Vorblatt

Problem:

Im Regierungsprogramm 2008-2013 sind die Anhebung des Höchstalters für das aktive und passive Wahlrecht zum Jugendvertrauensrat sowie die Modernisierung der Mitbestimmung als Ziele festgeschrieben.

Die Richtlinie 2009/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen hat inhaltliche Änderungen der Richtlinie 94/45 EG des Rates vom 22. September 1994 zum Gegenstand; sie ist von Österreich bis spätestens 6. Juni 2011 umzusetzen.

Ziele:

-       Anhebung des Wahlalters für das aktive und passive Wahlrecht zum Jugendvertrauensrat;

-       Modernisierung der Mitbestimmung;

-       Umsetzung der das Arbeitsverfassungsgesetz betreffenden Zielsetzungen des Regierungsprogramms 2008-2013;

-       Anpassung des V. Teiles des Arbeitsverfassungsgesetzes (Europäische Betriebsverfassung) an die Revision der Richtlinie 94/45/EG durch Umsetzung der Richtlinie 2009/38/EG.

-       Entsprechende Anpassungen im Landarbeitsgesetz 1984.

Inhalt:

Zur Verwirklichung der oben genannten Ziele enthält der Entwurf vor allem Bestimmungen über:

-       Herabsetzung des Wahlalters für das passive Wahlrecht zum Betriebsrat,

-       Schaffung der Möglichkeit zum Abschluss einer fakultativen Betriebsvereinbarung betreffend die Festsetzung von Betriebsurlauben sowie die Einführung von leistungsbezogenen Prämien und Entgelten,

-       Verlängerung der Anfechtungsfrist von Kündigungen durch den Arbeitnehmer auf zwei Wochen,

-       Präzisierung der wirtschaftlichen Informationsrechte des Betriebsrates,

-       Anhebung des Wahlalters für das aktive und passive Wahlrecht zum Jugendvertrauensrat,

-       Definition der Unterrichtung und Anhörung im Sinne der europäischen Betriebsverfassung,

-       Präzisierung der Informationspflicht der örtlichen Unternehmensleitungen sowie der zentralen Leitung,

-       Änderung betreffend die Zusammensetzung des besonderen Verhandlungsgremiums sowie des Europäischen Betriebsrates kraft Gesetzes,

-       Entsendung österreichischer Arbeitnehmervertreter in das besondere Verhandlungsgremium im Fall, dass in Österreich kein Betriebsrat errichtet ist,

-       Regelung der Verhandlungen über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer im Fall wesentlicher Änderungen der Struktur des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe,

-       Absicherung der bis zum Inkrafttretensdatum abgeschlossenen Vereinbarungen über eine länderübergreifende Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer,

-       Verschärfung der Verwaltungsstrafbestimmungen für Verstöße gegen die aus der Europäischen Betriebsverfassung folgenden Pflichten.

Alternativen:

Keine.

Betriebsverfassungsrecht wird in Österreich als Regelung der betrieblichen Interessenvertretung durch Gesetz verstanden. Die mögliche Alternative der Umsetzung der Richtlinie 2009/38/EG ‑ gesetzliche Ermächtigung der kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zur Umsetzung durch eine Änderung des § 2 Abs. 2 Arbeitsverfassungsgesetz ‑ scheidet daher aus.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die Anhebung des Wahlalters für das aktive und passive Wahlrecht zum Jugendvertrauensrat sowie die Präzisierung der wirtschaftlichen Mitbestimmungsrechte trägt zur Stärkung der gesetzlichen Betriebsverfassung und des Dialoges zwischen den Betriebspartnern bei. Dies stellt einen positiven Faktor des Wirtschaftsstandortes Österreich dar.

Die Verlängerung der Anfechtungsfrist von Kündigungen durch den Arbeitnehmer auf zwei Wochen wird die Chancen einer außergerichtlichen Einigung erheblich vergrößern und damit zu einer Entlastung der Gerichte sowie zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes beitragen.

Das den Arbeitnehmern eingeräumte Mitbestimmungsrecht auf grenzüberschreitender Ebene hat ‑ in Ergänzung der gesetzlichen Betriebsverfassung ‑ die Herbeiführung eines Interessenausgleichs zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zum Ziel. Dieser betriebliche Interessenausgleich war in der Vergangenheit einer der maßgeblichen Garanten für den sozialen Frieden und die Vermeidung von Arbeitskämpfen; er kann insoweit zur Vermeidung kostenmäßiger Belastungen der Unternehmen durch Arbeitskämpfe und damit zu einer positiven Bewertung des Wirtschaftsstandortes Österreich beitragen.

Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Es sind keine zusätzlichen Informationspflichten für Unternehmen vorgesehen. Der Entwurf enthält lediglich einige Präzisierungen hinsichtlich bereits bestehender Informationspflichten.

Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine.

Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine

Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Siehe dazu die Ausführungen im Allgemeinen Teil der Erläuterungen.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der Entwurf steht im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union.

Die Änderungen im V. Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes bezwecken die Umsetzung der Richtlinie 2009/38/EG.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Das Landarbeitsgesetz 1984 ist ein Grundsatzgesetz nach Art. 12 B-VG.


Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Das Regierungsprogramm 2008-2013 sieht die Modernisierung der Mitbestimmung als Maßnahme zur Schaffung eines modernen und flexiblen Arbeitsrechts vor. Weiters sieht das Regierungsprogramm die Anhebung des Höchstalters für das aktive und passive Wahlrecht zum Jugendvertrauensrat als Maßnahme zur Verbesserung der Jugend- und Lehrlingsbeschäftigung vor.

Dementsprechend beinhaltet der vorliegende Entwurf eine Reihe von Regelungen, die eine Modernisierung der Mitbestimmung zum Ziel haben und dieses noch weiter führende Projekt vorantreiben.

So ist etwa der Funktionsverlust eines untätigen Wahlvorstandes zur Betriebsratswahl im Weg der Abberufung durch die Betriebsversammlung oder die Zulässigkeit von Betriebsratsbeschlüssen auch im Umlaufweg vorgesehen. Dadurch sollen die Einrichtung eines Betriebsrates sowie seine Beschlussfassung erleichtert werden.

