Johannes-Maria Lex

Krausegasse 7a/10

1110 Wien

johannes-maria.lex@aon.at

 

An das

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

begutachtung@bmukk.gv.at

 

An das

Präsidium des Österreichischen Nationalrates

begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

 

Betrifft:          Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Hochschulgesetz 2005 (HG) geändert wird

Bezug:             Geschäftszahl BMUKK-13.480/0006-III/13/2012

 

Unter Bezugnahme auf das Schreiben des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur,  Abteilung BMUKK-BMWF - III/13 (BMUKK - III/13), gebe ich zu dem im Betreff und Bezug näher bezeichneten Entwurf nachfolgende

 

Stellungnahme

 

ab.

 

Qualität und Chancengerechtigkeit der österreichischen Pädagogischen Landschaft stehen im Zentrum bildungspolitischer und gesellschaftlicher Überlegungen dieser Gesetzgebungsperiode.

Eines der zentralen bildungspolitischen Kernprojekte ist die „PädagogInnenbildung NEU“, die die Aus- und Weiterbildung aller Menschen umfasst, die in pädagogischen Berufen tätig sind.

Das Projekt der Pädagoginnen- und Pädagogenbildung NEU sieht eine nach der Bildungshöhe differenzierte Ausbildung vor, die sich durch das Angebot von achtsemestrigen Bachelorstudien und zwei- bis dreisemestrigen Masterstudien in die Systematik der Bologna-Architektur einfügt. Träger der Ausbildungen sind Pädagogische Hochschulen und Universitäten, die unter Schaffung von Synergien im Bereich ihrer Stärken in enger Kooperation PädagogInnenausbildung auf tertiärem Niveau anbieten sollen, wobei das jeweilige bestehende Angebotssegment durch Kooperationen erweitert werden kann.

Die Bachelor- und Masterstruktur betrifft grundsätzlich alle Pädagogischen Berufe: von den Kindertagesstätten über die Volksschule, Neue Mittelschule, AHS, bis zu den Berufsbildende Schulen, etc.

Ausnahmen zur verpflichtenden Absolvierung eines Masterstudiums sind lediglich im Bereich der Berufsbildung, zB für Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen im Rahmen der Berufsbildung mit einschlägiger Berufsausbildung (zB einer berufsbildenden höheren Schule oder einer Meisterprüfung) sowie einer Berufspraxis vorgesehen.

 

Im März 2010 hat die ExpertInnengruppe unter dem Vorsitz von Dr. Peter Härtel den Endbericht „LehrerInnenbildung NEU – die Zukunft der pädagogischen Berufe“ präsentiert. Dieser Bericht hat sich mit wesentlichen Eckpunkten zur Neugestaltung der Aus-, Fort- und Weiterbildung aller pädagogischen Berufe sowie den vorgegebenen inhaltlichen Eckpunkten befasst.

 

Von Mitte November bis Anfang Dezember 2010 fanden mit unterschiedlichen Interessensvertretern bundesweit Stakeholderkonferenzen mit dem Titel „LehrerInnenbildung NEU. Die Zukunft der pädagogischen Berufe“ ein. Neben den zahlreichen positiven Rückmeldungen kristallisierte sich auch ein weiterer inhaltlicher Klärungsbedarf heraus, dem durch eine weiterführende Expertise im September 2010 umfassend Rechnung getragen wurde. So wurden folgende

Themenfelder schließlich zusammenfassend behandelt:

·        Ausbildungsmodell und Einsatz in pädagogischen Berufsfeldern

·        Gestaltung der Induktionsphase

·        Organisationsmodell und Organisationsentwicklung der beteiligten Institutionen

 

Nach Abschluss der vier Stakeholderkonferenzen wurde im Jänner 2011 die Vorbereitungsgruppe unter dem Vorsitz von Univ.-Doz. Dr. Andreas Schnider eingesetzt. Auf Grundlage des ExpertInnenberichts, der vorliegenden Stellungnahmen sowie der weiterführenden Expertise und den Ergebnissen der vier Stakeholderkonferenzen wurden daraus für die Umsetzung der „PädagogInnenbildung NEU“ erarbeitet:

·        Struktur der Ausbildung der PädagogInnen für die Altersbereiche 0-19 Jahre

·        Eckpunkte für Curricula

·        Anforderungen an Träger von PädagogInnenbildung Neu

·        Entwicklungsrat für PädagogInnenbildung Neu

·        Unmittelbarer Handlungsbedarf

 

Im Februar 2012 wurde schließlich der Entwicklungsrat unter dem Vorsitz von Univ.-Doz. Dr. Andreas Schnider eingesetzt. In über 100 intensiven Gesprächen wurden hier in Abstimmung mit den für die Umsetzung relevanten Communities diese Empfehlungen erarbeitet:

·        Gesetzlich zu fixierende Anforderungen an die Ausbildung von PädagogInnen im Elementar-, Primar- und Sekundarbereich (Sek I, Sek II)

·        Professionelle Kompetenzen von PädagogInnen – Zielperspektive

 

Der Vorschlag des Entwicklungsrat sieht folgende Ausbildungswege vor:

·        Elementar- und/oder Primarbereich

·        Sekundarstufe (allgemeinbildend)

·        Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger im Bereich der Allgemeinbildung

·        Berufsbildende Pädagoginnen und Pädagogen mit nicht-tertiärer Fachausbildung

·        Berufsbildende Pädagoginnen und Pädagogen mit tertiärer Fachausbildung

·        Berufsbildende Pädagoginnen und Pädagogen mit tertiärer Fach- und Pädagogikausbildung

 

Für die Umsetzung der vorliegenden Empfehlungen wurden nachfolgende konkrete Umsetzungsdetails genannt, die gemeinsam mit den betroffenen Institutionen in einem Stufenplan für die weitere Umsetzung ausgearbeitet werden sollen, der folgende Rahmenbedingungen berücksichtigen müsste:

1.      die Sicherstellung des ausreichenden Angebots an neuen Lehrerinnen und Lehrern im Schulsystem durch eine ausreichende Anzahl an Absolventinnen und Absolventen an den Ausbildungsinstitutionen in der Umstellungsphase auf die PädagogInnenbildung NEU

2.      die Beachtung der speziellen Lehrkräftestruktur und ihrer Qualifikationserfordernisse zur Sicherstellung der Abdeckung des Bedarfs an neuen Lehrerinnen und Lehrern für das erfolgreiche und qualitativ hochwertige berufsbildende Schulwesen

3.      die Beibehaltung der gegenwärtigen BAKIP-Ausbildung bei gleichzeitiger Schaffung zusätzlicher tertiärer Angebote

4.      eine inhaltliche, organisatorische und personelle Weiterentwicklung der Institutionen, wobei der Schwerpunkt auf die im Regierungsprogramm vereinbarte Weiterentwicklung der Pädagogischen Hochschulen gelegt wird

5.      die Umsetzung der PädagogInnenbildung Neu setzt einen entsprechend abgestimmten Prozess beim neuen Lehrerdienstrecht voraus

6.      das Lehrerdienstrecht neu ist dabei ein zentraler Faktor zur Bewertung der Folgekosten und sollte daher zügig vorangetrieben werden, wobei dies unter Berücksichtigung von Folgekosten in späteren Jahren und unter Beachtung des gültigen Finanzrahmens sowie der internationalen fiskalpolitischen Verpflichtungen geschehen muss.

 

Im Vorschlag des Entwicklungsrates für die PädagogInnenbildung NEU vom 16. 10. 2012 werden gesetzlich zu fixierende Anforderungen an die Ausbildung von PädagogInnen im Elementar-, Primar-, und Sekundarbereich (Sek I, Sek II) festgehalten.

 

Für den Elementar- und/oder Primarbereich heißt es darin:

1.      Bachelorstudium im Umfang von 240 EC; davon:

a.     40-50 EC für allgemeine bildungswissenschaftliche Grundlagen;

b.     120-130 EC für Elementar- und Primarstufenpädagogik und –didaktik mit Schwerpunkt im jeweiligen Altersbereich (Elementar- oder Primarstufe);

c.      60-80 EC Schwerpunktsetzung (z.B. in einem Bildungsbereich, in Inklusiver Pädagogik, in Bilingualer Pädagogik usw.);

d.     pädagogisch-praktische Studien sind zu integrieren;

e.     Maximal 60 EC können für eine Ausbildung im Elementarbereich (BAKIP) angerechnet werden.

2.      Absolvierung einer begleiteten ein- bis zweijährigen Induktion mit positiver Beurteilung, davon 15 EC für begleitende Lehrveranstaltungen, die für ein Masterstudium angerechnet werden können;

3.      für eine dauerhafte Anstellung ist ein Masterstudium mit Bezug zur pädagogischen Tätigkeit und zur Wissenschaft im Umfang von mindestens 60 EC zu absolvieren. Der Anteil für allgemeine bildungswissenschaftliche Grundlagen muss so groß sein, dass zusammen mit dem Anteil im Bachelorstudium mindestens 60 EC im Studium enthalten sind. Falls Elementar- und Primarbereich abgedeckt werden sollen, erhöht sich der Aufwand des Masterstudiums auf mindestens 90 EC

 

All diesen Überlegungen folgen noch die „Erläuterungen zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Hochschulgesetz 2005 (HG) geändert wird“.

 

Wenig konsistent sind diese aber im Gesetzestext selbst nicht mehr vorzufinden. Hier wird lediglich ausgeführt:

30. § 35 Z 1 lautet:

      „1. Bachelorstudien sind Studien, die entweder der wissenschaftlichen Ausbildung in allgemeinen pädagogischen Berufsfeldern (zB Berufstätigkeit an elementarpädagogischen Bildungseinrichtungen) oder als Voraussetzung ­für die Zulassung zu einem Masterstudium für die Erlangung eines Lehramtes (§ 38 Abs. 2) dienen. Der Arbeitsaufwand von Bachelorstudien in allgemeinen pädagogischen Berufsfeldern beträgt mindestens 180 ECTS-Credits bei einer Dauer von mindestens sechs Semestern, jener von Bachelorstudien zur Erlangung eines Lehramts beträgt 240 ECTS-Credits bei einer Dauer von acht Semestern. Diese Studien erfüllen die Anforderungen des Art. 11 lit. d der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, 2005/36/EG.“

 

35. § 38 samt Überschrift lautet:

„Bachelor- und Masterstudien zur Erlangung eines Lehramtes

§ 38. (1) An den Pädagogischen Hochschulen sind Bachelor- und Masterstudien (§ 35 Z 1 und 1a) einzurichten.

(2) Bachelorstudien als Voraussetzung ¬für die Zulassung zu einem Masterstudium zur Erlangung eines Lehramtes schließen mit dem akademischen Grad „Bachelor of Education“ („BEd“) ab. Bachelorstudien werden nach folgender Bildungshöhe angeboten:

        1. Primarstufe,

        2. Sekundarstufe (Allgemeinbildung oder Berufsbildung).

(2a) Bachelorstudien haben Schwerpunktsetzungen vorzusehen (zB inklusive Pädagogik, Berufsorientierung, Elementarpädagogik, Mehrsprachigkeit), aus welchen im Rahmen des Studiums für die Primarstufe jedenfalls, im Rahmen der Sekundarstufe (Allgemeinbildung) dann zu wählen ist, sofern kein zweites Studienfach belegt wird. Die im Schulorganisationsgesetz 1962 (SchOG), BGBl. Nr. 242/1962 in der jeweils gültigen Fassung, genannten Aufgaben der Schularten sind entsprechend zu berücksichtigen.

 

Dem angeblichen Hauptgesichtspunkt des vorliegenden Entwurfes, die Flexibilität des Einsatzes der Pädagoginnen und Pädagogen und die Übergänge zwischen Schulstufen,  Schularten und anderen pädagogischen Einrichtungen zu erleichtern, wird der Gesetzesentwurf damit in keiner Weise gerecht.

 

Weiters wird in den Erläuterungen festgestellt, dass „für das Bachelorstudium für die Primarstufe oder für die Sekundarstufe (Allgemeinbildung oder Berufsbildung)“ „ Schwerpunkte anzubieten“  sind, „zB im Bereich inklusive Pädagogik, Berufsorientierung, Elementarpädagogik oder Medienpädagogik. Im Bachelorstudium für die Primarstufe ist jedenfalls ein Schwerpunkt zu wählen, im Bachelorstudium für die Sekundarstufe können entweder zwei Studienfächer oder ein Studienfach in Kombination mit einem Schwerpunkt gewählt werden.“

 

Auch hier findet sich kein Äquivalent im Gesetzestext.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass dieser Gesetzesentwurf in keiner Weise die Ergebnisse der ExpertInnengruppe unter der Leitung von Dr. Peter Härtel widerspiegelt noch die klaren Entwürfe der Vorbereitungsgruppe unter der Leitung von Dr. Andreas Schnider enthält, sondern sich vielmehr darüber hinwegsetzt und damit die Arbeit und den Einsatz der daran beteiligten Personen und Institutionen in unverständlicher Weise negiert.

 

Es werden weder

1.      die Voraussetzungen für die Etablierung der elementaren Bildung und Erziehung zu einem wesentlichen Bestandteil des Lebenslangen Lernens geschaffen, noch wird

2.      die Aus- und Weiterbildung der ElementarpädagogInnen auf ein Niveau gebracht, mit dem das bildungs- und sozialpolitische Ansinnen, in den Kindertagesstätten seriös und den neuesten Anforderungen frühkindlicher Bildung und Betreuung entsprechend zu realisieren, umgesetzt werden kann, noch werden

3.      die verschiedenen Ausbildungswege für ElementarpädagogInnen unter Gewährleistung der Durchlässigkeit in andere pädagogische Berufsfelder und Sicherstellung des Praxisbezugs festgelegt, womit

4.      ein geschlechterpolitischen Meilenstein gesetzt wäre, da in diesem Berufsfeld vorwiegend weibliche Beschäftigte angestellt sind, also Chancengleichheit und Mobilität schaffen und zugleich mehr Männer für dieses Feld interessiert worden wären.

 

Übergangsregelungen für die in den Kindertagesstätten tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für die derzeit an den Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik bzw. den dort eingerichteten Kollegs und für die MentorInnenausbildung fehlen zur Gänze.

 

Zudem werden in diesem Gesetzesentwurf bereits bestehende Entwicklungen – wie etwa der Verbund der Universität Graz mit der staatlichen und kirchlichen Pädagogischen Hochschule in Graz und der Privaten Hochschule in Eisenstadt völlig negiert, von denen ein gemeinsames Curriculum für die Elementarpädagogische Ausbildung ausgearbeitet ist.

 

In dieser Form ist der vorliegende Gesetzesentwurf daher eindeutig abzulehnen.

 

Wien, am 8. April 2013

 

Johannes-Maria Lex