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Wien, am 7. September 2012

Zl. 001-2.5/070912/HA,GA

 

 

GZ: 13440.0060/2-L1.3/2012

 

 

Betreff: Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der Österreichische Gemeindebund erlaubt sich mitzuteilen, dass zu obig angeführten Initiativanträgen folgende Stellungnahme abgegeben wird:

Der Nationalrat hat am 15. Mai 2012 einstimmig eine Entschließung beschlossen, wonach der Bundeskanzler aufgefordert wurde, unter Berücksichtigung der Vorarbeiten zur Einführung einer mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit und des Österreich-Konvents Vorschläge zur Einführung einer Gesetzesbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof auszuarbeiten und den Klubs der im Nationalrat vertretenen Parteien bis zum 20. Juni 2012 zur Verfügung zu stellen.

Nun wurden vom Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst zwei Entwürfe zur Gesetzesbeschwerde übermittelt, wobei ein Entwurf die Beibehaltung des Art. 144 B-VG und ein Entwurf den Entfall des Art. 144 B-VG vorsehen.

Die im Frühjahr 2012 beschlossene Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle sieht durch eine Änderung des Art. 144 Abs. 1 B-VG vor, dass der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgericht erkennt, soweit der Beschwerdeführer durch das Erkenntnis in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, einer gesetzwidrigen Kundmachung über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages), eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Diese Neufassung des Art. 144 Abs. 1 B-VG im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 bewirkt im Verhältnis der Zuständigkeiten zwischen Verwaltungsgerichtshof und Verfassungsgerichtshof keine grundsätzliche Änderung. Der Verfassungsgerichtshof soll die „Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit“ allerdings nicht mehr gegenüber Verwaltungsbehörden, sondern gegenüber den Verwaltungsgerichten ausüben.

Der Entfall des Art. 144 B-VG (durch die erste Variante der gegenständlichen Verfassungsgesetzesentwürfe) würde diese Zuständigkeiten massiv  verändern und die Prüfung der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes grundsätzlich dem Verwaltungsgerichtshof übertragen.

Die Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit des Verfassungsgerichtshofes hat sich in der Vergangenheit durchaus bewährt. Allein aus rechtsstaatlichen Gründen sollte die Letztentscheidung über die Verletzung verfassungsrechtlich gewährleisteter Rechte ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten bleiben.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Für den Österreichischen Gemeindebund:

 

Der Generalsekretär:

Der Präsident:

 

 

Leiss e.h.

Mödlhammer e.h.

 

Dr. Walter Leiss

Bgm. Helmut Mödlhammer