9159/J XXIV. GP
Eingelangt am 11.07.2011
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ANFRAGE
des Abgeordneten Zinggl, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur
betreffend die Eigenständigkeit von Volkskunde- und Völkerkundemuseum
Im Juli 2010 wurden Sie im Rahmen einer Entschließung von SPÖ, ÖVP und Grünen ersucht, „alle rechtlichen, organisatorischen, personalrechtlichen und finanziellen Vorkehrungen zu prüfen“, die die Zusammenführung von Volkskunde- und Völkerkundemuseum „als eigenständige Einrichtung ermöglichen“. Von den Ergebnissen dieser Prüfung wissen wir bis heute eigentlich nur, dass Sie zur Ansicht gelangt sind, „unter den gegebenen budgetären Bedingungen sei die Neugründung eines Bundesmuseums derzeit nicht machbar“.
Nun geht es aber gar nicht um die Neugründung eines Bundesmuseums, sondern um die Wiederbelebung einer weltberühmten Institution, des Völkerkundemuseums, das seit mittlerweile zehn Jahren im Koma liegt und vom ihm rechtlich übergestülpten Kunsthistorischen Museum gerade so viel künstliche Ernährung zugeführt bekommt, dass es nicht vollends den Geist aufgibt. Das Völkerkundemuseum führt eine Bardo-Existenz, das ist nach buddhistischer Überzeugung jene Sphäre, die zwischen tot und lebendig liegt.
Zugleich werden Sie nicht müde, darauf hinzuweisen, dass das Volkskundemuseum vom Verhandlungstisch aufgestanden sei, und vergessen dabei aber gern zu erwähnen, dass Ihr Ausgangspunkt aller Verhandlungen niemals die Zusammenführung der beiden Museen als eigenständige Institution war, sondern stets eine Fusion unter dem Dach des Kunsthistorischen Museums. Dass ein privater Verein kein großes Interesse daran haben kann, zu einer mittelgroßen Abteilung in einem Museumsmoloch wie dem KHM zu werden, noch dazu ohne jeden inhaltlichen Zusammenhang, scheint einigermaßen nachvollziehbar.
Unabhängig davon erweckt Ihre bisherige Kommunikation im Zusammenhang mit der Zusammenführung von Volkskunde- und Völkerkundemuseum nicht den Anschein, als hätten Sie sich besonders intensiv dem Auftrag gewidmet, der Ihnen vom Parlament erteilt wurde, und sich mit den „rechtlichen, organisatorischen, personalrechtlichen und finanziellen Vorkehrungen“ zur Fusion von Volkskunde- und Völkerkundemuseum als eigenständige Institution beschäftigt. Vielmehr verfestigt
sich unser Eindruck, dass Sie immer nur eine Option hatten und haben, nämlich die Übernahme des Volkskundemuseums durch das KHM.
Dafür ist das Totschlagargument „Budget“ nützlich. Wenn Sie nun versuchen, wie im letzten Plenum, die „Eigenständigkeit“ der fusionierten Museen als „eigenständige Einrichtung im Kontext des Kunsthistorischen Museums“ zu interpretieren, ist das ein plumper und untauglicher Versuch der Geschichtsklitterung, insbesondere weil Sie noch im Dezember 2009 im Bundesrat ein vorliegendes Konzept zur Zusammenlegung der beiden Museen ohne KHM-Oberhoheit als „qualitativ hochwertig“ lobten, zugleich aber um „ein bisschen Geduld“ baten, da hinsichtlich der Umsetzung „im Masterplan Bundesmuseen“ noch „keine abschließende Entscheidung“ getroffen worden sei.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Sind Sie der Meinung, das Völkerkundemuseum ist – hinsichtlich der Überschneidung seiner Aufgaben beziehungsweise seiner Sammlung mit den Aufgaben und der Sammung des KHM – zu Recht ein Teil des KHM?
2. In wie vielen Sitzungen hat sich die Arbeitsgruppe „Governance“ mit einer Eigenständigkeit von Volkskunde- und Völkerkundemuseum unabhängig vom KHM befasst?
