9147/J XXIV. GP
Eingelangt am 08.07.2011
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ANFRAGE
des Abgeordneten Dr. Fichtenbauer
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Justiz (BMJ)
betreffend medizinischer Kunstfehler, Gutachter vor Gericht und deren Folgen
Das 2009 erschienene Buch "Verschlusssache Medizin" deckt die strukturellen Defizite des Gesundheitswesens in seiner Gesamtheit schonungslos auf. Kein öffentliches Qualitätsmanagement, zu viele Behandlungsfehler (bis hin zur Todesfolge) und keine transparenten Zahlen über erfolgte Kunstfehler. Dabei wurde immer wieder auf die Notwendigkeit der Krankenhäuser, Geldzuweisungen in Anhängigkeit von einer sogenannten Punkteanzahl, die wiederum von der Quantität der Behandlungen anhängig ist, zu lukrieren verwiesen.
Beispielhaft ist die lange Leidensgeschichte des Dirigenten und Pianisten Dr. Nigg. Als Folge eines Unfalls ist sowohl der Muskel als auch die Sehne im linken Schultergelenk des Supraspinatus im linken Schultergelenk gerissen. Dr. Georg Prendinger, Unfallchirurg und Leiter der Schulterambulanz im Unfallkrankenhaus Meidling, operierte diese Verletzung – scheinbar aus Kostenvorteilen für ihn, da der Patient über eine Zusatzkrankenversicherung verfügt – im Hartmannspital.
Obwohl die Operation laut Dr. Prendinger einwandfrei und bilderbuchartig verlaufen sei, litt der Patient weiterhin unter unerträglichen Schmerzen, die trotz stärkster Schmerzmittel nicht besser wurden und musste daraufhin wieder operiert werden.
Der behandelnde Arzt Dr. Prendinger kam seiner Aufklärungspflicht, vor allem nach dem zweiten Eingriff nicht nach und der Patient wurde dadurch nicht in die Lage versetzt, eine adäquate Lagebeurteilung vorzunehmen, um daraufhin eine für ihn sinnvolle Entscheidung zu treffen, die zweifelsfrei nach Kenntnis des Operationsberichtes anders getroffen worden wäre.
Die weitere Behandlung wurde in die Hände von Dr. Anderl gelegt, der den gravierenden Fehler umgehend zu revidieren versuchte und ein Drittel des Bizeps entfernen musste.
Ein Gerichtsverfahren als Folge dieser Behandlungsfehler ist sowohl in 1. Als auch 2. Instanz zu Ungunsten des Klägers ausgegangen. Entscheidend bei der Urteilsfindung ist die Feststellung, Dr. Nigg habe das Aufklärungsgespräch verstehen und sich aller Risiken und Möglichkeiten in vollem Umfang bewusst gewesen sein müssen.
Das Berufungsverfahren wegen vorgreifender Beweiswürdigung, da Dr. Anderl als Folgeoperateur nicht befragt wurde – ist ebenfalls zu Ungunsten des Klägers ausgegangen. Die Urteilsbegründung in zweiter Instanz war nahezu identisch mit der Urteilsbegründung erster Instanz – der Operationsbericht der zweiten Operation wurde übrigens skandalöser weise durch die Richter nicht gewürdigt. Aufgrund der zu geringen Schadenssumme war eine Revision ausgeschlossen.
Übrig bleibt für Dr. Nigg ein Leben mit starken Schmerzen, Berufsunfähigkeit und eine subjektiv nicht mehr vorhandenen Lebensqualität.
Vor dem Hintergrund des o.g. Falles und des Buches Verschlusssache Medizin, stellen die unterzeichneten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage