kommissionsvorschlag zur revision der RL 2002/92/EG über die versicherungsvermittlung
„IMD II“
A. Gründe für die Initiative
Am 3.7.2012 legte die Kommission einen Entwurf zur Revision der RL 2002/92/EG über die Versicherungsvermittlung (IMD II) vor. Die Revision erfolgt vor dem Hintergrund der Erfahrungen im Zuge der Finanzkrise und verfolgt primär zwei Ziele: die Verbesserung des Schutzes der Versicherungsnehmer (VN), insbesondere bei Lebensversicherungsprodukten, die der Geldanlage dienen, sowie die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für sämtliche Vermittler von Versicherungsprodukten bzw. Anlageprodukten.
B. Inhalt des Richtlinienvorschlages
1. Allgemeine Punkte
· Der Anwendungsbereich der RL soll grundsätzlich auf sämtliche Vertriebskanäle erweitert werden. Die RL soll daher prinzipiell auch den Vertrieb durch Versicherungsunternehmen und ihre Angestellten erfassen.
· Schaffung eines einheitlichen europäischen Versicherungsvermittlerregisters.
· Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit entsprechend dem Herkunftslandprinzip.
· Vereinheitlichung der Qualifikationen und laufende Weiterbildung der Vermittler.
· Schaffung nicht bindender außergerichtlicher Streitbeilegungsmechanismen, an denen Vermittler unter bestimmten Umständen verpflichtend teilzunehmen haben.
2. Informationspflichten und Wohlverhaltensregeln
· Verstärkung der Informationspflichten und Wohlverhaltensregeln
· Beibehaltung des Systems der Mindestharmonisierung
· „Grundsatz objekt- und kundenkategoriegerechter Information“: Es soll zukünftig die Verpflichtung zur Erstellung eines Produktinformationsblattes bestehen. Diesbezüglich liegt bereits eine Entschließung des NR aus dem Jahr 2010 vor (AB 907 BlgNR 24. GP 1).
· Rein provisionsgetriebene Vertriebspraktiken, die nach Ansicht der Kommission bei den Kunden zu einem Vertrauensverlust geführt haben, sollen durch verstärkte Transparenz hintangehalten werden: Versicherungsvermittler haben die Art der Vergütung (Provision, Honorar) sowie deren Höhe bzw. Berechnungsgrundsätze zukünftig offen zu legen. Darüber hinaus haben Versicherungsvermittler die Berechnungsgrundlagen variabler Vergütungsbestandteile ihrer Angestellten für die Vermittlung und Verwaltung des betreffenden Produktes offenzulegen. Diese Offenlegungspflicht trifft auch Versicherungsunternehmen. Dieser Punkt ist heftig umstritten.
· Verbot von Koppelungsgeschäften (ein Produkt darf zukünftig nicht mehr ausschließlich im Paket mit einem anderen Produkt angeboten werden).
3. Zusätzliche Anforderungen an den Kundenschutz im Zusammenhang mit Versicherungsanlageprodukten
Nach bisheriger Rechtslage werden an den Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten geringere Anforderungen an den Kundenschutz gestellt als beim Erwerb von Wertpapieren etwa von Banken. Der Entwurf sieht daher – in Anlehnung Regelungen im Wertpapierbereich (MiFID) – für Versicherungsanlageprodukte besondere Schutzvorschriften vor.
· Pflicht zur Erstellung eines Kundenprofils.
· Offenlegung von Kosten und Gebühren; Erläuterung von produktspezifische Risiken.
· Wird dem Kunden gegenüber erklärt, dass er unabhängig über Versicherungsanlageprodukte beraten wird, soll Versicherungsvermittlern und Versicherungsunternehmen in Zukunft die Annahme von Provisionen, Honoraren oder sonstiger Zuwendungen von Dritten untersagt sein. Dieser Punkt ist äußerst umstritten.
4. Sanktionen und Maßnahmen
· Mit Hinweis auf die Mitteilung der Kommission über die Stärkung der Sanktionsregelungen im Finanzdienstleistungssektor vom 8.12.2010 (KOM [2010] 716 endg) strebt die Richtlinie für bestimmte Verstöße eine Harmonisierung der Verwaltungsstrafen und Maßnahmen an, wobei Strafen bis zu € 5 Mio. und (mit gewissen Ausnahmen) auch die Veröffentlichung der Namen der Täter vorgesehen sind.
C. Ausblick und Zeitplan für weitere Arbeiten
Die RAG beginnen am 24.9.2012 und werden federführend vom BMWFJ betreut. Eigebunden sind neben dem BMF auch das BMJ und das BMASK. Das Inkrafttreten der RL ist aus derzeitiger Sicht frühestens 2015 geplant. Mit heftigen Diskussionen insb. zu Provisionsoffenlegung bzw. Provisionsverbot ist zu rechnen.