9399/J XXIV. GP
Eingelangt am 04.10.2011
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Anfrage
der Abgeordneten Petzner,
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Finanzen
betreffend Aktenvermerk vom 26.1.2010 zu Gespräch zwischen Staatsanwaltschaft und Finanzministerium sowie Kapitalbedarf der Hypo Alpe Adria
Die Hypo Group Alpe Adria, seit Oktober 2007 im Mehrheitseigentum der deutschen BayernLB, wurde Ende 2009 notverstaatlicht und ging somit in das Eigentum der Republik Österreich über, die ihrerseits einen neuen Vorstand unter Vorstandsvorsitzenden Dr. Gottwald Kranebitter bestellte und den Aufsichtsrat unter Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Johannes Ditz neu besetzte.
Begründet wurde die Notverstaatlichung vom damaligen politischen Verantwortlichen, dem ehemaligen ÖVP-Finanzminister Josef Pröll, im Dezember 2009 und in weiterer Folge auch vom Präsidenten der Finanzprokuratur, Dr. Peschorn, unter anderem damit, dass sich in der Hypo offensichtlich ein kriminelles Netzwerk gebildet und die politische Führung des Landes Kärnten unter Landeshauptmann Dr. Jörg Haider die Bank für ihre eigenen Interessen missbraucht habe, was die Bank in den Ruin geführt habe. Und weiter: Man werde daher jeden Beleg dreimal umdrehen, die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen und zu diesem Zwecke eine „CSI Hypo“ einsetzen, die Aufklärung schaffen solle.
Hierzu wird dazu nunmehr ein interner Aktenvermerk vom 26. Jänner 2010 von einem Treffen von Vertretern des Finanzministeriums, darunter der Präsident der Finanzprokuratur, Dr. Peschorn, und Vertretern der Staatsanwaltschaft vorgelegt, aus dem hervor geht, dass die politischen und fachlichen Verantwortlichen im Finanzministerium weder zum Zeitpunkt der Notverstaatlichung im Dezember 2009 und auch nicht mehr als ein Monat später, im Jänner 2010, als längst Ermittlungsschritte getätigt wurden, irgendeinen Hinweis auf strafrechtlich relevante Tatbestände vorliegen hatten. So heißt es im Aktenvermerk auf die Frage der Staatsanwälte in Richtung des Verdachtes auf allfällige Straftaten, zumindest hinsichtlich § 159 Abs. 3 StGB, wörtlich, dass "keine konkreten Verdachtsmomente erkannt worden seien."
Daraus ergibt sich, dass man bewusst, vorsätzlich und wider besseren Wissens die Öffentlichkeit belogen sowie Kärnten, die Bank, deren Organe und ihre Mitarbeiter kriminalisiert hat.
Aus dem genannten Gesprächsprotokoll geht weiters hervor, dass die Notverstaatlichung der Hypo Group Alpe Adria im Dezember 2009 ohne Prüfungen und genaue Kenntnisse über die Ursachen und die tatsächliche Notwendigkeit dieser Notverstaatlichung vorgenommen wurde.
So heißt es auf die Frage, warum es zur Notverstaatlichung der Hypo gekommen ist und auf welcher Grundlage diese erfolgte, laut Protokoll wie folgt: "Aufgrund der Dringlichkeit der Angelegenheit sei es - anders etwa als im Fall BAWAG - nicht möglich gewesen, die Ursachen, die diesen Schritt notwendig machten, detailliert zu analysieren. Dem BMF seien nur jene (Global-)Unterlagen zur Verfügung gestanden, aus denen sich die Notwendigkeit von Eigenkapitalmaßnahmen ablesen hätten lassen."
