3/SEU XXIV/GP

 

 

S T E L L U N G N A H M E

 

 

des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union

des Nationalrates

vom 14. Dezember 2010

 

gemäß Art. 23e B-VG

 

 

 

KOM (10) 375 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen

(34883/EU XXIV.GP)

 

Einleitung

 

In seiner mit den Stimmen aller fünf Parlamentsparteien angenommenen Entschließung 15/E vom 11. März 2009  trat der Nationalrat unter anderem dafür ein, dass das „Selbstbestimmungsrecht der Regionen Europas auf eine gentechnikfreie Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion endlich anerkannt wird“. 

 

Österreich leitete bereits 2009 gemeinsam mit zwölf weiteren Mitgliedstaaten eine Initiative zur rechtlichen Verankerung eines Selbstbestimmungsrechts der Mitgliedstaaten auf einen gentechnikfreien Anbau ein.

 

Die Europäische Kommission legte daraufhin am 13. Juli 2010 einen Vorschlag zur Änderung der bisher geltenden Freisetzungsrichtlinie vor, der den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt, den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen.

 

Aus österreichischer Sicht wird der Kommissionsvorschlag sehr begrüßt; nachteilig ist allerdings, dass die Berufung auf Gesundheits- und Umweltaspekte zur Begründung der Anbauverbote ausgeschlossen wird.

 

Ziel muss sein, dass die Entscheidung über den Anbau von GVO an die Mitgliedstaaten rückübertragen wird. Der Vorschlag ist daher grundsätzlich im Sinne der österreichischen Position und im Sinne des Subsidiaritätsprinzips und sollte entsprechend unterstützt werden. Der Vorschlag stellt einen wesentlichen Schritt dar, die von österreichischer Seite mehrfach geäußerte Forderung nach großen zusammenhängenden Gebieten, die gentechnikfrei bewirtschaftet werden, zu verwirklichen.

 

Der Verordnungsvorschlag der Kommission wurde bisher im Landwirtschafts- und Umweltministerrat sowie in Sitzungen der Ratsarbeitsgruppe behandelt. Mehrere Mitgliedstaaten, darunter auch Spanien, Frankreich oder Deutschland äußerten Bedenken an der WTO-Konformität des Vorschlags, insbesondere daran, dass die Kommission den Mitgliedstaaten bisher keine näheren Informationen zu möglichen Begründungen für regionale Anbauverbote zur Verfügung stellte.

 

Weiters hat die Europäische Kommission am 13. Juli 2010 Leitlinien für Koexistenzmaßnahmen beschlossen, welche den Mitgliedstaaten mehr Gestaltungsspielraum „in ihren besonderen regionalen und lokalen Bedürfnissen“ lässt. Bei diesen Leitlinien handelt es sich allerdings lediglich um eine rechtlich unverbindliche Empfehlung. Maßgeblich für eine langfristige und dauerhafte Absicherung eines gentechnikfreien Anbaus in Österreich ist jedoch eine rechtlich verbindliche Regelung, wie dies im Vorschlag der Kommission vorgesehen ist. 

 

Die europarechtliche Absicherung der effektiven Möglichkeit zum gentechnikfreien Anbau ist von großer Relevanz. Es wird daher auch nach Annahme des vorliegenden Vorschlags weiterhin auf europäischer Ebene notwendig sein, für eine gentechnikfreie Landwirtschaft einzutreten. Für die Wirtschaftlichkeit des gentechnikfreien Anbaus ist die Verwirklichung eines umfassenden und auch mengenmäßig nennenswerten „gentechnikfreien“ Angebots zu verwirklichen.

 

 

Mitteilung gem. Art. 23f Abs. 4 B-VG an das Europäische Parlament, an den Rat und
an die Europäische Kommission

 

1. Der Vorschlag der Kommission, die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Anbau  von GVO an die Mitgliedstaaten zu übertragen, wird inhaltlich und im Sinne des Subsidiaritätsprinzips unterstützt.

2. Die Kriterien für diese Entscheidung der Mitgliedstaaten sollten im Sinne des Vorsorgeprinzips auch Argumente des Gesundheits- und Umweltschutzes auf Grund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse als Begründungen für die Erlassung nationaler Anbauverbote anerkennen bzw. inhaltlich nicht eingeschränkt werden. Insbesondere sollten auch sozioökonomische Faktoren und Schutz der Biodiversität akzeptiert werden. Die Kommission möge daher die in Aussicht gestellte Liste möglicher Begründungen für nationale Anbauverbote ergänzt um die angeführten Kriterien so bald wie möglich vorlegen. Diese Liste sollte auch mögliche juristische, WTO-kompatible Rechtfertigungen für nationale Verbote enthalten.

3. Eine rechtlich verbindliche und umsetzbare Regelung im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht der Mitgliedstaaten für den Anbau von GVOs soll möglichst bald in Kraft treten.

4. Die EU-Mitgliedstaaten sollen in die Lage versetzt werden, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um die Gefahr einer Kontaminierung der Umwelt sowie der konventionellen und biologischen Landwirtschaft durch gentechnisch veränderte Organismen zu verhindern.

 

 

Verbindliche Stellungnahme gem. Art 23e Abs. 3 B-VG

 

Die Bundesregierung bzw. die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, auf europäischer Ebene in engem Kontakt und Informationsaustausch mit den österreichischen Mitgliedern des Europäischen Parlaments