9495/J XXIV. GP
Eingelangt am
19.10.2011
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ANFRAGE
der Abgeordneten Grosz
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend die Herausnahme von christlichen Geistlichen und Ordenspersonal aus dem Schutz vor Verhetzung gemäß § 283 StGB durch die Bundesministerin für Justiz selbst
Die Abgeordneten Grosz, Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen haben am 31. Mai 2011 eine parlamentarische Anfrage an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Einstellung des Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit hetzerischen Verbotstafeln gegen christliche Geistliche eingebracht.
Begründet wurde diese wie folgt:
Das Mitglied des Vereines der „Konfessionsfreien“ und Mitinitiator eines sogenannten „Antikirchen-Volksbegehrens“ Herr Sepp Rothwangl ist Liegenschaftseigentümer eines ca. 120 ha großen Waldstückes in der Gemeinde Wartberg, wobei durch dieses Waldstück der Pilgerweg von Kindberg über das Troiseck oder von Mitterdorf über den Hundskopf bzw. von Wartberg durch den Scheibsgraben zum Pretalsattel und von dort über Rotsohl nach Mariazell führt. Diese Pilgerroute wird jährlich von Tausenden Wallfahrern benutzt. Das Waldstück ist aufgrund der forstgesetzlichen Rechtslage für jedermann frei begehbar.
Der Verdächtige hat nach Medienberichten im Mai 2011 auf der beschriebenen Liegenschaft drei Schilder angebracht, die folgenden Inhalt haben:



Der Verdächtigte hat über diese Beschilderungsaktion den Medien Mitteilung gemacht und gezielt die Öffentlichkeit gesucht. Praktisch sämtliche österreichischen Medien haben sohin über die Aktion des Verdächtigen berichtet und die beschriebenen Schilder teilweise in der Berichterstattung fotografisch dargestellt. Zudem bietet er über einschlägige Homepages diese Tafeln zum Downloaden an und animiert dazu, diese auf Grundstücken aufzustellen.
Der Verdächtigte hat mit keinem einzigen Hinweis einen allfälligen konkreten Missbrauchsfall in seinem Waldstück genannt oder beschrieben. Es bestand und besteht daher kein sachlicher Grund für die Beschilderung.
Diese zutiefst geschmacklosen, abartigen und menschenrechtswidrigen Tafeln vermitteln eindeutig den Eindruck, dass sämtliche katholische Geistliche auch Kinderschänder seien. Das Pilger- und Betretungsverbot für sämtliche katholische Geistliche ruft eindeutig zu feindseligen Handlungen gegen eine Religionsgemeinschaft auf. Das ist geschmackloseste Hetze und gehört genauso bestraft wie andere Verhetzungsdelikte der Vergangenheit.
Diese Verbotstafel für Geistliche und gläubige Christen erinnern zudem in erschütternder Art und Weise an andere hetzerische Tafeln der Vergangenheit, wie nachstehendes Beispiel eindeutig zeigt.

Gemäß § 283 Abs. 2 StGB ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren zu bestrafen, wer öffentlich gegen eine durch ihre Zugehörigkeit zu einer im Inland bestehenden Kirche oder Religionsgesellschaft bestimmten Gruppe hetzt oder diese Gruppe in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder diese Gruppe verächtlich zu machen versucht. Das Tatverhalten des Verdächtigen ergibt sich aus der Zusammenschau der Darstellung auf den „Verbotsschild“ (Schild 1) und dem „Warnschild“ (Schild 2) im Zusammenhang mit der Textierung auf dem „Erläuterungsschild“ (Schild 3) und seinen öffentlichen Stellungnahmen in den Medien.
Der Verdächtige hat durch sein Verhalten zweifelsfrei den Tatbestand des § 283 Abs. 2 StGB erfüllt. Er hat durch seine Tat gezielt öffentlich die Priester der römisch-katholischen Kirche pauschal des Kindesmissbrauches bezichtigt und damit pauschal gegen eine Gruppe der römisch katholischen Kirche gehetzt und diese in einer deren Menschenwürde verletzender Weise verächtlich zu machen gesucht. Der Verdächtigte wäre daher nach der Strafdrohung des § 283 StGB zu bestrafen.
Die Abgeordneten zum
Nationalrat Mag. Ewald Stadler und Gerald Grosz haben daher folgerichtig am 18.
Mai 2011 bei der Staatsanwaltschaft Leoben gegen Herrn Sepp Rothwangl eine
Anzeige wegen
§ 283 StGB eingebracht.
Nur vier Werktage später stellte allerdings Frau Staatsanwältin Mag. Tanja Gutnik das Ermittlungsverfahren ein.

Wie würde die Justiz reagieren, wenn folgende Tafeln in österreichischen Wäldern angebracht würden?
1. Schild: Auf einer quadratischen Schilderfläche mit weißem Grund ist ein roter Kreis mit schwarzer Umrandung vorhanden, der auf ein Verbotsschild nach der StVO abstellt. Im Kreisinneren dieses „Verbotsschildes“ wird ein muslimischer Kleriker und mit Turban am Kopf dargestellt, welcher zwei Jugendliche mit ausgestreckten Armen vor sich hertreibend verfolgt.
