Stellungnahme zur Dienstrechts-Novelle 2013 - Pädagogischer Dienst (542/ME):
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!
Als Lehramtsstudent verfolge ich mit Interesse die Ideen für ein neues
Lehrerdienstrecht. Zum aktuellen Begutachtungsentwurf möchte ich heute
von meinem Recht nach einer Stellungnahme Gebrauch machen und Ihnen
gerne meine Gedanken zukommen lassen:
Der Begutachtungsentwurf zum neuen Lehrerdienstrecht ist in höchstem
Maße ungerecht, nicht praxistauglich und inakzeptabel. Ich ersuche
hiermit alle Beteiligten, so ein neues Lehrerdienstrecht beschlossen
werden soll, dieses mindestens in den hier aufgelisteten Punkten
abzuändern.
Ich habe, wie tausende andere junge Menschen auch, das Lehramtsstudium
unter der Annahme begonnen, dass mich dann im Beruf als Lehrer auch
faire Arbeitsbedingungen erwarten. Bei genauer Durchsicht der
Begutachtungsvorlage zum neuen Lehrerdienstrecht musste ich allerdings
mit großem Erschrecken feststellen, dass, so es Gesetz wird, alle
neuen Lehrkräfte um einen großen Teil ihrer vormaligen Anrechte
gebracht werden. Danach Ende meines Studiums ganz andere, unfaire!,
Bedingungen gelten sollen, als zu Studienbeginn, fühle ich mich von
der Politik betrogen und bitte daher, den Gesetzesentwurf in folgenden
Punkten abzuändern.
Anmerkung: Die hier angeführten Kritikpunkte beziehen sich, sofern
nicht anders angeführt, auf AHS-Lehrer.
1) Der Begutachtungsentwurf sieht vor, dass Lehrer aller Schultypen
gleich viele Stunden (24 Wochenstunden) in der Klasse zu stehen haben
und dafür auch denselben Gehalt bekommen. Diese Regelung muss ich aus
Schärfste zurückweisen, da sie höchst ungerecht ist: Unterrichtsstunde
ist nämlich nicht gleich Unterrichtsstunde! Lehrende an Volksschulen
brauchen kaum eine Schulstunde zuhause nachzubereiten (die
Korrekturarbeit ist minimal) und auch die Vorbereitung auf die
einzelnen Stunden fällt aufgrund der einfachen Thematik und der
geringeren Lerngeschwindigkeit von Volksschülern gering aus.
Demgegenüber haben AHS-Lehrende jede Stunde detailliert vorzubereiten
(den Anforderungen älterer Schüler entsprechend muss komplexes
Material zusammengestellt werden) und langwierig nachzubereiten (z.B.
in den Hauptfächern nach fast jeder Stunde Korrektur von mehrseitigen
Hausübungen, komplexen und teils mehrstündigen Schularbeiten). Die
minimale "Fächerzulage", die der Begutachtungsentwurf vorsieht (und
noch dazu in den 13. und 14. Monatsgehalt nicht einmal einbezieht),
ist eine Farce!
Hier soll und muss der Grundsatz gelten: Alle Lehrer gleich viel REALE
Arbeit! Und reale Arbeit muss den hohen Vor- und Nachbereitungsaufwand
von AHS- und BMHS-Lehrern mitberücksichtigen! Lehrende in AHS und BMHS
darf nicht signifikant mehr Arbeitsbelastung abverlangt werden, als
Volksschullehrer. Dies wäre höchst ungerecht und hat in einer
egalitär-demokratischen Gesellschaft nichts verloren!
2) Zwar sollen die Einstiegsgehälter angehoben werden, allerdings
verbunden mit einer gravierenden Absenkung der Gehaltssteigerungen.
Höhere Einstiegsgehälter wären prinzipiell zu begrüßen, da v.a. auf
junge Menschen große finanzielle Herausforderungen zukommen. Dass
damit eine Abflachung der Lohnsteigerungskurve einhergeht, ist
nachvollziehbar und absolut verständlich. Jedoch darf und kann es
nicht sein, dass die Abflachung derart verstärkt wird, dass unterm
Strich der Lebensverdienst einer Lehrperson deutlich niedriger
ausfällt, als nach dem derzeitigen System. Im gesamten Berufsleben
werden AHS-Lehrende ca. 20% weniger verdienen, als bisher, und das bei
gestiegener Arbeitsbelastung! Das kann und darf nicht sein!
