Bundesministerin Doris Bures                                                              Wien, am 14.05.2009

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Radetzkystraße 2

1030 Wien                                                                                      

 

 

Betrifft:         Stellungnahme bezüglich der 13. FSG-Novelle bzw. Änderung der Straßenverkehrsordnung 1960, insbesondere zur Einrichtung und Durchführung von Verkehrscoachings

 

 

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Bures!

 

Als Vorsitzende des Vereins INFAR – des Instituts für Nachschulung und Fahrer-Rehabilitation wende ich mich mit unserer Stellungnahme an Sie.

 

Grundsätzlich unterstützen wir eine Veränderung des FSG sowie der StVO (siehe dazu die Ausführungen im Kapitel 2). Vor allem in bezug auf alle Maßnahmen, die die unmittelbarere Rückmeldung auf Vergehen betreffen sowie das Augenmerk der Gesellschaft auf die Gefährdungsrelevanz von Geschwindigkeitsdelikten lenken  - womit diese sukzessive den Anschein von Kavaliersdelikten verlieren.

 

Insbesondere die Ausführungen zum geplanten Verkehrscoaching bereiten uns aber aus fachlicher und wissenschaftlicher Sicht große Sorgen (Erläuterungen zu § 24 Abs. 3 dritter Satz). Dazu soll im Kapitel 1 nun näher Stellung bezogen werden.

 

Vorweggeschickt sei hier eines: Wir verfügen über Informationen ([1]), die uns vermuten lassen, dass die Voraussetzungen zur Introduktion des Ausdruckes „Verkehrscoaching“ sowie der ersten Details zu dessen Einsatz, falsch bzw. irreführend sind. Sie geben damit falsche Hoffnung auf die schnelle Lösung eines doch etwas komplexeren Problems.

 

Es liegt uns somit nahe, dabei behilflich zu sein das BMVIT und hier vor allem Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin Bures, vor Entscheidungen mit derzeit nicht absehbaren Folgen (v.a. für die Verkehrssicherheit, aber auch den bürokratischen Aufwand) zu bewahren.

 


 

 

 

Inhalt

 

Kapitel 1

 

Gründe dafür, dass Verkehrscoaching kein Mittel der Wahl für

höher Alkoholisierte sein kann: Driver Improvement-Kurse

besonders wirksam für die Gruppe zwischen 0,8 und 1,19 %o

sowie Lenker zwischen 18 und 24 und über 35 Jahre !                                     3

 

Resumé 1                                                                                                                5

 

Sozialisation und gesellschaftlich akzeptiertes Risiko -

Zur Bedeutung des Einsatzes von speziell geschultem

Personal und der unmittelbaren Rückmeldung auf Fehlverhalten                     6

 

Geschwindigkeitsproblematik

Veränderung gefahrener Geschwindigkeiten                                                     8

 

Relevanz der intensiveren „Bearbeitung“ situationsunangepaßter

Geschwindigkeit                                                                                                     9

 

Resumé 2                                                                                                               

Nachschulung als Maßnahme der Wahl mit geeignetem Personal                  11

 

Literatur                                                                                                                   11

 

 

Kapitel 2

 

Stellungnahme im Detail großteils in Akkordanz mit dem VK

xxxx...hier sind Änderungen dringend angeraten                                    12

 

 

 


Kapitel 1

Gründe dafür, dass Verkehrscoaching kein Mittel der Wahl für höher Alkoholisierte sein kann:

 

Driver Improvement-Kurse besonders wirksam für die Gruppe zwischen 0,8 und 1,19 %o sowie Lenker zwischen 18 und 24 und über 35 Jahre !

 

Entgegen derzeit ventilierten Meldungen von Vertretern des KfV– siehe Protokoll des VK[2] vom 30.4. 2009 - kann auf Erfolge von Nachschulungs-Massnahmen besonders im Bereich zwischen 0.8 und 1.19 %o hingewiesen werden.

 

Weiters ist belegbar, dass es sich bereits bei der Gruppe der Alkoholersttäter von 0,8 Promille um eine mit offensichtlich eingeschliffenen Alkoholkonsummustern handelt. Diese sind somit mit Verhaltens-Modifikationsmaßnahmen zu behandeln, wie in der Nachschulungs-Verordnung (FSG-NV) bereits definiert.

 

Aus zwei österreichischen Studien (Schützenhöfer & Krainz 1999 a, b) geht eindeutig folgendes hervor (entsprechend auch Literatur von Kunkel und Stephan 1986):

 

„..Nicht nur bei hohen Alkoholisierungsgraden, sondern bereits bei solchen Atemalkoholkonzentrationen, die knapp über dem damals (vor 1998) bestehenden Alkohollimit von 0,8 Promille liegen, (ist) mit hohen Rückfallquoten zu rechnen ... Dieses Ergebnis bedeutet auch, dass Alkofahrten mit 0,8 bis 1,2 Promille genauso wenig zufallsbedingt sind, wie Alkofahrten jenseits der 1,6 Promillegrenze. Wir haben es also bei der gesamten Gruppe von Alkoholersttätern ab 0,8 Promille mit Personen zu tun, deren Trink- bzw. Trink-Fahr-Gewohnheiten weitgehend eingeschliffen sind.  Ein zusätzlicher Beweis für die Konstanz dieses Verhaltens ist auch die Tatsache, dass ein signifikanter Zusammenhang (r = .41) zwischen dem Alkoholisierungsgrad beim ersten Delikt und beim Folgedelikt besteht. Das heißt, dass Lenker, die beim ersten Mal mit einer relativ niedrigen Alkoholisierung erwischt werden auch beim zweiten Mal mit einer ähnlichen Alkoholisierung auffallen und vice versa.

 

Insgesamt stellen diese Ergebnisse eine Erhärtung der Feststellungen von Stephan und Kunkel dar, die schon vor ca. 20 Jahren übereinstimmend Alkoholisierungen ab 0,8 Promille als das Resultat normabweichenden und schwer veränderbaren Trinkverhaltens bezeichnen.

 

Die Ergebnisse belegen aber auch, dass die Grenze von 0,8 Promille offensichtlich zu hoch war, um zwischen Lenkern mit hohen und niedrigen Rückfallquoten zu differenzieren und sie bestätigen somit nachträglich die Richtigkeit der Senkung der Promillegrenze auf 0,5. Aber auch die Richtigkeit der Einführung von Driver Improvement-Maßnahmen für erstmals alkoholauffällige Lenker wird damit nachdrücklich bestätigt.

 

Allerdings legen diese Ergebnisse auch nahe, dass solche Maßnahmen bereits ab einer Alkoholisierung von 0,8 Promille sinnvoll wären.

 

Als überraschend stark erwies sich der Einfluss des Alters auf die Zusammenhänge zwischen Alkoholisierungsgrad und Rückfall-wahrscheinlichkeit. Jugendlicher Lenker im Alter von 18 bis 24 Jahren haben die höchsten Rückfallquoten und dies unabhängig vom Alkoholisierungsgrad. Dies ist insofern überraschend, als von den Autoren eher angenommen wurde, dass bei dieser Gruppe die Trink. bzw. Trink-Fahr-Gewohnheiten noch nicht so eingeschliffen sind und deshalb eine Verhaltensänderung durch das Delikt und die damit zusammenhängenden Konsequenzen eher möglich sei. Auffällig ist auch die Tatsache, dass junge Lenker beim zweiten Alkoholdelikt mit großer Wahrscheinlichkeit mit einer höheren Alkoholisierung als beim ersten Mal entdeckt werden. Zusammen mit der hohen Rückfallwahrscheinlichkeit drängt sich die Vorstellung auf, dass man es in dieser Altersgruppe beim Alkoholerstdelikt meist mit Personen zu tun hat, die am Beginn einer Trinkkarriere stehen.“ (Schützenhöfer & Krainz 1999a)

 

Weiters wird zur Reduktion der Rückfallwahrscheinlich durch die Teilnahme an Driver Improvement-Kursen folgendes angeführt (Schützenhöfer & Krainz 1999b):

„..Die Effizienz des Driver Improvement ist, gemessen an der Reduktion der Rückfallwahrscheinlichkeit gegenüber der Kontrollgruppe, bei niedrigeren Alkoholisierungsgraden ... höher“.

 

Rückfall nach Versuchsgruppe/ Kontrollgruppe und Alkoholisierungsgrad

 

Versuchsgruppe

Kontrollgruppe

Alkoholisierungsgrad

%

%

0,8 - 1,19

19.4

40.9

1,2 - 1,59

11.4

34.3

1,6 -

26.5

39.4

Verweigert bzw. keine Alkoholisierung

30.0

51.9

Gesamt

22.7

42.4

 

Auch in dieser Studie wurde festgestellt, dass besonders die Gruppe der 18-24 Jährigen von dieser Maßnahme profitierte und seltener rückfällig wurde (29,3 % mit Maßnahme gegenüber 64%(!) ohne Maßnahme).

 

Weiters: Im ersten Jahr nach Führerscheinwiederausfolgung bzw. –wiedererteilung werden 24.9% ohne Maßnahme wieder auffällig, hingegen nur 9.1% der Driver Improvement-Absolventen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Resumé 1

 

Somit kann das BMVIT die weitere Verkehrssicherheitsarbeit bei relativ niedrig alkoholisierten KraftfahrerInnen (0.8 -1.19 %o) beruhigt auf den soliden Säulen von evaluierten Nachschulungsmaßnahmen aufbauen.

 

In den vorliegenden Ausführungen konnte empirisch dokumentiert werden, dass die Nachschulung nicht nur generell sondern für die spezielle, nun erstmals im FSG behandelte Zielgruppe der 0,8-1,19 %o- Verkehrsstraftäter wirksam ist. Darauf sollte somit das „Verkehrscoaching“ aufbauen.

 

Wirksamkeit anstatt Trendigkeit sollte im Vordergrund stehen, vor allem deshalb, weil nachweislich die Unfallgefährdung schon bei 0,8 %o steigt - hier vor allem bei den 18-24 Jährigen (Schützenhöfer & Krainz 1999a & b).

