123/JPR XXIV. GP
Eingelangt am 10.09.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
des Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein
an die Präsidentin des Nationalrats
betreffend Missbrauch des Parlamentsmitarbeitergesetzes durch die Abgeordneten Huber, Hagen, Tadler
Beim Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung wurde eine Strafanzeige mit folgendem Inhalt eingebracht:
I.
Nach seiner Wahl zum Tiroler Bündnisobmann des BZÖ-Bündnis Zukunft Tirol hat
Herr Gerhard Huber, Abgeordneter zum Nationalrat, geb. am 20.05.1965, Görtschach
61, 9991 Dölsach dem Anzeigenleger Markus Kandler das Angebot einer Anstellung
als parlamentarischer Mitarbeiter zu seiner Unterstützung unterbreitet, als
Voraussetzung für diese Anstellung hat der Herr NR Huber vom Anzeigenleger verlangt, dass er allerdings auch den „Landesgeschäftsführer in Tirol mitmachen“ müsse.
Herr Kandler hat zu diesem Zeitpunkt weder die genauen Inhalte des Organisationsstatuts des Bündnis Zukunft Tirol noch die Bestimmungen des Parlamentsmitarbeitergesetzes gekannt.
Mit 30.06.2009 wurde zwischen Herrn Kandler und der Arbeitsgemeinschaft
„Christoph Hagen, Gerhard Huber, Erich Tadler“[1] ein Dienstvertrag abgeschlossen.
Herrn Christoph Hagen, Abgeordneter zum Nationalrat, geb. 28.12.1968 St. Martins Weg 7, 6912 Hörbranz, kam dabei die Vertretung nach außen zu, während Herr Kandler laut Dienstvertrag zur inhaltlichen und organisatorischen Betreuung der parlamentarischen Tätigkeiten für den Abgeordneten NR Gerhard Huber dienstzugeteilt wurde.
Weil am 31.10.2012 immer noch kein Gehalt für den Monat Oktober auf dem Konto
des Herrn Kandler aufschien, hat Herr Kandler in der Folge zu Hause seine kompletten Briefsendungen durchgesehen, die sich auf Grund des Umzugs in eine neue Wohnung in der Zwischenzeit angesammelt haben. Dort bemerkte Herr Kandler einen Briefumschlag der Firma Hübner & Hübner Wirtschaftsprüfung und Steuerberatungs GmbH & Co KG und musste beim Öffnen und Durchsehen der Briefsendung feststellen, dass angeblich sein Dienstverhältnis laut Abmeldebestätigung bei der TGKK „einvernehmlich aufgelöst“ worden sei, obwohl Herr Kandler zu keinem Zeitpunkt je ein Auflösungsgespräch betreffend seines Angestelltenverhältnisses geführt hat oder etwa von Dienstgeberseite über eine geplante Auflösung des Dienstverhältnisses informiert worden wäre.
Herr Kandler hat die Firma Hübner & Hübner Wirtschaftsprüfung und Steuerberatungs GmbH & Co KG kontaktiert und um Aufklärung ersucht und hat er in der Folge ein Email erhalten.
Dieses Email, datiert mit 20.09.2012, stellt offensichtlich ein Telefax vom 20.09.2012
mit der Aufschrift „Parlamentsclub des BZÖ“ dar und führt als Absender Herrn NR
Christoph Hagen und als Adressat die Hübner & Hübner Wirtschaftsprüfung und
Steuerberatungs GmbH & Co KG an. Im Schreiben selbst wird von einer angeblich
einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses mit Herrn Kandler gesprochen
und zur Bekräftigung wird in diesem Telefax der Namenszug und die Unterschrift
„Markus Kandler“ angeführt.
Faktum ist, dass Herr Kandler weder dieses Telefax je gesehen hat und noch weniger
jemals eine Unterfertigung bzw. Unterschrift in Richtung Auflösung des Dienstverhältnisses abgegeben hat. Herr Kandler hat das obige Telefax zuvor nie gesehen. Es hat auch nie ein mündliches Auflösungs- bzw. Beendigungsgespräch des Dienstverhältnisses gegeben, noch wurde Herr Kandler schriftlich von der Beendigung des Dienstverhältnisses informiert.
Wer die Unterschrift mit dem Namenszug „Markus Kandler“ auf das Schreiben betreffend einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses dort angebracht hat, ist Herrn Kandler nicht bekannt.