2. Schild: Unter dem zuvor beschriebenen 1. Schild befindet sich ein zweites Schild auf einer rechteckigen Fläche, mit schwarzer Umrandung und gelber Fläche, auf welcher nach der Art der Autobahnauffahrtswarnschilder zur Vermeidung von „Geisterfahrern“ eine schwarze Handfläche aufscheint, in deren Handmittelpunkt eine kleinere Darstellung des oben beschriebenen ersten Schildes vorhanden ist. Über dieser Handfläche steht in fetter schwarzer Schrift das Wort „STOPP“, während unter der Handfläche in fetter schwarzer Schrift das Wort „HASSPREDIGTEN“ aufscheint.
Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage:
1. Wann ist die Strafanzeige der Abg. Grosz und Mag. Stadler gegen den Verdächtigen Sepp Rothwangl wegen § 283 StGB bei der Staatsanwaltschaft Leoben offiziell eingelangt und wann konkret (Datum) wurde sie der Staatsanwältin Mag. Tanja Gutnik zugewiesen?
2. Wann wurde das Ermittlungsverfahren gegen den Verdächtigen eröffnet?
3. Welche konkreten Ermittlungsschritte (exakte Auflistung verlangt) hat die Staatsanwaltschaft Leoben in der unter Frage 1 genannten Anzeige vor der Einstellung des Verfahrens eingeleitet?
4. Hat die Staatsanwaltschaft wegen der unter Frage 1 genannten Anzeige auch Zeugen einvernommen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?
5. Wurde der Beschuldige in diesem Ermittlungsverfahren einvernommen? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?
6. Haben Sie Kenntnis von dieser Anzeige erlangt? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?
7. War diese Anzeige wegen des dokumentierten großen öffentlichen Interesse ein sogenannter berichtspflichtiger Akt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wann und wie wurden Sie oder Ihr Ministerium von diesem Ermittlungsverfahren informiert?
8. Sofern es sich um einen berichtspflichtigen Akt handelte, welche Empfehlung hat die Staatsanwaltschaft Leoben abgegeben und sind Sie oder Ihr Ministerium dieser Empfehlung gefolgt?
9. Wurde der Akt über das Ermittlungsverfahren der Oberstaatsanwaltschaft Graz vorgelegt? Wenn ja, wem konkret und mit welchem Ergebnis?
10 Ist durch die drei Pilger- und Betretungsverbotstafeln für sämtliche katholischen Geistlichen aus Ihrer Sicht § 283 StGB erfüllt? Wenn nein, warum nicht?
11. Wie stellen Sie sicher, dass gegen den unter Frage 1 genannten Beschuldigten ein rechtskonformes und unabhängiges Verfahren wegen § 283 StGB eingeleitet wird?
12. Wäre aus Ihrer Sicht bzw. aus Sicht Ihres Ministeriums § 283 StGB erfüllt, wenn folgende Tafeln in Wäldern angebracht wären? Wenn nein, warum nicht?
Schild: Auf einer quadratischen Schilderfläche mit weißem Grund ist ein roter Kreis mit schwarzer Umrandung vorhanden, der auf ein Verbotsschild nach der StVO abstellt. Im Kreisinneren dieses „Verbotsschildes“ wird ein muslimischer Kleriker und mit Turban am Kopf dargestellt, welcher zwei Jugendliche mit ausgestreckten Armen vor sich hertreibend verfolgt.
Schild: Unter dem zuvor beschriebenen 1. Schild befindet sich ein zweites
Schild auf einer rechteckigen Fläche, mit schwarzer Umrandung und gelber
Fläche, auf welcher nach der Art der Autobahnauffahrtswarnschilder zur
Vermeidung von „Geisterfahrern“ eine schwarze Handfläche
aufscheint, in deren Handmittelpunkt eine kleinere Darstellung des oben
beschriebenen ersten Schildes vorhanden ist. Über dieser Handfläche
steht in fetter schwarzer Schrift das Wort „STOPP“,
während unter der Handfläche in fetter schwarzer Schrift das Wort
„HASSPREDIGTEN“ aufscheint.
Schild: Unter dem 2. Schild befindet sich ein weiteres, kleineres, rechteckiges Schild, welches in der Art eines erläuternden Zusatzschildes bei Gebots- und Verbotsschildern nach der StVO gestaltet ist. Es weist eine schwarze Umrandung auf. Der darin befindliche Text beginnt mit der größer und fett gedruckten Bezeichnung: „DEMOKRATIESCHUTZGEBIET!“ Unter dieser Überschrift befindet sich folgender Text: „Das Betreten dieses Grundstückes ist muslimischen Predigern oder muslimischem Religionspersonal gemeinsam mit unbeaufsichtigten Jugendlichen ohne Beisein von Vertretern des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung verboten. Zuwiderhandlungen werden ausnahmslos angezeigt. Die große Zahl von hetzerischen Reden zwingen uns zu dieser Vorsichtsmaßnahme im Interesse schutzloser Jugendlicher.“
13. Wäre aus Ihrer Sicht bzw. aus Sicht Ihres Ministeriums der § 283 StGB erfüllt, wenn folgende Tafeln in Wäldern angebracht wären? Wenn nein, warum nicht?
