Vorblatt

Problem:

Das so genannte dritte Eisenbahnpaket enthält eine Verordnung zu den Rechten und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr, für welche ergänzende innerstaatliche Regelungen zweckmäßig und erforderlich sind.

Ziel:

Zur Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr sind die innerstaatlichen Bestimmungen über Ausnahmen sowie zur Durchsetzung zu treffen.

Inhalt/Problemlösung:

Es werden die ergänzenden Regelungen zur Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr vorgesehen. Zusätzlich wird eine innerstaatliche Regelung vorgeschlagen, die speziell den Personen, die regelmäßig mit Jahreskarten die Bahn benützen, zugute kommt.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

– Finanzielle Auswirkungen Bundeshaushalt:

         Keine Auswirkungen.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

– – Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

         Keine unmittelbaren Auswirkungen.

– – Finanzielle Auswirkungen Informationspflichten:

         Keine wesentlichen Auswirkungen neuer Informationspflichten (vgl. hiezu im Allgemeinen Teil der Erläuterungen).

– Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

         Das Regelungsvorhaben ist nicht klimarelevant.

– Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

         Keine unmittelbaren Auswirkungen.

– Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

         Keine. Der Entwurf betrifft Fahrgäste geschlechtsneutral.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Kompatibel mit dem EU-Recht. Regelungen über Ausnahmen dürfen und solche über die Durchsetzung und die Sanktionen müssen aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 getroffen werden.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Die Europäische Union hat die gemeinschaftsrechtliche Regulierung für den Eisenbahnbereich nach der Abfolge mehrerer Regelungsetappen in einem dritten Eisenbahnpaket weiterentwickelt. Zur Umsetzung der Richtlinien (EG) 2007/58 bzw. 2007/59 des dritten Eisenbahnpakets im Eisenbahngesetz (EisbG) ist ein entsprechender Entwurf bereits zur Begutachtung versandt worden. Der vorliegenden Entwurf behandelt die Regelungen über die Fahrgastrechte und sieht ergänzende innerstaatliche Bestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 vor.

Die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 regelt die Rechte und Pflichten von Fahrgästen im Zuge einer Beförderung im Eisenbahn-Personenverkehr. Die Bestimmungen der neuen Verordnung sind innerstaatlich unmittelbar anzuwenden, und das ab ihrem In-Kraft-Treten 24 Monate nach der Kundmachung im Amtsblatt der EU (ABl. L 315 vom 3.12.2007), das ist am 3. Dezember 2009. Dennoch erfordert die gemeinschaftsrechtliche Verordnung ergänzend und flankierend gewisse innerstaatliche gesetzliche Bestimmungen zur Durchsetzung und über Sanktionen, die in dem im Entwurf vorliegenden Bundesgesetz zur Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 und im Eisenbahngesetz getroffen werden sollen.

Der Anwendungsbereich der Verordnung erfasst dem Grunde nach alle Eisenbahnfahrten und –dienstleistungen, die von einem nach der Richtlinie 95/18/EG genehmigten Eisenbahnunternehmen erbracht werden, und nicht (wie ursprünglich im Kommissionsvorschlag vorgesehen) nur für Fahrgäste im grenzüberschreitenden Verkehr. Die Verordnung regelt schwerpunktmäßig eine Entschädigung bei großen Verspätungen, die Haftung der Unternehmen für die Fahrgäste und deren Gepäck, den Transport von Personen mit eingeschränkter Mobilität sowie die von den Eisenbahnunternehmen bereitzustellenden Informationen. Inhaltlich wurden in der Verordnung bzw. in deren Anhang I zunächst die einschlägigen Regelungen aus dem bisher bestehenden internationalen Eisenbahnbeförderungsrecht übernommen. Das sind die aus den Rechtsvorschriften des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF idF des Protokolls 1999), Anhang A – CIV, der Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen beinhaltet. Zusätzlich enthält die Verordnung weitere und neue Tatbestände von Rechten und Pflichten der Fahrgäste, wie z.B. insbesondere die Regelung über die Fahrpreisentschädigungen bei Verspätungen.

