Vorblatt

Problem:

Erforderlichkeit von Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit und Arbeits- bzw. Beschäftigungsfähigkeit, um frühzeitiges krankheitsbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben einhergehend mit Arbeitslosigkeit oder Invalidisierung hintanzuhalten. Zur Sicherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit angesichts der demografischen Entwicklung soll ein ausreichendes entsprechend ausgebildetes Arbeitskräftepotenzial zur Verfügung stehen. Weiters wird das zu einem Beschäftigungsanstieg älterer Personen führen, deren Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit es  hierbei zu erhalten gilt. Damit soll auch ein Beitrag zur Anhebung der im internationalen Vergleich geringen Beschäftigungsquote Älterer und deren Erwerbssicherung geleistet werden.

Ziele:

Nachhaltige Verbesserung der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit von Erwerbstätigen.

Verhinderung eines frühzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben (und damit einhergehender Arbeitslosigkeit oder Invalidisierung).

Verringerung des Anfalls von Invaliditätspensionen und Arbeitslosigkeit Älterer.

Erhöhung der Beschäftigungsquote Älterer.

Kostenersparnisse im Bereich der Kranken-, Pensions-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung durch die längere Erwerbskarriere Älterer gerade vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung.

Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen durch koordinierten Mitteleinsatz in der Gesundheitsförderung zum Erhalt von Arbeitsfähigkeit.

Erhalt des betriebsspezifischen Knowhows in den Unternehmen.

Verhinderung des systematischen Ausschlusses aus dem Erwerbsleben aufgrund des Geschlechtes, des Alters, von Behinderung oder sonstiger strukturell benachteiligender Bedingungen.

Inhalt:

Einrichtung von Beratungsangeboten zum Zweck einer frühzeitigen Intervention bei gesundheitlichen Problemen erwerbstätiger oder arbeitsloser Personen (berufliche Sekundärprävention).

Durchführung eines Case Managements und Entwicklung eines Maßnahmenplans zur frühzeitigen Lösung des gesundheitlichen Problems.

Generell Sensibilisierung für „Gesunde Arbeitswelt“.

Information und Bewusstseinsbildung bei Erwerbstätigen und Betrieben.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Der Anstieg der Erwerbsquote Älterer führt zu einer geringeren Arbeitslosigkeit als auch einer geringeren Invalidisierung dieser Personengruppe, womit auch Kostenersparnisse im Bereich der Kranken,- Pensions-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung erwartet werden. Durch die mögliche längere Beschäftigung verbleibt betriebsinternes Wissen und Know-how im Betrieb. Das längere Verbleiben Älterer im Erwerbsleben bringt Beitragseinnahmen und senkt die gesundheitsbedingten Ausgaben der Sozialversicherung. Damit wird der demografisch bedingte Druck auf die Lohnnebenkosten gemindert und mittel- bis langfristig ein Beitrag zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Österreich erbracht. Zudem sinken die Kosten der Betriebe für Krankenstände von Erwerbstätigen, einschließlich der Kosten für die Suche und den Einsatz von Ersatzarbeitskräften.

Darüber hinaus machen es die demografische Entwicklung und die gesellschaftlich begrenzte Akzeptanz von offenen Arbeitsmärkten notwendig, das in Österreich aktive Arbeitskräftepotenzial länger im aktiven Erwerbsleben zu halten, um Know-how und Wissen möglichst lange zu erhalten und produktiv zu nutzen.

Finanzielle Auswirkungen:

Mittelfristige Einsparungen im Bundeshaushalt – Details siehe „Finanzielle Erläuterungen“.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Die Verwaltungslasten für Unternehmen werden gesenkt durch den zu erwartenden konstanteren Personalstand.

Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Das Regelungsvorhaben ist nicht klimarelevant.

Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

In sozialer Hinsicht wird durch die längerfristige Erhaltung der Erwerbsfähigkeit der Gefahr einer frühzeitigen Invalidisierung und Arbeitslosigkeit einhergehend mit einem Abgleiten in die Armut entgegen gewirkt.

Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Beseitigung von Chancenungleichheiten am Arbeitsmarkt.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der Entwurf steht im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Zentrales Ziel dieses Bundesgesetzes ist der Erhalt und die nachhaltige Verbesserung der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit von Erwerbstätigen sowie die Verhinderung von krankheitsbedingtem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben. Dies soll durch eine frühzeitige Maßnahmen-Intervention bei Auftreten krankheitsbedingter Fehlzeiten von Erwerbstätigen mit der Einrichtung eines flächendeckenden, niederschwelligen Beratungsangebotes erreicht werden.

Das Beratungsangebot mit der Ausrichtung auf berufliche Sekundärprävention soll unter der Bezeichnung „Fit2Work“ stufenweise bis zum Jahr 2013 in allen Bundesländern eingerichtet werden.

Im Jahr 2005 stellte der Rechnungshof in seinem Bericht über die „Gesundheitsförderung durch das BMGF“ einen besonderen Bedarf hinsichtlich der Koordinierung der Gesundheitsförderung fest. In weiterer Folge wiederholte der Präsident des Rechnungshofes (Alpbach, Sept. 2009) diese Kritik und sprach von einer „mangelhaften Koordinierung der Gesundheitsförderungsmaßnahmen von Gebietskörperschaften und Sozialversicherungsträgern“ sowie von „Effizienzverlusten“.

Ein Ergebnis der Expertinnen- und Expertengespräche zu „Invalidität im Wandel“, 2007 – 2008, waren Verbesserungen bei der „Sekundärprävention“ sowie die Einführung von „Early-Intervention-Strategien“ zu erreichen, konkret der flächendeckende Aufbau von Beratungsstellen für Arbeitsfähigkeit, Gesundheit und Arbeitsplatzerhalt. Parallel dazu wurden in Wien („Service Arbeit und Gesundheit“), der Steiermark („Präventionsmanagement“) und Niederösterreich („WorkFit“) erfolgreiche Pilotversuche geführt.

Im „Fehlzeitenreport 2009“ ortet das WIFO einen Bedarf für Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention und empfiehlt die Entwicklung eines diesbezüglichen Angebotes: Verknüpfung von Elementen der primären Prävention mit diagnostischen, therapeutischen und rehabilitativen Maßnahmen der sekundären und tertiären Prävention“.

Diese Anforderungen sollen nun im Rahmen einer gesamtösterreichischen Strategie durch „Fit2Work“ umgesetzt werden. Bei der Entwicklung von „Fit2Work“ standen folgende Grundsätze im Mittelpunkt der Anforderungen: Freiwilligkeit, Aufbau auf erprobtem Bestehenden, Early Intervention, Selbstverantwortung der Betroffenen, bei Bedarf optimale Unterstützung der Betroffenen, Zweistufigkeit abhängig vom Selbsthilfepotenzial und der individuellen Problemlage, Verantwortlichkeit für das Maßnahmenangebot (Qualität, Quantität) bei den Partnerorganisationen, Koordination / Moderation / Organisation, Sammlung und Bewertung von Erfahrungen als Wissensdrehscheibe für Partnerorganisationen, Gender- und Diversity-Sensibilität, Nachhaltigkeit, Gewährleistung des Datenschutzes, stufenweiser Ausbau von „Fit2Work“, Vermeidung von Überkapazitäten und Doppelgleisigkeiten, laufendes Controlling und Prozessevaluierung, Ergebnisevaluierung.

Als Teil eines Gesamtprogramms zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit ist dieses Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebot ein wichtiger Beitrag und Bestandteil neben weiteren Ansätzen zur Förderung bzw. zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit und der Integration von Personen mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit in den Arbeitsmarkt. Es bedarf jedenfalls proaktiver Strategien zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich dieses Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 und 12 B-VG.

Finanzielle Erläuterungen:

Die Kosten des geplanten Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebots „Fit2Work“, das aus den Teilen Informations- und Wissensplattform, Beratung und Case Management für Personen und Beratung für Betriebe sowie der begleitenden Öffentlichkeitsarbeit besteht, wurden auf Basis der Erfahrungen in den Pilotprojekten „Service Arbeit und Gesundheit“ (SAG) in Wien und „WorkFit“ in Niederösterreich geschätzt. Die tatsächlichen Kosten des Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebots werden von der Akzeptanz dieses Angebots durch die Personen und Betriebe abhängen.

Die Evaluierung des Pilotprojektes SAG hat ergeben, dass jeder investierte Euro zumindest dreifach innerhalb eines Jahres zurückkommt. Allein die durchschnittliche Verzögerung des Anfalls der Invaliditätspension um ein Jahr bringt eine Ersparnis von rund 300 Mio. €.

Beim Endausbau 2013 (rund 18 500 Beratungsfälle und rund 500 Betriebsberatungen) ist mit Gesamtkosten von rund 27,5 Mio. € zu rechnen. Diese Kosten werden durch Umschichtungen vorhandener Budgetmittel abgedeckt und bedürfen keiner zusätzlichen Budgetierung. Dem stehen Einsparungen (geringere Ausgaben für Transferleistungen, höhere Steuer- und Beitragseinnahmen etc.) von rund 66,5 Mio. € gegenüber. Die daraus resultierende Ersparnis liegt somit bei rund 39 Mio. € jährlich oder rund 107 Tausend € täglich.

Verschiedene wissenschaftliche Studien sprechen von einer Relation von 1 bis zu 10, sodass ein höherer Return of Investment zu erwarten ist.

Zur Ersparnis durch die Verkürzung der Dauer von Arbeitslosigkeit und des damit verbundenen kürzeren Leistungsbezuges, durch Einsparung von Verwaltungskosten infolge des verringerten Beratungsaufwandes bei den Trägern, durch die Reduzierung von Abbrüchen von Reha- oder Kurmaßnahmen sowie durch die Vermeidung von Doppelförderungen kommen andererseits Ausgaben durch Umsetzung des Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebotes, insbesondere Ausgaben für frühzeitige und nachhaltige Rehabilitation.

Mittelfristig führt die Umsetzung dieser Maßnahmen daher zu Einsparungen bei den Sozialversicherungsträgern, beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen und beim Arbeitsmarktservice. Diese Träger sollen auch die Finanzierung von „Fit2Work“ sicherstellen. Kostenmäßig nicht quantifizierbar ist die Entlastung der Unternehmen, durch den Erhalt von betriebsspezifischem Wissen und Know-how, durch längeres Produktivsein der Arbeitskraft sowie durch Vermeidung von neuen Qualifikationserfordernissen.

„Fit2Work“ wird zu keinen budgetären Mehrbelastungen bei den Umsetzungspartnern Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen und Arbeitsmarktservice führen.

Der für 2011 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen projektierte Aufwand in Höhe von 2,26 Mio. € kann durch eine Zweckbindung aus dem laufenden Personal- und Sachaufwand abgedeckt werden.

Die für das Arbeitsmarktservice für das Jahr 2011 projektierten Kosten belaufen sich auf 4,5 Mio. € und finden ihre Bedeckung im normalen Regelaufwand.

Besonderer Teil

Zu § 1:

Die mit der Einrichtung des flächendeckenden niederschwelligen Beratungsangebots („Fit2Work“) verfolgten Zielsetzungen sind:

- Verminderung von Invalidität bzw. frühzeitige Verhinderung von Arbeitslosigkeit aus gesundheitlichen Gründen,

- Information und Bewusstseinsbildung bei Erwerbstätigen und Betrieben,

- Erhaltung der Arbeitsfähigkeit der Erwerbstätigen mit gesundheitlichen Einschränkungen und Sicherung der Arbeitsplätze sowie

- Wiedereingliederung nach langen Krankenständen.

Folgende Zielgruppen sollen primär angesprochen werden:

- Erwerbstätige mit mind. 40 Krankenstandstagen innerhalb des letzten Jahres,

- Erwerbstätigen, die aus gesundheitlichen Gründen von Arbeitslosigkeit bzw. Invalidität bedroht sind.

Arbeitslose Personen sollen dann Zielgruppe dieser Form der Beratung sein, wenn sie maximal drei Monate arbeitslos vorgemerkt sind und im Jahr davor mehr als sechs Monate beschäftigt waren. Dieser Betrachtungszeitraum kann bis zu einem Jahr verlängert werden, wenn ein durchgehender Krankenstand mit Krankengeldbezug vorliegt.

Zielgruppen sollen aber auch sein:

- Betriebe, deren Beschäftigte im Branchenvergleich überdurchschnittliche Krankenstände aufweisen und

- Betriebe, die einen Beratungsbedarf bezüglich Gesundheit am Arbeitsplatz oder Leistungen zur Erhaltung der beruflichen Leistungsfähigkeit haben.

Die Beratung und Hilfestellung erfolgt dabei in mehreren Teilschritten. In einer ersten Stufe soll eine Wissensplattform als Infodrehscheibe unter Nutzung der Internet-Technologie errichtet werden, die Kundinnen und Kunden mit ausreichendem Selbsthilfepotenzial ansprechen und erste Fragen abklären kann. Es sollen Selbstcheck-Möglichkeiten sowohl für Kundinnen und Kunden als auch für Betriebe, Best Practices und Tipps zur „Selbstbedienung“ angeboten werden.

Für Personen, die diese Form der Erstinformation nicht nutzen, soll ein niederschwelliges Erstberatungs- und Erstinformationsangebot (persönlich, telefonisch (Hotline), schriftlich oder elektronisch) eingerichtet werden.

„Fit2Work“ soll in der zweiten Stufe des Prozesses die Angebote bestehender Partnerinnen und Partner für eine abgestimmte, optimale Problemlösung organisieren bzw. kombinieren. Es sollen bestehende, erprobte Dienstleistungsangebote genutzt und zu einer stimmigen, für die Kundinnen und Kunden brauchbaren Lösung kombiniert werden. Eigene Dienstleistungen sollen nur erbracht werden, soweit sie nicht bereits bei den bestehenden Partnerinnen und Partnern vorhanden sind. Die Partnerinnen und Partner sollen für ihren eigenen Bereich für ihre Angebote verantwortlich bleiben; „Fit2Work“ kann und soll aber Empfehlungen für die Weiterentwicklung im Bedarfsfall geben.

Sofern erforderlich sollen Kundinnen und Kunden in dieser zweiten Stufe in ein Case Management übernommen werden. Die wesentlichen Erfolgsfaktoren für diese Betreuungsform liegen in ausreichender Zeit, im intensiven Eingehen auf die Person und im wertschätzenden persönlichen Kontakt sowie der erforderlichen Gender- und Diversitykompetenz der Case MangerInnen. Die Case ManagerInnen führen durch den Prozess, erstellen selbst aber keine Gutachten oder arbeitsmedizinischen Befunde. Dies erfolgt über die Partnerinnen und Partner (wie etwa die Gebietskrankenkassen). Es wird ein Basis-Check unter Berücksichtigung multipler Problemlagen und auch der privaten Gesundheitsrisiken (bio-psycho-soziales Entstehungsmodell von Krankheiten) durch arbeitsmedizinisch, arbeitspsychologisch und berufsdiagnostisch ausgebildetes Personal durchgeführt. Deren Ergebnisse bilden dann die Grundlage für den weiteren Entwicklungs- und Maßnahmenplan (z. B. Klärung der aufgrund des Ergebnisses erforderlichen Maßnahmen im Betrieb oder durch die Person). Der/Die Case ManagerIn begleitet die Kundin oder den Kunden während der Umsetzungsphase, um ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern; pflegt den Kontakt mit den konkreten Partnerinnen und Partnern und stimmt mit diesen den konkreten Maßnahmenplan ab. Als mögliche Maßnahmen kommen die Einleitung von individuellen gesundheitsfördernden Programmen, von Rehabilitationsmaßnahmen, eine Lebens- und Sozialberatung, eine Psychotherapie, eine berufliche Weiter- bzw. Ausbildung oder eine Adaptierung des Arbeitsplatzes in Betracht. Die erfolgreiche nachhaltige Integration der Person auf einen gesundheitsadäquaten Arbeitsplatz bildet den Abschluss des Case Managements. Die Nachhaltigkeit wird nach sechs Monaten nochmals überprüft. Wenn als Ergebnis des Beratungsprozesses eine länger dauernde Qualifizierung festgestellt wird, endet das Case Management mit dem Antritt dieser Bildungsmaßnahme.

Sofern Betriebe die Beratungsdienstleistung in Anspruch nehmen, wird in der zweiten Stufe die jeweilige betriebsspezifische Problemlage abgeklärt. Dabei wird mit den bestehenden betrieblich beauftragten Personen (ArbeitsmedizinerInnen, Sicherheitsfachkräften) zusammengearbeitet. Gemeinsam wird etwa durch eine adaptierte Arbeitsorganisation, die Implementierung von BGF-Maßnahmen, eine Arbeitsplatzadaptierung, die Förderung der Arbeitsfähigkeit und die Berücksichtigung Gender- und diversityrelevanter Blickwinkel z. B. durch Arbeitsbewältigungscoachings, Generationenmanagement, Lebenslanges Lernen, Wissensmanagement usw.) ein Lösungskonzept entwickelt und vom Betrieb in der Folge umgesetzt. Nach sechs Monaten erfolgt ein Feedback-Gespräch zwischen dem Betrieb und „Fit2Work“.

Die Inanspruchnahme des Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebots ist grundsätzlich freiwillig. Weitere Grundsätze sind die Selbstverantwortung der Kundinnen und Kunden sowie die Nutzung und Unterstützung des Selbsthilfepotenzials, Antidiskriminierung, Herstellung von Chancengleichheit und Gleichstellung sowie die Orientierung an der Nachhaltigkeit bei den Lösungskonzepten.

Zu den §§ 2, 3 und 4:

„Fit2Work“ soll durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (BSB) koordiniert werden. Die zentrale Koordination soll in der Stabsabteilung des BSB wahrgenommen werden, die regionale Koordination in den einzelnen Landesstellen (Förderabteilungen) erfolgen. Das BSB als Koordinationsstelle einzusetzen, ist aufgrund dessen neutraler Position, dessen Äquidistanz zu den beteiligten Institutionen, zweckmäßig. Zugleich ist damit bereits eine ausreichende lokale Struktur vorhanden, ebenso Know-how und Erfahrung mit der Umsetzung derartiger Programme und Modelle sowie deren Abwicklung und Finanzierung. Es fallen keine zusätzlichen Personal- und Organisationskosten an.

Die eigentliche Beratungsleistung („Fit2Work“) soll durch (auch mehrere) externe Umsetzungspartnerinnen und -partner in jedem Bundesland erbracht werden, die im Wege öffentlicher Ausschreibungen gefunden werden sollen. Geplant ist im Sinne der intendierten Niederschwelligkeit und Serviceorientierung ein Organisationsmodell, das in regelmäßigen Abständen auch regional – zumindest in jedem politischen Bezirk – zur Verfügung steht. Die Vergabe erfolgt durch das BSB nach einheitlichen Vorgaben, wobei regionale Besonderheiten Berücksichtigung finden. Das Pflichtenheft (Leistungsverzeichnis) wird von der Steuerungsgruppe abgenommen. Eine Vergleichbarkeit der erbrachten Dienstleistungen im Hinblick auf Effektivität und Effizienz zwischen den verschiedenen Umsetzungspartnerinnen und -partnern in den einzelnen Bundesländern soll ermöglicht werden. Die Umsetzungskoordination im BSB soll Ansprechpartner/in für die jeweiligen Umsetzungspartnerinnen und -partner in den Bundesländern sein.

Zur Steuerung der Umsetzung und zur Lenkung der Maßnahme wird beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz eine Steuerungsgruppe eingerichtet, der je ein Vertreter / eine Vertreterin des BMASK, BMG, BMWFJ, der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und der Pensionsversicherungsanstalt angehören. Die politisch für das Projekt hauptverantwortlichen und die finanzierenden Partnerinnen und Partner werden in der Steuerungsgruppe tätig. Parallel dazu wird zur Mitsprache und Interessenswahrnehmung relevanter Partnerinnen/Partner ein Beirat eingerichtet, dem Vertreter/Vertreterinnen der Sozialpartner, der Arbeitsinspektion, des Hauptverbands, der Krankenversicherungsträger und der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (gem. § 10 Abs. 1 Z 6 Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, idgF) angehören. Die Steuerungsgruppe übernimmt die Lenkung von „Fit2Work“, sie kann jederzeit eingreifen und ist auch durch die Abnahme des Pflichtenheftes (Leistungsverzeichnisses) für die Gesundheitsberatung wesentlich in den Vergabeprozess eingebunden. Ebenso gehen alle Controlling- und Evaluierungsberichte an die Steuerungsgruppe, da dieser insbesondere die Qualitätssicherung, die Weiterentwicklung des Programms und die Anpassung des Finanzierungsverteilungsschlüssels obliegt. Im Rahmen des Controllings sollen möglichst frühzeitig die Auswirkungen von Planungs-, Entscheidungs- und Vollzugsprozessen sowie wesentliche Änderungen der Entwicklung erkennbar werden und auch Vorschläge für die erforderlichen Steuerungsmaßnahmen zur Gleichstellung unter Berücksichtigung der Gender- und Diversitätsgerechtigkeit ausgearbeitet werden.

Dem Beirat kommen Informations- und Anhörungsrechte zu. Er erhält sämtliche Fortschritts-, Evaluierungs- und Controllingberichte. Vor wesentlichen Entscheidungen (insbesondere die Verteilung der Finanzierungsanteile oder der jährlichen Berichterstattung an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) ist der Beitrat anzuhören und kann eigene Vorschläge und Überlegungen einbringen.

Die Änderungen des Finanzierungsschlüssels als auch die Erlassung der Geschäftsordnung bedürfen der Genehmigung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz. Der Steuerungsgruppe obliegen außerdem die notwendigen Vorsorgemaßnahmen für die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Plattform für Wissenssicherung, die dem Projekt als zentrale Informationsdrehscheibe, Arbeits- und Kommunikationsinstrument („Wissensplattform“) dient.

Unter Krankenversicherungsträgern sind die Gebietskrankenkassen (GKK), die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA), die Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB), die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) zu verstehen. Es ist vorerst nicht daran gedacht, Betriebskrankenkassen oder Krankenfürsorgeanstalten aktiv in die Maßnahme mit einzubeziehen, wiewohl diese ihre Versicherten ebenfalls auf das Angebot hinweisen und auch zuweisen können.

Zu § 5:

Das in der Praxis funktionierende Zusammenwirken der beteiligten Sozialversicherungsträger, Behörden und öffentlichen Einrichtungen ist eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen dieses Vorhabens. Die beteiligten Institutionen müssen daher auch darauf achten, dass die „Fit2Work“-Wissensplattform regelmäßig mit Informationen aus dem jeweiligen Wirkungsbereich der beteiligten Institutionen versorgt wird.

Zu § 6:

Die Finanzierung von „Fit2Work“ soll durch die mittel- bzw. langfristig davon finanziell profitierenden Institutionen erfolgen. Da eine mittel- bis langfristige Berechnung der Nutzungseffekte als Schlüssel für die Aufteilung der erforderlichen Finanzmittel zunächst nicht zur Verfügung steht, soll in der ersten Phase der Umsetzung von einem Nutzungskonzept ausgegangen werden.

Im ersten Jahr der Umsetzung soll die Finanzierung durch einen festen Schlüssel erfolgen, der solange gelten soll, bis aufgrund der Zuordnung der Personen, die „Fit2Work“ aufsuchen, eine andere Aufteilung von Seiten der Steuerungsgruppe festgestellt wird und diese Neuaufteilung vom Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz genehmigt wurde. Geringfügige Abweichungen sollen jedoch den Schlüssel unverändert lassen. Die Genehmigung durch den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheit ist auf Grund der Ministerverantwortlichkeit unabdingbar. Die Bundesminister können vom Vorschlag der Steuerungsgruppe auch abweichen. Die jeweils genehmigten Finanzierungsanteile sind im Internet auf der Homepage des BSB kundzumachen, um die Publizität sicherzustellen.

In der Startphase sollen sowohl die Sozialversicherung (Pensions- und Unfallversicherungsträger) als auch das Arbeitsmarktservice jeweils 40 Prozent des Personal- und Sachaufwandes von „Fit2Work“ tragen und das BSB die restlichen 20 Prozent. Für jedes weitere Jahr sollen diese Prozentsätze entsprechend den Zuordnungskriterien der Abs. 5 und 6 neu festgesetzt werden, soweit die Änderungen mehr als fünf Prozent betragen. Die Zuordnungskriterien der Abs. 5 und 6 weisen dem BSB und dem AMS den diesen Trägern zugehörigen Personenkreis zu, während die verbleibenden Personen generell den Sozialversicherungsträgern zugewiesen werden.

Auf Seiten der Sozialversicherungsträger trägt die Pensionsversicherungsanstalt zwei Drittel des 40-Prozent-Anteils, somit rund 27 Prozent des Gesamtaufwandes, und die AUVA übernimmt ein Drittel des 40-Prozent-Anteils, somit rund 13 Prozent des Gesamtaufwandes. Die Träger der Sozialversicherung, das BSB und AMS werden ermächtigt, die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel für den Zweck des Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebots einzusetzen. Weiters wird die Pensions- und Unfallversicherungsanstalt ermächtigt untereinander auch eine andere Finanzierungsaufteilung des auf sie entfallenen Finanzierungsanteils als im Gesetz vorgesehen zu vereinbaren. Die Beteiligung anderer Sozialversicherungsträger an der Finanzierung ist nicht nur möglich, sondern gewünscht. Die Steuerungsgruppe weist – in ihren Anpassungsvorschlägen - nur den von den Sozialversicherungsträgern insgesamt zu finanzierenden Anteil aus. Die Verteilung zwischen den Sozialversicherungsträgern obliegt stets diesen; die gesetzliche Verteilung kommt dann zum Tragen, wenn keine davon abweichende Vereinbarung getroffen wird.

Zu den §§ 7, 8:

Da bei der Dienstleistung des Beratungsangebots („Fit2Work“) auch sensible Daten gemäß § 4 Z 2 DSG anfallen werden, sind datenschutzrechtliche Bestimmungen zwingend erforderlich.

So muss es „Fit2Work“ vorerst ermöglicht werden, auch sensible personenbezogene Daten zu verarbeiten. Diese Verarbeitung soll nur im erforderlichen Ausmaß und die Speicherung nur für einen relativ kurz gewählten Zeitraum von drei Jahren nach Beendigung des Beratungsprozesses erfolgen.

Wie weit bei „Fit2Work“ personenbezogene Daten anfallen bzw. welche personenbezogenen (auch sensible) Daten während des Beratungsprozesses weitergegeben werden, hängt von der die Beratung aufsuchenden Person ab. Da für die gesamte Inanspruchnahme der Beratung der Grundsatz der Freiwilligkeit zentral ist, wird die Bekanntgabe von personenbezogenen (insbesondere auch sensiblen) Daten während des Beratungsprozesses gleichfalls diesem Grundsatz unterstellt. Auf dieser Ebene bestimmt die die Beratung aufsuchende Person selbst über die Verarbeitung Ihrer Daten, sie holt Auskünfte oder Gutachten in der Regel selbst ein und gibt diese selbst weiter (allenfalls im Beisein der Case Managerin/des Case Managers). Sofern derartige Aufgaben im Einzelfall die Case Managerin oder der Case Manager leisten soll, benötigt „Fit2Work“ eine entsprechende Zustimmung gemäß § 4 Z 14 DSG, die diese(n) dazu ermächtigt.