Möglicher Weise wurde der Namenszug „Markus Kandler“ auch kopiert und entsprechend im Telefax mit der Täuschungsabsicht platziert, es handle sich dort um die Einwilligungserklärung des Herrn Kandler zur einvernehmlichen Auflösung durch Unterschriftszeichnung.
Herr Kandler hat auf Grund dieser Fakten sowohl eine Klage beim Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht als auch Strafanzeige eingebracht.
Frau Bezirksanwältin Helga Stelzer in Innsbruck hat den zunächst unter 56 BAZ
665/13t geführten Akt am 11.07.2013 zur Staatsanwaltschaft Wien, Aktenzeichen
105 BAZ 1344/12b weitergeleitet.
Beweis: Akt Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht,
47 Cga 149/12p;
Akt StA Wien, 105 BAZ 1344/12b;
Dienstvertrag vom 30.06.2009;
Telefax vom 20.09.2012 betreffend „einvernehmliche Auflösung“
ZV Markus Kandler
II.
Herr NR Gerhard Huber wurde laut OTS-Aussendung vom 19.04.2009 zum Tiroler –
BZÖ Bündnisobmann gewählt.
Am Sonntag, dem 12.02.2012, wurde Herr NR Huber neuerlich zum Obmann des
BZÖ Tirol wiedergewählt.
Gemäß § 9 Organisationsstatut des Bündnis Zukunft Tirol, beantragt und beschlossen
vom Landeskonvent am 19. April 2009, vertritt der Bündnisobmann die Landesorganisation für die Dauer von zwei Jahren; als solcher vertritt er die Landesorganisation nach außen und leitet bzw. führt vertretungs- und zeichnungsberechtigt alle Geschäfte des BZÖ-Bündnis Zukunft Tirol.
Gemäß § 11 Organisationsstatut des Bündnis Zukunft Tirol kann der Bündnisobmann
zu seiner Unterstützung einen Landesgeschäftsführer bestellen.
Herr Kandler hat vor der Wahl des Herrn NR Huber zum Tiroler Bündnisobmann bereits mit diesem politisch zusammengearbeitet.
Nach seiner Wahl zum Tiroler Bündnisobmann hat Herr NR Huber Herrn Markus Kandler das Angebot einer Anstellung als parlamentarischer Mitarbeiter zu seiner Unterstützung unterbreitet, als Voraussetzung für diese Anstellung hat Herr Gerhard Huber von Herrn Markus Kandler verlangt, dass er allerdings auch den „Landesgeschäftsführer in Tirol mitmachen“ müsse.
Herr Kandler hat, wie zu Pkt I. bereits erwähnt, zu diesem Zeitpunkt weder die genauen Inhalte des Organisationsstatuts noch die Bestimmungen des Parlamentsmitarbeitergesetzes gekannt. Herrn Kandler wurde in der Folge erstmals am 30.06.2009 gemeinsam mit dem Dienstvertrag eine Beilage 2 zum Antrag auf Vergütung für von Arbeitsgemeinschaften abgeschlossene Dienstverträge nach dem Parlamentsmitarbeitergesetz vorgelegt, in welcher er eine Erklärung unterfertigen musste, dass er Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft „Christoph Hagen, Gerhard Huber und Erich Tadler“ sei.
Dort heißt es unter anderem zu den Ausschlussbestimmungen eines Vergütungsanspruches wie folgt:
„Mir ist der Gesetzestext des Parlamentsmitarbeitergesetz bekannt, und ich habe insbesondere die Ausschlussbestimmungen des § 2 zur Kenntnis genommen, die wie folgt lauten:
(1) Ein Vergütungsanspruch besteht nicht, wenn der parlamentarische Mitarbeiter des Mitgliedes des Nationalrates
….2. in einem Dienstverhältnis zu einer politischen Partei, zu einem Klub
(Fraktion) eines allgemeinen Vertretungskörpers oder einer politischen Akademie steht….“
Bei Durchsicht der zu unterfertigenden Erklärung ist Herrn Kandler auch aufgefallen,
dass es solche Ausschlussbestimmungen für einen Vergütungsanspruch gibt; Herr NR
Huber hat Herrn Kandler über dessen Nachfrage jedoch mitgeteilt, dass es sich hierbei um eine reine Formalität handeln würde, die ihn, nämlich Herrn Kandler nicht
persönlich, sondern die Arbeitsgemeinschaft, betreffen würde und ein Ausschluss
eines Vergütungsanspruchs dann von Relevanz wäre, wenn Herr Kandler in einem
Dienstverhältnis zu einer anderen politischen Partei als dem BZÖ stünde, was für
Herrn Kandler auch plausibel klang. Im Vertrauen auf die Angaben des Herrn NR Huber hat Herr Kandler sodann die Beilage 2 zum Antrag auf Vergütung für von Arbeitsgemeinschaften abgeschlossene Dienstverträge nach dem Parlamentsmitarbeitergesetz unterfertigt. Herr Kandler hatte zuvor noch nie mit dem Parlamentsmitarbeitergesetz zu tun gehabt und war ihm diese Materie völlig fremd.
