9156/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.07.2011
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

 

betreffend rechtliche Umsetzung sowie Vollzug der bedarfsorientierten Mindestsicherung

 

 

Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung wurde geschaffen, um Armut in Österreich zu verhindern. Auffallend ist jedoch, dass die jeweiligen Landesgesetze über die bedarfsorientierte Mindestsicherung nicht allein sehr unterschiedlicher legistischer Qualität sind, sondern auch die 15a-Vereinbarung in verschiedenen Bereichen unvollständig und zum Nachteil der LeistungsbezieherInnen umsetzen.

 

So fordert die Steiermark entgegen der Vereinbarung noch immer Regress von Angehörigen der LeistungsbezieherInnen. Kein einziges Bundesland konnte sich dazu durchringen, Beratung und Betreuung sowie den Zugang zu notwendigen sozialen Diensten und Angeboten als Rechtsanspruch auszugestalten. Viele Länder, allen voran Vorarlberg und Niederösterreich, verstecken die tatsächlichen Ansprüche der LeistungsbezieherInnen in Verordnungen, die in der Praxis von Rechtsunterworfenen nicht verständlich sind. So müssen sich in Vorarlberg nicht fachspezifisch gebildete Menschen erst durch vier unterschiedliche Bundes- und Landesmaterien durcharbeiten, bis sie herausfinden können, welche Rechte ihnen eigentlich genau zustehen. Für JuristInnen mag dieses Puzzlespiel witzige Komponenten enthalten, allen anderen ist dieses Versteckspiel jedoch nicht zuzumuten.

Probleme ergeben sich jedoch auch aus der Vollzugspraxis der Mindestsicherung in den verschiedenen Bundesländern. In Wien, Oberösterreich, Kärnten und Salzburg sind Personen von der bedarfsorientierten Mindestsicherung einzig und allein deshalb ausgeschlossen worden, weil sie ihr deutlich zu niedriges Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit beziehen. In einem Fall wurde einer Frau sogar mitgeteilt, dass sie keine Mindestsicherung erhalten könne, weil sie mit einer selbständig erwerbstätigen Person in einer Wohngemeinschaft lebe.

Schlechte Erfahrungen mussten auch Menschen machen, die bestimmte Zuzahlungen zu Gesundheitsleistungen zu leisten hatten. Wurde diese in der Vergangenheit über Sonderbedarfe von den Sozialhilfeträgern übernommen, so verweisen diese nunmehr auf die Krankenkassen, die aber keine rechtliche Möglichkeit haben, Leistungen über den Kassentarif hinaus zu bezahlen (und sich außerdem die Frage stellt, warum sie das auch tun sollten). Häufig aufgetreten ist diese Situation bisher in Zusammenhang mit Brillen. Es sind uns jedoch auch Fälle bekannt, bei denen es um medizinische Hilfsmittel handelte, die zur Aufnahme einer Beschäftigung notwendig sind.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1. Welche Bundesländer fordern auf direktem oder indirektem Weg der 15a-Vereinbaung über die bedarfsorientierte Mindestsicherung widersprechenden Regress für Leistungen nach der bedarfsorientierten Mindestsicherung ein?

2. In welcher Form wird das BMASK gegen diese offenkundige Nichteinhaltung der 15a-Vereinbarung vorgehen?

3. In welchen Bundesländern ist entgegen der 15a-Vereinbarung über die bedarfsorientierte Mindestsicherung die jeweils erforderliche Beratung und Betreuung zur Vermeidung und Überwindung von sozialen Notlagen sowie zur nachhaltigen sozialen Stabilisierung nicht als Rechtsanspruch gewährleistet?

4. In welcher Form wird das BMASK gegen diese offenkundige Nichteinhaltung der 15a-Vereinbarung vorgehen?

5. In welchen Bundesländern wird selbständige Erwerbstätigkeit als Ausschlussgrund für die Inanspruchnahme der bedarfsorientierten Mindestsicherung angesehen?

6. Aus welchen Bundesländern liegen dem BMASK Berichte über den Ausschluss von selbständig Erwerbstätigen Menschen, die abgesehen von der selbständigen Erwerbstätigkeit alle Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Mindestsicherung erfüllen, von Leistungen der Mindestsicherung vor?

7. In welcher Form wird das BMASK gegen diese offenkundige Nichteinhaltung der 15a-Vereinbarung vorgehen?

8. In welchen Bundesländern ist es wider der 15a-Vereinbarung über die bedarfsorientierte Mindestsicherung zu finanziellen Verschlechterungen für einzelne oder ganze Gruppen von LeistungsbezieherInnen gekommen?

9. In welcher Form wird das BMASK gegen diese offenkundige Nichteinhaltung der 15a-Vereinbarung vorgehen?

10. Besteht nach Ansicht des BMASK eine Verpflichtung, Sonderbedarfe, die auch vor Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung im Rahmen der Sozialhilfe abgedeckt wurden, weiterhin abzudecken?

11. Sind die Länder bzw. die Träger der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nach Ansicht des BMASK dazu verpflichtet oder angehalten, Zusatzkosten wie etwa jene zum Erwerb von Brillen oder anderen Hilfsmitteln, die vor der Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung von den Trägern getragen wurden, auch weiterhin zu übernehmen, sofern diese Kosten die Ersätze der Krankenkassen übersteigen?