9013/J XXIV. GP

Eingelangt am 07.07.2011
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler,

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl

betreffend Suspendierung des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft Wien und des Leiters der Staatsanwaltschaft Graz

 

In der APA-Meldung vom 6. Juli 2011, APA 0325 5 CI 0361, ist unter dem Titel "Fall Kampusch – Tiroler Richter will Ermittlungen im Juli abschließen – Utl.: Staatsanwälte Pleischl und Mühlbacher sollen sich bei der Vernehmung der Aussage entschlagen haben" folgender, auszugsweise wiedergegebener Bericht erschienen:

"Im Ermittlungsverfahren gegen fünf Staatsanwälte wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs im Fall Natascha Kampusch will der Innsbrucker Ermittlungsrichter Georg Putz die Ergebnisse der Beweisaufnahmen Ende Juli der Staatsanwaltschaft Innsbruck übermitteln. Das erklärte Putz der APA am Mittwoch in Innsbruck. In der vergangen Woche wurden zwei Beschuldigte, der Leiter der Wiener Oberstaatsanwaltschaft (OStA), Werner Pleischl und der Leiter der Staatsanwaltschaft Graz und ehemalige Sonderermittler in der Causa Kampusch, Thomas Mühlbacher, einvernommen. Beide hätten sich für ihn "überraschend" der Aussage entschlagen, erklärte Putz.

"Vor allem bei Mühlbacher hat es mich überrascht. Er hatte doch im Vorhinein eigentlich angekündigt, umfangreich Stellung nehmen zu wollen", meinte der Ermittlungsrichter. Putz sagte zudem, dass die beiden Staatsanwälte ursprünglich "überhaupt nicht kommen" wollten. "Aber als ich ihnen dann androhte, sie wie jeden anderen Beschuldigten in so einem Fall vorführen zu lassen, sind sie doch erschienen", erklärte der Richter. Pleischl habe im Vorfeld eine schriftliche Stellungnahme übermittelt, die jedoch "sehr oberflächlich" gewesen sei, meinte Putz!"

Ferner geht aus der zitierten APA-Meldung vor, dass ein Vorhabensbericht an das Justizministerium ergehen werde, welches sodann einer Anklage bzw. einer Einstellung zustimmen müsse.

Die unterzeichnenden Abgeordneten vertreten die Auffassung, dass es mit der Funktion eines Leiters einer Oberstaatsanwaltschaft bzw. einer Staatsanwaltschaft nicht vereinbar ist, sich in einem (zudem so wichtigen) Ermittlungsverfahren erst über Androhung der Zwangsvorführung einer Einvernahme zu stellen und dort die Aussage zur Sache zu verweigern. Allerdings lässt das Verhalten der Beschuldigten umgekehrt gewisse Rückschlüsse zu. Eine Suspendierung der beiden Beschuldigten ist daher im öffentlichen Interesse, wie dies im Übrigen in anderen, ähnlich spektakulären Fällen bei verdächtigen Behördenleitern immer wieder geschehen ist.

Weiters vertreten die unterzeichnenden Abgeordneten die Auffassung, dass es problematisch ist, wenn im Bundesministerium für Justiz praktisch dieselben Dienststellen, ja teilweise sogar dieselben Sachbearbeiter, nunmehr über die Anklage oder die Einstellung des Verfahrens gegen die Beschuldigten entscheiden müssen, nachdem sie zuvor deren Vorhabensberichte im untersuchungsgegenständlichen Kampusch-Verfahren genehmigt hatten.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen vor dem Hintergrund der zitierten Textpassagen daher an die Frau Bundesministerin für Justiz nachstehende

 

Anfrage

1. Wie schätzen Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin, das oben beschriebene Verhalten des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Dr. Werner Pleischl, und des Leiters der Staatsanwaltschaft Graz, Dr. Thomas Mühlbacher, ein?

2. Erachten Sie es für angezeigt, die beiden genannten Beschuldigten für die Dauer des Verfahrens von ihren Funktionen als Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien bzw. als Leiter der Staatsanwaltschaft Graz zu suspendieren? – Wenn nein, warum nicht?


3. Wie werden Sie sicherstellen, dass die beiden genannten Beschuldigten zu einer besseren Kooperation mit dem Ermittlungsrichter angehalten werden, als sie dies bisher praktiziert haben?

4. Wie schätzen Sie die öffentliche Wirkung des Verhaltens von so hochrangigen Funktionsträgern staatsanwaltschaftlicher Behörden ein, insbesondere vor dem Hintergrund des jüngst bekanntgewordenen schlechten Rufes der Strafrechtspflege in der österreichischen Bevölkerung?

5. Wie werden Sie sicherstellen, dass die zuvor mit der Causa Kampusch im verfahrensgegenständlichen Untersuchungsgegenstand befassten Dienststellen und Sachbearbeiter Ihres Ministeriums nicht auch über die Anklage oder die Einstellung des Verfahrens in Bezug auf den zitierten Vorhabensbericht aus Innsbruck zu entscheiden haben bzw. direkt oder indirekt auf diese Entscheidung Einfluss nehmen können?