Die Arbeitsgemeinschaft „Christoph Hagen, Gerhard Huber und Erich Tadler“ hat sodann den Antrag auf Vergütung für von Arbeitsgemeinschaften abgeschlossene
Dienstverträge nach dem Parlamentsmitarbeitergesetz unter Beilage der vom Kläger
unterfertigten Beilage 2 (Erklärung des Dienstnehmers von der Arbeitsgemeinschaft
als Mitarbeiter an die Arbeitsgemeinschaft) bei der Präsidentin des Nationalrats eingereicht. Dies mit dem Ziel, der Flüssigmachung des Vergütungsanspruchs für die
Arbeitsgemeinschaft, obwohl Herr Kandler tatsächlich als Landesgeschäftsführer des
Bündnis Zukunft Tirol tätig war; immerhin hat Herr NR Huber ja Herrn Kandler zeitlich vor Unterfertigung der Beilage 2 zum Landesgeschäftsführer des BZÖ-Bündnis Zukunft Tirol bestellt.
Herr Kandler hat zwar keinen Dienstvertrag als Landesgeschäftsführer des Bündnis
Zukunft Tirol je innegehabt noch war er als Geschäftsführer oder Dienstnehmer bei
der TGKK gemeldet noch hat er je eine Entlohnung für die Tätigkeit als Landesgeschäftsführer erhalten.
Sofern allerdings von einem de facto Dienstverhältnis auf Grund der ja tatsächlich
erbrachten Leistungen des Herrn Kandler als Landesgeschäftsführer seit Frühjahr
2009 auszugehen ist, so hätte Herrn Kandler von vornherein die Beilage 2 zum Antrag auf Vergütung für von Arbeitsgemeinschaften abgeschlossene Dienstverträge
nach dem Parlamentsmitarbeitergesetz nie zur Vorlage gebracht werden dürfen, weil
ja bekannt war, dass er gleichzeitig auch Landesgeschäftsführer war. Noch viel weniger hätte aber die Arbeitsgemeinschaft „Christoph Hagen, Gerhard Huber und Erich Tadler“ den Antrag auf Vergütung für von Arbeitsgemeinschaften abgeschlossene Dienstverträge nach dem Parlamentsmitarbeitergesetz unter Beilage der vom Kläger unterfertigten Beilage 2 (Erklärung des Dienstnehmers von der Arbeitsgemeinschaft als Mitarbeiter an die Arbeitsgemeinschaft) bei der Präsidentin des Nationalrats einreichen und die Flüssigmachung des Vergütungsanspruchs geltend machen dürfen.
Im Zuge des behängenden Arbeitsprozesses zu 47 Cga 149/12p des Landesgerichtes
Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht hat Herr Kandler nämlich dazu folgendes
feststellen müssen:
In der Dissertation von Frau Mag.a iur.Sabine Wagner zum Thema „Arbeitsrechtliche
Fragen des österreichischen Parlamentsmitarbeitergesetzes“ wird erklärt , dass „ein
weiteres wichtiges Anliegen bei der Gesetzwerdung eine Trennung der personellen
Ressourcen für Abgeordnete von jenen des Parlamentsklubs, dem diese jeweils angehörten, war und sollte eine indirekte Klub- oder Parteienförderung vermieden werden.“
Ausgehend von der obigen Ausschlussbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 2 Parlamentsmitarbeitergesetz wäre es nach Ansicht von Herrn Kandler an der Arbeitsgemeinschaft „Christoph Hagen, Gerhard Huber und Erich Tadler“ gelegen, von vornherein keinen Anspruch auf Flüssigmachung des Vergütungsanspruchs gegenüber der Präsidentin des Nationalrats geltend zu machen, sondern die Leistungen des Herrn Kandler als parlamentarischer Mitarbeiter aus eigenen finanziellen Mitteln oder zumindest aus Mitteln, die nicht dem Parlamentsmitarbeitergesetz zugrunde liegen, zu bezahlen.