 

Auch ist das Procedere der Maßnahmenabwicklung von der behördlichen Anordnung über die Kursdurchführung durch bereits geschultes Personal bis zur Übermittlung der Kursbestätigungen ein langjährig eingespieltes. Dies spart Zeit und Kosten – v.a. bei den Behörden.

 


Sozialisation und gesellschaftlich akzeptiertes Risiko

Zur Bedeutung des Einsatzes von speziell geschultem Personal und der unmittelbaren Rückmeldung auf Fehlverhalten

 

Durchführende von Massnahmen im Bereich Alkoholisiertes Lenken oder Geschwindigkeitsproblematik müssen umfassend geschult sein!

Denn da die Möglichkeiten für eine Modifikation des Verkehrsverhaltens  - mit speziellem Fokus auf alkoholisiertes Lenken und Schnellfahren - nie ohne die Bewertung der individuellen Lern- und Entwicklungsbedingungen des jeweils Betroffenen erfolgen können gilt es immer u.a. folgende Fragen zu beantworten (siehe dazu auch Kroj et.al 1995):

 

·        Welchen Feedbacksystemen war jemand bisher besonders ausgesetzt? (= was vermitteln Art und Weise der Infrastruktur, die Umsetzung von Gesetzen bzw. Verhalten von Exekutive und Behörden sowie die Rückmeldung der unmittelbaren Gesellschaft in der man sich aufhält, Freundeskreis etc.)

 

·        Welche belohnenden Faktoren haben damit das aktuelle Verhalten bewirkt und aufrechterhalten?

 

·        Entsprechen diese persönlichen, informellen Normen den offiziellen, formalen Normen und damit der geltenden Rechtslage?

 

1997 konnten Brandstätter (=Mitarbeiter des KfV) & Pfafferott (= früherer Mitarbeiter der Bundesanstalt für Straßenwesen, D) feststellen, dass es offensichtlich einige Faktoren im Verkehrsverhalten gibt, die über die Jahre hinweg stabil bleiben, somit in kurzer Zeit (z.B. durch Kampagnen) nur schwer modifizierbar sind.

 

Dazu zählte v.a.:

·        unangepasste Geschwindigkeit

 

Ähnlich dazu hat Schade (2000) in Deutschland auf Basis einer Analyse von ca. 100.000 Verkehrsverstößen, erhoben aus der Flensburger Kartei, aus den Jahren 1990-1994 feststellen können, dass die Entwicklung bzw. die Stabilisierung der Verkehrsauffälligkeit von Pkw-Lenkern in verschiedenen Deliktgruppen unterschiedlich lange andauert. Er konnte darstellen, dass die Adaptationszeit (= die Zeit in Jahren, in der sich die "Risikonahme", wie sie von Schade bezeichnet wird, um 90% reduziert) bei unterschiedlichen Verkehrsdelikten sehr stark divergiert.

 

Textfeld: Verkehrsdelikte, unbehandelt, ohne unmittelbare Sanktion,
„halten sich ein Leben lang“  
nach Schade (2000):

vom 18. Lebensjahr an gerechnet:

•	 Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 21-25 km/h Lebenslänge (77 Jahre)
•	 Überschreitungen von über 40 km/h 49 Jahren
•	 Trunkenheitsdelikte 40 Jahre
•	 Überholverbotsverstöße 23 Jahre
•	 Rotlichtüberfahren 20 Jahre
•	 Verstöße gegen Rechtsfahrgebot nach 5 Jahren 
kaum mehr zu registrieren


So braucht es demnach vom 18. Lebensjahr an gerechnet ca. 5 Jahre, bis Vergehen gegen das Rechtsfahrgebot kaum mehr zu registrieren sind. Dagegen verlieren sich Trunkenheitsdelikte erst nach ca. 40 Jahren, Überholverbotsverstöße nach 23 und Rotlichtüberschreitungen nach 20 Jahren. Das Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeit zwischen 21-25 km/h scheint erst nach einer Lebenslänge nicht mehr aufzutauchen (77 Jahre), Überschreitungen von über 40 km/h schlagen im deutschen Verkehrszent­ralregister erst nach 49 Jahren kaum mehr zu Buche.

 

Schade meint, dass sich in diesen Unterschieden Faktoren widerspiegeln, die das Lernen im Straßenverkehr beeinflussen, je nachdem welche unmittelbaren Folgen die jeweiligen Delikte haben und wie es um die Selbsteinschätzung der eigenen Fahrfähigkeit bestellt ist.

 

Die Ergebnisse dieser Analyse weisen auch hin auf ein je nach Delikttyp unterschiedliches, "gesellschaftlich hingenommenes Restrisiko", wie es von Schade genannt wird. Weiters kann man Deliktarten unterscheiden, bei denen ein sogenannter "unkompensierter Altersabbau" zu erfolgen scheint, die somit vor allem in höherem Alter gesetzt werden. Dazu zählen vor allem Vorfahrtsverletzungen, Rotlichtüberfahrungen sowie falsches Verhalten beim Abbiegen und gegenüber Fußgängern.

 

Während z.B. Missachten von Geschwindigkeitsbeschränkungen – seien sie bewusst oder unbewusst durch „Mitschwimmen“ im Verkehrsfluss erfolgt – eng im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Akzeptanz von Tempoüberschreitungen zu sehen sind, handelt es sich z.B. bei Vorfahrtverletzungen eher um Verstöße, die durch individuelle Defizite bedingt sind. Sie sind meist auf Beurteilungsschwächen durch die Person zurückzuführen und zwar eher in Bezug auf die Einschätzung der Verkehrssituation als auf die individuellen Fähigkeiten. Bei letzteren spielt z.B. der individuelle Altersfaktor eine größere Rolle.

 

Geschwindigkeitsproblematik

Veränderung gefahrener Geschwindigkeiten

Die gefahrenen Geschwindigkeiten hängen mit der Sicherheit/Unsicherheit im Straßennetz zusammen. In Schweden wurde von Göran Nilsson aufgrund empirischer Untersuchungen das sogenannte "Exponentialmodell" entwickelt. Dieses sagt u.a. aus, dass es regelmäßige Beziehungen zwischen den Veränderungen der gefahrenen Durchschnittsgeschwindigkeit und den Änderungen bei den Unfallzahlen, den Verletzten und den Getöteten gibt.

Die empirischen Daten holte sich Nilsson im Rahmen der Auswertung der unterschiedlichen Veränderungen der Tempolimits in Schweden seit den 70-er-Jahren. Es kam schon früh heraus, dass sich Unfallzahlen linear mit der Veränderung der durchschnittlichen gefahrenen

 

Geschwindigkeit ändern, und dass sich Verletztenzahlen mit der relativen Veränderung der Geschwindigkeit im Quadrat verändern. Die Änderung bei den Getöteten stellte sich schon bald als noch stärker heraus. Weitere Berechnungen führten zum Modell, welches als Darstellung 1 hier dargestellt ist:

 

Darstellung 1: Exponentialmodell von G. Nilsson

(v1/v2 ) è Anzahl Unfälle

(v1/v2 )2 è Anzahl Verletzte

(v1/v2 )3 è Anzahl Schwerverletzte

(v1/v2 )4 è Anzahl Getötete

 

Ausgehend von diesen Annahmen wurden die Verkehrssicherheitseffekte veränderter Geschwindigkeiten in unterschiedlichen Ländern (Dänemark, USA, Australien, Holland, Schweden 1979 und 1989) miteinander und mit den Annahmen verglichen. In praktisch allen Analysen hat sich gezeigt, dass das obige Modell – das Exponentialmodell – gut mit den Fakten übereinstimmt. Den Modelltests wurden immer gemessene Veränderungen zugrunde gelegt.

Hier folgt ein Rechenbeispiel. Man muss dafür noch wissen, dass die  Ausgangs-geschwindigkeit immer als 100% angenommen wird, und dass in die Rechnung immer die Prozentsätze "nachher"/"vorher" eingesetzt werden. Wenn man also ein relativ großes Netz von Straßen heranzieht, bspw. ein österreichisches Bundesland, dann kann man bei einer Senkung der de-facto-Durchschnittsgeschwindigkeit von 3% folgende Veränderung bei den Getötetenzahlen erwarten:

 

Veränderung der Geschwindigkeit um 3%

97% (nachher)/100% (vorher) = 0.97

führt zu Veränderung bei den Getötetenzahlen

von 100% (also Stand vorher) auf {0,974x100 =} 88,5%

 

Es resultiert aus einer Verringerung der Durchschnittsgeschwindigkeit um 3% also eine Verminderung der Getöteten um 11,5% (auf 88,5%).

 

 

 

 

Relevanz der intensiveren „Bearbeitung“ situationsunangepaßter Geschwindigkeit

 

Aber nicht nur die Durchschnittsgeschwindigkeit, sondern auch und vor allem unangepasste Geschwindigkeit ist ein Faktor, der mit vielen Unfällen in Verbindung gebracht wird.

Risser & Chaloupka haben 1995 und 1996 im Rahmen des europäischen PROME­THEUS-Programmes Fakten zusammengetragen, die darauf hinweisen, daß nicht nur die Durchschnittsgeschwindigkeit bedeutend ist, sondern dass auch wenig situationsangepasste Geschwindigkeit – unter den bestehenden Limits - eine wichtige Rolle spielt. Neuere Untersuchungen führen, wenig überraschend, immer noch zu den gleichen Ergebnissen. Im folgenden eine Grafik von O. Gunnarsson, die zeigt, welche Rolle Geschwindigkeit im Zusammenhang mit dem Tötungsrisiko spielt:

 

Darstellung 2: Tötungsrisiko bei verschiedenen Geschwindigkeiten

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf der vertikalen Achse in der Darstellung oben ist die Tötungswahrscheinlichkeit von Fußgängern, bzw. von Kfz-Insassen bei bestimmten Unfalltypen (rechtwinkelig, frontal) angegeben. Bzgl. der Fußgänger bringt Darstellung 3 noch eine Zusatzberechnung aus einer anderen Untersuchung:

 

Darstellung 3: Risiko, als Fußgänger getötet zu werden

bei 30 km/h:  10%

bei 50 km/h:  40-80%

 

Aus den Darstellungen 2 und 3 kann man ersehen: 30 im Ortsgebiet, wo viele Fußgänger unterwegs sind, wäre im Sinn der Verkehrssicherheit eigentlich ein Muß.

