9126/J XXIV. GP

Eingelangt am 08.07.2011
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ANFRAGE

 

 

 

des Abgeordneten Dr. Martin Graf,

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung

 

betreffend Bericht des IST Austria

 

Das Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) wurde im Jahr 2009 in Klosterneuburg eröffnet. Dieses Forschungsinstitut "widmet sich der Spitzenforschung in den Naturwissenschaften, der Mathematik und den Computerwissenschaften. Gegründet wurde IST Austria gemeinsam von der österreichischen Bundesregierung und dem Land Niederösterreich." [http://ist.ac.at/de/ueber-ist/]

 

Die Evaluierung des IST Austria wird im § 5 Abs. 2 des 69. Bundesgesetzte über das Institute of Science and Technology (Bundesgesetzblatt vom 19. Mai 2006) geregelt: "Die Tätigkeiten des Institute of Science and Technology – Austria sind im Abstand von vier Jahren zu evaluieren. Die Evaluierungsberichte sind dem Nationalrat im Wege der Bundesregierung vorzulegen."

 

Die Finanzierung wird im § 3 geregelt. Demnach herrscht eine "Teilfinanzierung durch den Bund, mindestens in der Höhe der Teilfinanzierung durch das Land Niederösterreich gemäß Art. 15a B-VG-Vereinbarung", demnach eine "Teilfinanzierung durch das Bundesland Niederösterreich gemäß Art. 15a B-VG-Vereinbarung", eine "Teilfinanzierung durch Dritte" sowie eine "Teilfinanzierung durch eigene Einnahmen" vor.

 

Anstatt im Mai 2010 – wie im Gesetz vorgesehen – wurde der Evaluierungsbericht des IST Austria erst im März 2011 veröffentlicht. Dies wird im Bericht dadurch begründet, dass "dem Aufbau und Betrieb des IST Austria […] eine 10-Jahresvereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zugrunde [liegt], die mit dem Jahr 2007 beginnt. Demzufolge wurde die Periode 2007-2010 evaluiert, obwohl die Eröffnung des Campus nach Umfangreichen Um- und Neubauten erst im Juni 2009 erfolgte."

 

Trotzdem ist somit die im Bundesgesetz vorgeschriebene Frist um 10 Monate überschritten worden.


Vom Gutachterkomitee wurde angemerkt, dass derzeit nur eine Finanzierungsplanung bis zum Jahr 2016 gegeben ist. "Dies[e] ist zu kurz. Optimal wäre eine Finanzierungszusage über 10 Jahre, welche laufend erneuert wird, um den WissenschaftlerInnen entsprechende Planungssicherheit zu geben." Auch müssen für die Erweiterung des Instituts neue Räumlichkeiten bezogen werden. "Dieser Ablauf der Ereignisse – von der Zusage der Baufinanzierung über die Errichtung der Gebäude zur Berufung der WissenschaftlerInnen und schließlich zum Einzug in die Gebäude – ist ein fünfjähriger Prozess, der nur dann erfolgreich in Angriff genommen werden kann, wenn die Bundesregierung das Forschungsbudget für weitere 5 Jahre über den bestehenden 5-Jahres-Horizont hinaus festlegt."

 

Aus der Anfragebeantwortung 8329/AB ist ersichtlich, dass das BMWF beträchtliche Rücklagen gebildet hat. Von diesen sind 10 Millionen Euro zur Verwendung für das IST Austria vorgesehen.

