Legislativverfahren:
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des EU-Programms "ERASMUS FÜR ALLE" für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport
1. Inhalt und Ziel der Vorlage
Geltende Rechtslage: Beschluss Nr. 1720/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 über ein Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens und Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 über die Einführung des Programms „Jugend in Aktion“ im Zeitraum 2007-2013 sowie EU-Drittstaatenprogramme im Hochschulbereich.
Die zukünftige Programmgeneration wird derzeit verhandelt.
Vorschlag der EK – allgemein: Unter dem neuen Namen „Erasmus für alle“ sollen die bestehenden Programme Lebenslanges Lernen, Jugend in Aktion, Erasmus Mundus, Tempus und weitere internationale Kooperationsprogramme gebündelt werden. Weiters ist erstmals ein Unterprogramm für Sport vorgesehen. Es handelt sich um ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren gemäß Artikel 294 AEUV.
Vorschlag der EK im Detail
Das Programm „Erasmus für alle“ (2014-2020) umfasst folgende bisherige Programme:
Drei Säulen-Modell der Aktivitäten in den Bereichen Bildung und Jugend:
1. Lernmobilität von Einzelpersonen inkl. Garantiefazilität für Studiendarlehen für Masterstudierende
2. Zusammenarbeit zur Förderung von Innovation und „good-practice“:
Strategische Partnerschaften zwischen Bildungseinrichtungen, Jugendeinrichtungen, Partnerschaften zwischen Bildungsinstitutionen und Unternehmen (Knowledge Alliances, Sector Skills Alliances), IT-Plattformen (e-twinning)
3. Politische Zusammenarbeit und Reformen:
Zusammenarbeit im Rahmen der OMK, EU-Transparenzinstrumente, politischer Dialog mit Drittstaaten und internationalen Organisationen
Weiters: Jean Monnet (Förderung der Lehre und Forschung zur europäischen Integration) und Sport (Fokus auf Breitensport)
Das neue Programm steht allen Lernenden sowie Lehrkräften, Ausbilderinnen und Ausbildern in allen öffentlichen und privaten Einrichtungen offen, die in der allgemeinen und beruflichen Bildung, im Jugend- und im Sportbereich tätig sind. Das Programm wird außerdem in allen Sektoren nicht formale Lernerfahrungen und Tätigkeiten fördern. Bei Kooperationsprojekten soll die Einbeziehung von Unternehmen als Partner für Bildungseinrichtungen und Jugendorganisationen künftig eine stärkere Rolle spielen. Ferner sollen Schulen ermutigt werden, mit Schulen in anderen EU-Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten. Auf diese Weise sollen die Wirkung der EU-Unterstützung und die Synergieeffekte verstärkt werden, die sich aus verschiedenen Kooperationsformen (z.B. Mobilität von Schülerinnen und Schülern und des Personals sowie pädagogische Projekte) ergeben. Im Bereich der Erwachsenenbildung wird das Programm die Mobilität von Lehrkräften und Ausbilderinnen und Ausbildern verstärkt unterstützen und eine engere, grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Organisationen fördern.
2. Stand des Verfahrens auf europäischer Ebene (Zeitplan)
• 23. November 2011: Legislativvorschlag der Kommission zu „Erasmus für alle“
• ab Jänner 2012: Verhandlung des Dossiers im EU-Bildungsausschuss
• Mai 2012: „Partielle Allgemeine Ausrichtung“ des Rates geplant
• 2. Jahreshälfte 2012: Fortsetzung der Verhandlung im EU-Bildungsausschuss
• 2013: Erarbeitung der technischen Durchführungsbestimmungen geplant
• ab Mitte 2012: Behandlung im EP (CULT Ausschuss und Plenum)
• Ende 2012 Annahme der Verordnung durch das EP und den Rat geplant
3. Position von EP und Rat
Position des EP
Seitens des Europäischen Parlaments ist der CULT-Ausschuss befasst, dieser ernannte MEP Doris Pack zur Berichterstatterin. Das EP misst dem Programm hohe Bedeutung bei, hat aber bereits Änderungsvorschläge angekündigt.
Position des Rates
Nach dem vorliegenden Zeitplan der dänischen Präsidentschaft ist beim Rat der Bildungsminister/innen am 11. Mai 2012 eine partielle politische Einigung geplant. Bei den bisherigen Verhandlungen konnte der Rat bereits einige wichtige Anliegen durchsetzen, etwa ein eigenes Kapitel für Jugend oder die Zuteilung von Mindestbudgets für die einzelnen Sektoren.
Österreichische Position
Österreich befürwortet:
· die Erhöhung des Budgets
· das integrierte Programm und das aktionsorientierte drei-Säulen Modell
· das Bekenntnis zum Prinzip des lebenslangen Lernens
· die internationale Dimension des Programms
· die Konzentration auf strategische EU Ziele im Bildungs- und Jugendbereich (EU 2020, ET 2020, EU-Jugendstrategie), die mit der Verringerung der Anzahl an Einzelaktionen verbunden ist
Wesentliche österreichische Anliegen und Verhandlungspositionen:
· Mehr Benutzerfreundlichkeit und klare Vereinfachung der Verwaltung
· Ausreichende Berücksichtigung der unterschiedlichen vom Programm betroffenen Zielgruppen
· Verbesserung des Zugangs für weniger begünstigte Menschen
· Mehr Mobilität für Lehrkräfte und Bildungspersonal
· Ausweitung der Kooperation mit Drittstaaten auf die Berufsbildung
· Gute Sichtbarkeit der einzelnen Sektoren
· Erhöhung der fix für einzelne Sektoren gewidmeten Mittel
· Balance zwischen Bildungssektoren im Sinne des lebenslangen Lernens
4. Auswirkungen auf die österreichische Gesetzeslage
Die Verordnung hat allgemeine Geltung, ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat (Art 288 Abs 2 AEUV).
5. Finanzielle Auswirkungen
Das Programm ist mit insgesamt rd. 19 Mrd. Euro dotiert: 17,29 Mrd. aus Rubrik 1 (Intelligentes und integratives Wachstum) und 1,739 Mrd. aus Rubrik 4 (Europa in der Welt) des mehrjährigen EU-Finanzrahmens.
Österreich stellt für das laufende Programm Lebenslanges Lernen Kofinanzierung für österreichische Projekte zur Verfügung und sichert sich damit Rückflüsse aus dem EU-Budget.
6. Subsidiaritätsprüfung
Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip darf die EU im Bildungsbereich nur dann tätig werden, wenn Ziele auf EU-Ebene besser realisiert werden können. Dies ist beim neuen Programm „Erasmus für alle“ eindeutig gegeben, weil die Mobilitäten, die Kooperationen bei grenzüberschreitenden Projekten und der Austausch bei der Umsetzung bildungspolitischer Reformen ohne die EU-Unterstützung nicht in diesem Ausmaß zustande kommen würden.