Mit Hilfe von Zustimmungserklärungen lässt sich eine ausreichende Evaluierung der Effizienz der Maßnahmen nicht sicherstellen, sodass „Fit2Work“ gesetzlich ermächtigt wird, bestimmte Daten an den Hauptverband zur Pseudonymisierung der Daten zu übermitteln. Als Parameter für die Pseudonymisierung fungiert dabei die Sozialversicherungsnummer, die „Fit2Work“ für diesen Zweck verwenden darf. Als Anhang zu diesem Parameter werden die jeweiligen Daten übermittelt. Mittels einer nicht rückführbaren Pseudonymisierung können Daten anderer Sozialversicherungsträger (Kranken- und Pensionsversicherung), die gleichfalls an die Sozialversicherungsnummer angehängt werden, personengenau zusammengeführt werden. Zu diesem Zweck ist auch die Kenntnis der Personen, die am Beratungs- und Unterstützungsangebot teilgenommen haben, erforderlich. Zu diesem Zweck hat „Fit2Work“ die Sozialversicherungsnummern, geordnet nach dem zuständigen Krankenversicherungsträger, auch an das BSB zu übermitteln. Andere Daten sind dieser Übermittlung nicht anzuschließen, womit das BSB keinen allgemeinen Zugriff auf die von „Fit2Work“ verarbeiteten Daten hat. Das BSB hat mit diesen Sozialversicherungsnummern nunmehr Auswertungen gemäß § 8 Abs. 3 AGG zu veranlassen, sodass eine Langzeituntersuchung der teilnehmenden Personen (als auch einer Kontrollgruppe) gewährleistet ist. In Fällen, in denen sich der zuständige Krankenversicherungsträger geändert hat (Beschäftigungswechsel, Umzug, etc.) darf der Hauptverband zur Ermittlung des nunmehr zuständigen Kranken- bzw. Sozialversicherungsträgers herangezogen werden. Mit diesen Bestimmungen ist eine ausreichende Evaluierung der Maßnahmen gewährleistet.

Die angeführten Datenarten sollen sicherstellen, dass insbesondere die ökonomischen Wirkungen der Beratungen später feststellbar sind, indem beispielsweise die Entwicklung der Heilmittelkosten, der Arztkosten,  der durchschnittlichen Krankenstandstage und der Kosten der Rehabilitationsmaßnahmen verglichen werden können. Die Methode der nicht rückführbaren Pseudonymisierung findet schon jetzt im Zusammenhang mit der Gesundenvorsorge Anwendung, was eine rasche Anwendbarkeit und kurze Vorlaufzeiten ermöglicht. Allerdings ist die Nutzung der Sozialversicherungsnummer dafür unerlässlich, sodass es „Fit2Work“ gesetzlich ermöglicht werden soll, die Sozialversicherungsnummer für diese Zwecke zu verwenden. Damit soll auch klargestellt werden, dass eine über das unbedingt Erforderliche hinausgehende Verwendung der Sozialversicherungsnummer durch „Fit2Work“ nicht zulässig ist.

Eines der Ziele dieses Bundesgesetzes ist die Verringerung der Invalidisierung, weshalb bei der Evaluierung lange Zeiträume zu untersuchen sind. Zielgruppe des Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebots sollen Personen ab 40 Jahren, die im Jahr über 40 Krankenstandstage aufweisen, sein. Um das Ausmaß einer späteren Invalidisierung dieser Personengruppe im Vergleich zu einer Kontrollgruppe auswerten zu können, ist jedenfalls ein Zeitraum von bis zu 30 Jahren zu untersuchen. Aus diesem Grund ist auch eine 30-jährige Speicherung der pseudonymisierten Daten erforderlich; andernfalls könnten keine wissenschaftlichen oder statistischen Untersuchungen über die langfristige Wirkung des Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebots erfolgen.

§ 7 AGG sieht in Absatz 6 eine Unvereinbarkeitsregelung vor, um mögliche Betreuungskonflikte vorweg zu vermeiden. Nach dieser Regelung darf ein/e Case ManagerIn von „Fit2Work“ nicht zeitgleich einen Betrieb und eine Einzelperson, die in diesem Betrieb tätig ist und nicht selbst Ursache der betrieblichen Anfrage ist, betreuen. In derartigen Konstellationen sind jeweils verschiedene Case Managerinnen / Case Manager einzusetzen. Hängen die Probleme der Einzelperson mit der Anfrage des Betriebes aber ursächlich zusammen, so soll aus Gründen der Zweckmäßigkeit eine Zusammenführung der Beratung – mit Einverständnis der Person – möglich sein.