8964/J XXIV. GP
Eingelangt am 06.07.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Anna Franz
sowie Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Gesundheit
betreffend Gefährdung der ärztlichen Nahversorgung im ländlichen Raum durch die Schließung von Hausapotheken.
In Österreich ist ein zunehmender Landarzt-Mangel feststellbar. So kann man in der Zeitschrift „Kommunal" des österreichischen Gemeindebundes im Mai 2011 folgendes lesen: „Es wird immer schwieriger, Ärzte dazu zu bewegen, Ordinationen in ländlichen Gebieten zu führen. In mehreren Bundesländern können Praxen nicht nachbesetzt werden."
Ein Grund dafür ist, dass es gesetzlich keine Genehmigung zur Führung einer Hausapotheke mehr gibt, wenn eine öffentliche Apotheke im Umkreis von 6 km besteht. Derzeit gilt für viele Landärzte noch die Regelung, dass sie bis zu ihrer Pensionierung ihre Hausapotheke behalten können. Nun stehen aber in nächster Zeit relativ viele Pensionierungen von Landärzten an, was bedeutet, dass viele Hausapotheken geschlossen werden müssen, weil öffentliche Apotheken in verschiedenen Landgemeinden eine Konzession erwerben.
Am Beispiel der Marktgemeinde Bezau, in der vor kurzem eine Apothekerin um eine Konzessionserteilung angesucht hat, befürchtet die Bevölkerung eine deutliche Verschlechterung der ärztlichen Versorgung. Mittelfristig wird die Genehmigung einer öffentlichen Apotheke zur Schließung der Hausapotheken in Bezau und Mellau führen. Die Medikamentenversorgung der Patientinnen und Patienten in Bezau und Umgebung erfolgt seit vielen Jahren in bewährter Form durch die Hausapotheken der niedergelassenen Ärzte in Bezau und Mellau. So schaut die Situation im hinteren Bregenzerwald aus und ähnlich ist sie im vorderen Bregenzerwald, wo bereits in Lingenau eine öffentliche Apotheke eröffnet hat. Dort wird es mittelfristig zur Schließung der Hausapotheken von Hittisau und Langenegg führen.
Sollte es in naher Zukunft zu einer fast flächendeckenden Schließung der Hausapotheken im
Bregenzerwald (Bezau, Mellau, Langenegg, Hittisau) kommen, so werden
die Patienten künftig für notwendige Medikamente extra in die Apotheke fahren müssen und
diese nicht mehr direkt von ihrem Hausarzt bekommen, was vor allem an Wochenenden
mitunter zu langen Anfahrtswegen zur öffentlichen Apotheke führen wird - das könnten im
hinteren Bregenzerwald (Warth bis Lingenau) im äußersten Fall bis zu 100 km sein!!!
die Patienten künftig weniger Hausärzte im Bregenzerwald vorfinden, weil das Nachbesetzen
der bestehenden Praxen völlig ungewiss ist.
Eine gute ärztliche Versorgung ist für unsere Bevölkerung im Bregenzerwald auch in Zukunft notwendig. Die klare Lösung liegt in der Beibehaltung der Hausapotheken. Das ist für uns im ländlichen Raum nicht nur menschlich von großer Bedeutung, sondern auch wirtschaftlich und ökologisch. Hausärzte sind die erste Anlaufstelle für Patienten und sichern die ärztliche Versorgung und medizinische Betreuung unserer Landbevölkerung. Sie kennen das soziale Umfeld und die Lebensumstände ihrer Patienten, sehr genau und haben deshalb den Blick für das „Ganze", was in Zeiten zunehmender Spezialisierungen immer wichtiger wird. Ein
klares Bekenntnis zum Hausarzt findet sich deshalb auch im aktuellen Regierungsprogramm.
Es gilt daher, Maßnahmen zur Sicherung der medizinischen Versorgung für alle Patienten, vor allem im ländlichen Raum zu setzen. Dies kann nur geschehen, wenn der Gebietsschutz für öffentliche Apotheken im ländlichen Raum geändert wird.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum sicher
zu stellen?
2. Ist 50-km-Anfahrtsweg im Extremfall (Wochenende) zur Erreichung einer öffentlichen
Apotheke zumutbar? Welche Entfernung zu Fuß, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit privaten Fahrzeugen zu einer öffentlichen Apotheke ist für die Besorgung dringend benötigter Medikamente des Nachts oder am Wochenende aus Ihrer Sicht zumutbar?
3. Bei der Neuregelung der Medikamentenversorgung 2006 wurde versucht, einen
Ausgleich zwischen der Notwendigkeit von ärztlichen Hausapotheken und dem wirtschaftlichen Überleben der öffentlichen Apotheken im ländlichen Raum zu finden. Durch die Übergangsbestimmungen insbesondere bei Pensionierung eines Arztes mit Hausapotheke droht aber nun die Gefahr einer Verschlechterung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum. Was werden Sie tun, um dem drohenden Landarzt- Mangel und damit einer Verschlechterung der ärztlichen Versorgung zu begegnen?
4. Wie kann die Funktion des Haus- oder Landarztes attraktiver gestaltet werden, um
freiwerdende Stellen problemlos nach zu besetzen?
5. Sind finanzielle und rechtliche Anreize vorgesehen?
6. Welche Maßnahmen planen Sie zur Umsetzung des Regierungsprogramms in diesem
Zusammenhang?