9696/J XXIV. GP
Eingelangt am 08.11.2011
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ANFRAGE
der Abgeordneten Grosz
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend die Chronologie des Versagens im Zusammenhang mit dem sich wiederholenden ÖVP-Wahlkampfgag „Sicherheitspartnerschaft für Graz“
Am 22. November 2007 – also während des Wahlkampfes zur Grazer Gemeinderatswahl – unterzeichnete der damalige ÖVP-Bundesminister für Inneres Günther Platter eine „Sicherheitspartnerschaft für Graz“ mit dem damaligen ÖVP-Spitzenkandidat Mag. Siegfried Nagl im Grazer Rathaus.
Am 5. August 2010 – also während des Wahlkampfes zur steirischen Landtagswahl – unterzeichnete die damalige Bundesministerin für Inneres Dr. Maria Fekter mit dem damaligen ÖVP-Spitzenkandidaten Hermann Schützenhöfer und dem Grazer ÖVP-Bürgermeister Nagl eine weitere „Sicherheitspartnerschaft“, diesmal „Sicherheitspakt“ genannt. Alle drei Unterzeichner sprachen von einem „zivilrechtlichen Vertrag“, der der Steiermark bis 2013 zusätzliche 300 Exekutivbedienstete bringen sollte.
Daher stellt sich nun die Frage, wie sich der vielzitierte Personalstand der Grazer Exekutive innerhalb des Zeitraumes der „Sicherheitspartnerschaft für Graz“ tatsächlich entwickelt hat. Aufschluss geben die jeweiligen parlamentarischen Anfragen des BZÖ an die Innenminister der ÖVP:
Der tatsächliche Personalstand zum 1.1.2006 betrug in den Polizeidienststellen des Stadtpolizeikommandos Graz insgesamt 728 Exekutivbedienstete. (Siehe parlamentarische Anfragebeantwortung des Innenministeriums vom 7. Juli 2010 5389/AB)
Der tatsächliche Personalstand zum 1.1.2007 betrug in den Polizeidienststellen des Stadtpolizeikommandos Graz insgesamt 708 Exekutivbedienstete. (Siehe parlamentarische Anfragebeantwortung des Innenministeriums vom 7. Juli 2010 5389/AB)
Der tatsächliche Personalstand zum 22.11.2007 betrug in den Polizeidienststellen des Stadtpolizeikommandos Graz insgesamt 698 Exekutivbedienstete. (Siehe parlamentarische Anfragebeantwortung des Innenministeriums vom 20. März 2009 759/AB)
Der tatsächliche Personalstand zum 1.1.2009 betrug in den Polizeidienststellen des Stadtpolizeikommandos Graz insgesamt 712 Exekutivbedienstete. (Siehe parlamentarische Anfragebeantwortung des Innenministeriums vom 20. März 2009 759/AB)
Jüngste Zahlen über den Personalstand liegen nur in Form von Wortmeldungen von Bürgermeister Nagl selbst und einzelner Verantwortlicher der steirischen Exekutive vor. Der derzeitige Personalstand in Graz bewege sich bei „rund 700 Exekutivbediensteten“:
"Kleine Zeitung" vom 13.05.2011 Seite: 24
Ressort: Graz Zentrum
Graz
Nagl: „Grazer Polizei wird ausgehungert“
Laut Bürgermeister fast jedes Wachzimmer unterbesetzt. Der Grazer ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl und die schwarzen Innenminister – diese Achse hat immer funktioniert. Speziell in Wahlkämpfen wurden von Liese Prokop, Günther Platter oder Maria Fekter große Versprechen gemacht: „Mehr Polizisten für Graz“, war stets der Tenor. Nun, da Wahlen noch fern sind, erkennt auch Nagl: „Praktisch jedes Wachzimmer ist unterbesetzt. Unsere Polizei wird ausgehungert.“ Die versprochenen Grenzpolizisten blieben fern, zusätzlich würde das Landespolizeikommando Grazer Polizisten ins steirische Umland beordern. „Da werde ich in den nächsten Wochen ein Gespräch mit Kommandant Peter Klöbl führen“, so Nagl gestern im Gemeinderat.
Bemerkenswert auch die Nennung des nunmehrigen Personalstandes der Grazer Polizei mit rund 700 Exekutivbeamtinnen und Beamten. Siehe „Der Grazer“ vom Sonntag, den 6.11.2011:
Die Realität sieht freilich noch erschreckender aus. Laut Stadtpolizeikommandantenbefehl vom 31.3.2009 verrichten an den 12 Polizeiinspektion der Stadt Graz – während der Nachtdienste von Montag bis einschließlich Samstag und für den Tagdienst an Sonntagen – überhaupt nur mehr 50 Polizistinnen und Polizisten ihren Dienst. Das bedeutet, dass ein Exekutivbediensteter für die Sicherheit von 5895 Einwohnerinnen und Einwohner zu sorgen hat.
Nachdem davon auszugehen ist, dass die nunmehrige ÖVP-Innenministerin Mikl-Leitner im Vorfeld der Grazer Gemeinderatswahl 2012/2013 wiederum mit dem künftigen ÖVP-Spitzenkandidaten Mag. Siegfried Nagl eine mittlerweile aktenkundig sinn- und nutzlose Sicherheitspartnerschaft unterzeichnen wird, ist eine Klärung der Katastrophe rund um den desaströsen Personalstand der Grazer Exekutive unabdingbar.
