9058/J XXIV. GP

Eingelangt am 08.07.2011
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ANFRAGE

der Abgeordneten Gerald Grosz
Kolleginnen und Kollegen

an den Bundeskanzler Werner Faymann

betreffend eine Personengruppe namens „Wirtschaftsrat“

 

Am Montag, dem 4. Juli 2011, trat ein Gremium zusammen, das von Ihnen als „Wirtschaftsrat“ präsentiert wurde. Die genauen Aufgaben dieses Gremiums blieben der Bevölkerung allerdings weitestgehend verschlossen.

Ihren diesbezüglichen Ausführungen war zu entnehmen, dass diese Personengruppe „ein gelungener Versuch eines stärkeren Dialogs mit Vertretern von Leitbetrieben und Branchen, die in Österreich und für die Beschäftigung im Land eine Rolle spielten“ ist. Weiters sicherten Sie zu, „dass Vorschläge aus diesem Kreis ins Regierungsprogramm eingearbeitet werden“.

Wir meinen, dass zur  Beratung der Bundesregierung in wirtschaftlichen Fragen dieses Gremium in der vorliegenden Form gar nicht nötig ist, da diese Beratung bereits seit Jahrzehnten von den Sozialpartnern – in diesem Fall der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung – sicherlich kompetent vorgenommen wird.

Weitere Aufgabenfelder wurden aber Ihrerseits nicht kommuniziert. Kommuniziert wurde lediglich, dass sich diese Gruppe drei- bis viermal im Jahr mit Ihnen zusammensetzen wird, um Ihnen – in Smalltalk-Atmosphäre bei Kaffee und Kuchen –  gute Tipps aus allen Bereichen der (Wirtschafts-)Politik zu geben.

Bemerkenswert ist jedenfalls, dass dem Vernehmen nach auch der Chef der Erste-Group, Andreas Treichl, Mitglied dieses Personenkreises ist, der in den vergangenen Wochen durch massive öffentliche Kritik (Stichwort; feig, blöd und unverständig) u. a. auch in Ihnen, die Öffentlichkeit an Ihrer Kompetenz und an der Kompetenz der gesamten Regierung/Politik in Wirtschaftsfragen, zweifeln lässt.. Auch der „Wirtschaftsbeirat“ Günter Geyer von der VIENNA INSURANCE GROUP hat sich dem Inhalt der Aussagen von Herrn Treichl angeschlossen und nur den Ton kritisiert. Nun wollen Sie mit diesem Gremium „den Bock zum Gärtner“ machen?

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Herrn Bundeskanzler folgende

ANFRAGE:

 

  1. Welche gesetzlichen Grundlagen existieren für den so genannten „Wirtschaftsbeirat“?
  2. Aus welchen Mitgliedern besteht dieser „Wirtschaftsbeirat“ namentlich?
  3. Für welchen Zeitraum ist das Funktionieren dieses Gremiums vorgesehen bzw. welche  Dauer hat ein Mandat eines Mitgliedes im „Wirtschafsbeirat“?
  4. Ist das Gremium ein „Rat der alten Herren“ oder gibt es auch eine nennenswerte Frauenquote und wenn ja, wie hoch ist diese?
  5. Welche finanziellen Zuwendungen erhalten die so genannten „Wirtschaftsbeiräte“ und unter welchen Budgetposten werden diese verbucht?
  6. Was waren die genauen Auswahlkriterien für die Mitglieder des „Wirtschaftsbeirats“?
  7. Ist es ein Zufall, dass die bislang bekannt gewordenen Mitglieder des „Wirtschaftsbeirats“ durch die Bank ein Naheverhältnis zu einer der beiden Regierungsparteien haben?
  8. Welche Gründe sprechen aus Ihrer Sicht dafür, den Sozialpartnern als Beratungsgremien der Bundesregierung den Sessel vor die Tür zu stellen, ihnen das bisherige Vertrauen zu entziehen und ein eigenes und zudem noch recht überhastet und willkürlich zusammengesetztes neues Gremium dafür zu schaffen?
  9. Steht dieses Gremium auch dem Parlament zur Verfügung (Fragemöglichkeiten für alle Fraktionen), so wie dies, üblicher Weise, bei ähnlichen Gremien bisher geübte Praxis war? Welche konkreten Verbesserungsvorschläge erwarten Sie von Herrn „Wirtschaftsrat“ Treichl und seinen gleichgesinnten Kollegen?
  10. Gehen Sie davon aus, dass Sie nach der Beratung durch „Wirtschaftsrat“ Treichl nicht noch mehr feig, blöd und unverständig sein werden?
  11. Wie werden Sie verhindern, dass diese Gruppe von hochrangigen Wirtschaftsvertretern den durch dieses neue Gremium geschaffenen direkten Zugang zum „Regierungsohr“ bevorzugt für Lobbying in eigener Sache missbraucht, anstatt den Interessen des gesamten Wirtschaftsstandortes (inklusive Konsumenten, d.h. der Bevölkerung) zu vertreten?
  12. Wäre es nicht besser, etwas weiter zu denken und einen „Buergerrat“ zu schaffen, in dem ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung (d.h. natürlich auch Vertreter der Wirtschaft neben Konsumenten, Gewerbetreibenden, etc.) ein weitaus breiteres und ausgewogeneres Spektrum an Beratungsleistung anbieten kann?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, am 08.07.2011