9896/J XXIV. GP
Eingelangt am 18.11.2011
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein, Neubauer
und weiterer Abgeordneten
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Irrmeinungen von Staatsanwalt Dr. Thomas Mühlbacher
Im Zuge der aktuellen Medienberichterstattung meldete sich Staatsanwalt Thomas Mühlbacher zu Wort und rechtfertigte seine Tätigkeit im Zuge der Kampusch-Ermittlungen. Auf http://oe1.orf.at/artikel/290887 ist dazu am 16.11.2011 folgendes dazu zu lesen:
„Kampusch-Staatsanwalt Thomas Mühlbacher entgegnet: "Es gibt einen Lokfahrer, der ausdrücklich sagt, dass Herr Priklopil ganz langsam auf die Gleise zugegangen ist, ohne dass andere Personen in der Nähe gewesen sind. Und dass er den Zug einfach nicht mehr anhalten konnte." Der Vorwurf des Mordes sei daher "unhaltbar", so Mühlbacher.”
Weiters stellt er im selben Artikel zu weiteren Ungereimtheiten fest:
"Das Tagebuch der Frau Kampusch und auch andere Gegenstände, die ihr gehören, wurden selbstverständlich überprüft." Da es sich dabei aber um persönliches Eigentum handle, sei es Natascha Kampusch danach wieder zurückgegeben worden.
Es sei bei den Ermittlungen allen stichhaltigen Hinweisen nachgegangen worden, beteuert Mühlbacher. Etwas zu 100 Prozent ausschließen könne man in einem Strafverfahren aber nie, so Mühlbacher. Nur: Für einen Staatsanwalt gäbe es in so einem Fall zwei Möglichkeiten. Entweder habe er "Hard-Facts" vorzulegen oder er müsse sich eben dazu bekennen, das Vorhandensein eines zweiten Täters nicht beweisen zu können, so Mühlbacher.“
In diesem Zusammenhang stellen unterfertigte Abgeordnete an die Frau Bundesminister für Justiz folgende
ANFRAGE
1. Sind Ihnen die Aussagen von Staatsanwalt Dr. Thomas Mühlbacher vom 16.11.2011 bekannt?
2. Wenn nein, warum nicht?
3. Wenn ja, wie bewerten sie die Aussagen von Staatsanwalt Dr. Mühlbacher im Allgemeinen?
4. Wie bewerten sie die Aussagen von Staatsanwalt Dr. Thomas Mühlbacher dahingehend, wonach der Lokführer ausgesagt haben soll, dass Wolfgang Priklopil ganz langsam auf die Gleise zugegangen sein soll?
5. Ist Ihnen dahingehend eine andere Aussage des Lokführers bekannt?
6. Wenn nein, warum nicht?
7. Wenn ja, welche Aussage des betreffenden Lokführers ist ihnen bekannt?
8. Können sie bestätigen, dass der Lokführer bei seiner Erstaussage angegeben hat, „einen weißen Schatten gesehen zu haben.“?
9. Erkennen sie eine Divergenz zwischen den heutigen Aussagen von Dr. Thomas Mühlbacher und den ursprünglichen Aussagen des Lokführers?
10. Wenn nein, warum nicht?
11. Wenn ja, wie erklären sie sich diese Divergenz und wie erklären Sie diese?
12. Ist Ihnen bekannt, dass bei der amtsärztlichen Untersuchung der Leiche von Wolfgang Priklopil keine Temperaturmessung vorgenommen wurde?
13. Wenn ja, wie werten Sie diesen Umstand?
14. Wenn nein, warum nicht?
15. Ist Ihnen bekannt, dass im Obduktionsbericht von Wolfgang Priklopil keine Temperaturmessung verzeichnet wurde und daher der Todeszeitpunkt nicht berechnet werden konnte?
16. Wenn ja, wie werten Sie diesen Umstand?
17. Wenn nein, warum nicht?
18. Wie bewerten Sie die Aussage von Staatsanwalt Dr. Thomas Mühlbacher, wonach der Verdacht des Mordes an Wolfgang Priklopil „unhaltbar“ sei?
19. Musste Staatsanwalt Dr. Thomas Mühlbacher der Umstand bekannt sein, dass der Lokführer nur „einen weißen Schatten“ sah und bei Wolfgang Priklopil keine Temperaturmessung durchgeführt wurde die den Todeszeitpunkt hätte bestimmen können?
20. Wenn nein, warum nicht?
21. Wenn ja, aus welchen Gründen bezeichnet er den Verdacht des Mordes an Wolfgang Priklopil als „unhaltbar“?
22. Wenn ja, welche Motivation treibt Staatsanwalt Dr. Thomas Mühlbacher an mit offensichtlichen Halbinformationen an die Öffentlichkeit zu treten?
23. Wie erklären Sie sich die Aussage von Dr. Thomas Mühlbacher, wonach die Tagebücher von Natascha Kampusch „selbstverständlich geprüft“ wurden?
24. Wann genau und durch wen hat diese Prüfung stattgefunden?
25. Entspricht es den Tatsachen, dass die Auswertung der Tagebücher von Natascha Kampusch abgebrochen wurde und diese anschließend versiegelt worden sind?
26. Wenn ja, warum spricht Staatsanwalt Dr. Thomas Mühlbacher dann davon, dass die Tagebücher „selbstverständlich ausgewertet“ worden sind?
27. Wenn nein, welche Beweisstücke zählen zu den von Mühlbacher zitierten „Hard-Facts“?
28. Ist Staatsanwalt Mühlbacher ernsthaft der Auffassung, dass es Personen gibt, welche dem Lokführer Mord an Wolfgang Priklopil anlasten?
29. Hat sich Staatsanwalt Mühlbacher in den Akt eingearbeitet?
30. Wenn ja, in welchen?