Faktum und durch Anfragebeantwortungen des Innenministeriums belegt ist, dass seit dem Jahr 2000 hat keinerlei nennenswerte Aufstockung der steirischen Exekutivkräfte stattgefunden hat. Ganz im Gegenteil, die bisherigen Innenministerinnen und Innenminister der ÖVP und der Grazer Bürgermeister haben sämtliche Hilferufe der Personalvertreter aber auch der Bevölkerung schlichtweg negiert und eine Reduzierung der Exekutivkräfte zu verantworten. Auch Anträge des BZÖ zur Aufstockung der Exekutivkräfte in der Steiermark wurden von den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP sowohl im Ausschuss als auch im Plenum des Nationalrates abgelehnt.
Der Anfragesteller verweist exemplarisch auf folgenden am 25.11.2008 eingebrachten und am 19.11.2009 von den Regierungsparteien abgelehnten Entschließungsantrag hin, welcher die personelle Aufstockung der Grazer Exekutivkräfte zum Ziel hatte. Besonders bemerkenswert ist es, dass auch steirische Abgeordnete von SPÖ und ÖVP gegen diese Initiativen des BZÖ argumentiert haben.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Grosz, Ing. Westenthaler, List
Kolleginnen und Kollegen
betreffend die dringende Aufstockung der Grazer Exekutive um zusätzliche 300 Polizisten
Mehr als 70 angezeigte Straftaten am Tag im Grazer Stadtgebiet sprechen eine deutliche Sprache und zeigen: Es herrscht Handlungsbedarf!
Der Kampf gegen die explodierende Kriminalität und die alarmierenden Zunahme von Eigentumsdelikten, Autodiebstählen, Überfällen sowie Haus- und Wohnungseinbrüchen kann nicht mit geschönten Kriminalstatistiken gewonnen werden. Insbesondere gegen Drogenkriminalität und organisierte Kriminalität, Kriminal-Tourismus, organisierte Bettelei und Menschenhandel muss verstärkt vorgegangen werden.
Die Beamtinnen und Beamten der Grazer Polizei leisten im Kampf gegen die Kriminalität hervorragende Arbeit, die Sicherheit der Stadt leidet aber unter dem massiven Personalmangel. Durch die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie verloren die Grazer Exekutivkräfte hunderte Beamtinnen und Beamten.
Unter dem Druck der damals bevorstehenden Gemeinderatswahl 2008 in Graz schloss Bürgermeister Nagl mit dem damaligen Bundesminister für Inneres Günther Platter eine Sicherheitspartnerschaft für Graz. Inhalt dieses Vertrages war die Aufstockung der Grazer Exekutive. Auch im Nationalrat wurde mit dem Beschluss der Petition 12/PET im Jänner 2008 u.a. eine sofortige Aufstockung des Personalstandes der Grazer Polizei wieder auf mindestens 800 uniformierte Beamte und Beamtinnen gefordert. Beide Initiativen wurden aber bisher nicht in die Praxis umgesetzt. Die Grazer Exekutive leidet nach wie vor unter akutem Personalmangel. Die Sicherheitssituation und das berechtigte Unsicherheitsgefühl der Grazerinnen und Grazer verlangen aber sofortige Maßnahmen.
Die Aufstockung der Grazer Polizei ist daher ein sicherheitspolitisches Gebot der Stunde. Mit dazu beitragen könnte eine Erleichterung der (freiwilligen) Rückkehr der nach Wien dienstversetzten, aber in Graz sozial und familiär beheimateten Polizistinnen und Polizisten nach Graz. Es gibt ja unzählige Fälle, in denen in Graz familiär gebundene Exekutivkräfte seit Jahren nach Wien pendeln müssen und seit ebenso langer Zeit erfolglos um ihre Versetzung in ihr Heimatbundesland ansuchen.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere aber die Bundesministerin für Inneres wird ersucht, die Grazer Polizei um zumindest 300 zusätzliche Polizeikräfte auszustocken. Die Bundesministerin für Inneres wird weiters ersucht, Versetzungsgesuche in Wien eingesetzter, aber in Graz familiär, sozial und gesellschaftlich beheimateter Polizistinnen und Polizisten bevorzugt positiv zu erledigen, um die Personalsituation in Graz rasch zu verbessern.“
Die seit Jahren mehr oder weniger gleichbleibenden bzw. sogar sinkenden Zahlen der Exekutivkräfte in Graz belegen eine eklatante Unterversorgung der Exekutive. Die Kriminalitätsstatistiken sprechen eine deutliche Sprache: Es herrscht Handlungsbedarf! Der Kampf gegen die explodierende Kriminalität und die alarmierende Zunahme von Eigentumsdelikten, Autodiebstählen sowie Haus- und Wohnungseinbrüchen kann nicht mit geschönten Kriminalstatistiken gewonnen werden. Insbesondere gegen Drogenkriminalität, organisierte Kriminalität, Kriminal-Tourismus, organisierte Bettelei, Menschenhandel und das Schlepperunwesen ist jetzt konsequent vorzugehen. Dies ist aber nur mit einer Aufstockung der Grazer Exekutive um zumindest 300 zusätzliche Beamtinnen und Beamten zu erreichen.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang an die Bundesministerin für Inneres folgende
Anfrage
a) Wenn ja, wie werden die konkreten Erleichterungen aussehen?
b) Wenn nein, warum nicht?
a) Wenn ja, wann und in welchen konkreten Schritten?
b) Wenn nein, warum nicht?