9520/J XXIV. GP
Eingelangt am 19.10.2011
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Gesundheit
betreffend bariatrische Operationen
Derzeit gibt es für die Bewilligung einer bariatrischen Operation (Magenband, Bypass oder Sleeve) bei den Krankenkassen unterschiedliche Voraussetzungen. Beispielsweise wird von der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse der Nachweis einer sechs-monatigen Psychotherapie vor der Operation als Voraussetzung verlangt. In anderen Bundesländern müssen für die Betroffenen beschämende Bewilligungsbegutachtungen absolviert werden. Unabhängig von der Ungleichbehandlung muss auch darauf hingewiesen werden, dass es nicht einfach ist, einen Therapieplatz zu finden, der auf Ess-Störungen spezialisiert ist. Dazu kommen auch die nicht unbeträchtlichen Kosten für die Psychotherapie, immerhin bezahlen die Krankenkassen nur einen geringen Teil. Für viele Personen stellt eine verpflichtende Psychotherapie auch eine unüberwindbare finanzielle Hürde dar.
Nach der Operation wird allerdings keine begleitende Therapie angeboten, obwohl gerade postoperativ viele Betroffene diese Unterstützung bräuchten. Adipositas ist in den meisten Fällen die Folge einer Esssucht, also einer Suchterkrankung, daher machen die Betroffenen nach der Operation auch einen Entzug durch.
Auch bei den oftmals wirklich notwendigen Wiederherstellungsoperationen nach erfolgreicher Abnahme sind die Bewilligungskriterien in allen Bundesländern unterschiedlich.
Während zum Beispiel die niederösterreichische Gebietskrankenkasse die Bauchdeckenkorrektur bewilligt, nicht aber eine Bruststraffung, wird von der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse bei Notwendigkeit auch ein so genannter Lower Bodylift, aber auch eine Bruststraffung bewilligt.
Ein ganz wichtiges Thema im Bereich der bariatrischen Chirurgie ist auch die lebenslange Supplementierung von Mineralstoffen und Vitaminen. Durch die Malabsorbtion können von den Patienten viele lebensnotwendige Vitamine und Mineralstoffe aus der Nahrung nicht mehr ausreichend aufgenommen werden. Und die dafür notwendige Supplementierung ist zu einem überwiegenden Teil aus der eigenen Tasche zu bezahlen, da dies trotz medizinischer Notwendigkeit nicht von den Krankenkassen übernommen wird. Die Behandlung etwaiger Folgeerkrankungen verursacht durch Mangelerscheinungen, wird wiederum von den Krankenkassen übernommen.
Aufgrund der ständig steigenden Zahl von schwer übergewichtigen Personen, haben manche Krankenkassen bereits eine Deckelung von bariatrische Operation vorgesehen.
Diese Vorgehensweise ist nicht nachvollziehbar, da stark übergewichtige Menschen erwiesenermaßen nicht nur dem Gesundheitssystem weit mehr kosten. Folgeerkrankungen wie Invalidität und Arbeitsunfähigkeit in jungen Jahren belasten das Sozialsystem insgesamt über Gebühr!
Der auf diesem Gebiet führende Experte, der US-Adipositas-Forscher Prof. Mark S. Gold sagt, „...dass bariatrische Operation nicht die eleganteste, aber bei einem BMI über 40 die derzeit effektivste Art sind, um adipösen Patienten zu helfen…“ und weiter „…das steigende Übergewicht resultiert nicht aus der Willen- und Disziplinlosigkeit der Betroffenen, sondern aus den immer neu designten Nahrungsmitteln. Wir bekommen Nahrung zu kaufen, die dazu entwickelt wurde, drogenartige Wirkung zu erzeugen…“
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Gesundheit folgende
Anfrage
1. Wie viele bariatrische Operationen wurden in Österreich 2010 durchgeführt? (aufgeschlüsselt nach Bundesländern)
2. Wie viele bariatrische Operationen wurden in Österreich 1990 durchgeführt? (aufgeschlüsselt nach Bundesländern)
3. Welche Voraussetzungen verlangen die einzelnen Krankenkassen?
4. Wie hoch sind die Kosten für den Selbstbehalt einer Psychotherapie, die über 6 Monate stattfindet?
5. Gibt es verpflichtende Psychotherapie vor der Bewilligung der Operation?
6. Wenn ja, welche Krankenkassen fordern das?
7. Gibt es verpflichtende Psychotherapie nach der Operation?
8. Wenn ja, welche Krankenkassen fordern das?
9. Welche nachfolgenden Wiederherstellungsoperationen werden von den einzelnen Krankenkassen bezahlt?
10. Wie engmaschig werden nach einer bariatrischen Operation die Blutwerte gemessen? (aufgeschlüsselt nach Krankenkassen)
11. Können Sie sich vorstellen, per Erlass eine einheitliche Regelung für Voraussetzungen und Nachfolgeuntersuchungen bzw. Nachfolgeoperationen zu erlassen?
12. Wenn nein, warum nicht?
13. Würden Sie es als sinnvoll erachten, eine verpflichtende Psychotherapie nach einer bariatrischen Operationen einzuführen?
14. Wie hoch ist der pro-Kopf Zucker Verbrauch im Jahr 2010 gewesen?
15. Wie hoch ist der pro-Kopf Zucker Verbrauch im Jahr 1975 gewesen?