Lehrerinnen und Lehrer sind heute besser ausgebildet denn je und
stehen immer höheren Verantwortungen gegenüber (wie bspsw. der Einsatz
innovativer Methoden, steigende bürokratische Anforderungen und dgl).
Insofern ist es inakzeptabel, Ihren Schritt öffentlich als großen
Fortschritt zu vermarkten, wenn er doch in Wahrheit eine drastischen
Kürzung des Lebensverdienstes bedeutet! Für ein derart perfides Spiel,
Wahrheiten zu verdrehen, sollte sich keine Partei eines demokratischen
Staates hergeben!
3) Zusätzlich werden mit dem neuen Dienstrecht auch alle Zulagen für
Sonderbelastungen der Lehrer (wie Zulage für Betreuung von
Kustodiaten, für Leiter von mehrtägigen Schulveranstaltungen u.ä.)
entweder komplett gestrichen oder massiv gekürzt. Auch hier ist
nachzubessern, denn die genannten Zusatzarbeiten sind ja weiterhin
zusätzlich zum normalen Unterricht zu verrichten und müssen dann aber
auch entlohnt werden!
4) Das neue Dienstrecht zielt darauf ab, die Lehrer und Lehrerinnen
aller Schultypen gleichwertig zu entlohnen. Dies ist durchaus ein
nobles Motiv, v.a. wenn man sich die derzeitigen Einstiegsgehälter von
Volksschullehrenden vor Augen hält.
Jedoch muss auch hier differenziert werden: Derzeit betreiben wie ich
jährlich tausende junge Menschen ein Lehramtsstudium, das zum
Lehrdienst an AHS und BHMS befähigt. Dieses Studium dauert mindestens
9 Semester, also viereinhalb Jahre (wobei die durchschnittliche
Studiendauer aufgrund überhöhter Studienanforderungen aber deutlich
darüber liegt). Volks- und Hauptschullehrer müssen derzeit jedoch nur
eine dreijährige Ausbildung absolvieren. Diese können also um 2 Jahre
früher in den Beruf einstiegen und verdienen dementsprechend um zwei
Jahresgehälter mehr bzw. dürfen um zwei Jahre früher in Pension gehen.
Insofern sehe ich es nicht ein, dass beide Lehrergruppen gleich
entlohnt werden sollen, wenn doch AHS und BHMS-Lehrer um zwei Jahre
mehr Lebenszeit in ihre Ausbildung investieren!
Fakt ist, dass die Lehrerausbildung ja ebenfalls harmonisiert werden
soll, damit in absehbarer Zukunft alle Lehrer dieselbe
Ausbildungsdauer haben. Bei gleicher Ausbildung macht eine gleiche
Bezahlung schon mehr Sinn. Für jene Studierende, die allerdings noch
nach dem alten System studieren (das ja für die nächsten Jahre und
alle Studierende, die nach diesem System ihr Studium begonnen haben,
weiterhin Gültigkeit hat!), sollte aber auch am Gehalt weiterhin
differenziert werden. Wer mehr Zeit in sein Studium steckt und somit
besser ausgebildet wird, ist auch entsprechend zu entlohnen! Ansonsten
würde Fleiß ja bestraft werden. Dies würde sich schwerlich mit den
Grundsätzen einer fairen und demokratischen Gesellschaft vereinbaren
lassen.
5) Leider sieht der Begutachtungsentwurf vor, dass das neue
Lehrerdienstrecht NICHT, wie so gerne über die Medien verlautbart,
erst auf jene Lehrer anzuwenden ist, die mit dem Schuljahr 2019/2020
neu zu unterrichten beginnen. Auch jene, die früher eingetreten sind,
aber nur einen befristeten Dienstvertrag bekommen haben, würden dann
zwangsumgestellt. Dies bedeutet dann eine doppelte Verschlechterung,
da jene Personen zunächst nach einem befristeten Vertrag nach altem
Dienstrecht geringere Einstiegsgehälter bekommen, um dann, nach der
Zwangsumstellung, auch noch geringere Mittel- und Endgehälter bekommen.
Ich empfehle dringend, das neue Dienstrecht nur auf jene Lehrer
anzuwenden, die mit dem Schuljahr 2019/2020 ganz neu zu unterrichten
beginnen.