Wo 30 als nicht möglich erscheint, muß wenigstens die Einhaltung von 50 strengstens überwacht werden (siehe Kurve mit den "Side-on-Collisions", die im wesentlichen Kreuzungskollisionen sind). Und die 3. Kurve spricht eine deutliche Sprache zugunsten von einem Limit von 80km/h auf Bundesstraßen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine Person, die im Straßenverkehr getötet wird, kostet die Gesellschaft nach neusten Schätzungen 1 Million Euro.

 

Die nächste Darstellung zeigt zum Abschluß dieser Faktendarstellung die Resultate einer groß angelegten australischen Studie. Sie gibt gemessene Risikoverän-derungen bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten wieder, die höher liegen als eine Grundgeschwindigkeit von 60 (Risiko = 1), bzw. gemessene Risikoveränderungen bei unterschiedlichen Alkoholisierungsgraden, im Vergleich zu Risiko 1 bei 0,0 %o.

 

Darstellung 4:           Relatives Risiko in einen Unfall mit Verletzten verwickelt zu werden in Abhängigkeit von Alkoholisierung (ausgedrückt in Prozent) und Geschwindigkeit (in km/h)

Speed

(km/h)

Speed

Rel. Risk

Alcohol

(g/100ml)

Alcohol

Rel. Risk

60

1.0

Zero

1.0

65

2.0

0.05

1.8

70

4.2

0.08

3.2

75

10.6

0.12

7.1

80

31.8

0.21

30.4

Aus: Kloeden CN et al., 2000

 

 


Resumé 2

Nachschulung als Maßnahme der Wahl mit geeignetem Personal

 

All dies sollte neben der inhaltlichen Relevanz v.a. eines aufzeigen:

Bei der Bearbeitung der Verkehrsauffälligkeiten einer Person (speziell alkoholisiertes Lenken eines Kfz oder Fahren mit unangepasster Geschwindigkeit) und möglicher Veränderungs-mechanismen ist es von erheblicher Bedeutung, zu berücksichtigen, dass das Personal, welches Schulungen durchführt auch weiß, wie die Rahmenbedingungen zu bewerten sind unter denen sich „Verkehrsverhalten“ abspielt (unter welchen sozialen und Verkehrsdynamik bezogenen Bedingungen z.B. die entsprechende Person ihr Verkehrsverhalten entwickelt und fortführt.)

Dazu wurden VerkehrspsychologInnen in einer umfangreichen Post graduate-Ausbildung entsprechend Richtlinien, die vom BMVIT erstellt wurden, geschult.

 

Literatur:

Brandstätter Ch. & Pfafferott I. 1997, Analyse der Stabilität von Verhaltensmerkmalen bei Autofahrern, ZVS 3, 122-127

 

Gunnarsson O. 2001, Strategies for creating a pedestrian-friendly city. Outline to a final report, COST C6 Town an Infrastructure Planning for safety and Urban Quality for Pedestrians

 

Kroj, G. (Hrsg.). (1995). Psychologisches Gutachten Kraftfahreignung. Erstellt durch die Kommission der Sektion Verkehrspsychologie im Berufsverband Deutscher Psychologen. Bonn: Deutscher Psychologen Verlag.

 

Kloeden CN, McLean AJ, Moore VM, Ponte G, 2000, TRAVELLING SPEED AND THE RISK OF CRASH INVOLVMENT, Volume 1: Findings, NHMRC Road Accident Research Unit, The University of Adelaide

 

Nilsson G. 2000, Geschwindigkeitsveränderungen und Verkehrssicherheitseffekte – Das Exponentialmodell, VTI, Linköping

 

Risser R. & Chaloupka Ch. 1996, The Safety Priorities Catalogue of the PROME­THEUS Traffic Safety Group. Traffic Safety and Road Transport Informatics, TU Lund, Institut für Technik und Gesellschaft, Bulletin 139; im Auftrag der Schwedischen Straßenverwaltung

 

Schade, F.-D. 2000, Verkehrsauffälligkeit von Pkw-Fahrern und ihre Entwicklung mit dem Lebensalter – ein Modell, ZVS 1, 9-18.

 

Schützenhöfer A & Krainz D. 1999a , Der Einfluss des Alkoholsierungsgrades beim ersten Alkoholdilikt auf die Rückfallwahrscheinlichkeit, ZVS H 2 / II Quartal, 68-73

 

Schützenhöfer A. & Krainz D. 1999b, Auswirkung von Driver Improvement-Maßnahmen auf die Legalbewährung, KfV, Beilage für Verkehrssicherheit, ZVR

 

Stephan 1986, die Legalbewährung von nachgeschulten Alkoholersttätern in den ersten zwei Jahren unter Berücksichtigung ihrer BAK-Werte, ZVS H 32, 2-9

Kapitel 2

 

Stellungnahme im Detail großteils in Akkordanz mit dem VK

 

xxxx...hier sind Änderungen dringend angeraten

 

Ad Artikel I

1. In § 24 Abs. 1 wird am Ende folgender Satz angefügt:

„Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig.“

Ł Wird grundsätzlich begrüßt (ist auch in anderen europäischen Ländern wie z.B. Deutschland mit hohem Sicherheitslevel üblich). Allerdings sollte das Verbot für alle Kfz gelten soll, inklusive jener einspuriger Kfz, die mit einem Mopedausweis gelenkt werden. Daher sollte vierrädrigen gestrichen werden.

