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Frau Abteilungsleiterin Dr. Beate Schaffer Bundesministerium für Finanzen Abt. III/5 Hintere Zollamtstr 2b 1030 Wien
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Datum
04.05.2009
Novelle des Bankwesengesetzes
Sehr geehrte Frau Dr. Schaffer!
Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) dankt für die Übermittlung des Entwurfes, und nimmt dazu wie folgt Stellung:
Die WKÖ begrüßt die durch die Richtlinie normierte Gleichstellung von Klein- und Mittelbetrieben mit natürlichen Personen in Hinblick auf die Höchstbeträge der Einlagensicherung.
Im Detail ersuchen wir um Berücksichtigung folgender Anmerkungen:
§ 93 Abs. 3d Z 2
· Wir begrüßen grundsätzlich den Versuch, die dem Abs. 3d zugrundeliegende Abgrenzungsfrage nachvollziehbarer zu regeln. Das Abstellen auf ein "verzinstes Konto" für die konkrete Zuordnung führt allerdings unvermeidlich zu neuen Unschärfen und ist daher in dieser Form nicht zweckmäßig. So würden bei einer Wortinterpretation de-facto unverzinste Guthaben (zB aufgrund Zinsgleitklausel ohne floor) als auch Guthaben auf Konten für die eine Nullverzinsung vereinbart ist, systemwidrigerweise der Anlegerentschädigung zugerechnet und damit bevorzugt.
· In der Bankenpraxis fungieren zahlreiche Kontoarten als Verrechnungskonten zu Wertpapierdepots. Reine Wertpapierverrechnungskonten können eine Habenverzinsung aufweisen, während Girokonten unverzinst sein können. Wird nun ein in der Praxis individuell gehandhabtes Kriterium wie das der Kontoverzinsung zur Abgrenzung zwischen Einlagensicherung und Anlegerentschädigung für Gelder „am Rückweg“ herangezogen, führt dies auch zu einem beträchtlichen Mehraufwand durch gestiegenem Beratungs-/Erklärungsbedarf gegenüber den Kunden.
Stellt man bei Geldern „am Rückweg“ zur Abgrenzung zwischen Einlagensicherung und Anlegerentschädigung auf die Verzinsung ab, nicht aber bei Einlagen, die - auch wenn diese auf unverzinsten Konten gehalten werden – der Einlagensicherung zuzuordnen sind, gelingt diese Abgrenzung nur, wenn die Gelder „am Rückweg“ auf ein verzinstes Konto fließen (Zuordnung aller Gelder nur zur Einlagenlagensicherung), die Abgrenzung versagt jedoch, wenn Gelder „am Rückweg“ auf ein unverzinstes Konto fließen, auf dem sich auch Einlagen (z.B. Gelder zum Kauf von Wertpapieren) befinden, da sich in letzterem Fall auf ein- und demselben Konto Gelder, die zum Teil der Einlagensicherung und zum Teil der Anlegerentschädigung zuzuordnen sind, befinden. Die Problematik wird noch dadurch verstärkt, dass sich Konten bewegen. Dies ist im Sicherungsfall, vor allem bei verkürzten Auszahlungsfristen, de facto nicht mehr administrierbar.
Aufgrund der Komplexität und der nicht durchgängig gegebenen Trennschärfe der Verzinsung als Abgrenzungskriterium sprechen wir uns dafür aus, Geldforderungen aus Wertpapiergeschäften künftig der Einlagensicherung zuzuordnen (vereinbar mit Artikel 2 Abs. 3 der EU-RL 97/9/EG).