Weiters werden zwei neue Tatbestände zum Abschluss einer fakultativen Betriebsvereinbarung vorgesehen, und zwar betreffend die Festsetzung von Betriebsurlauben sowie die Einführung von leistungsbezogenen Prämien und Entgelten, sofern diese nicht unter die zwingende Mitbestimmung des § 96 ArbVG fallen. Damit sind hinsichtlich dieser Regelungsgegenstände Vereinbarungen möglich, die besondere betriebliche Gegebenheiten berücksichtigen können.

Darüber hinaus wird die Fünf-Tage-Frist für die Verständigung des Betriebsrates von der Kündigungsabsicht (betriebsverfassungsrechtliches Vorverfahren) auf eine Woche verlängert. Die Frist zur Anfechtung einer Kündigung durch den Arbeitnehmer wird von einer auf zwei Wochen verlängert. Damit sollen die Chancen einer außergerichtlichen Einigung erhöht und die Zahl gerichtlicher Verfahren verringert werden.

Schließlich werden das wirtschaftliche Informationsrecht des Betriebsrates sowie sein Informationsrecht im Fall von Betriebsänderungen präzisiert. Damit soll der betriebliche Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern gefördert werden.

Die Stärkung des Jugendvertrauensrates als dem wichtigsten Organ der Jugendvertretung erfolgt durch die Anhebung des Wahlalters für das aktive Wahlrecht vom 18. auf das 21. Lebensjahr, sofern es sich bei den jugendlichen Arbeitnehmern auf Lehrlinge handelt. Das Wahlalter für das passive Wahlrecht zum Jugendvertrauensrat wird generell vom 21. auf das 23. Lebensjahr angehoben. Weiters wird das Recht des Jugendvertrauensrates zur Teilnahme an den Sitzungen des Betriebsrates durch eine entsprechende Verpflichtung des Betriebsrates, den Jugendvertrauensrat zu diesen Sitzungen einzuladen, effektuiert.

Die Richtlinie 2009/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen ist am 16. Mai 2009 im Amtsblatt L 122 erschienen, am 5. Juni 2009 in Kraft getreten und bis spätestens 5. Juni 2011 umzusetzen.

Inhalt der Richtlinie 2009/38/EG ist die Neufassung der Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22. September 1994. Durch letztere Richtlinie wurde ein Recht der Arbeitnehmer auf Unterrichtung und Anhörung in grenzüberschreitend tätigen Unternehmen und Unternehmensgruppen für den Fall geschaffen, dass Entscheidungen, die sich auf sie auswirken, außerhalb des Staates getroffen werden, in dem sie beschäftigt sind.

Die durch die Richtlinie 2009/38/EG vorgenommenen inhaltlichen Änderungen und Präzisierungen zielen auf eine Modernisierung der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsvorschriften im Bereich der länderübergreifenden Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer ab und bezwecken die Sicherstellung der Wirksamkeit der Rechte auf länderübergreifende Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer, die Erhöhung der Zahl der Europäischen Betriebsräte sowie die Ermöglichung der Fortdauer geltender Vereinbarungen und die Lösung der bei der praktischen Anwendung der Richtlinie 94/45/EG festgestellten Probleme. Insbesondere sollen die sich aus den bisherigen Bestimmungen oder aus dem Fehlen von Bestimmungen ergebenden Rechtsunsicherheiten beseitigt werden.

Der vorliegende Entwurf vollzieht die Änderungen der Richtlinie durch die entsprechenden Änderungen bzw. Ergänzungen im V. Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes (Europäische Betriebsverfassung) nach. Im Einzelnen handelt es sich dabei insbesondere um die Definition von Unterrichtung und Anhörung im Sinne der Europäischen Betriebsverfassung sowie die Klarstellung, dass sich die Zuständigkeit des Europäischen Betriebsrates und der Geltungsbereich des Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung auf länderübergreifende Angelegenheiten beschränken.

Weiters wird die Informationspflicht der örtlichen Unternehmensleitungen sowie der zentralen Leitung durch die Aufzählung der für die Aufnahme von Verhandlungen notwendigen Informationen präzisiert.

Eine Änderung erfährt die Regelung der Zusammensetzung des besonderen Verhandlungsgremiums sowie auch des Europäischen Betriebsrates kraft Gesetzes. Eine Neuerung stellt die Möglichkeit der Entsendung österreichischer Arbeitnehmervertreter in das besondere Verhandlungsgremium durch die zuständige gesetzliche Vertretung der Arbeitnehmer für den Fall dar, dass in Österreich kein Betriebsrat errichtet ist; mit dieser Regelung wird eine bisher bestehende Lücke geschlossen.

Eine Neuerung stellt auch das Recht des besonderen Verhandlungsgremiums sowie des Europäischen Betriebsrates kraft Gesetzes dar, vor jeder Sitzung mit der zentralen Leitung zu einer vorbereitenden Sitzung zusammenzutreten. Präzisierungen werden betreffend der Sachverständigen, von denen sich das besondere Verhandlungsgremium unterstützen lassen kann, der Kostentragung sowie der Befugnisse des Europäischen Betriebsrates kraft Gesetzes und der aus seiner Mitte zu wählenden engeren Ausschusses getroffen.

Weiters ist eine neue Bestimmung vorgesehen, mit der Regelungen über die Verhandlungen zur Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates oder zur Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer im Fall wesentlicher Änderungen der Struktur des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe getroffen werden.

Für die österreichischen Mitglieder des Europäischen Betriebsrates wird ein neuer Anspruch auf Bildungsfreistellung geschaffen, wobei sich deren Ausmaß sich nach den für die Wahrnehmung der Vertretungsaufgaben im internationalen Umfeld erforderlichen Bildungs- und Schulungsmaßnahmen bestimmt.

Außerdem vorgesehen ist eine Bestimmung zur Absicherung der bis zum Inkrafttretensdatum abgeschlossenen Vereinbarungen über eine länderübergreifende Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer.

Die Verwaltungsstrafbestimmungen für Verstöße gegen die aus der Europäischen Betriebsverfassung folgenden Pflichten wurden dem Gebot der Richtlinie entsprechend verschärft.

Die Änderungen des Post-Betriebsverfassungsgesetzes (Artikel 2 des Entwurfes) vollziehen die Änderungen des Arbeitsverfassungsgesetzes hinsichtlich der Modernisierung der Mitbestimmung sowie der Stärkung des Jugendvertrauensrates nach.