 

2. In § 24 Abs. 3 wird nach dem zweiten Satz folgender dritte Satz eingefügt:

„Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a bei der erst-maligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von  Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 jedoch eine Nachschulung anzuordnen.“

Ł Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren ....Folgen – ergänzen um: sowie Maßnahmen zur Einstellungs- und Verhaltensänderung..

Ł Ergänzen: Im Wiederholungsfall sollte wie bisher eine Nachschulung gemäß. § 2 FSG-NV angeordnet werden.

 

3. § 26 Abs. 2 lautet:

„(2) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeugeserstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen. Bei einer Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist die Lenkberechtigung auf mindestens zwölf Monate zu entziehen. Wird erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a

StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen. Bei einer Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 ist die Lenkberechtigung auf mindestens sechs Monate zu entziehen. § 25 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.“

Ł Wird begrüßt.

 

4. In § 26 wird folgender Abs. 6 angefügt:

 

„(6) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat,

dem Stand der Wissenschaft und Technik entsprechend, durch

Verordnung die näheren Bestimmungen festzusetzen über

1. den Inhalt und zeitlichen Umfang des Verkehrscoachings

2. den Kreis der zur Durchführung des Verkehrscoachings Berechtigten

und

3. die Kosten des Verkehrscoachings.“

Ł Verweis auf frühere VK-Stellungnahme – siehe ANHANG 1.

Ł Ad Inhalte: Bezugnehmen auf die Erläuterungen im besonderen Teil und

dort Einstellungs- und Verhaltensänderung hinzufügen.

Ł Ad zeitlicher Umfang: „Mindestens 9 – 12 Einheiten“, da Verkehrscoaching

zwischen Vormerksystem und bestehender Nachschulung angesiedelt ist.

Ł Ad Kosten: „Werden gemäß FSG-NV geregelt“.

Ł Ad Kreis der Durchzuführenden: „Wird nach dem derzeitigen Stand der

Bedingungen des §7 FSG-NV geregelt“.

 

5. In § 37a wird die Wortfolge “218 Euro bis 3633 Euro“ ersetzt durch die Wortfolge „300 Euro bis 3700 Euro“.

Ł Wird begrüßt.

 

6. In § 43 wird folgender Abs. 17 angefügt:

„(17) § 24 Abs. 1 und 3, § 26 Abs. 2 und 6, und § 37a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx treten am 1. September 2009 in Kraft.“

Ł Kein Kommentar.

 

Ad Artikel II

1. In § 99 Abs. 1 wird die Wortfolge „1162 Euro bis 5813 Euro“ durch die

Wortfolge „1600 Euro bis 5900 Euro“ ersetzt.

2. In § 99 Abs. 1a wird die Wortfolge „872 Euro bis 4360 Euro“ durch die

Wortfolge „1200 Euro bis 4400 Euro“ ersetzt.

3. In § 99 Abs. 1b wird die Wortfolge „581 Euro bis 3633 Euro“ durch die

Wortfolge „800 Euro bis 3700 Euro“ ersetzt.

Ł Strafuntergrenzenerhöhung in 1., 2. und 3. sowie die Obergrenzenbegradigung werden begrüßt.

 

4. In § 26 wird folgender Abs. 6 angefügt:

 „(6) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat, dem Stand der Wissenschaft und Technik entsprechend, durch Verordnung die näheren Bestimmungen festzusetzen über

1.     den Inhalt und zeitlichen Umfang des Verkehrscoachings

2.     2. den Kreis der zur Durchführung des Verkehrscoachings Berechtigten

und

3. die Kosten des Verkehrscoachings.“

Ł Kein Kommentar.

 

5. In § 37a wird die Wortfolge “218 Euro bis 3633 Euro“ ersetzt durch die Wortfolge „300 Euro bis 3700 Euro“.

Ł Kein Kommentar.

 

6. In § 43 wird folgender Abs. 17 angefügt:

„(17) § 24 Abs. 1 und 3, § 26 Abs. 2 und 6, und § 37a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx treten am 1. September 2009 in Kraft.“

Ł Wird begrüßt, weil Sanktionen nachvollziehbar. Es wurde damit eingeführt, welches System einen Verkehrsteilnehmer erwartet, wenn Geschwindigkeitslimits überschritten werden, ist auch schon in anderen Ländern eingeführt. Studien bestätigen: Je  nachvollziehbarer Vorschriften, je besser werden sie eingehalten.

 

7. § 99 Abs. 3 lit. a lautet:

„a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist,“

Ł Kein Kommentar.

