An das

Bundesministerium für Finanzen

Hintere Zollamtsstraße 2b

1030 Wien

 

 

Per E-Mail:     e-Recht@bmf.gv.at

                        begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at

                        v@bka.gv.at

 

 

Wien, am 29. Oktober 2012

Zl. B-001-2.5/291012/HA

 

 

GZ: BMF-010000/0028-VI/1/2012

 

 

Betreff: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesfinanzgericht erlassen wird und die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz sowie das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden (Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012 – FVwGG 2012)

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der Österreichische Gemeindebund erlaubt sich mitzuteilen, dass zu obig angeführtem Gesetzesentwurf folgende Stellungnahme abgegeben wird:

 

Ad § 288 BAO

 

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.

(2) Im Berufungsverfahren sind nicht anzuwenden:

a)§§ 262 bis 264 (Beschwerdevorentscheidung, Vorlageantrag),

b)§§ 278 und 279 Abs. 3 (Aufhebung unter Zurückverweisung, Bindung an Rechtsanschauung).

 

Gemäß § 276 Abs. 1 in der derzeit geltenden Fassung der BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen durch Berufungsvorentscheidung erledigen und hiebei den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abändern, aufheben oder die Berufung als unbegründet abweisen, wenn die Berufung weder zurückzuweisen (§ 273) noch als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 274) zu erklären ist. Gemäß § 276 Abs. 5 darf eine zweite Berufungsvorentscheidung - außer wenn sie dem Berufungsbegehren vollinhaltlich Rechnung trägt - nur erlassen werden, wenn alle Parteien, die einen Vorlageantrag gestellt haben, zustimmen und die Antragsfrist für alle Antragsberechtigten abgelaufen ist. Die Zustimmung ist schriftlich oder zur Niederschrift (§ 87) zu erklären.

Gemäß § 262 Abs. 1 in der vorgeschlagenen Fassung der BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen. Gemäß § 262 Abs. 2 hat jedoch die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben, wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb eines Monats ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

Abgesehen davon, dass – anders als noch § 276 Abs. 5 BAO der geltenden Fassung – keine zweite (Berufungs- bzw.) Beschwerdevorentscheidung mehr zulässig sein soll, wird in § 288 BAO nunmehr vorgeschlagen, in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden eine Berufungsvorentscheidung der ersten Instanz generell auszuschließen. Dieser Wegfall der Berufungsvorentscheidung wird seitens des Österreichischen Gemeindebundes vehement abgelehnt, wird doch dem Bürgermeister als Abgabenbehörde erster Instanz völlig die Möglichkeit genommen, eine Berufung in der Sache selbst vorweg zu erledigen.

 

Ad § 284 BAO

§ 284. (1) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.

 

Gemäß § 311 Abs. 2 BAO in der derzeit geltenden Fassung kann jede Partei, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat, den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragen (Devolutionsantrag). Devolutionsanträge sind bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz einzubringen, wenn Bescheide der Abgabenbehörden erster Instanz der Partei nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt der Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben werden.

Da § 311 ersatzlos wegfallen soll, wurde vermutlich nicht bedacht, dass es in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden grundsätzlich einen zweigliedrigen Instanzenzug gibt. Mit Wegfall der Bestimmung des § 311 in der derzeit geltenden Fassung würde eine Devolution von der Abgabenbehörde I. Instanz (Bürgermeister) zum Verwaltungsgericht erfolgen. Dies verkennt die Tatsache, dass es grundsätzlich eine  II. Instanz gibt, der weiterhin die Erledigung von Devolutionsanträgen offenstehen muss.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Für den Österreichischen Gemeindebund:

 

Der Generalsekretär:

Der Präsident:

 

 

Leiss e.h.

Mödlhammer e.h.

 

Dr. Walter Leiss

Bgm. Helmut Mödlhammer

 

 

 

Ergeht zK an:

Alle Landesverbände

Die Mitglieder des Präsidiums

Büro Brüssel