GZ.:

VII/350.677/1

Fristvermerk:

 

Anschrift:

An das
Bundesministerium für Justiz
Museumstraße 7
1070 Wien

Singerstraße 17-19, 1010 Wien
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Fax: +43 1 51439/5909700
Isabella.Bossniak-Jirku@bmf.gv.at
www.finanzprokuratur.at

 

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Datum:                         

Wien, am 12. Oktober 2012

Betreff:

Grundbuchsgebührennovelle-GGN 2012

Beilagen:

 

Anrede

Sehr geehrte Damen und Herren!

Texteingabe:

Die Prokuratur beehrt sich zum übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Grunderwerbsteuergesetz und das Gebäude- und Wohnungsregistergesetz geändert werden (Grundbuchsgebührennovelle – GGN) nachstehende Stellungnahme abzugeben:

 

Nach dem Vorblatt und dem allgemeinen Teil der Erläuterungen verfolgt die geplante Grundbuchsgebührennovelle ua Erleichterungen für bestimmte Liegenschaftsübertragungen im unmittelbaren (persönlichen) Nahebereich, ein Geringhalten der Belastung für die Parteien und die verwaltungsökonomische Vereinfachung der Vollziehung.

 

§ 2 Gerichtsgebührengesetz regelt die Entstehung der Gebührenpflicht. Während für die Eintragung in die öffentlichen Bücher der Gebührenanspruch bereits jetzt schon erst mit der Vornahme der Eintragung und nicht etwa mit Überreichung des Grundbuchsgesuches entstand, war in Fällen der Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer der Anspruch des Bundes auf die Eintragungsgebühr nach Tarifpost 9 lit b Z 1 bis 3 zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Grunderwerbsteuer begründet. Durch die geplante Entkoppelung der Bemessungsgrundlagen der Eintragungsgebühren und der Grunderwerbsteuer ist ferner zu überlegen, ob – vor allem in Hinblick auf die dann zulässige Nutzung des elektronischen Rechtsverkehr (§§ 89a bis 89d GOG) aber auch durch eine Vereinfachung gegenüber den in der Novelle vorgeschlagenen Übergangsregelungen – nicht auf die Einbringung des Antrags abzustellen ist (vgl. § 4 Abs 4 der vorgeschlagenen Fassung).

Zu vermerken gilt es, dass die Tarifpost 14 GGG keine Z 13 bis 15 kennt (vgl § 2 Z 7 des Entwurfes).

 

§ 26 Abs 1 GGG in der geltenden Fassung normiert, dass im Zwangsversteigerungsverfahren die Höhe des Meistbotes (Überbotes) als Bemessungsgrundlage der Eintragungsgebühr maßgebend ist. Da diese Regelung in der vorgeschlagenen Fassung nicht enthalten ist, stellt sich die Frage, ob dies aus redaktionellem Versehen erfolgte, zumal in den Erläuterungen hierüber keine Aussage getroffen wird.

 

Nach § 26 Abs 2 GGG muss die Bezifferung des Wertes des einzutragenden Rechtes plausibel sein und bescheinigt werden. In den Erläuterungen zu Z 4 (§ 26 GGG), ist auf Seite 4 von 6 oben festgehalten, dass als Bescheinigungsmittel neben Kaufvertrag oder Einheitswertbescheid auch Fotos, Inserate oder Immobilienpreisspiegel vorgelegt werden können. Indem es auf eine tatsächliche Veräußerung nicht ankommt (s letzter Satz der Erläuterungen auf Seite 3), und sich die Einheitswerte unterschiedlich entwickelt haben (s S 4 der Erläuterungen zu Z 5 (§ 26a) unten), könnten Fotos, Inserate und Immobilienpreisspiegel nur Näherungswerte liefern. Gleiches gilt für die beabsichtigte Einschau der Kostenbeamten in das Gebäude- und Wohnungsregister. Auch diese Maßnahme kann nur ungefähre Werte liefern, sind doch selbst bei gleichen Quadratmetern zwei Liegenschaften unterschiedlich. Auch wenn sie sich nebeneinander befinden und nicht bebaut sein sollten, so kann eine durch den angrenzenden Nachbarn und seine vielleicht vorhandene Feuermauer erheblich an Wert einbüßen. Erst recht sind bebaute Liegenschaften unterschiedlich (Baujahr, verbaute Fläche, Zustand, etc). Von der verwaltungsökonomischen Vereinfachung der Vollziehung, eines der erklärten Ziele dieser zu begutachtenden Novelle, kann folglich nicht die Rede sein. Ein Nachschauen vor Ort wird wohl nicht zu vermeiden sein (s letzter Satz der Erläuterungen auf S 6 von 6). Aber selbst Sachverständigengutachten differieren bei der Bewertung einer Liegenschaft.