Im Landarbeitsgesetz (Artikel 3 des Entwurfes) werden die Änderungen des Arbeitsverfassungsgesetzes, die die Modernisierung der Mitbestimmung zum Ziel haben, entsprechend nachvollzogen.

Durch die Änderung des Urlaubsgesetzes (Artikel 4 des Entwurfes) wird klargestellt, dass Betriebsvereinbarungen über einen Betriebsurlaub von der Urlaubsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unberührt bleiben, sowie dass von dieser Betriebsvereinbarung abweichende individuelle Urlaubsvereinbarungen Vorrang haben.

Finanzielle Auswirkungen:

Die Verlängerung der Frist zur Anfechtung einer Kündigung durch den Arbeitnehmer von einer auf zwei Wochen erhöht die Chancen einer außergerichtlichen Einigung im Fall einer Kündigung. Es ist somit mit einer Verringerung der Zahl der Kündigungsanfechtungen und einer Entlastung der Gerichte zu rechnen.

Die Änderungen im Bereich der Europäischen Betriebsverfassung lassen keine Mehrbelastung der Gerichte durch entsprechende Prozessführungen erwarten. Die bisherigen Erfahrungen mit der Europäischen Betriebsverfassung haben gezeigt, dass Konflikte – ebenso wie im Rahmen der gesetzlichen Betriebsverfassung ‑ zum Großteil auf dem Verhandlungsweg und nur selten vor den Gerichten ausgetragen werden.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass Österreich nach dem Gemeinschaftsrecht zur Umsetzung der Richtlinie verpflichtet ist.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung gründet sich auf Artikel 10 Abs. 1 Z 11 („Arbeitsrecht“) und Artikel 12 Abs. 1 Z 6 („Arbeiterrecht sowie Arbeiter- und Angestelltenschutz, soweit es sich um land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte handelt“) B-VG.


II. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 21 Abs. 2):

Diese Änderung berücksichtigt, dass die Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung seit der mit Bundesgesetz BGBl. I Nr. 74/2009 erfolgten Novelle zum Arbeitsverfassungsgesetz nicht mehr im Amtsblatt zur Wiener Zeitung, sondern im Bundesgesetzblatt II kundzumachen ist.

Zu Z 2, 3, 4, 17, 19, 20, 21 (§§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 2, 52 Abs. 1, 117 Abs. 4, 124 Abs. 6, 125 Abs. 3, 126 Abs. 4):

Durch diese Änderungen wird die obsolet gewordene Verweisung auf § 27 Heimarbeitsgesetz 1960, BGBl. Nr. 105/1961, gestrichen. Heimarbeiter zählen damit generell als Arbeitnehmer im Sinn des Betriebsverfassungsrechtes.

Zu Z 5 (§ 53 Abs. 1):

Durch die vorgeschlagene Regelung wird das Wahlalter für das passive Wahlrecht zum Betriebsrat auf das vollendete 18. Lebensjahr gesenkt. Dadurch wird die bisher bestehende Diskrepanz zum Wahlalter für das passive Wahlrecht bei allgemeinen Wahlen beseitigt.

Weiters wird die bisherige Z 3 dieser Bestimmung als totes Recht gestrichen. Dabei handelt es sich um ein auf ein halbes Jahr befristeten Ausschluss vom Wahlrecht auf Grund einer gerichtlichen Verurteilung zu einer mehrjährigen Haftstrafe. Da Voraussetzung für das Wahlrecht aber die mindestens halbjährige Beschäftigung im Betrieb ist, hat diese Bestimmung in Wahrheit keinen Anwendungsbereich.

Die Absenkung auch des aktiven Wahlalters wird nicht vorgenommen; dies deswegen, weil für jugendliche Arbeitnehmer eine Sondervertretung in Form des Jugendvertrauensrates besteht, der den jugendlichen Arbeitnehmern die Möglichkeit zur Beteiligung im Betrieb bietet.

Zu Z 6 (§ 55 Abs. 5):

Die vorgeschlagene Regelung dient der Erleichterung der Bestellung eines neuen Wahlvorstandes für die Betriebsratswahl bei Untätigkeit des alten Wahlvorstands. Dazu wird die Einführung einer achtwöchigen Frist vorgeschlagen, nach deren Verstreichen der untätige Wahlvorstand durch die Betriebs(Gruppen)versammlung enthoben werden kann. Diese Betriebs(Gruppen) versammlung, die zugleich einen neuen Wahlvorstand zu bestellen hat, kann von jedem Arbeitnehmer des Betriebes oder der zuständigen freiwilligen Berufsvereinigung oder gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitnehmer einberufen werden. Durch diese erleichterte Einberufungsmöglichkeit wird eine rasche Reaktion auf einen untätig bleibenden Wahlvorstand ermöglicht.

Zu Z 7 (§ 67 Abs. 1):

Diese Bestimmung sieht die Verpflichtung des Betriebsrates vor, im Betrieb bestehende Sondervertretungen (Jugendvertrauensrat, Behindertenvertrauensperson) zu seinen Sitzungen so rechtzeitig einzuladen, dass deren Teilnahme gewährleistet ist. Nach derzeit geltender Rechtslage muss die Einladung nämlich erst einen Tag vor der Sitzung erfolgen, was in der Praxis eine Teilnahme verunmöglichen kann. Wie schon nach geltender Rechtslage kommt den Sondervertretungen bei Sitzungen des Betriebsrates aber auch weiterhin lediglich beratende Stimme zu.

Zu Z 8 (§ 68 Abs. 4):

Durch die vorgeschlagene Regelung werden im Umlaufweg gefasste Betriebsratsbeschlüsse für zulässig erklärt. Der schriftlichen Stimmabgabe gleichgesetzt wird die fernmündliche Stimmabgabe oder vergleichbare Formen der Beschlussfassung, etwa die Stimmabgabe per E‑Mail. Weiters wird eine Pflicht des Betriebsvorsitzenden zur Dokumentation der Beschlussfassung festgeschrieben. Diese Bestimmung trägt somit den Anforderungen einer flexiblen Aufgabenwahrnehmung durch das Kollegialorgan Betriebsrat im Weg der Nutzung moderner Kommunikationsmittel Rechnung. Die Bestimmung ist § 92 Abs. 3 Aktiengesetz nachgebildet.