Man hat also ohne genaue Prüfung und damit ohne konkrete Kenntnis der vollständigen Sachlage und somit auf grob fahrlässige und der Sorgfaltspflicht widersprechende Art und Weise eine Notverstaatlichung vorgenommen, welche für die Republik Österreich laut derzeitigem Stand zumindest zu einem finanziellen Schaden von 1,7 Milliarden Euro geführt hat. In diesem Zusammenhang wird auch auf den Kaufvertrag zwischen Republik Österreich und BayernLB verwiesen, welcher der Staatsanwaltschaft bereits übermittelt wurde, der auf Seite 5 unter "Liquiditätsmaßnahmen" Rückzahlungen von bis zu vier Milliarden Euro an die BayernLB beinhaltet, womit weiter schwerer finanzieller Schaden für die Republik Österreich droht.
Schließlich geht aus dem Aktenvermerk auch hervor, dass jenes Hypo-Wertgutachten der Wirtschaftsprüfungskanzlei PriceWaterhouseCoopers (PwC) aus dem Jahr 2009, welches als Grundlage und Rechtfertigung für die Notverstaatlichung diente, offensichtlich falsch ist und bewusst und im Zusammenspiel mit den Verantwortlichen der BayernLB vorsätzlich einen derart hohen Wertberichtigungsbedarf berechnet wurde, um die Notverstaatlichung zu erpressen und den finanziellen Schaden für die BayernLB zu Lasten der Republik Österreich zu minimieren.
So heißt es zum PwC-Gutachten seitens des Finanzministeriums: "Nach den dem BMF vorliegenden Informationen existiere ein deutsches PwC-Gutachten, aus dem sich ein Wertberichtigungsbedarf von rund 1,7 Milliarden Euro ergeben habe, der wiederum die genannten Eigenkapitalmaßnahmen erforderlich gemacht habe. Soweit für das BMF bisher überblickbar gewesen sei, gehe dieses PwC-Gutachten von außerordentlich risikobewussten Ansätzen aus und erachte auch solche Kreditgeschäfte teils bis auf Null wertberichtigungsbedürftig, bei denen auch nur ganz geringe Risikofaktoren erkennbar seien."
In diesem Zusammenhang wird auch auf den wohl strafrechtlich relevanten und gezielten Entzug von Kapital in Höhe von 1,1 Milliarden Euro im November und Dezember 2009 seitens der BayernLB gegenüber ihrem Tochterkonzern Hypo Alpe Adria verwiesen, konkret auf die aus dem genannten Kaufvertrag hervor gehende Ziehung einer im Juni fix zugesagten, bis dahin aber noch nicht genutzten Kreditlinie von über 500 Millionen Euro gegenüber der Hypo Alpe Adria am 24. November 2009 sowie die Kündigung eines Darlehens der BayernLB gegenüber der Hypo Alpe Adria in Höhe von 625 Millionen Euro am 11. Dezember 2009.
In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichnenden Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Finanzen folgende
Anfrage:
a. Haben Sie sich mittlerweile einen kompletten Überblick über die Ergebnisse des PwC-Gutachtens verschafft und falls ja, wie lauten die konkreten Ergebnisse?
b. Im Aktenvermerk heißt es seitens des Finanzministeriums, das PwC-Gutachten gehe „von außerordentlich risikobewussten Ansätzen aus und erachte auch solche Kreditgeschäfte teils bis auf Null wertberichtigungsbedürftig, bei denen auch nur ganz geringe Risikofaktoren erkennbar seien." Um welche Kreditgeschäfte handelte es sich hierbei konkret, wie lautet der von PwC festgestellte, jeweilige Wertberichtigungsbedarf und um welche konkreten Beträge ist dieser Wertberichtigungsbedarf jeweils auf Basis der erfolgten Analyse des Finanzministeriums zu hoch ausgefallen bzw. waren nur ganz geringe Risikofaktoren erkennbar?
Wien, 04. Oktober 2011
Anmerkung der Parlamentsdirektion:
Die vom Anfragesteller übermittelten Anlagen stehen nur als Image, siehe
Anfrage (gescanntes Original)
zur Verfügung.