 

Aus den Erläuterungen zu Abs 3 dieser Gesetzesstelle (Seite 4 von 6 oben) könnte auf eine demonstrative Aufzählung des Wertes der Gegenleistung als Bemessungsgrundlage geschlossen werden, was insofern irritiert.

 

In § 26 Abs 4 leg cit des Entwurfes wird bei der Schätzung des Preises, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre, (letztlich) auf die freie Überzeugung des Kostenbeamten abgestellt und erscheint dies jedenfalls rechtlich unter dem Gesichtspunkt des zu weit ausgedehnten Ermessenspielraums und des unbestimmten Gesetzesbegriffes „offenkundig“ bedenklich.

 

Der Mehrbetrag von 50 %, nach den Erläuterungen als Ordnungsstrafe tituliert (Seite 4 von 6), müsste mittels eines Zahlungsauftrages vorgeschrieben werden und hätte der Zahlungspflichtige auch dagegen die Möglichkeit zur Einbringung eines Berichtigungsantrages binnen 14 Tagen. Eine Flut solcher Anträge bleibt zu erwarten.

 

Die Erläuterungen zu § 26a leg cit lassen nicht erkennen, ob die „Übertragung“ in Abs 1 Z 2 dieser vorgeschlagenen Regelung lediglich auf Rechtsgeschäfte unter Lebenden anzuwenden ist, oder ob darunter auch der Eigentumserwerb aufgrund der Einantwortung zu subsumieren ist. Gerade hier bedarf es einer dringenden Klarstellung. Wären die Begünstigungstatbestände nicht auch für Übertragungen aufgrund des Erbrechtes anwendbar, wäre hier eine unzulässige - da nicht nachvollziehbare - Ungleichbehandlung zwischen Erwerb des Eigentums infolge Schenkung und infolge Einantwortung gegeben.

 

Die Ausnahme der Z 2 des § 26a Abs 1 GGG stellt auf  den bisher gemeinsamen Haushalt ab. Das verdeutlicht Abs 3 dieser in Rede stehenden Norm, indem der Hauptwohnsitz zu bescheinigen ist. Nun sind aber Fälle denkbar, in welchen ein gemeinsamer Haushalt nicht mehr gegeben war, das dringende Wohnbedürfnis aber trotzdem zu befriedigen ist. Entsprechendes lassen die Erläuterungen auf Seite 5 von 6 Mitte durchblicken. Im Gesetzestext findet sich aber eine solche Begünstigung nicht. Vielmehr ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Kreis der nahen Angehörigen in § 26a Abs 1 Z 1 lit a leg cit nicht ident mit dem des Abs 1 Z 2 ist. Eine sachliche Rechtfertigung ist nicht auszumachen, ebenso wie für das Fehlen von Geschwistern bei Aufzählung der nächsten Angehörigen.

 

Zu überlegen wäre überdies, ob die Begünstigung nicht auch dann greifen soll, wenn neben der Liegenschaft, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses der Erben dient, weitere Liegenschaften an minderjährige Nachkommen vererbt werden, wofür sachliche Gründe wie z.B. fehlendes Einkommen sprechen.

 

Nach der geplanten Novelle soll in Artikl VI ua die Z 51 eingefügt werden, die ihrerseits auf § 31a leg cit und die dortigen Verweise Bezug nimmt, allerdings ohne die Wortfolge „Anmerkung 8 zur Tarifpost 7“ zu zitieren. Dies scheint ein Reduktionsversehen zu sein.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Im Auftrag:

(Dr. Isabella Bossniak-Jirku)