Zu Z 9 und 11 (§§ 96 Abs. 1 Z 4, 97 Abs. 1 Z 16):

Mit der vorgeschlagenen Regelung soll der Anwendungsbereich der zwingenden Mitbestimmung in Bezug auf die Einführung von Leistungsentgelten auf Akkord-, Stück- und Gedinglöhne sowie akkordähnliche Prämien und Entgelte eingeschränkt werden. Die Einführung sonstiger leistungsbezogener Prämien und Entgelte soll in Hinkunft nicht mehr der zwingenden Mitbestimmung unterliegen, sondern – wie schon nach geltender Rechtslage Systeme der Gewinnbeteiligung ‑ den Tatbestand einer fakultativen Betriebsvereinbarung bilden. Dies ist damit zu begründen, dass dem Aspekt des Gesundheitsschutzes, aus dem die Unterstellung der Einführung von Akkordlöhnen unter die zwingende Mitbestimmung geboten erscheint, durch die Verwendung des Begriffes „akkordähnlich“ in § 96 Abs. 1 Z 4 ausreichend Rechnung getragen wird. Umgekehrt soll die Einführung anderer, nicht gesundheitsgefährdender Prämien und Entgelte nicht der zwingenden Mitbestimmung unterliegen, sondern im Weg einer fakultativen Betriebsvereinbarung ermöglicht werden.

Zu Z 10 (§ 97 Abs. 1 Z 10a):

Mit dieser Bestimmung erfolgt die Schaffung eines neuen Tatbestandes für den Abschluss einer fakultativen Betriebsvereinbarung, nämlich die Festsetzung von Betriebsurlauben. Derartige Betriebsurlaube werden schon derzeit praktiziert, allerdings ohne gesetzliche Grundlage. Durch die nunmehrige Regelung wird die maximale Dauer des Betriebsurlaubes auf zwei, bei Vorliegen zwingender betrieblicher Gründe auf drei Wochen im Kalenderjahr begrenzt. Unter zwingenden betrieblichen Gründen sind in diesem Zusammenhang lediglich Gründe betriebstechnischer Art (etwa die Wartung oder Überholung von Maschinen) sowie wirtschaftliche Gründe von besonderer Art oder Tragweite zu verstehen (etwa ein gravierender Einbruch der Auftragslage im Zuge einer Wirtschaftskrise). Weiters muss die Betriebsvereinbarung bis spätestens drei Monate vor Beginn des Betriebsurlaubes abgeschlossen werden, um den Arbeitnehmern die Möglichkeit zu geben, sinnvoll über ihre Freizeit disponieren zu können. Schließlich soll ein Betriebsurlaub tunlichst für die Hauptferien gemäß § 2 Schulzeitgesetz 1985, BGBl. Nr. 77) festgesetzt werden.

Zu Z 12 und 13 (§§ 105, 107):

Die Bestimmung des § 105 wird zur Gänze neu erlassen, wobei der durch mehrere Novellen unübersichtlich gewordene Text des Abs. 3 zur besseren Lesbarkeit in mehrere Absätze (Abs. 3 bis 3c) untergliedert wird. Da es sich um eine zentrale Bestimmung des Arbeitsverfassungsgesetzes handelt und die Auffindung von Judikatur und Literatur zu den einzelnen Absätzen nicht erschwert werden soll, wird von einer neuen Durchnummerierung des § 105 abgesehen.

Darüber hinaus erfolgen auch einige inhaltliche Änderungen. So wird die in § 105 Abs. 1 vorgesehene Frist für die Verständigung von der Kündigungsabsicht von fünf Arbeitstagen auf eine Woche verlängert. Damit sollen aus der sehr kurzen Frist resultierende Probleme beseitigt und Streitfälle über die Frage, wann ein Arbeitstag im Betrieb vorliegt, vermieden werden.

Im bisherigen § 105 Abs. 3 – nunmehr Abs. 3b letzter Satz – wird der Verweis auf § 5a Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz (AMPFG), BGBl. Nr. 315/1994, gestrichen, da diese Bestimmung durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 90/2009 aufgehoben wurde. Damit sind bei der Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit bei Arbeitnehmern, die im Zeitpunkt ihrer Einstellung das 50. Lebensjahr überschritten haben, die wegen des höheren Lebensalters zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess erst ab Vollendung des zweiten Beschäftigungsjahres zu berücksichtigen. Diese Bestimmung dient daher der Klarstellung.

In § 105 Abs. 4 sowie in § 107 wird die dem Arbeitnehmer für die Anfechtung von Kündigungen offen stehende Frist von einer auf zwei Wochen verlängert. Dadurch soll die Chancen für eine außergerichtliche Einigung verbessert und vorbeugende Klagseinbringungen vermieden werden. Auf diesem Weg kann zu einer Entlastung der Gerichte durch vermeidbare Prozessführungen beigetragen werden. Die Frist für die Anfechtung durch den Betriebsrat hingegen bleibt mit einer Woche unverändert.

In einem neuen § 105 Abs. 4a wird bestimmt, dass die Einbringung der Anfechtungsklage durch den Arbeitnehmer binnen offener Frist auch dann als rechtzeitig gilt, wenn der Arbeitnehmer die Klage bei einem unzuständigen Gericht eingebracht hat. Dadurch soll vermieden werden, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Anfechtung einer Kündigung wegen eines bloßen Formalfehlers, der aus der Unkenntnis über die betriebliche Struktur resultiert, verliert.

Zu Z 14 und 15 (§§ 108 Abs. 2a, 109 Abs. 1):

Durch die vorgeschlagenen Änderungen werden Klarstellungen betreffend die Rechtzeitigkeit der Information des Betriebsrates im Rahmen seines wirtschaftlichen Informationsrechtes sowie seines Mitwirkungsrechtes bei Betriebsänderungen getroffen. Ziel der Bestimmung ist es, diese Rechte effektiver zu gestalten, da nur die rechtzeitige und vollständige Information des Betriebsrates die Einbindung der Arbeitnehmer und damit sachgerechte Lösungen ermöglicht.

Zu Z 16 (§ 115 Abs. 3):

Durch die vorgeschlagene Änderung wird klargestellt, dass das für den Betriebsrat geltende Benachteiligungsverbot sich auch auf betriebliche Schulungs- und Umschulungsmaßnahmen bezieht.

