9182/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.07.2011
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Finanzen

 

betreffend Spielerschutz in Österreich

 

 

 

Vor wenigen Wochen wurde eine umfassende wissenschaftliche Studie mit dem Titel „Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich“ (Jens Kalke et al., Lambertus Verlag 2011, Freiburg im Breisgau) präsentiert. Es handelt sich dabei um eine empirische Untersuchung der sozialen Struktur von Personen, die sich an Glücksspielen beteiligen, und vor allem auch der Prävalenz problematischen und pathologischen Spielverhaltens.

 

Die Ergebnisse sind besonders hinsichtlich einiger Formen des Glücksspiels äußerst besorgniserregend (vgl. zum Folgenden insb. die Tabelle 7.7 auf Seite 209 der Studie).

 

Als im Hinblick auf das Spielverhalten unproblematisch präsentiert sich im Wesentlichen nur das Lotto, bei dem lediglich 1,7% der SpielerInnen ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten zeigen.

 

Weit kritischer ist dagegen schon die Situation bei Sportwetten, klassischen Kasinospielen und Spielautomaten in Kasinos: hier zeigen lediglich rund die Hälfte der befragten Personen ein unproblematisches Spielverhalten, zwischen 15 und 20% der Personen gar ein pathologisches.

 

Vernichtend sind jedoch schließlich die Befragungsergebnisse der SpielerInnen an Spielautomaten außerhalb der Kasinos: 47% pathologisches Spielverhalten, überhaupt nur 16,7% zeigen hier ein unproblematisches Spielverhalten.

 

Es zeigt sich, dass entgegen den Behauptungen der Regierungsparteien in den Verhandlungen um die Glücksspielgesetznovellen 2010, keineswegs nur „Einzelfälle“ der SpielerInnen an Spielautomaten ein Problem mit dem Spiel haben. Pathologisches und problematisches Spielverhalten stellen in diesem Bereich vielmehr die Regel dar.


In der Studie werden auch in einem Empfehlungsteil Anregungen für gesetzliche Änderungen im Bereich des Glücksspiels formuliert. Diese bestätigen insbesondere die im Vorjahr bereits von den Grünen anlässlich der Glücksspielnovelle formulierte Kritik: die Erhöhung der Höchsteinsätze und die Verkürzung der Spieldauern, wie Sie in der Novelle 2010 eingeführt wurden, sind im Sinne des Spielerschutzes kontraproduktiv. Es ist zu befürchten, dass nach ihrem Wirksamwerden nach der Übergangsfrist die jetzt schon dramatische Spielsuchtsituation in Österreich sich noch weiter verschlimmern wird.

 

Demgegenüber  sind die Bundesregierung und Sie als zuständige Ressortministerin weiterhin säumig in der Bekämpfung des Automatenglücksspiels und des damit verbundenen sozialen und persönlichen Leids der vielen Betroffenen  und ihrer Familien.

 

So wurde auf die Entscheidung des EuGH über die Unwirksamkeit der letzten Vergabe der Glücksspiellizenz an die Casinos Austria bisher politisch noch nicht ausreichend reagiert. Diese Unsicherheit über die derzeit bestehende Rechtslage führte bereits zu vermeidbaren Freisprüchen von Betreibern illegaler Spielautomaten vor Bezirksgerichten und verschlimmert das aufgrund der völlig verunglückten Gesetzeslage bestehende Vollzugsdefizit im Bereich des Automatenglücksspiels noch weiter.

 

Die von Ihrem Amtsvorgänger als Lösung präsentierte „SOKO Glücksspiel“ blieb bisher soweit bekannt ist weitgehend erfolglos. Beschlagnahmungen von Automaten wurden nach Rechtsmitteln als rechtswidrig aufgehoben.

 

Und schließlich haben Sie auch die vom Nationalrat am 16.6.2010 mit dem Entschließungsantrag 434/UEA einstimmig gesetzte Frist zur Vorlage eines Berichtes über die Einführung einer österreichweit gültigen Spielerschutzkarte ungenützt verstreichen lassen und verzögern damit einen wesentlichen Schritt zur Bekämpfung der Spielsucht.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

1.         Ist Ihnen die Studie Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich, Jens Kalke et al., Lambertus Verlag 2011, Freiburg im Breisgau, bekannt?

2.         Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus in der Bekämpfung der Spielsucht?

3.         Werden in Ihrem Ressort auf Grundlage der Empfehlungen in dieser Studie weitere Novellen des österreichischen Glücksspielrechts vorbereitet?

4.         Falls ja: welche Regelungsinhalte sind in Planung?

5.         Werden Sie insbesondere im Bereich des Automatenglücksspiels außerhalb von Kasinos, wo nur 16,7% der befragten SpielerInnen ein unproblematisches Spielverhalten zeigten, in Zukunft restriktivere Regelungen bis hin zu einem bundesweiten Verbot des „kleinen Glücksspiels“ anstreben?


6.         Beabsichtigen Sie auch Reformen im ebenfalls problematischen Bereich der Sportwetten?

7.         Wie beabsichtigen Sie im Hinblick auf die vom EuGH festgestellte Unwirksamkeit der Lizenzvergabe im Glücksspielbereich an die Casinos Austria weiter vorzugehen?

8.         Wann werden die Casinolizenzen neu vergeben?

9.         Haben sich die Casinos Austria und die Novomatic über die zukünftige Aufteilung der Casino Standorte zwischen diesen Betreibern bereits geeinigt?

10.      Wurde Ihr Ressort über das Ergebnis dieser Verhandlungen bereits informiert?

11.      Wie wollen Sie Zukunft eine österreichweite Vollziehbarkeit des Glücksspielgesetzes und ein effizientes Vorgehen gegen illegale Glücksspielanbieter gewährleisten? 

12.      Wann werden Sie dem Nationalrat den mit Entschließungsantrag vom 1.6.2011 einstimmig geforderten Bericht über die Einführung einer österreichweiten Spielerschutzkarte übermitteln?

13.      Wieso haben Sie dies nicht innerhalb der gesetzten Jahresfrist getan?