 

Auch die Objektivität des Gutachterkomitees kann angezweifelt werden. Den international üblichen "Best-Practice-Regeln", wie sie auch andere Forschungseinrichtungen praktizieren, wissenschaftliche Gutachter niemals von betroffenen Institutionen selbst, sondern nach einem objektiven "Peer-Review-System" von über jeden Befangenheitsverdacht erhabenen, unabhängigen und wissenschaftlich außer Streit stehenden Institutionen auszuwählen, wurde nicht nachgegangen. So arbeitet zum Beispiel Prof. Peter Jonas (Leiter der Untersuchung "Synaptische Übertragung in Mikrosystemen des Hippocampus") am IST Austria im Bereich der Gehirnforschung. "Um die Kommunikation der Nervenzellen zu untersuchen, hat Jonas unter anderem die Patch-Clamp-Technik weiterentwickelt und tritt damit in die Fußstapfen des deutschen Nobelpreisträgers Erwin Neher, der diese Technik einst erfunden hat."

[http://www.biotechnologie.de/BIO/Navigation/DE/Aktuelles/menschen,did=94502.html]

 

Erwin Neher war wiederum Mitglied des Gutachterkomitees zur Evaluierung des IST Austria. Somit kann seine Unbefangenheit auf Grund der Vorherrschenden Verknüpfung zu Prof. Jonas mehr als angezweifelt werden.

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung nachstehende

 

Anfrage:

 

1.    Welche Konsequenzen sind für das IST Austria auf Grund der verzögerten Erstellung des Evaluierungsberichtes geplant? Bitte führen Sie diese im Detail aus.

Wenn keine Konsequenzen vorgesehen sind, warum nicht?

 

2.    Was werden Sie zukünftig unternehmen, damit der Evaluierungsbericht des IST Austria zeitgerecht vorgelegt wird?

Wenn keine Maßnahmen vorgesehen, warum nicht?

 

3.    Was werden Sie dahingehend Unternehmen, dass die Finanzierung des IST Austria auch in Zukunft gewährleistet ist?


 

4.    Wann und in welcher Höhe planen Sie das weitere Forschungsbudget für das IST Austria festzulegen?

 

5.    Wieso gibt es keinen professionellen Entwicklungsplan des IST Austria? In welcher Form ist diese für die Zukunft vorgesehen?

 

6.    Wieso gibt es keine Leistungsvereinbarung zwischen IST Austria und dem BMWF? In welcher Form ist diese für die Zukunft vorgesehen?

 

7.    Zu welchem Zweck erhält das IST Austria die veranschlagten 10 Millionen Euro?

 

8.    Wofür werden die zur Verwendung im Jahr 2011 vorgesehenen Rücklagen des BMWF im Rahmen des IST Austria eingesetzt? Um eine detaillierte Auflistung wird ersucht.

 

9.    Was werden Sie unternehmen, damit zukünftige Gutachterkomitees auch wirklich nach den Kriterien der Unbefangenheit, Unabhängigkeit und Objektivität ausgewählt werden?

 

10. Ist geplant die Evaluierung des IST Austria nun erneut durchzuführen, da die Voraussetzungen der Objektivität beim aktuellen Gutachterkomitee nicht gegeben waren?

 

11. Wieso wurden die leitenden ISTA-Gremien bisher nicht für ihre blamable Fehlentscheidung bei der Auswahl des ursprünglich vorgesehenen Präsidenten zur Verantwortung gezogen?

 

12. Wieso kann ein als AUA-Chef kläglich gescheiterter Exmanager, der wegen eines Verstoßes gegen das Börsegesetz von der FMA rechtswirksam zur Zahlung von 36.000 Euro Strafe verurteilt wurde, weiterhin Mitglied des Exekutivausschusses einer “Eliteuni“ sein?

 

13. Wieso schreitet das BMWF nicht ein, um zu verhindern, dass in Gugging - wenige Kilometer von einem international anerkannten Exzellenzzentrum für Hirnforschung der MedUni Wien - als sinnlose und teure Doppelgleisigkeit ein weiteres Hirnforschungszentrum errichtet wird?

 

14. Wieso schreitet das BMWF nicht ein, um zu verhindern, dass in Gugging - wenige Kilometer von Versuchstierlabors der MedUni Wien und der VetMedUni Wien - als sinnlose und teure Doppelgleisigkeit ein weiteres Versuchstierlabor errichtet wird?