6) Immer wieder wurde verlautbart, Lehrer sollen durch zusätzliche
administrative Kräfte an den Schulen entlastet werden, damit sie sich
stärker auf ihre eigentliche Aufgabe, die Vermittlung von Kompetenzen
und Wissen, konzentrieren können. Das neue Lehrerdienstrecht erwähnt
diese administrativen Kräfte aber in keinem Wort. Hier muss also auch
nachgebessert werden.
7) Bezüglich der Regelung für neu einsteigende Junglehrer muss ich
folgendes bemerken: Es ist unmöglich, von diesen die volle
Lehrverpflichtung zu verlangen, wenn sie doch gleichzeitig auch noch
hospitieren sollen, durch Mentoren betreut werden sollen und auch noch
pädagogische Kurse zu besuchen sind.
8) Um als Mentor für Junglehrer und Lehrer in Ausbildung eingesetzt
werden zu dürfen, muss man als bestehender Lehrer ab dem Schuljahr
2029/2030 eine Ausbildung im Ausmaß von 90 ECTS-Anrechnungspunkten
vorweisen. Das entspricht 3 Semestern VOLLZEITSTUDIUM, also eineinhalb
Jahren Vollzeitarbeit. Es ist unmöglich, dass ein Lehrer neben seiner
vollen Lehrverpflichtung (also 1 Vollzeitjob) sich diesen
Mehrbelastungen einer viel zu aufgeblähten Mentorenausbildung
aussetzt, und das alles auch noch ohne Bezahlung für den Mehraufwand!
9) Die österreichischen Lehrerinnen und Lehrer investieren (so sie
motiviert sind) sehr hohe Beträge ihres privaten Verdienstes in
Unterrichtsmaterialien. Sprachlehrer kaufen beispielsweise Lehrfilme,
CDs mit Hörübungen, zusätzliches Übungsmaterial, Lehrprogramme usw.
Zudem arbeiten sie mit ihren eigenen, privaten, Geräten (PC zuhause)
und müssen sich ihre Büromaterialien stets selbst finanzieren. Leider
haben die österreichischen Schulen kein Geld, um diese Materialien und
Arbeitsgeräte zur Verfügung zu stellen. Sogar die örtlichen
Finanzämter streuben sich gegen so manchen Steuerausgleich unserer
Lehrer, die lediglich Druckerpatronen oder Internetgebühren für ihren
BERUFSGEBRAUCH von der Steuer absetzen wollen. In keiner anderen
Branche ist denkbar, wie viele Dienstmittel sich unsere Lehrerinnen
und Lehrer selbst zu finanzieren haben. Einerseits wird der Einsatz
innovativer Methoden und Materialien gefordert, andererseits übernimmt
der Staat Ausgaben, die über das Schulbuch hinausgehen, nur in äußerst
beschränktem Maße.
Ich erwarte mir deshalb sehr, dass das neue Dienstrecht auch auf diese
Auslagen Rücksicht nimmt, indem z.B. jedem Lehrer ein gewisses Budget
für Büroartikel und Unterrichtsmittel eingeräumt wird.
10) Lehrerinnen und Lehrer sind die einzigen Arbeitnehmer Österreichs,
die sich keinen einzigen Tag im Jahr frei nehmen können. Dass dies
durch die langen Ferienzeiten gerechtfertigt wird, ist zum Teil
sicherlich nachvollziehbar. Zugleich muss aber auch bedacht werden,
dass engagierte Lehrer während des Schuljahrs weit mehr als die in
anderen Branchen üblichen 38,5 Wochenstunden leisten (siehe
Arbeitszeitstudie der Gewerkschaft) und zudem auch noch viele Ausgaben
aus eigener Tasche zu leisten haben (siehe oben).
Ich würde mir sehr wünschen, dass Lehrer in Ihrem neuen Dienstrecht
die Möglichkeit bekommen, sich jährlich 3-4 Tage frei nehmen zu
dürfen. Wenn dadurch der Gehalt minimal niedriger ausfallen sollte,
wäre das immer noch ein großer Fortschritt!
Da der derzeitige Begutachtungsentwurf insbesonders für AHS und
BHMS-Lehrende einen gravierenden Rückschritt bedeutet, und, wie
angeführt auch höchst ungerecht ist, erwarte ich mir dringend eine
Behebung der hier geschilderten Probleme.
mit freundlichen Grüßen,
Martin Fritz, B.A.