Wir sprechen uns daher für folgende Formulierung des § 93 Abs. 3d Z 2 aus:
„2. Guthaben, die sich unmittelbar aus der Gutschrift von Erträgen, Veräußerungen und sonstigen Abrechnungen von Wertpapiergeschäften ergeben und einem dem Kunden zurechenbaren Konto eines zum Betrieb des Einlagengeschäfts berechtigten Kreditinstituts gutgeschrieben sind, sind der Einlagensicherung zuzurechnen.“
· Sollte dem nicht gefolgt werden können, müsste zumindest folgende Klarstellung in den Erläuternden Bemerkungen vorgenommen werden:
"Unter verzinsten Konten sind sämtliche Konten zu verstehen, für die eine Zinsvereinbarung besteht. Dies verhindert zumindest ein Hin- und Herpendeln von Konten mit aufrechter Zinsvereinbarung zwischen verzinst und unverzinst.“
§ 93 Abs 4
Seitens der Bundessparte Information und Consulting wird eine Klarstellung im Gesetzestext oder in den Erläuterungen angeregt, wie die Einlagen von Wohnungseigentümergemeinschaften gem. Wohnungseigentumsgesetz 2002 zu qualifizieren seien.
§ 93 Abs. 5 Z 6 lit. a) – Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten und ehrenamtlich tätige Organmitglieder
Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten
Wir sprechen uns gegen den derzeit geltenden Sicherungsausschluss von Arbeitnehmervertretern in Aufsichtsorganen des Kreditinstitutes aus folgenden Gründen aus:
Die Mitwirkung von Arbeitnehmervertretern in Aufsichtsorganen ist ein Spezifikum in Österreich und Deutschland, somit nicht der Fokus der EU-RL 94/19/EG bei der Formulierung der Ausnahmebestimmung des Anhang I Z 7, die vom Verwaltungsratssystem (keine Arbeitnehmervertreter) ausgeht. Die österreichische Umsetzung des Sicherungsausschlusses erachten wir daher jedenfalls in Bezug auf Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsorganen als überschießend.
Im Unterschied zu den Kapitalvertretern, die gemäß § 98 AktG eine Vergütung bekommen können üben die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat ihre Funktionen ehrenamtlich aus. Bei Arbeitnehmervertretern steht somit dem Nachteil des Sicherungsausschlusses nicht der Vorteil einer Vergütung für die Aufsichtstätigkeit gegenüber.
Der Sicherungsausschluss zwingt Arbeitnehmervertreter entweder
- zum Verzicht auf die Einlagensicherung bei
„ihrer“ Bank oder
- zur Veranlagung bei Drittbanken
- letztlich sogar zu einem Mandatsverzicht, was wohl nur schwer mit den Intentionen des § 110 ArbVerfG in Einklang zu bringen, der das Instrument der Mitwirkung von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat im Verfassungsrang regelt.
Ehrenamtlich tätige Organmitglieder
(Genossenschaftlicher Vorstand, Aufsichtsrat, Sparkassenrat)
Diese sind nach § 93 Abs 5 Z 6 lit a BWG pauschal von
der Einlagensicherung ausgeschlossen. Hinter den Ausnahmen
gemäß Z 6 steht generell die Überlegung, dass die betroffenen
Personen nicht schutzwürdig sind, weil sie im Regelfall wegen ihres Einflusses
auf das in Schwierigkeiten geratene Kreditinstitut für das Vorliegen des
Sicherungsfalles verantwortlich sein werden. Für ehrenamtlich tätige
Personen in Instituten dezentraler Sektoren greift diese allgemeine Überlegung
nicht. Ein einzelnes Institut mag einmal schlecht wirtschaften und dies unter
Umständen auch von den Funktionären mitzuverantworten sein, die eine
Geschäftsleitung nicht hinreichend überwacht haben. Ein solches
schlechteres Wirtschaften eines einzelnen Institutes wird aber nicht zu einem
Einlagensicherungsfall führen. Vielmehr wird das einzelne Institut im
Rahmen des Früherkennungssystems und der Solidaritätseinrichtungen
des Sektors aufgefangen, ohne dass Externe dabei Schaden nehmen. Ein echter
Einlagensicherungsfall bei einem Institut wäre daher nur unter
äußerst außergewöhnlichen Umständen vorstellbar.
Für solche sehr hypothetische ungewöhnliche Umstände wird aber
der einzelne ehrenamtliche Funktionär eines Institutes des Sektors nicht
verantwortlich sein. Die Wertungsgrundlage der Ausnahmen gemäß Z 6
ist daher im Falle der Funktionäre von Instituten nicht tragfähig.