Zu Z 18 (§ 123 Abs. 3):

Die Definition der jugendlichen Arbeitnehmer steht im Zusammenhang mit der Altersgrenze für das aktive Wahlrecht bei Wahlen zum Jugendvertrauensrat. Als jugendliche Arbeitnehmer werden nach der vorgeschlagenen Regelung nunmehr Lehrlinge bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres definiert. Diese Maßnahme steht im Einklang mit der im Regierungsprogramm 2008-2013 vereinbarten Zielsetzung einer Stärkung des Jugendvertrauensrates.

Die unterschiedliche Altersgrenze (Vollendung des 21. Lebensjahres für Lehrlinge, Vollendung des 18. Lebensjahres für alle anderen Arbeitnehmer) findet ihre sachliche Rechtfertigung in der gemeinsamen Interessenlage dieser Arbeitnehmer; die Sondervertretung „Jugendvertrauensrat“ soll nämlich allen in Ausbildung stehenden jugendlichen Arbeitnehmern zugute kommen. Im Fall der Lehrlinge ist eine Anhebung des Höchstalters damit zu begründen, dass auf Grund der mit der Suche eines Lehrplatzes verbundenen Schwierigkeiten bzw. der längeren Schulausbildung der Einstieg ins Berufsleben tendenziell immer später erfolgt.

Zu Z 19 (§ 126 Abs. 4):

Entsprechend der Änderung der Definition der jugendlichen Arbeitnehmer wird das Wahlalter für das aktive Wahlrecht zum Jugendvertrauensrat für Lehrlinge auf die Vollendung des 21. Lebensjahres angehoben.

Zu Z 22 (§ 126 Abs. 5):

Das Wahlalter für das passive Wahlrecht zum Jugendvertrauensrat wird für alle Arbeitnehmer vom vollendeten 21. auf das 23. Lebensjahr angehoben. Auch diese Maßnahme dient der Stärkung des Jugendvertrauensrates.

Wie in § 53 wird der auf ein halbes Jahr befristete Ausschluss vom Wahlrecht auf Grund einer gerichtlichen Verurteilung zu einer mehrjährigen Haftstrafe als totes Recht gestrichen (siehe auch Erläuterungen zu Z 4).

Zu Z 23 (§ 133 Abs. 6):

Durch die vorgeschlagene Regelung wird die bisher geltende Ausnahme betreffend die Mitwirkung von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat von Theaterunternehmen gestrichen. § 133 Abs. 6 hat seinen Anwendungsbereich hinsichtlich der Bundestheater bereits durch das Bundestheaterorganisationsgesetz, BGBl. I Nr. 108/1998, verloren, das hinsichtlich der Entsendung von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat eine eigene Regelung getroffen hat. Aber auch hinsichtlich der übrigen Theaterunternehmen ist § 133 Abs. 6 als nicht mehr zeitgemäß anzusehen, da Theaterunternehmen tendenziell immer mehr zu Wirtschaftsbetrieben werden.

Zu Z 24 (§ 144 Abs. 2a):

Durch die vorgeschlagene Änderung wird der durch die B-VG-Novelle, BGBl. I Nr. 2/2008, geschaffene Verpflichtung des Artikel 20 Abs. 2 B-VG entsprochen, wonach Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag durch Gesetz ausdrücklich weisungsfrei zu stellen sind und zugleich ein Recht der obersten Organe vorzusehen ist, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung zu unterrichten.

Zu Z 25 (§ 172):

Das neu geschaffene Recht auf Bildungsfreistellung für die österreichischen Mitglieder des Europäischen Betriebsrates (siehe auch Erläuterungen zu Z 48) gilt unabhängig davon, ob die zentrale Leitung ihren Sitz im Inland hat oder nicht. Der Katalog jener Bestimmungen der Europäischen Betriebsverfassung, die unabhängig vom Sitz der zentralen Leitung auf alle grenzüberschreitend tätigen Unternehmen und Unternehmensgruppen im Sinn des V. Teiles des ArbVG anzuwenden ist, war daher entsprechend zu erweitern.

Zu Z 26 (§ 173 Abs. 2 bis 5):

Die Absätze 2 und 3 enthalten in Entsprechung von Art. 2 Abs. 1 lit. f und g der Richtlinie 2009/38/EG Definitionen der Unterrichtung und Anhörung.

Die Absätze 4 und 5 beschränken in Entsprechung von Art. 1 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 2009/38/EG die Unterrichtung und Anhörung auf länderübergreifende Angelegenheiten und definieren zugleich, welche Angelegenheiten als länderübergreifend anzusehen sind. In diesem Zusammenhang werden auch die näheren Erläuterungen bezüglich des länderübergreifenden Charakters einer Angelegenheit im 16. Erwägungsgrund der Richtlinie in den Gesetzestext übernommen.

Zu Z 27 (§ 174 Abs. 2):

Die vorgeschlagene Bestimmung enthält eine Aufzählung der für die Aufnahme von Verhandlungen zur Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer notwendigen Informationen und regelt die die zentrale Leitung sowie die örtlichen Unternehmensleitungen treffenden Informationspflichten nach dem Vorbild des § 215 Z 3 (Informationspflichten der zentralen Leitung gegenüber dem besonderen Verhandlungsgremium im Fall der Gründung einer Europäischen Gesellschaft). Mit der vorgeschlagenen Bestimmung werden keine neuen Informationspflichten geschaffen, sondern lediglich die schon nach der bisherigen Rechtslage bestehenden Pflichten konkretisiert.