Im Ergebnis wurde im Wissen, dass Herr Kandler Landesgeschäftsführer des BZÖ-
Bündnis Zukunft Tirol ist und daher ein Ausschlussgrund nach § 2 Parlamentsmitarbeitergesetz auf Flüssigmachung des Vergütungsanspruchs vorliegt, von der Arbeitsgemeinschaft „Christoph Hagen, Gerhard Huber und Erich Tadler“ der Antrag auf Vergütung für von Arbeitsgemeinschaften abgeschlossene Dienstverträge nach dem Parlamentsmitarbeitergesetz bei der Präsidentin des Nationalrats eingereicht und offenbar dieser Vergütung auch bezogen, obwohl die von Herrn Kandler gutgläubig unterfertigte Beilage 2 (Erklärung des Dienstnehmers von der Arbeitsgemeinschaft als Mitarbeiter an die Arbeitsgemeinschaft) unrichtig war.
Beweis: wir vor;
Antrag der Arbeitsgemeinschaft „Christoph Hagen, Gerhard Huber und
Erich Tadler“ an die Präsidentin des Nationalrates auf Flüssigmachung
des Vergütungsanpruchs nach dem Parlamentsmitarbeitergesetz;
Beilage 2 zum Antrag auf Vergütung für von Arbeitsgemeinschaften abgeschlossene Dienstverträge nach dem Parlamentsmitarbeitergesetz;
ZV Markus Kandler
Obwohl unter Berücksichtigung der obigen Umstände tatsächlich die Arbeitsgemeinschaft „Christoph Hagen, Gerhard Huber und Erich Tadler“ den Antrag auf Flüssigmachung des Vergütungsanspruchs geltend gemacht haben, wurde gleichsam in der letzten Verhandlung vom 24.04.2013 vor dem Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht, 47 Cga 149/12p – wenn auch nicht protokolliert – im Zuge der Erörterung eingewendet, Herr Kandler habe ja auf Grund seiner Landesgeschäftsführertätigkeit keinen Anspruch auf Lohn als parlamentarischer Mitarbeiter; dies unter gleichzeitiger Vorlage der Beilage 2 zum Antrag auf Vergütung für von Arbeitsgemeinschaften abgeschlossene Dienstverträge nach dem Parlamentsmitarbeitergesetz. Mit anderen Worten wollte man Herrn Kandler also im Nachhinein nunmehr sowohl den Lohn als parlamentarischer Mitarbeiter als auch den Lohn als Landesgeschäftsführer absprechen.
Ausgehend von dem Umstand, dass der Arbeitsgemeinschaft der Umstand der Geschäftsführertätigkeit des Herrn Kandler seit Jahren bekannt war und Herr NR Huber selbst Herrn Kandler zum Geschäftsführer bestellte, und zwar vor dem Abschluss des Dienstvertrages vom 30.06.2009, stellt es aus Sicht des Herrn Kandler regelrecht einen Hohn dar, ihm jetzt unter Berufung auf diese Umstände den Lohn als parlamentarischer Mitarbeiter absprechen zu wollen. Herrn Kandler geht es schließlich nichts an, aus welchen Mitteln die Arbeitsgemeinschaft ihre parlamentarischen Mitarbeiter finanziert. Herr Kandler wurde im Übrigen per Dienstvertrag vorbehaltslos als parlamentarischer Mitarbeiter eingesetzt, eine Bedingung der Anstellung nur für den Fall etwa, dass die Arbeitsgemeinschaft eine Flüssigmachung des Vergütungsanspruches erfolgreich gegenüber der Präsidentin des Nationalrats durchsetzen könne, gab es und gibt es nicht. So wie Herr Kandler nunmehr im arbeitsrechtlichen Verfahren vor dem LG IBK nach Einsicht der Dissertation und Fachartikel die Sachlage sieht, hätte wohl die Partei BZÖ den Landesgeschäftsführergehalt und die Arbeitsgemeinschaft den Lohn als Parlamentsmitarbeiter persönlich aus eigenen Mitteln ihn ausbezahlen müssen. Beide vorhin genannten haben sich offenbar jeweils die Ausbezahlung von Lohn aus eigenen Mitteln erspart.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Präsidentin des Nationalrats folgende
Anfrage
1. Haben Sie den Sachverhalt im Hinblick auf eine allenfalls gebotene Rückforderung der Mittel aus dem Parlamentsmitarbeitergesetz wider die Abgeordneten Huber, Hagen und Tadler geprüft?
2. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?