In den Anwendungsbereich auf Eisenbahnfahrten und –dienstleistungen von Eisenbahnunternehmen nach der Richtlinie 95/18/EG fallen in Österreich die Eisenbahnverkehrsunternehmen nach dem EisbG. Da eine umfassende Anwendung auf alle Beförderungen dieser Unternehmen über den grenzüberschreitenden Verkehr hinaus auch im innerstaatlichen Fern- und Nahverkehr zu Schwierigkeiten führen könnte, wurden in der Verordnung den Mitgliedstaaten einige Ausnahmemöglichkeiten eingeräumt. Von einigen Kernbestimmungen der Verordnung abgesehen können innerstaatlich solche Ausnahmen für den Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr und darüber hinaus befristet auch für den inländischen Fernverkehr gewährt werden. Diese Ausnahme sind im Einzelnen im vorliegenden Gesetz zu regeln.

Die Rechte und Pflichten aus der Verordnung sind inhaltlich solche privatrechtlicher Natur. Sie können nötigenfalls vor den Zivilgerichten durchgesetzt werden. Um den Gerichtsweg nach Möglichkeit von Vornherein zu vermeiden und gleichzeitig eine nach der Verordnung gebotene Beschwerdemöglichkeit über die Beschwerdestellen der Unternehmen hinaus einzurichten, also bei einer staatlichen Beschwerdestelle, wird im vorliegenden Gesetz eine solche bei der Regulierungsbehörde vorgesehen. Das ist ein Schlichtungsverfahren bei der Schienen-Control GmbH, in dem möglichst eine einvernehmliche Lösung von Beschwerdefällen erreicht werden soll. Diese Regulierungsbehörde ist schon bisher mit der Aufgabe der Behandlung von Kundenbeschwerden gemäß § 78a EisbG betraut. Weiters ist auch eine Missbrauchsaufsicht über die Entschädigungsbedingungen durch die Schienen-Control Kommission vorgesehen.

Kompetenzgrundlage:

Die verfassungsrechtliche Kompetenzgrundlage liegt im Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG (Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen) und im Art. 10 Abs. 1. Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen).

Finanzielle Auswirkungen:

Das im Entwurf vorgeschlagene Bundesgesetz hat keine Auswirkungen gemäß § 14 Bundeshaushaltsgesetz auf Einnahmen oder Ausgaben im Bundeshaushalt.

Was die durch das vorgeschlagene Bundesgesetz zu erwartenden Auswirkungen gemäß § 14a Bundeshaushaltsgesetz aufgrund neuer Informationsverpflichtungen anlangt, werden durch das im Entwurf vorgeschlagene Bundesgesetz keine wesentlichen Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Unternehmen verursacht. Es sind im Gesetzesentwurf zwar einzelne neue Informationspflichten der Eisenbahnverkehrsunternehmen vorgesehen, wie die Erstellung und Veröffentlichung der Entschädigungsbedingungen sowie die Information der Fahrgäste beim Verkauf von Jahreskarten über ihre Rechte und Pflichten. Dabei handelt es sich inhaltlich nicht um Dauerleistungen, sondern um Einzelmaßnahmen mit einen hohen Anteil an Sowieso-Kosten, und die Kosten für die Erfüllung der im Gesetzesentwurf vorgeschlagenen zusätzlichen Informationspflichten sind aber jedenfalls nicht in einer die Bagatellgrenze (§ 5 Abs. 2 der Standardkostenmodell-Richtlinien) überschreitenden Höhe zu erwarten.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Bundesgesetz zur Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr)

Zu § 1:

Der Anwendungsbereich für die neuen Rechte und Pflichten der Fahrgäste ergibt sich zunächst aus der unmittelbar anzuwendenden Verordnung (EG) Nr. 1371/2007. Sie soll über den grenzüberschreitenden Verkehr hinaus nicht ausnahmslos auch im jeweiligen innerstaatlichen Verkehr der Staaten zur Anwendung kommen, nachdem in der Verordnung selbst Ausnahmemöglichkeiten für die einzelnen Staaten für den jeweiligen innerstaatlichen Verkehr eingeräumt wurden. Dies deshalb, weil die Bestimmungen in der Verordnung inhaltlich eher nur auf den grenzüberschreitenden Verkehr bzw. den Fernverkehr ausgerichtet wurden und auf die Besonderheiten im Nahverkehr kaum Bedacht nehmen. Von den Ausnahmen dürfte auch in den Mitgliedstaaten regelmäßig Gebrauch gemacht werden, und das wahrscheinlich in unterschiedlichem Ausmaß. Österreichischerseits wird nach der Regelung im vorliegenden § 1 keine Ausnahme für den Fernverkehr vorgeschlagen, für den Stadtverkehr eine generelle Ausnahme, und für den Regionalverkehr eine nur soweit wie nötig.

Die Verordnung selbst ist dem Grunde nach auf Eisenbahnfahrten und –dienstleistungen eines nach der Richtlinie 95/18/EG genehmigten Eisenbahnunternehmens anzuwenden, das sind nach dem EisbG in Österreich die Eisenbahnverkehrsunternehmen, wie sie den Verkehr auf den Haupt- und vernetzten Nebenbahnen erbringen. Andere Eisenbahnunternehmen wie diejenigen, die Straßenbahnen betreiben, sind schon dem Grunde nach nicht erfasst. Der Anwendungsbereich der Verordnung erfasst somit dem Grunde nach die Eisenbahnverkehrsleistungen der Eisenbahnverkehrsunternehmen, die auf den Haupt- und vernetzten Nebenbahnen verkehren, seien es die im Bereich der ÖBB oder die im Bereich der Privatbahnen. Für diesen innerstaatlichen Verkehrsbereich werden im Einzelnen folgende Ausnahmemöglichkeiten im Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 angeboten:

-       Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdienste können jeweils dauerhaft von der Anwendung der Verordnung ausgenommen werden;

-       darüber hinaus gehende Verkehrsdienste, also der inländische Fernverkehr, kann temporär ausgenommen werden, und zwar für fünf Jahre mit Option einer zweimaligen Verlängerung zu jeweils fünf weiteren Jahren;

-       solche Verkehre, bei denen ein wesentlicher Teil des Verkehrs und zumindest ein fahrplanmäßiger Halt in einem Bahnhof außerhalb des Gemeinschaftsgebietes liegt, für fünf Jahre.

Unbeschadet allfälliger innerstaatlicher Ausnahmen bleiben aber folgende Bestimmungen der Verordnung als Kernbestimmungen mit gewissen grundsätzlichen Rechten der Fahrgäste bei den Eisenbahnfahrten und –dienstleistungen der nach der Richtlinie 95/18/EG genehmigten Eisenbahnunternehmen anzuwenden:

-       Art. 9 - Verfügbarkeit von Fahrkarten, Durchgangsfahrkarten und Buchungen,

-       Art. 11 - Haftung für Fahrgäste und Gepäck,

-       Art. 12 - Versicherung,

-       Art. 19 - Anspruch auf Beförderung für Personen mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität,

-       Art. 20 Abs. 1 - Information von Personen mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität und

-       Art. 26 - Persönliche Sicherheit der Fahrgäste.

Für die Haftung für Fahrgäste und Gepäck werden gemäß Art. 11 in Verbindung mit dem Anhang I der Verordnung die einheitlichen Rechtsvorschriften für den grenzüberschreitenden Verkehr aus dem COTIF/CIV übernommen.

Das gemeinschaftsrechtlich vorgegebene Regelungssystem der Verordnung bringt es also mit sich, dass die Rechtsanwender sowohl die Verordnung selbst und ihre Regelungen als auch die innerstaatlich jeweils getroffenen Regelungen zu beachten haben werden. Als innerstaatliche Regelungen sind im vorliegenden Gesetz im § 1 die österreichischen Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Verordnung enthalten, und zwar gemäß Abs. 1 für den Stadtverkehr und gemäß Abs. 2 so weit wie nötig auch für den Vorort- und Regionalverkehr. Der § 2 sieht eine innerstaatliche Sonderregelung zu Fahrpreisentschädigungen auch für Fahrgäste mit Jahreskarten vor.

Bei diesem für den einzelnen Fahrgast schwierig zu überblickenden Regelungssystem der Verordnung wird es besonders wichtig sein, die Fahrgäste über das Ausmaß ihrer Rechte und Pflichten zu informieren. Hiezu sind die Unternehmen auch gemäß § 6 der Verordnung verpflichtet, indem sie die Fahrgäste beim Verkauf der Fahrkarten über ihre jeweils zustehenden Rechte und Pflichten zu informieren haben. Diese Information sollte eine prägnante Zusammenfassung darstellen. Was deren Form anlangt, wird auch das Diskriminierungsverbot des § 5 Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes zu beachten sein.

Abs. 1 (Stadtverkehr):

Im Abs. 1 wird der Stadtverkehr generell ausgenommen. Damit werden die Beförderungsleistungen der Eisenbahnverkehrsunternehmen im Stadtverkehr ausgenommen, zumal diejenigen der Straßenbahnunternehmen in diesem Stadtverkehr ohnedies schon dem Grunde nach und somit gänzlich von der Verordnung ausgenommen sind. Im Stadtverkehr der Eisenbahnverkehrsunternehmen auf Haupt- und vernetzten Nebenbahnen werden die Bestimmungen der Verordnung soweit ausnahmefähig generell nicht anzuwenden sein; als nicht ausnahmefähig bleiben nur die oben aufgezählten Kernbestimmungen der Verordnung anzuwenden.

Abs. 2 (Vorort- und Regionalverkehr):

Im Abs. 2 wird der Anwendungsbereich für den Vorort- und Regionalverkehr geregelt, für den auch eine dauerhafte und generelle Ausnahme als solche zulässig wäre, sodass bei einer solchen so wie im ausgenommenen Stadtverkehr auch nur die nicht ausnahmefähigen Kernbestimmungen anzuwenden wären. Eine solche generelle Ausnahme wird österreichischerseits nicht für notwendig erachtet. Um auf die Besonderheiten dieses Verkehrssegmentes Rücksicht zu nehmen und dennoch den Fahrgästen über die Kernbestimmungen hinaus auch noch einige weitere Regelungen der neuen Verordnung zugute kommen zu lassen, sollen hier Ausnahmen nur von der Anwendung einzelner Bestimmungen verfügt werden. Diese einzelnen Bestimmungen der Verordnung wurden auf der Grundlage von Vorberatungen mit Experten der Arbeiter- und Wirtschaftskammer herausgearbeitet und sind im Einzelnen:

-       Art. 13 Abs. 2 - Vorschuss im Todesfall, Mindestbetrag,

-       Art. 16 - Erstattung oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung,

-       Art. 17 - Fahrpreisentschädigung,

-       Art. 18 Abs. 2 und 4 - Hilfeleistungen bei Verspätung,

-       Art. 27 Abs. 3 - Veröffentlichungen der Unternehmen bei Beschwerden,

-       Art. 28 - Dienstqualitätsnormen.

Diese Bestimmungen wurden als diejenigen identifiziert, die nicht die Besonderheiten im Vorort- und Regionalverkehr berücksichtigen oder dort kaum den Fahrgästen zugute kämen. Die anderen Bestimmungen der Verordnung bleiben im Vorort- und Regionalverkehr grundsätzlich anwendbar.

Die Regelung nach Art. 8 Abs. 1 und 2 über das Ausmaß von Reiseinformationen soll für den Bereich des Vorort- und Regionalverkehrs nur im Rahmen der Verfügbarkeit in dem Verkehrsbereich anzuwenden sein. Die Regelung nach Art. 15 über die Haftung bei Verspätungen, verpassten Anschlüssen und Zugausfällen soll für den Bereich des Vorort- und Regionalverkehrs nur mit der Maßgabe anzuwenden sein, dass zunächst alternative öffentliche Verkehrsmittel benützt werden sollen und eine Betragsbegrenzung für eine allenfalls erforderliche Taxibenützung und Übernachtung erfolgt. Diese Betragsbegrenzung soll aber nicht für Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität gelten, deren Aufwand für Taxi und Übernachtung typischerweise höher sein kann.

Anstelle der zur Ausnahme vorgeschlagenen Regelung des Art. 17 der Verordnung soll gleichzeitig die nach § 2 des vorliegenden Gesetzesentwurfes vorgesehene besondere neue Regelung über den Anspruch auf Fahrpreisentschädigungen für Fahrgäste mit Jahreskarten greifen. Das ist eine neue und spezielle Entschädigungsregelung für Fälle der Verspätungen und Zugausfälle im Verhältnis zum § 24 Abs. 1 des Eisenbahnbeförderungsgesetzes, der insoweit bis auf Weiteres anwendbar bleibt.

Was die Beschwerdeanliegen der Fahrgäste anlangt, berichtet zusammenfassend die Schienen-Control GmbH gemäß § 78a EisbG.

Dienstqualitätsnormen im Bereich des Vorort- und Regionalverkehrs sind im Rahmen der Regelung über die Fahrpreisentschädigungen für Fahrgäste mit Jahreskarten vorgesehen.

Zur Regelung im Art. 10 der Verordnung über Reiseinformations- und Buchungssysteme, die auf künftige TSI verweist, ist anzumerken, dass diese also erst nach der Erlassung und im Ausmaß des Anwendungsbereiches der TSI anzuwenden sein werden. Zur Regelung im Art. 20 Abs. 2 der Verordnung, Personen mit eingeschränkter Mobilität im Ausnahmefall einer ablehnenden Erledigung auf deren Anfrage über die Gründe zu informieren, wird davon ausgegangen, dass eine derartige Begründung von sich aus erfolgt und diese Vorgangsweise in den nicht diskriminierenden Zugangsregeln nach Art. 19 Abs. 1 der Verordnung festgehalten wird.

Auf weitere nach der Verordnung zulässige Ausnahmen, also die temporären Ausnahmen insbesondere auch für den inländischen Fernverkehr, soll bei der innerstaatlichen Regelung des Anwendungsbereiches in Österreich verzichtet werden, zumal für den Bereich des Fernverkehrs schon bisher eine Regelung zu den Fahrgastrechten in der Passagiercharta der ÖBB-Personenverkehr AG angeboten wird.

Zu § 2:

Abs. 1:

Die Regelung in Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 ist inhaltlich eine bedeutende Neuregelung für die Rechte der Fahrgäste im Verkehr auf Eisenbahnen, indem über die bisherigen Regelungen im Eisenbahnbeförderungsrecht hinaus ein Anspruch auf eine Entschädigung für Fälle bestimmter gravierender Verspätungen eingeführt wird, der nicht des Nachweises eines individuell erlittenen Schadens bedarf. Inhaltlich ist diese Regelung wie viele andere der neuen Verordnung auf die Bedürfnisse im Fernverkehr zugeschnitten. Sie geht überdies nur vom Regelfall der Einzelfahrt aus. Die Anwendung dieser Regelung würde dem Großteil der Fahrgäste im Nahverkehr keinen Vorteil bringen. Im Hinblick darauf ist einerseits im § 1 Abs. 2 zwar die Anwendung des Art. 17 der Verordnung für Beförderungen im Vorort- und Regionalverkehr ausgenommen, andererseits wird im § 2 gleichzeitig eine innerstaatliche Regelung getroffen, die gerade Fahrgästen in diesem Verkehrssegment zugute kommen soll. Das soll einerseits ein Anreiz an die Eisenbahnverkehrsunternehmen sein, auf die Pünktlichkeit zu achten, und andererseits soll den Personen, die regelmäßig mit personenbezogenen Jahreskarten die Bahn benützen, ein praktikabler Entschädigungsvorteil geboten werden, wenn es dennoch zu wiederholten Verspätungen kommt.

Erfasst werden im Einzelnen diejenigen Fahrgäste, die über personenbezogene Jahreskarten verfügen, die nur sie zur Bahnbenutzung berechtigen, und das auf Haupt- oder vernetzten Nebenbahnen (ausgenommen Beförderungen im Stadtverkehr). Nicht erfasst sind also andere Karten, die von Person zu Person übertragbar sind und bei denen die Bahnbenützung nicht einer bestimmten Person zugeordnet werden kann. Nur für Fahrgäste mit personenbezogenen Jahreskarten kann auch ein Entschädigungsanspruch für wiederholt erlittene Verspätungen im Verkehr auf den Eisenbahnen eruiert bzw. zugeordnet werden. Die tatsächliche individuelle Benützung der während der Geltungsdauer der Karte verspäteten Züge muss aber nicht nachgewiesen werden, da dies nur mit einem unverhältnismäßigen administrativen Aufwand möglich wäre. Es genügt eine glaubhafte Bahnbenutzung. Das wird in der derzeitigen Praxis die Fahrgäste mit Verbund-Jahreskarten mit offensichtlicher Bahnbenutzung erfassen. Diese Jahreskarten werden personenbezogen ausgestellt und sind der Person zuordenbar, und sie werden üblicherweise seitens des jeweiligen Verkehrsverbundes verwaltet.

Die Regelung ist von jedem Eisenbahnverkehrsunternehmen für Fahrgäste auf den von ihm fahrplanmäßig bedienten Strecken bzw. Streckenabschnitten anzuwenden. Das betrifft alle Haupt- und vernetzten Nebenbahnen, die im Bereich der ÖBB oder der Privatbahnen bedient werden. Jedes Eisenbahnverkehrsunternehmen hat jeweils für die von ihm fahrplanmäßig bedienten Strecken bzw. Streckenabschnitte den Pünktlichkeitsgrad vorzugeben. Das ist sein Qualitätsversprechen als eine Pünktlichkeitsgarantie an seine Bahnkunden mit Jahreskarten.

Vorzugeben sind auch die Modalitäten für die Entschädigung, und zwar mit pauschalierten Entschädigungsbeträgen. Sie sind abgestuft nach Entfernungsstufen für die Beförderungen festzusetzen. Dabei ist an Entfernungsstufen für einen Nahbereich, einen mittleren Bereich und einen längeren Bereich zu denken, nach der derzeitigen Praxis etwa für 1 – 20 km, 21 – 40 km und über 40 km. Für die pauschalierten Entschädigungsbeträge, die pro Monat gebühren, in dem der Pünktlichkeitsgrad nicht erreicht wurde, ist eine Mindestgrenze von 10% des Fahrpreisanteils pro Monat vorgesehen.

Für eine möglichst einfache Abwicklung im Vollzug wird an ein Modell gedacht, das vorsieht, dass ein Fahrgast, der eine solche Jahreskarte mit glaubhafter Bahnbenützung neu bestellt oder wieder bestellt, bereits gleichzeitig mit der Ausstellung der Karte durch den Verbund die Erklärung des jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmens für den vorgegebenen Pünktlichkeitsgrad erhält. Wenn es nach Ablauf der Geltungsdauer der Jahreskarte feststeht, dass der Pünktlichkeitsgrad nicht erreicht wurde, sollen die Fahrgäste vom Eisenbahnverkehrsunternehmen von sich aus, ohne dass dies der Fahrgast anfordern müsste, eine Information über die Nichterreichung des Pünktlichkeitsgrades erhalten. Der Fahrgast seinerseits soll ersucht werden, die Bahnbenutzung zu bestätigen, und bekanntzugeben, auf welche Art und Weise die Entschädigung erfolgen soll, sei es als Gutschrift für eine weitere Jahreskarte, sei es als Gutschein für andere Leistungen des Eisenbahnverkehrsunternehmens.

Abs. 2:

Für eine effiziente Abwicklung im Vollzug ist die Mitwirkung der die Jahreskarten verwaltenden Stellen erforderlich. Das wären nach der derzeitigen Praxis die der Verkehrsverbünde.

Abs. 3:

Die Haftungsausschlussgründe sind in gleicher Weise vorgesehen, wie sie in der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 für die Haftungsfälle des Art. 26 im Anhang I der Verordnung enthalten und inhaltlich aus dem Anhang A – CIV des COTIF übernommen sind.

Abs. 4:

Ähnlich wie dies im Art. 28 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 1 bei der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 vorgesehen ist, sollen die Eisenbahnverkehrsunternehmen auch für die Anwendung der Regelung über die Fahrpreisentschädigungen für Fahrgäste mit Jahreskarten Dienstqualitätsnormen festlegen, wie sie bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen bereits üblich sind, und für eine Information der Fahrgäste über ihre Rechte und Pflichten sorgen.

Die Modalitäten der Fahrpreisentschädigung für Fahrgäste mit Jahreskarten im Einzelnen und damit auch für deren administrative Abwicklung sind nach den gesetzlichen Vorgaben gemäß Abs. 1 vom jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen im Wege seiner Entschädigungsbedingungen auszuführen.

Es liegt im Interesse der Eisenbahnverkehrsunternehmen selbst, ihre Qualitätsstandards und ihre Qualitätsversprechen einzuhalten. Die vorgesehene gesetzliche Regelung überlässt ihnen dabei eine gewisse Handlungsfreiheit zur Ausgestaltung. Die Regelungen zur Durchsetzung und Missbrauchskontrolle, die ungeachtet einer Verfolgung im Gerichtsweg eröffnet werden, sind in den §§ 78a und 78b des Eisenbahngesetzes vorgesehen.

Zu Art. 2 (Änderung des Eisenbahngesetzes 1957)

Zu Z 1 (§ 22a samt Überschrift):

Wie nach der bestehende Tarifveröffentlichungspflicht nach § 22 Abs. 2 des Eisenbahngesetzes vorgesehen, sollen die Eisenbahnverkehrsunternehmen nach § 22a auch die neuen Entschädigungsbedingungen mit besonderer Berücksichtigung der Kriterien zur Bestimmung der Verspätung und der Berechnung der Entschädigung rechtzeitig vor ihrem In-Kraft-Treten und auf Kosten des jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmens veröffentlichen. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen hat die Entschädigungsbedingungen bei der erstmaligen Veröffentlichung gleichzeitig bzw. bei Änderungen rechtzeitig vorher der Schienen-Control GmbH vorzulegen, welche als geschäftsführende Stelle der Schienen-Control Kommission fungiert. Dieser gesonderte Information, die keinen besonderen Aufwand auslöst, ist eine Serviceleistung zugunsten der Regulierungsbehörde, die so auf neue und geänderte Entschädigungsbedingungen aufmerksam gemacht wird. Für diese Vorlage ist keine bestimmte Form vorgeschrieben, die Entschädigungsbedingungen können auch per e-Mail bekannt gegeben werden.

Zu Z 2 und 3 (§ 77 Abs. 1 Z 5, § 78a samt Überschrift):

Die bisherige Zuständigkeit der Schienen-Control GmbH als einer staatlichen Stelle zur Behandlung von Kundenbeschwerden wird erweitert. Die Schienen-Control GmbH wird mit der Aufgabe einer von staatlicher Seite betrauten Beschwerdestelle im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr bestimmt. Zur besseren Unterscheidung von weiterhin bei den Eisenbahnunternehmen bestehenden Beschwerdestellen und um den Inhalt der Tätigkeit der Schienen-Control GmbH zu betonen, wird diese Tätigkeit als die einer Schlichtungsstelle bezeichnet.

Die Schienen-Control GmbH hat auch für die erweiterte Aufgabenstellung im Bereich der Fahrgastrechte eine Verfahrensweise zur Behandlung von Beschwerden festzulegen und zu veröffentlichen. Im Schlichtungsverfahren ist eine einvernehmliche Lösung eingebrachter Beschwerden anzustreben oder den Beteiligten ihre Ansicht zum Beschwerdegegenstand mitzuteilen.

Zu Z 4 (§ 78b samt Überschrift):

Gebietskörperschaften, Interessenvertretungen und Fahrgäste können gemäß § 78a bei der Schlichtungsstelle wegen mutmaßlicher Verstöße gegen die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 oder wegen unrichtiger oder unzumutbarer Regelungen in den Entschädigungsbedingungen gemäß § 22a Beschwerde erheben, der ein Schlichtungsverfahren bzw. Schlichtungsversuch folgt.

Darüber hinaus wird im § 78b der Schienen-Control Kommission ein Eingriffsrecht zur Missbrauchskontrolle gegenüber den von den Eisenbahnverkehrsunternehmen festzusetzenden Entschädigungsbedingungen eingeräumt.

Die Entschädigungsbedingungen sind gegebenenfalls bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen im Rahmen dieser Aufsicht ganz oder in einzelnen Teilen für unwirksam zu erklären.

Zu Z 5 (§ 81 Abs. 2):

Die Regelung über den bisherigen Aufgabenbereich der Schienen-Control Kommission wird entsprechend der in diesem Entwurf vorgesehenen neuen Aufgaben in Bezug auf § 22a angepasst.

Zu Z 6 (§ 124a):

Zuwiderhandlungen gegen die Festsetzung und Veröffentlichung der Entschädigungsbedingungen sowie gegen die Bestimmungen der Art. 8, 18, 22 Abs. 1 und 3, 23 bzw. 29 der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 widersprechen nicht nur dem Qualitätsversprechen des Eisenbahnverkehrsunternehmens an den Fahrgast sowie den Grundsätzen der Fahrgastrechte, sondern sie sollen im Sinne der Verordnung gegebenenfalls auch mit einer Sanktion bedroht sein. Für schwerwiegende Verstöße erscheint demnach auch die Androhung einer Verwaltungsstrafe geboten.