Zu Z 28 (§ 176 Abs. 6):

Mit der vorgeschlagenen Änderung ist keine Änderung der bestehenden Rechtslage verbunden; es erfolgt lediglich eine Klarstellung dahingehend, dass Kreditinstitute, sonstige Finanzinstitute sowie Versicherungs- und Beteiligungsgesellschaften nur dann keine herrschenden Unternehmen sind, soweit sie Anteile an einem Unternehmen im Sinn der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen halten. Konkret handelt es sich nach dem Text der Verordnung dabei um

-       Kreditinstitute, sonstige Finanzinstitute oder Versicherungsgesellschaften, deren normale Tätigkeit Geschäfte und den Handel mit Wertpapieren für eigene oder fremde Rechnung einschließt, soweit diese vorübergehend Anteile an einem Unternehmen zum Zweck der Veräußerung erwerben, sofern sie die mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte nicht ausüben, um das Wettbewerbsverhalten des Unternehmens zu bestimmen, oder sofern sie die Stimmrechte nur ausüben, um die Veräußerung der Gesamtheit oder von Teilen des Unternehmens oder seiner Vermögenswerte oder die Veräußerung der Anteile vorzubereiten, und sofern die Veräußerung innerhalb eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Erwerbs erfolgt; diese Frist kann von der Kommission verlängert werden, wenn die genannten Institute oder Gesellschaften nachweisen, dass die Veräußerung innerhalb der vorgeschriebenen Frist unzumutbar war, sowie um

-       Beteiligungsgesellschaften, deren einziger Zweck darin besteht, Beteiligungen an anderen Unternehmen zu erwerben sowie die Verwaltung und Verwertung dieser Beteiligungen wahrzunehmen, ohne dass diese Gesellschaften unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser Unternehmen eingreifen, unbeschadet der Rechte, die den Beteiligungsgesellschaften in ihrer Eigenschaft als Aktionärin oder Gesellschafterin zustehen, wenn diese aufgrund der Gesetzgebung eines Mitgliedstaates über die Auflösung von Unternehmen, die Insolvenz, die Zahlungseinstellung, den Vergleich oder ähnliche Verfahren die Kontrolle erwirbt, sofern die mit den erworbenen Anteilen verbundenen Stimmrechte, insbesondere wenn sie zur Ernennung der Mitglieder der geschäftsführenden oder aufsichtsführenden Organe der Unternehmen ausgeübt werden, an denen die Beteiligungsgesellschaften Anteile halten, nur zur Erhaltung des vollen Wertes der Investitionen und nicht dazu benutzt werden, unmittelbar oder mittelbar das Wettbewerbsverhalten dieser Unternehmen zu bestimmen.

Zu Z 29 und 37 (§ 178 und § 192):

Die vorgeschlagenen Bestimmungen tragen der durch die Richtlinie 2009/38/EG geänderten Zusammensetzung des besonderen Verhandlungsgremiums bzw. des Europäischen Betriebsrates kraft Gesetzes gemäß Art. 5 Abs. 2 lit. b und Anhang I Abs. 1 lit. c Rechnung. Demnach ist für jeden Anteil an in einem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmern, der 10% der Gesamtzahl der in allen Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer des Unternehmens bzw. der Unternehmensgruppe oder einen Bruchteil davon beträgt, ein Mitglied aus diesem Mitgliedstaat in das besondere Verhandlungsgremium bzw. in den Europäischen Betriebsrat kraft Gesetzes zu entsenden.

Die bisherigen § 178 Abs. 2 bzw. § 192 Abs. 2, die entsprechend der Richtlinien 94/45/EG die Entsendung zusätzlicher Mitglieder in das besondere Verhandlungsgremium bzw. in den Europäischen Betriebsrat vorgesehen haben, entfallen.

Zu Z 30 (§ 180 Abs. 3a):

Diese Bestimmung sieht in Umsetzung von Art. 5 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2009/38/EG vor, dass im Fall, dass in keinem österreichischen Betrieb des Unternehmens bzw. der Unternehmensgruppe ein Betriebsrat errichtet ist, die Entsendung der österreichischen Mitglieder in das besondere Verhandlungsgremium durch die zuständige gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer erfolgt. Damit wird die seit Umsetzung der Richtlinie 94/45/EG bestehende Gesetzeslücke in Bezug auf die Repräsentation der österreichischen Arbeitnehmer im besonderen Verhandlungsgremium geschlossen.

Zu Z 31 (§ 181 Abs. 5):

Diese Regelung sieht eine Informationspflicht der zentralen Leitung in Bezug auf die Zusammensetzung des besonderen Verhandlungsgremiums und den Beginn der Verhandlungen gegenüber den zuständigen europäischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden sowie der zuständigen österreichischen gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitnehmer vor. Die Bestimmung stellt eine Ordnungsvorschrift dar, deren Verletzung unter keinerlei Sanktion gestellt ist.

Der Informationspflicht kann seitens der zentralen Leitung durch ein einfaches E‑Mail an die zuständigen europäischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände entsprochen werden. Zu diesem Zweck sind von diesen Verbänden folgende Mailadressen eingerichtet worden: ewc@etuc.org und ewc@businesseurope.eu.

Zu Z 32 (§ 182):

Diese Bestimmung normiert in ihrem Abs. 1 in Umsetzung von Art. 5 Abs. 4, zweiter Unterabsatz der Richtlinie 2009/38/EG das Recht des besonderen Verhandlungsgremiums, nicht nur vor, sondern auch nach jeder Sitzung mit der zentralen Leitung zum Abschluss einer Vereinbarung über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer zu einer Sitzung zusammenzutreten.

Die Absätze 2 und 3 setzen Art. 5 Abs. 4, dritter Unterabsatz der Richtlinie 2009/38/EG um. Demnach hat das besondere Verhandlungsgremium das Recht, die es in seiner Tätigkeit unterstützenden Sachverständigen den Verhandlungen mit der zentralen Leitung in beratender Funktion beizuziehen. Unter Sachverständigen sind dabei insbesondere auch Vertreter der zuständigen europäischen Arbeitnehmerverbände zu verstehen.

Zu Z 33 (§ 186 Abs. 2):

Mit dieser Bestimmung wird klargestellt, dass sich die Kostentragungspflicht der zentralen Leitung auch auf die nachbereitenden Sitzungen des besonderen Verhandlungsgremiums sowie auf die Aufenthalts- und Reisekosten für jedenfalls einen Sachverständigen bezieht.

Zu Z 34 (§ 188 Abs. 2):

Die bisher in § 188 Abs. 2 enthaltene Regelung betreffend Neuverhandlungen zwischen zentraler Leitung und besonderem Verhandlungsgremium im Fall wesentlicher Änderungen der Struktur des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe wurde aus systematischen Gründen in eine eigene Bestimmung (§ 203a) übergeführt (siehe auch die Erläuterungen zu Z 47).

