontakt fußen, eingeholt?
19. Halten sie es für unproblematisch, wenn Prof. Hofmann als gerichtlicher Gutachter in Fällen sexualisierter Gewalt insbesondere gegen Kinder weiter herangezogen wird?
20. Wurde in Sachen Prof. Hofmann bereits ein Entziehungsverfahren (§ 10 SDG) eingeleitet?
21. Wenn nein, warum nicht?