Vor diesem Hintergrund ersuchen wir um eine Kürzung des Ausnahmenkataloges
gemäß Z 6 lit a und e. Weder gewählte noch vom Betriebsrat
entsandte Aufsichtsratsmitglieder, weder ehrenamtliche Vorstandsmitglieder
von Instituten dezentraler Sektoren noch Personen, die zB ein Vorstands- oder
Aufsichtsratsmandat in einem Tochterunternehmen eines Kreditinstitutes
innehaben, sollten ohne weitere Prüfung von der Einlagensicherung
ausgeschlossen werden.
Wenn diese Personen ausnahmsweise für den
Sicherungsfall oder sonst in irgendeiner Weise schadenersatzrechtlich
verantwortlich sein sollten oder wenn gar strafrechtlich relevante
Verhaltensweisen vorliegen, ist die Sicherungseinrichtung gemäß
§ 93 Abs 4 Satz 3 BWG ohnehin zur Aufrechnung berechtigt. Dies ist
ausreichend, um unbillige Ergebnisse zu vermeiden.
Für die vorgeschlagene Kürzung des Ausnahmenkataloges spricht auch
eine allgemeine gesellschaftspolitische Überlegung. Es werden Bürger
benötigt, die sich für die Gemeinschaft engagieren, die ihre
Freizeit und ihr Know-how einsetzen, um in ihrem Lebensbereich Positives
zu bewirken. Die Übernahme einer ehrenamtlichen Funktion in einem Institut
ist ein solches gesellschaftspolitisch wertvolles Engagement in einer
Bürgergesellschaft.
Diese Einsatzbereitschaft sollte nicht durch den derzeit in § 93 Abs 5 Z 6 BWG zum Ausdruck gebrachten „Pauschalverdacht“ bestraft werden.
Die Argumentation im Zusammenhang mit
Arbeitnehmervertretern, dass der notwendige Wechsel dieser Personen zu einem
anderen Institut zu einem Repräsentationsrisiko der Bank führt, gilt
hier analog.
§ 93 Abs. 5 Z 6 lit. e)
Die Ratio der entsprechenden - auf andere Gesellschaften derselben Unternehmensgruppe abstellenden - Ausnahmebestimmung in Anhang I Z 7 der EU-RL 94/19/EG ist unklar. Funktionsträger bei Beteiligungen üben weder einen maßgeblichen Einfluss auf das Kreditinstitut aus noch verfügen sie über einen hohen das Kreditinstitut betreffenden Informationsstand.
Wir sprechen uns daher für eine Streichung dieser Ausnahme aus.
Zumindest muss die Einführung einer Wesentlichkeitsschwelle analog § 24 Abs. 3a BWG (unter Einbeziehung der KI-Beteiligungen) vorgesehen werden. Dadurch wäre zumindest gewährleistet, dass Funktionsträger unwesentlicher Beteiligungen in die Sicherung einbezogen sind.
§ 93 Abs. 5 Z 9
Wir sprechen uns unverändert für eine Streichung dieser Ausnahmebestimmung aus, da sie praktisch keinen Anwendungsbereich hat (es ist kaum eine einzelne Einlage in einer Höhe und mit einer individuell vereinbarten Verzinsung vorstellbar, die zur Verschlechterung der finanziellen Lage eines Kreditinstituts geführt hat), aber zu einer nicht unbeachtlichen Verunsicherung von Kunden einschließlich eigener Mitarbeiter von Kreditinstituten geführt hat.
Auch in Hinblick auf die stark verkürzte Auszahlungsfrist erachten wir die Beibehaltung dieser Ausnahmebestimmung für nicht praktikabel.
§ 93 Abs. 5 Z 12
Wir sprechen uns weiterhin für eine Klarstellung des Anwendungsbereichs (Sicherungsausschluss nur für große Kapitalgesellschaften oder auch für große Personengesellschaften bzw. sonstige große nicht natürliche Personen) in den Erläuternden Bemerkungen aus.
Die Wirtschaftskammer Österreich ersucht um Berücksichtigung ihrer Anliegen und steht für Rückfragen gerne zur Verfügung.
Freundliche Grüße
Dr. Christoph Leitl Mag. Anna Maria Hochhauser
Präsident Generalsekretärin