121/PET XXIV. GP

Eingebracht am 13.09.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Salzburg/Graz, am 12. September 2011

Petition zur Sicherung der IC-Zugverbindungen Salzburg-Graz-Salzburg

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Gemäß § 100 Abs. 1 GOG-NR überreichen wir Ihnen die Petition zur „Sicherung der
IC-Zugverbindungen Salzburg-Graz-Salzburg sowie verbindliche Regelungen im
Schienenpersonenverkehr für alle Bahnanbieter in Österreich“ mit dem Ersuchen um
geschäftsordnungsmäßige Behandlung.

Mit freundlichen Grüßen

Mag. Johann Maier                                                                         Erwin Spindelberger


Salzburg/Graz, 12.09.2011

Parlamentarische Petition

betreffend

„Sicherung der IC-Zugverbindungen Salzburg-Graz-Salzburg sowie verbindliche
Regelungen im Schienenpersonenverkehr für alle Bahnanbieter in Österreich“

Was mit dem vorletzten Fahrplanwechsel der ÖBB bereits begonnen hat - nämlich mit der
Streichung der für Pendler entlang der Strecke wichtigen IC-Frühverbindung zwischen
Klagenfurt und Salzburg und der letzten IC-Verbindung in die Gegenrichtung - und was mit
der Streichung der Direktverbindungen zwischen Linz und Graz seine Fortsetzung gefunden
hat, soll nun mit der Einstellung von jeweils 3 der 6 Direktverbindungen von Salzburg nach
Graz und von Graz nach Salzburg mit dem Fahrplanwechsel Ende 2011 fortgesetzt werden.
Auch die Tagesverbindung
„Graz - Innsbruck“ wird gestrichen. Die logische Folge: Es
kommt zu einem Fahrgastschwund. Reisende werden vom öffentlichen Verkehrsmittel Bahn
vertrieben, obwohl im Einzugsbereich des „IC Salzburg
- Graz“ zirka eine Million Menschen
wohnen.

Diese Fahrplanänderung stellt auch einen dramatischen Rückschlag für die inneralpinen
Regionen entlang der Strecke dar. In Salzburg ist davon insbesondere die Region „Enns-
Pongau“ schwer getroffen. Vor Jahren wurde bereits der Regionalzugverkehr zwischen
Bischofshofen und Radstadt eingestellt bzw. auf Bus umgestellt. Nun wird eine leichte
Erreichbarkeit der Region „Enns-Pongau“ (Salzburg-Radstadt)
- die bisher noch mit diesen
Intercityverbindungen zwischen Salzburg und Graz einigermaßen aufgeschlossen war
- in
Frage gestellt. Aus einem Zweistundentakt wird nun ein Sechsstundentakt. Es ist vermutlich
nur eine Frage der Zeit bis auch die verbliebenen Zugverbindungen Salzburg-Graz-Salzburg
verschwinden, da bereits drei Busunternehmen einen Konzessionsantrag für dieselbe Strecke
gestellt haben. Der ruinöse Wettbewerb zwischen Schiene und Straße könnte dann vermutlich
auch noch diese letzten drei internationalen Verbindungen zur Einstellung bringen.

Die ab 2012 geplante Einstellung dieser drei Verbindungen stößt aber auch in der Steiermark
auf heftigste Kritik („Damit wird das Land Steiermark vom internationalen Verkehr
abgenabelt“). Befürchtet wird ferner, dass durch die Netzwirkung in den Knoten Leoben, St.
Michael, Selzthal für das Murtal, das Mürztal und das Ennstal verloren geht und damit noch

weniger Reisende das öffentliche Verkehrsmittel Bahn nutzen. Das Ergebnis: Bahnhöfe ohne
Halt, diese Bahnhöfe haben keinen internationalen Verbindungsanschluss mehr.