 

 

 

 

8. § 100 Abs. 5a lautet:

„(5a) Bei mit Messgeräten festgestellten Überschreitungen von mehr als 30 km/h einer ziffernmäßig festgesetzten erlaubten Höchstgeschwindigkeit können - sofern in diesen Fällen nicht Umstände im Sinne des § 99 Abs. 2 lit. c vorliegen – die Bestimmungen des § 50 VStG mit der Maßgabe angewendet werden, dass Geldstrafen von 70 Euro sofort eingehoben werden.“

Ł Wird begrüßt, da Bestrafung unmittelbar nach Delikt (siehe Kapitel 1 S.5 ff) am wirkungsvollsten ist und dass die Exekutive mehr Handhabe bekommt.

 

Im Zusammenhang mit dem unter Kapitel 1 SS. 5 und 6 (Darstellung 4) vermerkten wäre bei einer Überschreitung von mehr als 30km/h auch die Anordnung einer Nachschulung für verkehrsauffällige LenkerInnen gemäß. § 2 FSG-NV anzuordnen.

 

9. In § 100 erhält der Abs. 5b die Absatzbezeichnung „5d“ und es werden nach Abs. 5a folgende Abs. 5b und 5c eingefügt:

„(5b) Bei mit Messgeräten festgestellten Überschreitungen der auf Autobahnen erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h sind - sofern in diesen Fällen nicht Umstände im Sinne des § 99 Abs. 2 lit. C vorliegen – die Bestimmungen des § 50 VStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass

1. bei einer gemessenen Geschwindigkeit zwischen 131 und 140 km/h

eine Geldstrafe von 20 Euro,

2. bei einer gemessenen Geschwindigkeit zwischen 141 und 150 km/h

eine Geldstrafe von 35 Euro

und

3. bei einer gemessenen Geschwindigkeit zwischen 151 und 160 km/h

eine Geldstrafe von 50 Euro sofort eingehoben werden kann.

(5c) Bei mit Messgeräten festgestellten Überschreitungen der auf Autobahnen erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h sind - sofern in diesen Fällen nicht Umstände im Sinne des § 99 Abs. 2 lit. C vorliegen – die Bestimmungen des § 49a VStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass

1. bei einer gemessenen Geschwindigkeit zwischen 131 und 140 km/h

eine Geldstrafe von 30 Euro,

2. bei einer gemessenen Geschwindigkeit zwischen 141 und 150 km/h

eine Geldstrafe von 45 Euro

und

3. bei einer gemessenen Geschwindigkeit zwischen 151 und 160 km/h

eine Geldstrafe von 60 Euro durch Anonymverfügung vorzuschreiben

ist.“

Ł Verbesserungen der STVO werden begrüßt.

 

Weiters möchten wir uns voll inhaltlich der Stellungnahme der GKPP (siehe ANHANG 2) anschließen.

 

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Bures, im Namens INFAR möchte ich Sie sehr ersuchen, diese Argumente in Ihre weiteren Bemühungen um die Verkehrssicherheit in Österreich miteinzubeziehen und stehe in Fragen ähnlicher Thematik mit dem INFAR-Team gerne jederzeit für Diskussionen zur Verfügung.

 

 

Hochachtungsvoll

 

 

Dr. Christine Chaloupka-Risser

Vorsitzende INFAR


Dr. Birgit Bukasa

Vorsitzende des Verkehrspsychologischen Koordinationsausschusses

Möllwaldplatz 4/4/37

1040 Wien

 

Bundesministerin Doris Bures

BM für Vekehr, Innovation und Technologie

Radetzkystraße 3

1030 Wien

 

Wien, am 31.01.2009

 

Betrifft:          Stellungnahme des Verkehrspsychologischen Koordinations­ausschusses gemäß § 9 Führerscheingesetz-Nachschulungs­verordnung (FSG-NV) bezüglich Änderung der 12. FSG-Novelle bzw. Änderung der Straßenverkehrsordnung 1960, insbesondere zur Einrichtung und Durchführung von Verkehrscoachings

 

Zur geplanten Änderung nimmt der Verkehrspsychologische Koordinationsausschuss wie folgt Stellung:

 

Der Verkehrspsychologische Koordinationsausschuss unterstützt aus fachlicher Sicht grundsätzlich die in der 12. FSG Novelle und STVO Novelle vorgesehenen Veränderungen.

 

Als zur Sachverständigenberatung des BMVIT zuständiges Gremium gem. § 9 FSG-NV sind im Einzelnen nachstehende Veränderungen/Erweiterungen erforderlich:

 

 

1)     Es ist zu beachten, dass die wesentliche Gruppe alkoholauffälliger Lenker zwischen 0,8 und 1,19 Promille BAK im Hinblick auf eine psychologisch präventive Maßnahme in der vorliegenden Fassung unberücksichtigt bleibt. Um diese Lücke im Sinne der Intention der 12. FSG Novelle zu schließen, wird folgende Änderung vorgeschlagen:


Zu Z 3 (§ 26 Abs. 1): In Zusammenhang mit § 7 Abs. 3 Z 17 (0,5 Promilledelikt nach drei vorangegangenen Vormerkungen mit Entzug) muss konsequenterweise auch bei Begehung eines 0,8 Promilledeliktes eine Mindestentzugsdauer von drei Monaten sowie eine begleitende Maßnahme (im Sinne des § 2 Führerscheingesetz-Nachschulungsverordnung) gelten.

 

Begründung: Gemäß dem neuesten Stand der Wissenschaft* werden Alkoholisierungshöhen von 0,8 bis 1,1 Promille BAK (welche schon Spitzenwerte darstellen) in den meisten westlichen Industrieländern nur zu besonderen Trinkanlässen erreicht und bereits hier muss von einem Berauschungsmotiv und einer Alkoholgewöhnung ausgegangen werden, welche nur über entsprechend häufiges und normabweichendes Trinken erworben werden konnte. Diese fachwissenschaftliche Datenlage* verdeutlicht somit die Notwendigkeit einer zusätzlichen Maßnahme im Sinne der Nachschulung (§ 2 FSG-NV).

 

2)     FSG § 26 Abs. 4:  Eine Entziehung gem. Abs.3 darf erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist. Bei erstmaligen Entziehungen gem. § 3 kann die Behörde eine Nachschulung gem. § 3 FSG-NV anordnen (die gesetzlich gültige Regelung für Probeführerscheinbesitzer bleibt davon unberührt). Beim zweiten gleichartigen Delikt innerhalb von zwei Jahren ist  jedenfalls die Nachschulung gem. § 3 FSG-NV anzuordnen.

 

Begründung: Bei derartigen massiven Geschwindigkeitsüberschreitungen und verkehrsgefährdendem Verhalten ist von Mängel im Bereich der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung auszugehen – und, entsprechend dem zuvor gesagten hinsichtlich Alkoholabusus, von einer bereits erfolgten „Gewöhnung“ an höhere Tempobereiche[3]. Diesem kann durch Absolvierung der Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker gem. § 3 FSG-NV entgegen gewirkt werden.

 

 

3)     Im Zusammenhang mit der angedachten Einführung einer verkehrspsychologischen Maßnahme für Ersttäter im Promillebereich von 0,5-0,79 wird festgehalten, dass der Verkehrspsychologische Koordinations­ausschuss (VK) grundsätzlich „Verkehrscoaching“[4] offen gegenüber steht. Da es sich hier um eine Erweiterung von bereits bestehenden einstellungs- und verhaltensändernden Maßnahmen handelt, sollte sie in bestehende und bewährte  Systeme integriert werden.

 

Vorschlag des VK

 

Um stabile Verhältnisse im Zusammenhang mit der Einführung von Verkehrscoaching  zu schaffen, sollte diese Maßnahme im Rahmen der FSG-NV geregelt werden.

 

Die Integration in die bestehende FSG-NV schafft im Wesentlichen folgende Vorteile:

 

 

Mit dieser Vorgehensweise würden u.a. nachstehende Problemkreise vermieden:

 

 

Der VK legt daher die Integration der neu angedachten Maßnahme des Verkehrscoachings in die bestehende verkehrspsychologische FSG-NV Struktur nahe und sichert die umfassende Unterstützung bei der Implementierung zu.

 

 

 

Im Verkehrspsychologischen Koordinationsausschuss vertretene ermächtigte Organisationen:

 

1A Sicherheit – Verkehrspsychologische Lösungen GmbH

AAAV – Allgemeiner Arbeitskreis autonomer Verkehrspsychologen

AAP – Angewandte Psychologie und Forschung GmbH

Fair Partner

Go & drive

Gute Fahrt – Institut für Verkehrskultur

INFAR – Institut für Nachschulung und Fahrer-Rehabilitation

Institut Vorrang – Verein zur Förderung von Arbeits- und Verkehrssicherheit

KfV – Kuratorium für Verkehrssicherheit

sicher unterwegs – Verkehrspsychologische Nachschulungen GmbH

Zentrum für angewandte Psychologie GmbH

 

 

 

 



[1] Besprechungsergebnisse vom 30.4.2009 im Rahmen des Verkehrspsychologischen Koordinationsausschusses

[2] VK = Verkehrspsychologischer Koordinationsausschuss nach FSG-NV

* vgl. u.a. Schubert, W. et al. Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung. Kommentar. Überarbeitete und erweiterte 2. Auflage. Kirschbaum Verlag, Bonn: 2005, S. 131ff

 

[3] Studien (z.B. MOMO 2000, Schmidt et al) zufolge widerstrebt es z.B. Fahranfängern, im höheren Geschwindigkeitsbereich zu fahren. Sie fühlen sich bedrängt bzw. steigt das Stresserleben. D.h. wird eine deutlich überhöhte Geschwindigkeit gefahren, handelt es sich um eine bewußte und vermeintlich kontrollierbare Handlung.

[4] „Coaching“ ist jedoch ein bereits besetzter Begriff und kann damit nicht nur in Fachkreisen zu Missverständnissen führen, sollte er auch im Bereich der Verkehrsverhaltensmodifikation eingeführt werden. Die Voraussetzungen dafür (zeitlicher Umfang, Ziele, Ausbildung etc.) sind jedenfalls deutlich umfangreicher als die bisher lancierten im Verkehrsbereich.

[5] Sollte hier die bisher kolportierte Kurzversion von Kursen mit weniger als zwei Stunden durchgeführt werden, so dürften angesichts der hohen Anforderung bei Kurzinterventionen keine TrainerInnen in Ausbildung, sondern fertig anerkannte KursleiterInnen eingesetzt werden!