12/MTEU XXIV.GP
M I T T E I L U N G
des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union
des Hauptausschusses des Nationalrates
vom 4. Juli 2011
gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG
KOM (2011) 126 endg.
Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts
(48022/EU XXIV.GP)
sowie
KOM (2011) 127 endg.
Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Güterrechts eingetragener Partnerschaften
(48025/EU XXIV.GP)
„Die Zahl der binationalen Ehen bzw. eingetragenen Partnerschaften innerhalb der Europäischen Union nimmt stetig zu. Diesen Paaren ist auf Grund der derzeitigen Zersplitterung des Rechtsbestands oftmals unklar, welche Rechtsordnung auf sie Anwendung findet. Im Bereich des auf die Scheidung bzw. Trennung ohne Auflösung des Ehebands anzuwendenden Rechts hat der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union bereits am 9. Juni 2010 auf die Vorteile einer einheitlichen europäischen Regelung hingewiesen. Im Bereich des Güterrechts fehlt eine solche Regelung jedoch noch. Dies führte dazu, dass es für die Ehegatten bzw. eingetragenen Partner durch die je nach Mitgliedstaat unterschiedliche Rechtslage schwierig zu erkennen ist, welches Recht Anwendung finden wird bzw. welche Gerichte zuständig sind.
Aus Sicht des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union muss diesen Problemen begegnet werden. Der vorliegende Vorschlag für eine Verordnung des Rates wird daher begrüßt.
Unbeschadet der grundsätzlichen Zustimmung zum Vorschlag der Kommission sind im Detail noch folgende Punkte kritisch zu beurteilen:
1. Formerfordernis der Rechtswahl:
Die Möglichkeit, einvernehmlich eine Rechtswahl durchzuführen, fördert den Gestaltungsspielraum der beteiligten Personen und dient der Rechtssicherheit. Gleichzeitig enthält eine Rechtswahlmöglichkeit stets die Gefahr der Übervorteilung einer Seite. Aus diesem Grund werden als Mindestvoraussetzung der Vereinbarung über eine Rechtswahl die Formvorschriften der Schriftlichkeit und der Datierung der Vereinbarung vorgesehen. Darüber hinaus wird auf nationale Formvorschriften für Eheverträge verwiesen. In Österreich würde dies die Form eines Notariatsaktes bedeuten. Die Schutzwirkung der vorgeschlagenen Regelung wird jedoch insofern begrenzt, als die Formvorschriften jenes Staates zur Anwendung kommen, dessen Recht durch die Vereinbarung gewählt werden soll oder in dem die Vereinbarung aufgesetzt wird. Dies gilt insbesondere auch bei einem Wechsel des anzuwendenden Rechts, da dieser gemäß Art. 18 bei entsprechender Vereinbarung auch rückwirkend Wirkung entfalten kann. Dies verschafft den beteiligten Personen zwar Spielraum in Hinblick auf einvernehmliche Einigungen, birgt aber ebenso die Gefahr der Übervorteilung.
Eine einheitlich strengere Formvorschrift für die Rechtswahlvereinbarung (etwa in Form einer öffentlichen oder öffentlich-beglaubigten Urkunde oder entsprechend Art. 7 Abs. 3 und 4 ROM III-VO) erscheint daher angebracht.
2. Ausschluss der Rechtswahl für Eingetragene Partnerschaften (betreffend VO Güterrecht eingetragener Partnerschaften):
Vorauszuschicken ist, dass gemäß § 27c IPRG Parteien in Österreich die ausdrückliche Möglichkeit der Rechtswahl betreffend der güterrechtlichen Wirkungen von eingetragenen Partnerschaften haben, und lediglich subsidiär das Recht jenes Staates zur Anwendung kommt, in dem die Partnerschaft begründet wurde.
Der Vorschlag der Kommission sieht für die güterrechtlichen Regelungen eingetragener Partnerschaften keine Möglichkeit einer Rechtswahl vor, sondern es soll zwingend zur Anwendung des Rechtes kommen, in dem die Partnerschaft eingetragen ist. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern dieser Ausschluss der Rechtswahl geboten ist. Wie oben bereits ausgeführt, fördert die Möglichkeit der Rechtswahl den Gestaltungsspielraum der Beteiligten, auch in Hinblick auf einvernehmliche Einigung.
Es ist insbesondere in Hinblick auf den vorgesehenen umfassenden Anwendungsbereich der Verordnung auf alle vermögensrechtlichen Aspekte eingetragener Partnerschaften jedenfalls als problematisch anzusehen, wenn die in Österreich bisher bestehende Wahlmöglichkeit gemäß § 27c IPRG im Anwendungsbereich der Verordnung abgeschafft würde.
Es sollte daher nach Vorbild der nach österreichischen IPRG bestehenden Regelung eine solche Rechtswahl auch in der betreffenden Verordnung vorgesehen werden.
3. Definition „gewöhnlicher Aufenthalt“:
Die vorliegenden Vorschläge enthalten keine ausdrückliche und einheitliche Definition des gewöhnlichen Aufenthalts. Dieser Begriff ist aber der wesentlichste Anknüpfungspunkt sowohl für die Entscheidung über die Zuständigkeit der Gerichte, als auch - im Bereich des Ehegüterrechts - betreffend der Entscheidung, welche Rechtsordnung zur Anwendung kommt. Eine uneinheitliche Definition in verschiedenen Rechtsakten oder Übereinkommen würde die Rechtssicherheit beeinträchtigen. Da auch eine konkretisierende Judikatur des EuGH zu dieser Frage weiterhin fehlt, sollte darauf hingewirkt werden, dass den zur Anwendung berufenen Gerichten durch eine entsprechende Formulierung, sei es auch in einem Erwägungsgrund, Orientierungspunkte für ihre Entscheidung bereitgestellt werden, ab wann oder nach welchen Kriterien das Vorliegen eines gewöhnlichen Aufenthalts zu beurteilen ist.
4. Anknüpfungsmerkmale
Die Intention der Vereinfachung der geltenden Rechtslage ist eine grundsätzliche Maßgabe, die insbesondere für das Ehegüterrecht auch gelten sollte. Die Anknüpfungsmerkmale für das anzuwendende Recht sollten dabei möglichst den Bedürfnissen und Erwartungen der Ehegatten (etwa der gemeinsamen Staatsbürgerschaft) entsprechen. Dennoch muss in diesem Zusammenhang die Unterschiedlichkeit der Natur der jeweiligen Regelungsgegenstände berücksichtigt werden. Es ist darum vor allem für sozial Schwächere relevant, dass sich die Rechtslage nicht durch den Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltes jeweils ändert. Aber auch ein starres Festhalten am ersten oder letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt erscheint regelmäßig problematisch.“