9517/J XXIV. GP

Eingelangt am 19.10.2011
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

 

betreffend die skandalösen Vorgänge während der türkischen Parlamentswahlen

 

Im März 2011 besuchte eine offizielle Delegation der Stadt Wien (aufgrund einer von den Freiheitlichen im Gemeinderat initiierten Kulturpartnerschaft) die kurdische Metropole Diyarbakır (kurd. Amed). Leiter dieser Delegation war LAbg. Ernst Woller (SPÖ), als seine Stellvertreterin fungierte LAbg. Dr. Monika Vana (GA). Weiters nahmen teil: LAbg. Isabella Leeb (ÖVP), Niki Kunrath (GA), sowie LAbg. Henriette Frank (FPÖ), BR Hans-Jörg Jenewein (FPÖ), LAbg. Mag. Wolfgang Jung (FPÖ). Der Oberbürgermeister von Diyarbakir, Osman Baydemir, bat im Rahmen des Besuches aus Wien, Wahlbeobachter für die Parlamentswahlen am 12. Juni 2011 zu entsenden. Obwohl alle Parteien informiert wurden, entsandte lediglich die FPÖ eine fünfköpfige Delegation unter der Leitung von KO BR Monika Mühlwerth.

Bei dieser zweiten Reise waren unsere Wahlbeobachter Zeugen ungeheuerlicher Vorgänge. So wurde von Seiten des stets präsenten türkischen Militärs eine sog. "offene Wahl" erzwungen. Wer auf sein demokratisches Recht bestand, geheim zu wählen, bzw. offen die Kurdische Partei BDP wählte, erhielt an den folgenden Tagen "Besuch" von türkischen Soldaten und wurde spitalsreif geschlagen. Eine ärztliche Versorgung blieb den Betroffenen verwehrt, da die Soldaten ihren Opfern auch noch die Sozialversicherungskarten abgenommen hatten. Oftmals nötigten Soldaten die Wähler mit vorgehaltener Waffe dazu, "offen" zu wählen. Auch wurden in vielen Wahllokalen die Wahlurnen von Soldaten in "Verwahrung" genommen. Zahlreiche Stimmen für die Kurdenpartei gingen auf diese Weise verlustig.


Meiner Bitte um Stellungnahme zu den oben genannten Vorfällen, sowohl im Menschenrechtsausschuss als auch im Außenpolitischen Ausschuss, konnten weder Außenminister Spindelegger noch Staatssekretär Wallner entsprechen. Die Ankündigung von Seiten des Außenministers im Menschenrechtsausschuss, im Juni über die Vorfälle Nachforschungen anstellen zu wollen und mir im Anschluss Auskunft zu erteilen, blieb bis auf den heutigen Tag unerfüllt.

 

 

In diesem Zusammenhang richten die nachstehend unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende

 

ANFRAGE:

 

1.          Sind Ihnen als Außenminister die oben beschriebenen Vorgänge bekannt?

2.          Wenn nein, warum nicht?

3.          Wie stehen Sie als Außenminister zu den Beispielen der Missachtung elementarer demokratischer Rechte der kurdischen Bevölkerung in der Türkei?

4.          Sind Sie als zuständiger Minister der Ansicht, dass vor dem Hintergrund der vielfach dokumentierten Missachtung des Rechts auf freie und geheime Wahlen, die Türkei derzeit für EU-Beitrittsverhandlungen reif ist?

5.          Wenn ja, warum?

6.          Ist von Ihrer Seite geplant, bei den zuständigen türkischen Verantwortungsträgern Informationen einzuholen?

7.          Sind von Ihrer Seite Maßnahmen geplant, den türkischen Verantwortungsträgern Ihr Befremden über diese Vorgänge auszudrücken?

8.          Wenn nein, warum nicht?

9.          Haben Sie vor, europäische Institutionen, wie beispielsweise den Europäischen Rat, von diesen Vorfällen zu informieren?

10.       Wenn nein, warum nicht?

11.       Sind von Ihrer Seite Gespräche mit Kollegen auf EU – Ebene geplant, um die oben geschilderten Missstände zu diskutieren?

12.       Wenn nein, warum nicht?

13.       Werden von Ihrer Seite Gespräche mit Vertretern der kurdischen Bevölkerung geführt?

14.       Wenn nein, warum nicht?

15.       Wenn ja, welche Ergebnisse wurden bei diesen Gesprächen erzielt?