Schild: Auf einer quadratischen Schilderfläche mit weißem Grund ist ein roter Kreis mit schwarzer Umrandung vorhanden, der auf ein Verbotsschild nach der StVO abstellt. Im Kreisinneren dieses „Verbotsschildes“ wird ein Schwarzafrikaner, welcher zwei Jugendliche mit ausgestreckten Armen und haltenden Drogenspritzen vor sich hertreibend verfolgt.
Schild: Unter dem zuvor beschriebenen 1. Schild befindet sich ein zweites Schild auf einer rechteckigen Fläche, mit schwarzer Umrandung und gelber Fläche, auf welcher nach der Art der Autobahnauffahrtswarnschilder zur Vermeidung von „Geisterfahrern“ eine schwarze Handfläche aufscheint, in deren Handmittelpunkt eine kleinere Darstellung des oben beschriebenen ersten Schildes vorhanden ist. Über dieser Handfläche steht in fetter schwarzer Schrift das Wort „STOPP“, während unter der Handfläche in fetter schwarzer Schrift das Wort „DROGENDEALERN“ aufscheint.
Schild: Unter dem 2. Schild befindet sich ein weiteres, kleineres, rechteckiges Schild, welches in der Art eines erläuternden Zusatzschildes bei Gebots- und Verbotsschildern nach der StVO gestaltet ist. Es weist eine schwarze Umrandung auf. Der darin befindliche Text beginnt mit der größer und fett gedruckten Bezeichnung: „DROGENSCHUTZGEBIET!“ Unter dieser Überschrift befindet sich folgender Text: „Das Betreten dieses Grundstückes ist Schwarzafrikanern gemeinsam mit unbeaufsichtigten Jugendlichen ohne Beisein von Vertretern der Exekutive verboten. Zuwiderhandlungen werden ausnahmslos angezeigt. Die große Zahl von jugendlichen Drogentoten im Zusammenhang mit dealenden Schwarzafrikanern zwingen uns zu dieser Vorsichtsmaßnahme im Interesse schutzloser Jugendlicher.“
14. Wie viele Anzeigen wurden zwischen 1.1.2006 und 31.5.2011 österreichweit wegen § 283 StGB eingebracht? Wie viele davon führten zu Ermittlungsschritten? Wie viele davon zu Verhandlungen? Wie viele davon zu Verurteilungen?
15. Wegen welcher konkreten österreichweit zwischen 1.1.2006 und 31.5.2011 eingebrachten Anzeigen wurden Verfahren nach § 283 StGB eingeleitet? Welche konkreten Beschuldigungen (exakte Auflistung) lagen jeweils vor?
16. Welche konkreten zwischen 1.1.2006 und 31.5.2011 eingebrachten Anzeigen nach § 283 StGB führten zu einer Einstellung des Verfahrens? Welche konkreten Beschuldigungen (exakte Auflistung) lagen jeweils vor?
17. Wie stellen Sie sicher,
dass es in Österreich betreffend § 283 StGB zu einer einheitlichen
Rechtsprechung kommt?
Die Antwort der Bundesministerin für Justiz erfolgte am 29. Juli 2011:


Zu Frage 10 beantwortete die Bundesministerin für Justiz allen Ernstes:
„Nach Ansicht der zuständigen Fachabteilung meines Ressorts ist der Tatbestand des (hier allein in Betracht kommenden) § 283 Abs. 2 StGB (schon) deshalb nicht erfüllt, weil Berufsgruppen (katholische Priester, Ordenspersonal und anderes Kirchenpersonal) keine vom Tatbestand des § 283 Abs. 2 StGB geschützte Gruppen darstellen.“
Mit dieser Interpretation des Gesetzes stellt die Bundesministerin fest, dass es sich bei katholischen Geistlichen um „Berufsgruppen“ handelt, welche vom Schutz des „Verhetzungsparagraphen“ § 283 StGB ausgenommen sind.
Gemäß § 283 Abs. 2 StGB ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren zu bestrafen, wer öffentlich gegen eine durch ihre Zugehörigkeit zu einer im Inland bestehenden Kirche oder Religionsgesellschaft bestimmten Gruppe hetzt oder diese Gruppe in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder diese Gruppe verächtlich zu machen versucht.
Laut der Bundesministerin für Justiz handelt es sich bei katholischen Priestern und Ordenspersonal nicht um eine durch die Zugehörigkeit zu einer bestehenden Kirche bestimmten Gruppe, sondern schlichtweg „um eine Berufsgruppe“. Damit widerspricht die Justizministerin sämtlichen Gesetzen rund um anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften, die einen durch die Bundesverfassung erhöhten Schutz genießen.
Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage: