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Wien, am 18. Mai 2009

Zl. B-745/180509/HA,AR

 

 

GZ: BMVIT-630.030/0002-III/PT1/2009

 

 

Betreff: Postmarktgesetz

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der Österreichische Gemeindebund erlaubt sich mitzuteilen, dass zu obig angeführtem Gesetzesentwurf folgende Stellungnahme abgegeben wird:

 

Mindestversorgungsgrad

Der Österreichische Gemeindebund hat in der Bundesvorstandsitzung am 05. März 2009 eine Resolution beschlossen, die der Bundesregierung vorgelegt worden ist. Mit dieser Resolution wurde die Bundesregierung aufgefordert, angesichts der bevorstehenden Liberalisierung des Postmarktes die gesetzlichen Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die flächendeckende Versorgung mit Post-Geschäftsstellen in Österreich dauerhaft aufrechterhalten wird.

Der Universaldienst ist ein Mindestangebot an Postdienstleistungen, die flächendeckend im Bundesgebiet angeboten werden müssen. Gemäß §  7 Abs. 1 dieses Entwurfes ist eine flächendeckende Versorgung mit Post-Geschäftsstellen dann gegeben, wenn bundesweit mindestens 1.650 Post-Geschäftsstellen zur Verfügung stehen. Dabei ist zu gewährleisten, dass in Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern von diesen mehr als 90 % eine Post-Geschäftsstelle in max. 2.000 Metern und in allen anderen Gemeinden eine Post-Geschäftsstelle in max. 10.000 Metern in Anspruch genommen werden kann.

Wiewohl eine Mindestbegrenzung an Versorgungseinrichtungen grundsätzlich begrüßenswert und  Mindesterreichbarkeitskriterien notwendig sind, so darf nicht außer Acht gelassen werden, dass beide Mindestvoraussetzungen eine bundesweite Flächendeckung garantieren sollen.

Diesem Erfordernis wird aber durch § 7 Abs. 1 leg.cit. nicht entsprochen. Problematisch erscheint - vor allem für den ländlichen Raum - der 10km-Parameter. Aus den Erläuterungen ergibt sich dazu, dass man unter Zugrundelegung einer Reisegeschwindigkeit von 60 km/h von einer Erreichbarkeit innerhalb von 10 Minuten ausgehen könne. Das setzt natürlich voraus, dass die betroffene Person über ein KFZ verfügt. Insbesondere für ältere Personen wird hier die Versorgung nur theoretisch gewährleistet sein, was aufgrund der demographischen Entwicklung zunehmend problematisch werden wird.

Im Unterschied zu den ländlichen Regionen wird für den städtischen Bereich die für die Bürger zumutbare Entfernung zum nächsten Postamt mit lediglich 2.000 m begrenzt. Eine derartige Differenzierung erscheint sachlich nicht gerechtfertigt zu sein, zumal nicht nur – wie in den Erläuterungen ausgeführt – auf die unterschiedlichen „Bewegungsgeschwindigkeiten“ (60km/h und 12 km/h) sondern

auch auf die unterschiedliche Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln im städtischen und ländlichen Raum abgestellt werden sollte.

Zusätzlich angemerkt wird, dass der Ausdruck „Bezirkshauptstadt“ (§ 7 Abs. 1 zweiter Satz) in der österreichischen Rechtsordnung bislang keinen Niederschlag gefunden hat. Dieser Begriff sollte daher im Gesetz näher definiert werden.

 

 

Schließungen

Der Gesetzesentwurf legt zwar eine Zahl von 1650 Postgeschäftsstellen fest, beinhaltet aber keine Vorgabe einer Mindestanzahl an eigenbetriebenen Filialen. Um vorweg weitere Schließungswellen (Umstrukturierungen zu Postpartnern) hintanzuhalten wird auch eine verbindliche Festsetzung der „eigenbetriebenen Filialen“ (Stand 2009) gefordert. Unserer Auffassung nach reicht die vorliegende Formulierung nicht aus, um die Bevölkerung vor weiteren Schließungswellen und den ländlichen Raum vor einer weiteren Aushöhlung nachhaltig zu schützen.

Wie bereits in mehreren Schreiben festgehalten, sollten bei der Übernahme eines Postamtes durch Post-Partner auch attraktive Rahmenbedingungen (Investitionszuschüsse, Provisionen, etc.) durch die Post AG angeboten werden. Dieser Forderung wird der jetzige Entwurf jedoch nicht gerecht. § 7 Abs. 6 leg.cit. enthält dazu lediglich eine „kryptische“ Vorschrift, wonach eine solche Vereinbarung zwischen den beiden Vertragspartnern keine unbillige Belastung enthalten darf. Hier muss klargestellt werden, dass für die fremdbetriebene Post-Geschäftsstelle Verträge angeboten werden müssen, die ihre wirtschaftliche Rentabilität garantieren.

Die im § 7 Abs. 5 und Abs. 7 enthaltenen Mitwirkungsrechte der Gemeinden bei der Schließung von Post-Geschäftsstellen geben im Wesentlichen die derzeitige Rechtslage wieder (vgl. § 4 Abs. 5 PostG und § 3 Abs. 4 der Post-Universaldienstverordnung). Die Rechtsposition der betroffenen Gemeinden geht jedoch nicht soweit, dass sie z. B. eine auf „Nichtuntersagung der beabsichtigten Schließung einer Post-Geschäftsstelle“ lautende Entscheidung der Regulierungsbehörde (vgl. § 7 Abs. 7) vor dem Verwaltungsgerichtshof überprüfen lassen könnte. Auch der Rechtsweg ist den Gemeinden in diesem Fall verwehrt (OGH 20.8.2008, 9Ob 11/08w).

Es sollten daher diesbezüglich die Rechte der betroffenen Gemeinden, eventuell des Post-Geschäftsstellen-Beirates (§ 43) gestärkt werden.

Abzulehnen ist die in § 7 Abs. 7 letzter Satz formulierte Fiktion der Genehmigung der Schließung einer eigenbetriebenen Post-Geschäftsstelle bei Untätigbleiben der Regulierungsbehörde. Demnach gilt eine Schließung als nicht untersagt, wenn das Prüfungsverfahren durch die Regulierungsbehörde nicht binnen drei Monaten erledigt ist. Eine eigenbetriebene Post-Geschäftsstelle sollte vielmehr erst dann geschlossen werden dürfen, wenn ein entsprechender rechtskräftiger Bescheid vorliegt.

 

 

Mindestangebot/Mindesterfordernisse (§ 6 ff.)

Zur Frage der Überprüfung der vom Universaldienstanbieter einzuhaltenden Mindesterfordernisse stellt sich die Frage nach der Datenbasis und der Zugänglichkeit zu diesen Daten. Unseres Erachtens sollte in diesem Zusammenhang ein Einsichtsrecht für Städte- und Gemeindebund gesetzlich verankert werden.

 

 

Ausgleichsfonds

Der Österreichische Gemeindebund steht dem einzurichtenden Ausgleichsfonds grundsätzlich positiv gegenüber. Eine Beschränkung auf konzessionierte Postanbieter mit einem Jahresumsatz von mehr als 500.000 Euro (§ 14 Abs. 2 leg.cit.) wird aber abgelehnt, da auch Postanbieter mit geringeren Jahresumsätzen Marktanteile lukrieren. Es sollte daher nicht auf den Jahresumsatz von Betreibern konzessionierter Postdiensten abgestellt werden.

 

 

Postbriefkästen

Gemäß § 12 Abs. 3 des Entwurfes wird dem Universaldienstbetreibern zur Errichtung und Erhaltung von Postbriefkästen sowie von sonstigen notwendigen geringfügigen Baulichkeiten eine Legalservitut am öffentlichen Gut eingeräumt. Zur Vermeidung von Abstimmungsproblemen (z.B. Errichtung bei oder vor Bauarbeiten, straßenverkehrsrechtliche Probleme usw.) wäre hier unbedingt vorher das Einverständnis der jeweiligen Gemeinde einzuholen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Für den Österreichischen Gemeindebund:

 

Der Generalsekretär:

Der Präsident:

 

 

 

Mödlhammer e.h.

 

Dr. Robert Hink

Bgm. Helmut Mödlhammer