Zu Z 35 und 36 (§ 189 Z 2 und 3 sowie 5 bis 7):

Die Änderungen erfolgen in Umsetzung von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2009/38/EG.

Bei der Einfügung in der Z 2, die sich auf eine möglichst ausgewogene Vertretung der Arbeitnehmer im Europäischen Betriebsrat nach Tätigkeit, Arbeitnehmerkategorien und Geschlecht bezieht, handelt es sich um eine bloße Sollbestimmung. Die Frage des Verfahrens der Neuaushandlung der Vereinbarung im Fall von Änderungen der Struktur des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe wurde aus systematischen Gründen aus der Z 2 gestrichen und in die Z 7 übernommen.

In der Z 3 wurde die Formulierung des Art. 6 Abs. 2 lit. c der Richtlinie 2009/38/EG übernommen; überdies wurde auf den 37. Erwägungsgrund der Richtlinie Bezug genommen.

Die Z 5 übernimmt den Text von Art. 6 Abs. 2 lit. e, die Z 7 den Text von Art. 6 Abs. 2 lit. g der Richtlinie.

Zu Z 38 und 40 (§ 194 Abs. 3 Z 1 und § 195):

Mit den vorgeschlagenen Änderungen wird Anhang I Abs. 1 lit. d der Richtlinie 2009/38/EG umgesetzt. Gemäß dieser Bestimmung hat der Europäische Betriebsrat kraft Gesetzes im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage jedenfalls einen engeren Ausschuss, bestehend aus einem Vorsitzenden und höchstens vier weiteren Mitgliedern, zu wählen.

Zu Z 39 (§ 194 Abs. 4):

Durch die vorgeschlagene Änderung wird dem Europäischen Betriebsrat kraft Gesetzes – ebenso wie dem besonderen Verhandlungsgremium – das Recht eingeräumt, nicht nur vor, sondern auch nach jeder Sitzung mit der zentralen Leitung zu einer Sitzung zusammenzutreten.

Zu Z 41 und 42 (§ 199 Abs.  2 und 3):

Diese Bestimmungen setzen Anhang I Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2009/38/EG um.

In Abs. 2 erfolgt die Aufzählung jener Angelegenheiten, auf die sich das Recht des Europäischen Betriebsrates kraft Gesetzes auf Unterrichtung und Anhörung erstreckt. In Abs. 3 wird das Recht auf Anhörung näher definiert, in diesem Zusammenhang wird durch den Verweis auf § 173 Abs. 3 klargestellt, dass Anhörung im Sinn dieser Bestimmung zu verstehen ist.

Zu Z 43 (§ 201, 4. Hauptstück):

Die Änderung beinhaltet eine systematisch bedingte Umreihung von Paragraphen sowie – aus Gründen der Übersichtlichkeit ‑ die Zusammenfassung der sonstigen Bestimmungen in einem eigenen Hauptstück.

Zu Z 44 (§ 202):

Durch die vorgeschlagene Änderung wird die anlässlich der Umsetzung der Richtlinie 94/45/EG überschießende Regelung korrigiert und der Tendenzschutz entsprechend Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2009/38/EG auf Unternehmen beschränkt, die in Bezug auf Berichterstattung und Meinungsäußerung unmittelbar und überwiegend eine bestimmte weltanschauliche Tendenz verfolgen (Medienunternehmen).

Zu Z 45 (§ 203):

Abs. 1 der vorgeschlagenen Bestimmung dient der Umsetzung von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2009/38/EG und sieht vor, dass die Mitglieder des Europäischen Betriebsrates die örtlichen Arbeitnehmervertreter oder, in Ermangelung dieser, die Belegschaft insgesamt über Inhalt und Ergebnisse der Unterrichtung und Anhörung zu informieren haben.

In Abs. 2 wird normiert, dass dem Europäischen Betriebsrat die zur Erfüllung seiner Aufgaben gemäß Abs. 1 erforderlichen Mittel von der zentralen Leitung zur Verfügung zu stellen sind. Weiters wird ein Zutrittsrecht des Europäischen Betriebsrates zu den örtlichen Betrieben bzw. Unternehmen normiert, damit er seinen Informationspflichten nachkommen kann.

Zu Z 46 (§ 203a):

Die vorgeschlagene Bestimmung dient der Umsetzung von Art. 13 der Richtlinie 2009/38/EG; aus systematischen Gründen wurde die bisherige in § 188 Abs. 2 enthaltene Regelung der Strukturänderungen in Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen nunmehr in einer eigenen Bestimmung geregelt und diese in die sonstigen Bestimmungen des 4. Hauptstückes eingegliedert.

Abs. 1 bestimmt für den Fall wesentlicher Änderungen der Struktur des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe, dass eine Neuaushandlung der Vereinbarung über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer zu erfolgen dabei. Dabei ist primär nach den Bestimmungen in den geltenden Vereinbarungen vorzugehen. Im Fall, dass in diesen Vereinbarungen entsprechende Bestimmungen fehlen oder Widersprüche zwischen mehreren Vereinbarungen bestehen, sind die Verhandlungen von der zentralen Leitung oder auf schriftlichen Antrag von mindestens 100 Arbeitnehmern oder ihrer Vertreter in mindestens zwei Betrieben oder Unternehmen in mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten aufzunehmen. Dabei ist nach den Bestimmungen der Europäischen Betriebsverfassung vorzugehen.

In Abs. 2 beinhaltet die Aufzählung der Tatbestände, die als wesentliche Strukturänderungen anzusehen sind. Die Bestimmung orientiert sich an § 228 Abs. 2, der Strukturänderungen in der Europäischen Gesellschaft definiert.

Abs. 3 entspricht Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2009/38/EG und sieht die Beibehaltung der Zuständigkeit der bestehenden Europäischen Betriebsräte bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung vor.

Gemäß Abs. 4 gelten im Fall des Scheiterns der Verhandlungen die Bestimmungen über den Europäischen Betriebsrat kraft Gesetzes. Dabei darf es jedoch zu keiner Schmälerung der Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer kommen.

Zu Z 47 (§ 204 Abs. 2):

Bei dieser Änderung handelt es sich um eine Zitatanpassung.