3. Welche museologischen ExpertInnen haben an diesen Sitzungen teilgenommen?
4. Zu welchen Ergebnissen oder Empfehlungen hinsichtlich der Fusion von Volkskunde- und Völkerkundemuseum außehalb des KHM sind diese ExpertInnen gekommen?
5. Liegen diese Ergebnisse oder Empfehlungen schriftlich vor?
6. Zu welchen Ergebnissen kam die Arbeitsgruppe „Governance“ hinsichtlich der „rechtlichen, organisatorischen und personalrechtlichen Vorkehrungen“ in dieser Angelegenheit?
7. Welche rechtlichen, organisatorischen und personalrechtlichen Argumente außerhalb finanzieller Überlegungen sprechen aus Sicht der Arbeitsgruppe „Governance“ gegen eine Fusion von Volkskunde- und Völkerkundemuseum als eigenständige Institution außerhalb des KHM?
8. Teilen Sie diese Ansichten?
9. Welche rechtlichen Gutachten haben Sie hinsichtlich der Prüfung der Eigenständigkeitsvarianten von Volkskunde- und Völkerkundemuseum in Auftrag gegeben?
10. Liegt Ihnen dazu ein Bericht vor?
11. Zu welchen Ergebnissen kam diese Prüfung hinsichtlich der „rechtlichen, organisatorischen und personalrechtlichen Vorkehrungen“, die Sie laut parlamentarischer Entschließung zu untersuchen hatten?
12. Um wie viel höher wären die laufenden Kosten, würde ein fusioniertes Volkskunde- und Völkerkundemuseum als eigenständiges Haus außerhalb des KHM geführt?
13. Wie setzen sich diese Kosten zusammen? Wir ersuchen um detaillierte Aufschlüsselung.
14. Welche Argumente sprechen aus Sicht der von Ihnen in Auftrag gegebenen Prüfung gegen eine Fusion von Volkskunde- und Völkerkundemuseum als eigenständige Institution außerhalb des KHM?
15. Teilen Sie diese Ansichten?
16. Seit wann steht für Sie „außer Frage, dass [mit der Fusion von Volkskunde- und Völkerkundemuseum] kein neues Bundesmuseum geschaffen werden solle, sondern die Realisierung dieses Projekts im Rahmen des Kunsthistorischen Museums zu erfolgen habe“?
17. Wie konnten Sie im Oktober 2010 dem Nationalrat berichten, dass „die unter den derzeitigen budgetären Gegebenheiten einzig realisierbare Variante jene ist, eine möglichst autonome Institution im Kontext und Verbund des Kunsthistorischen Museums umzusetzen“, und im Dezember 2010 dem Bundesrat mitteilen, dass „noch keine abschließende Entscheidung“ getroffen worden sei?
18. Sind Sie der Ansicht, dass die Feststellung allein, etwas stehe für Sie „außer Frage“, ohne entsprechende faktische Unterlagen, den durch den Nationalrat erteilten Prüfauftrag erfüllt?
19. Wie viele Verhandlungsrunden gab es zwischen Volkskundemuseum, KHM und Ihrem Ministerium in der Angelegenheit ?
20. An welchen Tagen traten diese Verhandlungsrunden zusammen?
21. Stand im Rahmen dieser Verhandlungsrunden jemals eine Zusammenlegung als eigenständige Institution außerhalb des KHM zur Diskussion?
22. Welche Varianten der Eigenständigkeit wurden dem Volkskunde- und dem Völkerkundemuseum von Seiten des Ministeriums angeboten?
23. Wird es jemals einen ausführlichen, der Intention und dem Wortlaut der Entschließung des Nationalrats (rechtliche, organisatorische, personalrechtliche und finanzielle Vorkehrungen zur Ermöglichung einer Fusion von Volkskunde- und Völkerkundemuseum als eigenständige Institution zu treffen) gemäßen schriftlichen oder mündlichen Bericht an den Nationalrat geben?