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28. Mai 2009

 

 

 


Betreff: Stellungnahme zum „Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Stärkung der Liquidität von Unternehmen (Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz – ULSG) erlassen und das Bundesgesetz zur Stärkung des Interbankmarktes (Interbankmarktstärkungsgesetze – IBSG) geändert werden“

 

 

DLA PIPER WEISS-TESSBACH nimmt im Rahmen des Begutachtungsverfahrens zu obigem Gesetzesentwurf wie folgt Stellung:

 

Angesichts der gegenwärtigen globalen Wirtschafts- und Finanzkrise besteht die dringende Notwendigkeit durch staatliche Maßnahmen den Auswirkungen der Krise auf die Realwirtschaft zu begegnen. Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Gesetzesentwurf zu begrüßen, der den Bund in die Lage versetzt, betroffenen Unternehmen den Zugang zu Finanzierungsmitteln durch die Haftungsübernahme für Kredite zu erleichtern. Im Folgenden sollen einige Ausführungen des vorliegenden Gesetzesentwurfes kritisch betrachtet und Vorschläge zu deren Verbesserung unterbreitet werden.

 

1.      Konkretisierung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs 1 Z 5 ULSG

 

§ 2 Abs 1 Z 5 ULSG sieht als Voraussetzung für eine staatliche Haftungsübernahme vor, dass vor dem 1. Juli 2008 eine gesunde wirtschaftliche Basis des Unternehmens vorlag und „aufgrund von Vorschauen zu erwarten ist, dass das Unternehmen die garantierten Verbindlichkeiten während der Laufzeit der Haftung vereinbarungsgemäß erfüllen kann.“ Wenngleich sich der Gesetzgeber durch die vage Formulierung des § 2 Abs 1 Z 5 ULSG einen weiten Ermessenspielraum bei der Anwendung des ULSG zu wahren sucht, wäre im Sinne erhöhter Transparenz, Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit eine Konkretisierung der Vorschrift in zweifacher Hinsicht zu begrüßen:

 

Im Rahmen des Gesetzesentwurfes erfolgt keine Definition dergesunden wirtschaftlichen Basis eines Unternehmens. So könnte zur Bestimmung der gesunden wirtschaftlichen Basis etwa darauf abgestellt werden, ob der Bilanz des Unternehmens im letzten Geschäftsjahr vor dem 1. Juli 2008 ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk durch einen österreichischen Wirtschaftsprüfer erteilt wurde. Gelingt der Nachweis eines solchen, könnte vom Vorliegen „einer gesunden wirtschaftlichen Basis des Unternehmens“ ausgegangen werden. Auch die Kriterien des § 22 Abs 1 URG könnten in diesem Zusammenhang herangezogen werden. Aus gemeinschaftsrechtlicher Perspektive könnte das Vorliegen einer gesunden wirtschaftlichen Basis aber auch als Gegenstück zum „Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten“ iSd Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien (ABl der EU Nr C 244/2 v 1.10.2004) verstanden werden. Mangels Definition eines „gesunden Unternehmens“ seitens der Kommission könnte daher angenommen werden, dass sämtliche Unternehmen, welche nicht die in den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien festgelegten Voraussetzungen für ein Unternehmen in Schwierigkeiten erfüllen, als gesund zu werten sind.

 

Eine Konkretisierung der „gesunden wirtschaftlichen Basis“ sollte jedenfalls im Rahmen der noch zu erlassenden Richtlinien zum vorliegenden Gesetzesentwurf erfolgen.

 

Eine Konkretisierung sollte gleichermaßen für das zweite Kriterium des § 2 Abs 1 Z 5 ULSG „wenn aufgrund von Vorschauen zu erwarten ist, dass das Unternehmen die garantierten Verbindlichkeiten während der Laufzeit der Haftung vereinbarungsgemäß erfüllen kann“ erfolgen. Dieses Kriterium hat im Rahmen der zu erlassenden Richtlinien insofern Konkretisierung zu erfahren, als festgelegt werden sollte, wer derartige Vorschauen durchzuführen hat und nach welchen Kriterien diese zu erstellen sind. Zur Klarstellung sollte festgehalten werden, dass die Vorschau nicht nach zu strengen Kriterien erstellt werden sollte, sodass keine allzu große Hürde für die Unternehmen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Innanspruchnahme staatlicher Garantien entsteht.

 

2.      Ausweitung des § 4 Abs 3 ULSG auf alternative Kreditgeber

 

§ 4 Abs 3 ULSG normiert, dass die Haftung nur für Kreditverträge von Unternehmen iSd § 2 mit Kreditinstituten, die über die Berechtigung verfügen, in Österreich Bankgeschäfte gem. § 1 Abs 1 Z 3 BWG auszuüben, übernommen werden dürfen. Im Rahmen des ULSG sind daher ausschließlich Kreditverträge mit österreichischen Kreditinstituten erfasst, während alternative Kreditgeber unberücksichtigt bleiben.

 

Insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass eine Vielzahl der Finanzierungen in der Praxis durch Private Equity Fonds oder Mezzaninfonds im Rahmen einer Investition erfolgen, erscheint eine Beschränkung auf Kreditinstitute in vorliegendem Zusammenhang unangemessen. Wir regen eine entsprechende Ausweitung der Vorschrift auf alternative Anbieter an. Dies nicht zuletzt auch deshalb, um eine ungerechtfertigte Begünstigung der Banken vor alternativen Anbietern  zu vermeiden. Dies wäre letztendlich möglicherweise auch aus der Sicht des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts problematisch.