WM Schladming und Tourismusregion

Das ÖBB-Management hat auch bei seinen angesagten Fahrplanänderungen scheinbar
vergessen, dass 2013 in Schladming die Ski-Weltmeisterschaft stattfindet. Allein dies stellt
den ÖBB kein gutes Zeugnis aus, wenn der Austragungsort einer Ski-Weltmeisterschaft in der
Wintersaison mit der Bahn nur beschränkt erreichbar ist. Der Bahnhof in Schladming wird zur
Zeit für 14 Tage Ski-WM 2013 mit einem Kostenaufwand (lt. BMVIT-Rahmenplan
Steiermark) von 14,4 Mio. Euro (!) errichtet. Wozu, wenn dann ohnehin weniger Züge diese
Strecke fahren? Dieser finanzielle Aufwand für einmal Ski-WM und einmal jährlich
Nachtslalom ist aus Sicht der Steuerzahler mehr als hinterfragungswürdig.

Das Management und die Führungsspitze der ÖBB argumentiert die Einsparung von
bestimmten Verkehrsverbindungen u.a. damit, dass etwa auf der Bahnstrecke Graz-Salzburg
nur 32 Personen täglich fahren würden. Ein unhaltbares Argument aus Sicht der Benutzer, da
die Bundesbahn Graz
- Salzburg nicht Non Stop fährt, sondern in Leoben, St.Michael,
Selzthal usw. stehen bleibt, wo Reisende (Pendler) aus der Region aus- oder zusteigen. Auch
die bisherigen Zweistundentaktverbindungen Wien-Villach-Wien mit Umstieg in Leoben
Richtung Graz und Enntals werden dadurch obsolet. Die Wahrheit ist eine andere. Die
Waggons sind in dieser Region gut bis sehr gut ausgelastet, aber dies zählt für den Intercity-
Verkehr und die Zählweise des ÖBB-Managementscheinbar nicht.
Die eigentlichen Hintergründe dieser Vorgangsweise des ÖBB-Managements sind in
Wirklichkeit durch die Liberalisierung des Bahnmarktes begründet.

Auf dem österreichischen Bahnnetz bringen sich private Anbieter für den Markteintritt in
Position und machen der ÖBB Konkurrenz. Ab Dezember 2011
wird auf der Westbahnstrecke
die „Westbahn Management GmbH“ einen Personenfernverkehr zwischen Salzburg und Wien
anbieten. Damit tritt ein privater Anbieter just auf einer Strecke in den Markt ein, die bereits
bis dato zur bestbedienten Strecke in Österreich zählt. Auf dieser Strecke gibt es trotz des
dichten Fahrplanangebots der ÖBB offenbar noch etwas zu verdienen, zumindest im Wege
des Verdrängungswettbewerbs über den Preis. Und das wirtschaftliche Risiko scheint auf
dieser Strecke gering zu sein. Dies erklärt auch, warum mit 26 Prozent nun die französische
Staatsbahn SNCF beim Westbahnbetreiberunternehmen „Rail Holding AG“ eingestiegen ist.
Leider zeigt dieser neue private Anbieter sein Können nicht auf der Strecke zwischen

Salzburg und Graz oder Linz und Graz oder zwischen Innsbruck über den Pinzgau
(Saalfelden, Zell am See, Taxenbach) und
den Pongau (Schwarzach, St. Johann,
Bischofshofen) nach Salzburg/Graz und dann nach Wien. Denn offenbar gibt es auf diesen
Strecken für die privaten Aktionäre nichts zu verdienen!

Schließlich müsse man sich von „unrentablen Zügen“ trennen - heißt es in der ÖBB hinter
vorgehaltener Hand
- um den privaten Anbietern im Wettbewerb Paroli bieten zu können. Für
Sentimentalitäten wie die Versorgung der Regionen bzw. für Pendler Verkehrsleistungen zu
erbringen, ist da kein Platz mehr. Notwendig ist scheinbar eine gefüllte „Kriegskasse“, um mit
einem privaten Anbieter auf der ohnehin bestversorgten Westbahn in eine Art
„kannibalischen“ Wettbewerb treten zu können. So lautet offenbar die Devise. Das ist
natürlich das genaue Gegenteil von Nachhaltigkeit, bedeutet Schaden für Regionen und
Nachteile für die ÖBB-Reisenden, insbesondere die Pendler.

