9693/J XXIV. GP

Eingelangt am 03.11.2011
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ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler,

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl

betreffend unterlassene Ermittlungen zum "Säuglingspflege"-Buch und zu Datenträgern in der Causa Kampusch

 

In der im Betreff genannten Causa Kampusch wurden nach der "Tatort-Mappe" im Raum O des Priklopil-Hauses unter anderem ein Buch über "Säuglingspflege" bzw. über "Säuglings- und Kinderpflege" gefunden.

 

Im Bericht der Polizeiinspektion Deutsch-Wagram vom 29.08.2006, GZ B1/22572/4/06, wird von der Berichtsverfasserin ausgeführt, dass N. K. angegeben habe, mit Priklopil freiwillig Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Ferner wird darin ausgeführt, dass K. hinsichtlich allfälliger Komplizen lediglich ausführte, dass sie "keine Namen weiß". K. hat zu diesem Zeitpunkt definitiv die Existenz von Komplizen des Priklopil nicht in Abrede gestellt.

 

In der Niederschrift der Einvernahme des Zeugen Dr. Karl B., eines gynäkologischen Facharztes, vor dem Landespolizeikommando Burgenland vom 25.08.2006, GZ: VS05/02, hat dieser ausgeführt, dass N. K. ihn am 23.08.2006 im Rahmen einer Vorführung zur Untersuchung gefragt habe, wie lange er eine Schwangerschaft nachweisen könne, bzw. wie lange man eine Schwangerschaft nachweisen könne, wenn diese schon vorbei wäre. Nach seiner Erläuterung habe ihm gegenüber N. K. sinngemäß bemerkt, "dass es eh egal sei, weil es schon lange her sei."

 

Die Anfragesteller weisen darauf hin, dass wesentliche Teile der obigen Sachverhaltshinweise in der Sendung des deutschen Nachrichtensenders RTL vom vergangenen Samstag, den 29.10.2011, 19:05 Uhr, in der Sendung "Explosiv-Weekend" unter Einblendung von Faksimile berichtet wurden.


Das deutsche Nachrichtenmagazin "Stern" berichtete bereits im Oktober 2006 davon, dass N. K. Opfer sadistischer Demütigungen auch außerhalb des Hauses des Verdächtigen Wolfgang Priklopil wurde und dass sie dabei vor anderen Leuten geschlagen, gedemütigt und gefesselt wurde. Auch die Tageszeitung "Österreich" berichtet in der Ausgabe vom 08.05.2009 über "hunderte Fotos" und über zwei Mini-DVD's, die im Haus des Priklopil in Strasshof sichergestellt wurden und auf denen nicht nur N. K. einschlägig in gedemütigter Haltung erkennbar sein soll, sondern dass dabei auch mindestens zwei weitere unbekannte Personen wahrnehmbar seien.

 

Auch die Tageszeitung "Heute" verfügt über entsprechende Hinweise, wobei diesbezüglich am 24.06.2009 im Büro der Herausgeberin Dr. Eva Dichand ein Gespräch mit einem informierten Zeugen stattfand, welches CI Linzer in Anwesenheit von BI Steinkogler mit dem genannten Zeugen führte. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass die Rolle des CI Linzer in der gesamten Causa Kampusch noch eigens zu hinterfragen sein wird.

 

In einem Zwischenbericht des Innenministeriums wird hiezu erwähnt, dass im Haus Heinestraße 60 in Strasshof Datenträger (Mini-DV-Kassetten zur Kamera Canon MV 5 gehörig) gefunden wurden, die augenscheinlich versiegelt Ihrem Ministerium übergeben wurden. In diesem Zusammenhang wird auf die detaillierten Ausführungen über den Verbleib der Datenträger im Amtsvermerk des Bundeskriminalamtes vom 11.05.2009, GZ 2.225.901/1-II/BK/3/zw, verwiesen, der im Ermittlungsakt einliegt. Es ist bemerkenswert, dass sich diese Datenträger in den "Tatort-Mappen" des Aktes N. K. nicht wiederfinden.

 

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher an die Frau Bundesministerin für Justiz nachstehende

 

Anfrage

1. Warum wurde den Ausführungen der N. K. zum freiwilligen Geschlechtsverkehr und zur Frage des Nachweises einer Schwangerschaft vor dem Hintergrund allfälliger Delikte gemäß §§ 96 und 98 StGB keine Bedeutung zugemessen?

2. Warum wurde diesbezüglich nicht hinsichtlich allfälliger weiterer Tatverdächtiger nachgegangen, um zumindest die Realisierung der zuvor genannten Delikte ausschließen zu können?

3. Warum wurde den mehrfachen Hinweisen der N. K. auf weitere Tatverdächtige nicht nachgegangen, nur weil N. K. angab, dass sie "keine Namen weiß"?

4. Welche Erkenntnisse gibt es zwischenzeitlich über die von den zitierten Medien berichteten sadistischen Demütigungen zum Nachteil der N. K. durch andere Täter als durch den verstorbenen Wolfgang Priklopil?

5. Wo befinden sich die Ihrem Ministerium übergebenen versiegelten oben erwähnten Datenträger derzeit?

6. Wurden diese Datenträger kriminaltechnisch ausgewertet und welches Ergebnis hat diese Auswertung erbracht?

7. Wann wird N. K. zu den massiven Widersprüchen ihrer Aussagen in der Öffentlichkeit, insbesondere in Fernsehsendungen und in ihrem Buch, in Bezug auf die im Akt einliegenden gegenteiligen Anhaltspunkte förmlich befragt werden?

8. Gibt es Erkenntnisse, wer aus Ihrem Ministerium oder aus dem Innenministerium die erforderlichen Ermittlungen im oben dargestellten Sinne verhindert oder gar vereitelt hat?