 

3.      Auskunfts- und Einsichtsrechte des Bundes gemäß § 4 Abs 9 Z 8 ULSG

 

§ 4 Abs 9 Z 8 ULSG sieht die Auskunfts- und Einsichtsrechte des Bundes als eine der Auflagen für die Haftungsübernahme vor. § 4 Abs 10 ULSG sieht in diesem Zusammenhang vor, dass in den Haftungsverträgen die Rechte des Bundes iSd § 66 Abs 2 Z 1 BHG zwingend vorzusehen sind. Diese erstrecken sich auf jederzeitige Buch- und Betriebsprüfung sowie auf jederzeitige Einsichtnahme in die sonstigen für die Wahrnehmung seiner Pflichten und Rechte erforderlichen Aufzeichnungen und Belege des Schuldners.

 

Dem Gesetzesentwurf ist hingegen - zu Recht - nicht zu entnehmen, dass dem Bund im Falle einer Haftungsübernahme über § 66 BHG hinausgehende Kontrollrechte - wie insbesondere Zustimmungsrechte im Rahmen der Geschäftsführung sowie Nominierungs- oder Entsendungsrechte in die Aufsichtsorgane - im Hinblick auf das begünstigte Unternehmen eingeräumt werden, was im Übrigen auch keineswegs gerechtfertigt erschiene. Dies wird begrüßt.

 

Allerdings sollte die Bestimmung insofern eine Änderung erfahren, als das im vorliegenden Entwurf vorgesehene jederzeitige Buch- und Betriebsprüfungsrecht sowie das jederzeitige Einsichtsrecht allenfalls zu üblichen Geschäftszeiten und ohne Beeinträchtigung des üblichen Geschäftsbetriebs auszuüben ist. Diese Konkretisierung des Auskunfts- und Einsichtsrecht des Bundes - die wohl im beiderseitigen Interesse liegt - sollte jedenfalls im Rahmen der gem. § 4 Abs 9 ULSG noch zu erlassenden Richtlinien zum vorliegenden Gesetzesentwurf entsprechend Berücksichtigung finden.

 

4.      Risikoklassen gemäß § 4 Abs 7 iVm Abs 9 ULSG

 

In § 4 Abs 7 und Abs 9 ULSG ist sinngemäß von „Risikoklassen“ in Bezug auf die eine Haftung in Anspruch nehmenden Unternehmen die Rede.

 

Im Unterschied zu den im BWG vorgesehenen Risikoklassifizierungen der Kreditnehmer ist im gegenständlichen Zusammenhang der Begriff der „Risikoklassen“ undeutlich bzw. nicht näher definiert.

 

Auch spricht der in der Praxis erforderliche Verhandlungsspielraum dafür, eine Bandbreite des durch den Bund zu übernehmenden Haftungsrahmens und zwar bis zu 70 % vorzusehen, nicht jedoch starre Haftungsquoten.

 

§ 4 Abs 7 wäre demnach entsprechend anzupassen, in Abs 9 hätte die Bezugnahme auf die „Risikoklassen“ zu entfallen.

 

5.      Haftungsentgelt gemäß § 4 Abs 8 ULSG

 

Das zu vereinbarende Haftungsentgelt soll in angemessener Weise die im Einzelfall gegebene Risikolage berücksichtigen. Diesem Angemessenheitserfordernis steht das Interesse des Unternehmens gegenüber, mit einem möglichst geringen Aufwand im Zusammenhang mit der Liquiditätsmaßnahme belastet zu sein.

 

Es erscheint durchaus gerechtfertigt und wirtschaftlich nachvollziehbar, bei der Höhe des Haftungsentgeltes im § 4 Abs 8 ULSG auch auf die durch das begünstigte Unternehmen bestellten Sicherheiten Bedacht zu nehmen.

 

Mit der Bezugnahme auf den Begriff „Deckungsquote“ in Abs 8 ist offensichtlich das betragsmäßige Haftungsvolumen, nicht jedoch der in Abs 7 ausgewiesene Prozentsatz gemeint. Entsprechend wäre dieser Begriff sinngemäß durch „Haftungsvolumen“ zu ersetzen.

§ 4 Abs 8 sollte daher dahingehend ergänzt werden, dass dieser lautet wie folgt:

 

„(8) Für die Übernahme der Haftung ist vom Unternehmen ein dem Haftungsvolumen, der Laufzeit der Haftung und dem Risiko des Bundes, insbesondere der durch das Unternehmen bestellten Sicherheiten ein angemessenes Haftungsentgelt zu entrichten.“

 

6.      „Gleichrangige Sicherstellung“ gemäß § 4 Abs 9 Z 4 ULSG

 

In § 4 Abs 9 Z 4 ULSG ist vorgesehen, dass der Bundesminister für Finanzen in den dort vorgesehenen Richtlinien nähere Regelungen hinsichtlich der „gleichrangigen Sicherstellung“ für den Bund erlässt.

 

Jedenfalls in bestimmten Fällen der Kreditbesicherung ist eine derartige „gleichrangige Sicherstellung“ rechtlich nicht darstellbar wie etwa bei Hypotheken, die insbesondere in ihrer Ausgestaltungsform als Höchstbetragshypotheken typischerweise der Besicherung aller aus der bankmäßigen Geschäftsbeziehung resultierenden Verbindlichkeiten bis zum Höchstbetrag dienen.  

 

Sinngemäß sollte daher § 4 Abs 9 Z 4 dahingehend geändert werden, dass dieser lautet:

 

„4. Sicherstellung der Verpflichtungen gegenüber dem Bund“.

 

Wir ersuchen um entsprechende Berücksichtigung im Rahmen des Begutachtungsverfahrens.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH

 

 

Dr. Wieland Schmid-Schmidsfelden eh.