Mit dieser Entwicklung zeigt die Bahnliberalisierung - noch bevor sie richtig begonnen
hat
- ihr wahres Gesicht.

Um diesen Teufelskreis der Liberalisierung zu durchbrechen, bedarf es dringend verbindlicher
Regelungen zur Sicherung des Personenverkehrs in
Österreich. Das absehbare Marktversagen
zu Lasten der ländlichen Regionen muss im Keim verhindert werden. In Analogie zu einem
anderen Dienst der Daseinsvorsorge
- dem Postmarkt - braucht es daher auch für den
Personenverkehr auf der Schiene verbindliche Regelungen für alle Anbieter, um das
„Rosinenpicken“ bzw. ein „Marktversagen“ zu verhindern.

Man kann nicht den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) allein die Last der wenig
rentablen bzw. unrentablen Bahnstrecken umhängen. Die neuen privaten Betreiber auf der
Westbahn wollen übrigens am Pendlerverkehr kräftig mitnaschen und verlangen
- noch
bevor sie einen Zug auf die Schienen gesetzt haben
- 20 Mio. Euro an öffentlichen
Subventionen. (SN. 20.10.2010) Genau so haben sich die ÖsterreicherInnen eine
Liberalisierung immer vorgestellt. „Rosinenpicken“ und auch noch die Hand aufhalten.

Analog zum Postmarktgesetz (Universaldienst) sollte daher auch beim
Schienenpersonenverkehr ein klar definiertes Grundangebot in
Österreich gesetzlich
vorgeschrieben werden. Als Grundsatz muss gelten: Alle Bahnanbieter (Marktteilnehmer) -
ÖBB wie Private
- müssen sich an der Versorgung der Regionen mit
Schienenpersonenverkehrsleistungen beteiligen, sei es durch einen Ausgleichsfonds oder

durch die Übernahme von Strecken und Zugsverbindungen mit geringer Nachfrage. Nur so
kann der Wettbewerb insgesamt auf der Schiene in Österreich halbwegs fair ablaufen.

Petition

Die beiden Einreicher und die unterfertigten Abgeordneten ersuchen daher die zuständigen
Mitglieder der Bundesregierung
- insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation
und Technologie
- auf das ÖBB-Management einzuwirken, den Personenfernverkehr auf der
Strecke“ Salzburg
- Graz - Salzburg“ im bisherigen Umfang weiterhin sicherzustellen und in
diesem Sinne die geplanten Streichungen der drei IC-Zugsverbindungen auf dieser Strecke
zurückzunehmen (Inneralpiner Fernverkehr). Zur
Daseinsvorsorge gehört es auch, dass die
wichtigsten Städte Österreichs gut miteinander verbunden sind.

Darüber hinaus sind durch den Gesetzgeber klare verbindliche Regelungen für den
liberalisierten Bahnmarkt vorzusehen, nach denen alle Bahnanbieter gesetzlich verpflichtet
werden, sich an der Versorgung der österreichischen Regionen mit Verkehrsdienstleistungen
beispielsweise über einen Ausgleichsfonds oder mit konkreten

Schienenpersonenverkehrsleistungen zu beteiligen, um ein „Rosinenpicken“ nachhaltig zu
verhindern. Die Bundesregierung wird in diesem Sinne ersucht, dem Nationalrat eine
derartige Gesetzesvorlage zuzuleiten.

Mag. Johann Maier                                                                        Erwin Spindelberger

Abg. zum Nationalrat                                                                     Abg. zum Nationalrat

(Salzburg)                                                                                      (Steiermark)

Einreicher:

Walter Androschin                                                                         Fritz Ploner

Markus-Sittikus-Straße 10                                                             Karl-Morre-Straße 32

5020Salzburg                                                                                 8020 Graz