Zu Z 48 (§ 205 Abs. 2):

In Entsprechung von Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2009/38/EG wird den österreichischen Mitgliedern des Europäischen Betriebsrates ein Anspruch auf Bildungsfreistellung eingeräumt. Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie ist dieser Anspruch zeitlich nicht begrenzt, sondern bestimmt sich seinem Umfang nach den für die Wahrnehmung der Vertretungsaufgaben erforderlichen Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Dies ist damit zu begründen, dass mit der Ausübung der Funktion von Fall zu Fall möglicherweise sehr unterschiedliche Anforderungen verbunden sind.

Zu Z 49 (§ 206 Abs. 9):

Diese Bestimmung setzt Art. 14 der Richtlinie 2009/38/EG um und dient der Absicherung von Vereinbarungen, die bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen wurden. Diese Vereinbarungen sollen also Bestandschutz genießen. Dementsprechend wird die Weitergeltung dieser Vereinbarungen auch durch bloße redaktionelle Änderungen nicht berührt.

Ausgenommen davon sind lediglich die Definitionen der Unterrichtung, der Anhörung und der länderübergreifenden Angelegenheiten. Diese beinhalten allerdings keine Änderungen gegenüber der bisherigen Rechtslage, sondern lediglich Klarstellungen. Für bereits abgeschlossene Vereinbarungen gelten somit die gesetzlichen Definitionen in ihrer jeweils aktuellen Fassung.

Weiters ausgenommen ist die Bestimmung betreffend wesentliche Änderungen der Struktur des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe. Dies ist damit zu begründen, dass in einem solchen Fall die Vereinbarung nicht weiter gelten soll, sondern an die veränderten Strukturen anzupassen ist.

Zu Z 50 (§ 207):

Entsprechend den Vorgaben von Art. 11 der Richtlinie 2009/38/EG, wonach für den Fall der Nichteinhaltung der sich aus der Richtlinie ergebenden Verpflichtungen wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen vorzusehen sind, wird der Strafrahmen der Verwaltungsstrafen deutlich ausgeweitet.

Bezüglich der Möglichkeit, im Fall der Nichteinhaltung von Informationspflichten eine einstweilige Verfügung dahingehend zu erwirken, dass betriebliche Maßnahmen nicht durchgeführt werden dürfen, solange über die Informationspflicht nicht gerichtlich abgesprochen wurde, ist auf die Bestimmungen der Exekutionsordnung zu verweisen. Allerdings bedarf die Frage, ob die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung in Angelegenheiten der Mitbestimmung grundsätzlich möglich ist, noch der gerichtlichen Klärung.

Zu Z 51 (§ 264 Abs. 23):

Die Novelle soll mit 1.1.2011 in Kraft treten; die mit dem Auslaufen des Bonus-Malus-Systems mit 1.9.2009 in Zusammenhang stehende Änderung in Bezug auf den erhöhten Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer (§ 105 Abs. 3b letzter Satz; siehe Erläuterungen zu Z 12) soll dementsprechend mit 1.9.2011 in Kraft treten.

Die Richtlinie 2009/38/EG ist am 5. Juni 2009 in Kraft getreten und verpflichtet die Mitgliedstaaten zur innerstaatlichen Umsetzung binnen zwei Jahren. Die Bestimmungen über die Europäische Betriebsverfassung sollen – wie bisher üblich – mit dem Ablauf der Umsetzungsfrist in Kraft treten.

Zu Artikel 2 (Änderung des Post-Betriebsverfassungsgesetzes)

Die Änderungen im Post-Betriebsverfassungsgesetz vollziehen die im Arbeitsverfassungsgesetz im Zusammenhang mit der Modernisierung der Mitbestimmung und der Stärkung des Jugendvertrauensrates vorgeschlagenen Änderungen im Wesentlichen wortgleich nach, sodass auf die Erläuterungen zu den entsprechenden Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes verwiesen werden kann.

Zu Z 1 (§ 26 Abs. 1):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 5.

Zu Z 2 (§ 42 Abs. 1):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 7.

Zu Z 3 (§ 43 Abs. 4):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 8.

Zu Z 4 (§ 54 Abs. 4):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 18.

Zu Z 5 (§ 57 Abs. 4):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 21.

Zu Z 6 (§ 57 Abs. 5):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 22.

Zu Art. 3 (Änderung des Landarbeitsgesetzes 1984)

Die Änderungen im Landarbeitsgesetz 1984 vollziehen die im Arbeitsverfassungsgesetz in Zusammenhang mit der Modernisierung der Mitbestimmung vorgeschlagenen Änderungen nach, soweit sie für das Landarbeitsrecht von Bedeutung sind. Es kann daher auf die Erläuterungen zu den entsprechenden Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes verwiesen werden.

Zu Z 1 (§ 69 Abs. 1):

Siehe die Erläuterungen zu Art. 4.

Zu Z 2 (§ 158 Abs. 1):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 4.

Zu Z 3 (§ 160 Abs. 5):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 5.

Zu Z 4 (§ 172 Abs. 1):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 6. Ein Jugendvertrauensrat ist im LAG nicht vorgesehen.

Zu Z 5 (§ 173 Abs. 4):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 7.

Zu Z 6 (§ 201 Abs. 1):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 8.

Zu Z 7 (§ 202 Abs. 1 Z 10a):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 9. In der Land- und Forstwirtschaft wird ein Betriebsurlaub während der Hauptferien kaum möglich sein. Als Ausgleich ist ein Betriebsurlaub von mehr als zwei Wochen nicht zulässig, um einen ausreichenden individuellen Urlaub während der Hauptferien zu ermöglichen.

Zu Z 8 (§ 202 Abs. 1 Z 16):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 10.

Zu Z 9 (§ 210):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 11.

Zu Z 10 (§ 212 Abs. 1):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 12.

Zu Z 11 (§ 213 Abs. 1a):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 13.

Zu Z 12 (§ 214 Abs. 1):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 14.

Zu Z 13 (§ 218 Abs. 3):

Siehe Erläuterungen zu Art. 1 Z 15.

Zu Artikel 4 (Änderung des Urlaubsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 4 Abs. 1):

Durch die vorgeschlagene Änderung wird klargestellt, dass Betriebsvereinbarungen über einen Betriebsurlaub von der Urlaubsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unberührt bleiben, sowie dass von dieser Betriebsvereinbarung abweichende individuelle Urlaubsvereinbarungen Vorrang haben.