9397/J XXIV. GP

Eingelangt am 04.10.2011
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Anfrage

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde an den/die Bundesministerin für Inneres

betreffend Speicherung von bildungspolitischen Aktivist_innen unter Extremismus in der EDIS-Datei

BEGRÜNDUNG

 

Am 22.12.2010 haben Aktivist_innen der bildungspolitischen Bewegung während einer Nationalratsdebatte auf der Parlamentsgalerie lautstark gegen die Bildungspolitik der Bundesregierung protestiert. In Folge der Proteste mussten die Aktivist_innen die Parlamentsgalerie verlassen.

Laut der parlamentarischer Anfragebeantwortung (7512/AB) wurden von 19 Personen die Personalien aufgenommen und Anzeigen nach dem Verwaltungsrecht § 81 (1) SPG erstattet.

Eine der Aktivist_innen war die damalige ÖH-Vorsitzende Sigrid Maurer.

In weitere Folge haben elf der Aktivist_innen ein Auskunftsbegehren betreffend der Datenanwendung und Speicherung im „Elektronischen Dateninformationssystems (EDIS)“ im Februar 2011 an das „Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT)“ gestellt.

In der Beantwortung des Auskunftsbegehrens wurde fünf Aktivist_innen (Sigrid Maurer, Mirijam M., Gregor S., Georg G. und Thomas W.) unter der Geschäftszahl BVT-2-EX/21104/2010 eine Speicherung gem. § 53 Abss 1 Z 2 SPG ausgewiesen (Abwehr krimineller Verbindungen). Die Art der Vormerkung wird folgendermaßen begründet: „Die genannte Person wurde am 22.12.2010 während der Sitzung des Nationalrats wegen Störung der öffentlichen Ordnung durch aktionistische Handlungen nach § 81 SPG angezeigt“. Es wird auf die §§ 16 und 21 SPG verwiesen.


Insgesamt sind bei der Parlamentsaktion am 22.12.2010 von 19 Personen Personalien aufgenommen worden. Elf davon haben Auskunftsbegehren an das Bundesministerium für Inneres gestellt. Fünf von diesen Personen ist mitgeteilt worden, dass sie in der EDIS-Datenbank eingetragen worden sind. Im EDIS sind offensichtlich alle 19 Aktivist_innen, die an den Protesten teilgenommen haben vermerkt, da auch in den übermittelten Unterlagen 19 Namen geschwärzt worden sind, die der Parlamentsaktion zugeordnet werden . Sechs von diesen Personen wurde aber in der Beantwortung ihrer Auskunftsbegehren mitgeteilt, dass keine der Auskunftspflicht unterliegenden Daten in der EDIS-Datenbank vorlägen. Das ist rechtlich nicht gedeckt.

Dazu kommt, dass eine Eintragung wegen einer Verwaltungsübertretung in die EDIS-Datei – noch dazu unter der Gruppe „Extremismus“ - rechtlich nach dem Sicherheitspolizeigesetz nicht gedeckt ist.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Wurde in den  gegenständlichen Fällen, das Vorliegen einer kriminellen Verbindung angenommen?

2.    Wenn ja, auf welche Indizien stützt sich diese Annahme?

3.    Wurden konkrete Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Vorliegen einer kriminellen Verbindung gegen Sigrid Maurer geführt?

4.    Wenn nein, wieso wurden die Daten von Sigrid Maurer unter dem Aspekt der „Abwehr einer kriminellen Verbindung“  im  „Elektronischen Dateninformationssystem (EDIS)“ des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung gespeichert?

5.    Wurde im gegenständlichen Fall  die Abwehr eines gefährlichen Angriffs angenommen?

6.    Wenn ja, welches Rechtsgut soll mit den verbale Protesten auf der Parlamentsgalerie gegen Bildungsabbau durch rechtswidrige Verwirklichung eines Tatbestands nach dem Strafgesetzbuch, dem Suchtmittelgesetz oder dem Verbotsgesetz bedroht worden sein?

7.    Auf welche konkreten Handlungen stützen sie die Annahme einer drohenden Rechtsgutverletzung?

8.    Wurde im Zuge der Proteste auf der Parlamentsgalerie eine strafrechtliche Anzeige gegen die damalige ÖH-Vorsitzende Maurer erstattet?

9.    Ist es richtig, dass im Zusammenhang mit den erwähnten Protesten ausschließlich Verwaltungsstrafen verhängt wurden?

10. Wie kommt es dazu, dass die damalige Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft unter der Gruppe „Extremismus“  qualifiziert wurde?

11. Nach welcher „Extremismus“- Definition werden Personen im elektronischen Dateninformationssystem der Gruppe „Extremismus zugeordnet?

12. Wie kommt es dazu, dass bei 6 Personen in der Beantwortung des Auskunftsbegehrens geheißen hat, es würden "keine der Auskunftspflicht unterliegenden Daten" verwendet, obwohl sie auch an den Protesten auf der Parlamentsgalerie beteiligt waren?

13. Wie ist es erklärbar, dass trotz gleichem Speichergrund und Art der Vormerkung die Dauer der Vormerkung (Skartierungsdatum) bei vier Personen mit 01.01.2018 (sechs Jahre), aber bei Sigrid Mauer mit 01.01.2017 angeführt wird?

  1. Werden Personen, die eine Nationalratssitzung stören automatisch dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung gemeldet?
  2. Wenn nein, wie kam das Bundesamt für Verfassungsschutz zu den entsprechenden Daten?

16. Führen Proteste auf der Parlamentsgalerie grundsätzlich zur Speicherung persönlicher Daten im „Elektronischen Dateninformationssystem (EDIS)“ des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung?

17. Werden Proteste auf der Parlamentsgalerie vom BVT grundsätzlich als „Extremismus“ bewertet?

18. Wenn ja, wie kommen sie zu dieser Annahme?

19. Ist es generell üblich, dass das BVT  bei einer Anzeige nach § 81 SPG mit mehreren involvierten Personen von kriminellen Verbindungen nach den §16  Abs. 1 Z 2 und §21 SPG auszugehen?