3/MTEU XXIV. GP

 

M I T T E I L U N G

 

des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses

in Angelegenheiten der Europäischen Union des Nationalrates

vom 12. Oktober 2010

 

gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

KOM (10) 482 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps

(36773/EU XXIV.GP)

 

KOM (10) 484 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister

(36777/EU XXIV.GP)

 

 

Die Europäische Kommission hat die beiden oa. Vorschläge am 15.09.2010 vorgelegt. Die beiden Verordnungsentwürfe zielen auf die erstmalige Regulierung des Derivatehandels auf europäischer Ebene. Da der Wert von Derivaten stets vom Wert eines anderen Titels abgeleitet ist, führt der Handel mit Derivaten unter gewissen Voraussetzungen zur Verstärkung von Marktbewegungen und trägt in einem solchen Fall potentiell dazu bei, dass die Stabilität eines einzelnen Finanztitels oder sogar eines gesamten Finanzmarktes in Gefahr gerät. Die Europäische Kommission stellt daher völlig berechtigterweise fest, dass die Regulierung des Derivatehandels eine der wesentlichen Lehren aus der Finanzkrise sein muss.

 

Der von der Europäischen Kommission gewählte grundlegende Zugang zur Regulierung des Derivatehandels besteht darin, die im Abschluss von Derivatgeschäften liegenden Risiken zu minimieren und generell die Transparenz des Marktes zu stärken sowie eine stärkere Kontrolle durch die entsprechenden Aufsichtsorgane zu ermöglichen. Handelsverbote sollen nur in Ausnahmefällen bzw. in Hinblick auf besonders gefährliche Derivate verhängt werden.

 

Der Ausschuss unterstützt in vollem Maße die Bestrebungen zur Regulierung des Handels mit riskanten Finanzprodukten. Mangelnde Regulierung und leichte Umgehbarkeit der existierenden Regeln ermöglichten erst die Entwicklungen der vergangenen Jahre, die ohne das rechtzeitige Einschreiten der Politik zum Zusammenbruch der gesamten Finanzbranche geführt hätten.

 

Mit der Entschiedenheit, die damals an den Tag gelegt wurde, muss nun auch an die Neuregulierung der Finanzbranche herangegangen werden. Die Vorschläge der Europäischen Kommission sind hier zu zaghaft. Der Ausbruch der Finanzkrise kann nicht nur auf einige wenige, unverantwortliche MarktteilnehmerInnen zurückgeführt werden, sondern vielmehr auf systemische Mängel aufgrund von unzureichender Regulierung. Die Ereignisse der Finanzkrise müssen zu dem Schluss führen, dass die Risiken, die durch den Handel mit gewissen Finanzprodukten entstehen, weder absehbar, noch in ihren Auswirkungen kontrollierbar sind. Dies gilt ganz besonders dann, wenn öffentliche Schuldtitel betroffen sind. Die Regulierung des Handels mit solchen Produkten ist daher entscheidend, um eine Wiederholung der Finanzkrise nachhaltig zu vermeiden.

 

Derivatgeschäfte enthalten unkalkulierbare Risiken. Dies trifft jedoch nicht nur auf ungedeckte Leerverkäufe zu, die als einziges einem (wenn auch nicht vollständigem) Verbot unterworfen werden sollen, sondern auch auf andere Derivate, deren primärer Zweck nicht in der Absicherung gegen Risiken bzw. Kursschwankungen besteht. Die Abwicklung des Derivatehandels über zentrale Clearingstellen ist somit eine sinnvolle Maßnahme, jedoch eliminiert dies für sich allein noch nicht die bestehenden Risiken. Darauf sollte auch in den gegenständlichen Vorschlägen durch eine stärkere Regulierung des Derivatehandels hingewirkt werden. In diesem Sinne ist auch bei der kommenden Überarbeitung der Eigenkapitalvorschriften darauf zu achten, dass durch strenge Anforderungen die Attraktivität von risikoreichen Derivatgeschäften reduziert wird.

 

Den Aufsichtsbehörden muss zur Kontrolle der neuen Regelungen eine ausreichende Handhabe bei Verstößen zur Verfügung stehen. Der derzeitige Vorschlag schränkt die Möglichkeiten der Aufsichtsbehörden jedoch in  unnötiger Weise ein: die Sanktionsbefugnis bei Verstößen gegen die neuen Regelungen wird zu einem erheblichen Teil an private AkteurInnen ausgegliedert. Dies trägt keinesfalls zu einer besseren Kontrolle bei und sollte daher abgeändert werden. Schließlich sind neue Regeln ohne entsprechende Kontroll- und Sanktionsmechanismen ungeeignet, zur Eindämmung der Risiken am Finanzmarkt beizutragen.

 

Abschließend stellt der Ausschuss fest, dass der Vorschlag in wesentlichen Punkten Befugnisse – etwa zur Festlegung von Schwellenwerten - an die Europäische Kommission überträgt. Da sich diese Befugnisse auf Kernelemente der neuen Regulierung beziehen, ist die Wirksamkeit der neuen Regeln in hohem Maße von der Ausübung dieser Befugnisse abhängig. Umso wichtiger ist es daher, den Rahmen, in dem die Europäische Kommission ihre Befugnisse ausüben kann, bereits im jeweiligen Vorschlag klar zu definieren.