125/PET XXIV. GP

Eingebracht am 30.09.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien                                                                           Wien, 30. September 2011

Betreff:      Petition 110-kV ade!

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Gemäß § 100 Abs. 1 GOG-NR überreiche ich die Petition 110-kV ade! mit dem Ersuchen um geschäftsordnungsmäßige Behandlung.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Pirklhuber


 

 

 

 

30.9.2011

 

Petition

Die Bundesregierung bzw. das österreichische  Parlament möge:

1.             eine Neufassung des Starkstromwegegesetzes oder ein Netzausbaugesetz zur Beschlussfasssung vorlegen. In dieser gesetzlichen Neuregelung soll festegelegt werden, dass neue Hochspannungsleitungen (etwa 110-kV- Ebene) als Erdkabel auszuführen sind, soweit die damit verbundenen Mehrkosten das 2,75-fache einer entsprechenden Freileitung nicht übersteigen. Höchstspannungsleitungen (etwa 220-kV- bis 380-kV-Ebene) sind in besonders ausgewiesenen Gebieten (Wohnbebauung in unter 400 m Entfernung, landschaftlich oder kulturell erhaltenswerte Gebiete, geschlossene Waldgebiete und weitere Gebiete, in denen erhebliche nachteilige Wirkungen einer Freileitung zu erwarten sind) zumindest als Kabelpilotprojekte teilzuverkabeln.

2.             auf politischem Wege auf die Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber dahingehend einwirken, dass diese bis zum Inkrafttreten eines solchen Gesetzes davon absehen, bereits projektierte Freileitungen zu errichten, soweit nicht schon im Zeitraum eines solchen Moratoriums eine unmittelbare Beeinträchtigung der Stromversorgung eintreten würde. Hierbei sollen in besonderer Weise jene Netzbetreiber angesprochen werden, die sich direkt oder z.B. als Tochtergesellschaften im (teilweisen) Eigentum der Republik Österreich oder eines Bundeslandes befinden.

3.             hinsichtlich laufender behördlicher Bewilligungsverfahren für Hochspan- nungsfreileitungen, in denen auf Bundesebene eine Instanz besteht, den Ermessensspielraum bei der freien Beweiswürdigung im Sinne der genannten gesetzlichen Neuregelung weitestgehend ausschöpfen.

4.             hierbei auch im Sinne der Resolution des ständigen Ausschusses des Europarates vom 27.5.2011 handeln. Darin werden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, alle erdenklichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Belastungen durch elektromagnetische Felder „so niedrig wie ver- nünftigerweise erreichbar“ abzusenken, und zwar ausdrücklich auch über normierte Grenzwerte hinaus. Diese Resolution bezieht sich auch auf Magnetfeldbelastungen, wie sie in der Nähe von Hochspannungsleitungen auftreten.

Begründung

zu 1.)  Eine solche Regelung entspricht etwa dem kürzlich in Deutschland verabschiedeten Netzausbaubeschleunigungsgesetz. Sie würde die


Akzeptanz für den Netzausbau in der Bevölkerung deutlich erhöhen und so die Nutzung dezentral erzeugter regenerativer Energiequellen fördern. Dabei würden meist auch die nachteiligen Auswirkungen von Freileitungen auf Landschaftsbild, Ökologie und Gesundheit vermieden. Mehrkosten für die Stromkunden liegen vor allem auf der Hochspannungsebene nur noch im Promillebereich (hier ist das Erd- kabel längst Stand der Technik). Auf der Höchstspannungsebene wird durch Senkung der Übertragungsverluste der erhöhte Inves- titionsbedarf zumindest bei ausgelasteten Leitungen oft amortisiert.

zu 2.)  Bewilligungsverfahren nach dem geltenden Starkstromwegegesetz lassen es als so genannte projektgebundene Verfahren kaum zu, die Bewilligung eingereichter Freileitungen zugunsten von Erdver- kabelungen abzuweisen - selbst dann, wenn diese aus ökologischen, raumplanerischen u.ä. Grunden vorzuziehen wären. Es fehlt zudem bisher an klaren politischen Signalen, dass Erdverkabelungen überhaupt erwünscht wären.

Zu Lasten von Betroffenen und Natur berufen sich Netzbetreiber auf betriebswirtschaftliche Kostenrechnungen, Landespolitiker auf unabhängig entscheidende Behörden und diese auf strikte Rechtsauslegung, die Erdverkabelungen kaum ermöglicht.

zu 3.)  Zweite Instanz für Bewilligungen nach dem Starkstromwegegesetz ist das Bundeswirtschaftsministerium. Hier wird z.B. voraussichtlich noch im laufenden Jahr die Berufung der in der ersten Instanz unterlegenen Partei/en im Verfahren für die 110-kV-Freileitung Kirchdorf - Vorchdorf (OÖ) zu verhandeln sein. Gegen diese hat eine große Mehrheit der knapp 140 Parteien Einwendungen erhoben.

Es wäre ein Affront auch gegenüber sämtlichen beteiligten Gemeinde- vertretungen sowie weiteren Vertretern öffentlicher Interessen im Verfahren, die ebenfalls für eine Erdverkabeluung votiert haben, würde ein Bewilligungsbescheid nach bisherigem Recht gegen diese Parteien erlassen, während zugleich ein Gesetz zur Diskussion steht, nach welchem diese Bewilligung hinfällig wäre.

zu 4.)  Vor allem Betroffene, die in unmittelbarer Nähe von Freileitungen

wohnen, äußern Befürchtungen hinsichtlich gesundheitlicher Risiken durch die Magnetfelder von Hochspannungsleitungen. Die Geltend- machung dieser Befürchtungen ist aber durch höchstgerichtliche Entscheidungen unmöglich geworden, soweit nicht Bestimmungen laut ÖVE/ÖNORM E8850 verletzt werden. Gegen diese hat jedoch bereits bei ihrem Entwurf etwa die Österreichische Ärztekammer Einspruch erhoben. Die Begründung wurde im Wesentlichen jetzt wieder durch den Europarat bestätigt.

Wartet man zu lange auf weitergehende wissen- schaftliche und klinische Nachweise, könnte das zu sehr hohen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Kosten führen, wie es in der Vergangenheit bei Asbest, bleihaltigem Benzin und Tabak der Fall war.“ (Resolutionstext)

Franziska Zimmer eh. (Obfrau)

Michael Praschma eh. (Schriftführer)