OStR. Mag. Peter Rindler

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Parlament und BKA

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Graz, am 19.9.2013

Stellungnahme zur Dienstrechts-Novelle 2013 – Pädagogischer Dienst

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

In offener Frist übermittle ich Ihnen meine Stellungnahme zum oben zitierten Entwurf, wobei ich mich auf die Problematik der Induktionsphase und die Rolle der Mentorinnen und Mentoren beschränke, ohne damit zu sagen, dass ich mit den anderen Punkten der vorliegenden Dienstrechts-Novelle einverstanden wäre.

Ich mache diese Bemerkungen mit der Erfahrung als langjähriger ARGE-Leiter und Landesfachkoordinator für Französisch in der Steiermark, als Fachdidaktiker im Unterrichtspraktikum der PH Steiermark, als Betreuer von Unterrichtspraktikanten an der Schule sowie als Mitarbeiter an der Entwicklung der Lehrpläne für die lebenden Fremdsprachen der Allgemeinbildenden Höheren Schulen.

Ich gebe ausdrücklich die Erlaubnis zur Veröffentlichung dieser Stellungnahme.

Zur Ausgangslage: Unterrichtspraktikum in der aktuellen Form

Derzeit ist der Unterrichtspraktikant[1] in einem Ausbildungsverhältnis und hat ein Anrecht auf einen Ausbildungsplatz, um die Anstellungserfordernisse für den Bundesdienst zu erfüllen. Die Stunden dazu sind an der Schule vorhanden, da es reguläre Stunden des Betreuungslehrers sind.

Dieser hospitiert, hilft bei den Vorbereitungen, der bei Erstellung von Übungs- und Testmaterial, bei der Nachbereitung und bei der Beurteilung. Er greift, wenn nötig, korrigierend ein und gibt Tipps.

Durch die Reduktion der Unterrichtserteilung auf zwei Klassen ist eine gewissenhafte Einführung in den Schuldienst mit seiner komplexen Struktur gewährleistet, der Unterrichtspraktikant hat die nötige, längere Zeit für die Vorbereitung, kann neue Unterrichtsformen ausprobieren und sinnvoll nachbereiten und auswerten.

Für die einschlägigen Veranstaltungen der Pädagogischen Hochschulen ist er freigestellt, was im Schulablauf keine Probleme ergibt, da der Betreuungslehrer die Stunden des Unterrichtspraktikanten übernimmt.

Die geplante Induktionsphase

Die zukünftige Induktionsphase in der derzeitigen Planung ist ein Dienstverhältnis, auf das kein Anrecht besteht. Der Absolvent eines Lehramtsstudiums kann also bei Nichtvorhandensein von verfügbaren Unterrichtsstunden an einer Schule seine Ausbildung nicht abschließen und erfüllt somit die Anstellungserfordernisse nicht.

Dieser Fall ist nicht unwahrscheinlich, haben die Schulen doch im Normalfall keine „Reserven“ an Stunden für etwaige Neueinsteiger, sondern haben die Stunden, um das Stammpersonal zu beschäftigen.

Der wahrscheinlichere Fall ist, dass der „Induktionsphasant“ zwei bis sechs Stunden in einem reduzierten Dienstverhältnis bekommt, somit auch nur die anteilsmäßige Entlohnung. Dies allerdings würde ihn in ein prekäres Dienstverhältnis treiben.

Die Zuverdienstmöglichkeiten in diesem prekären Dienstverhältnis sind auch gering, da er ja am Vormittag unterrichten muss und am Nachmittag an den „Induktionsveranstaltungen“ der Universität bzw. Pädagogischen Hochschule teilnehmen muss. Ein zusätzliches Arbeitsverhältnis, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, wäre somit nur am Abend oder an den Wochenenden möglich.

Eine Dienstfreistellung für den Besuch der Veranstaltungen der Induktionsphase auf der Universität bzw. der Pädagogischen Hochschule ist nicht vorgesehen. Im Falle von Schulveranstaltungen kann er also diese Induktionsveranstaltungen nicht besuchen, was in ungünstigen Konstellationen (Konferenzen, Sprechtage, Teambesprechungen etc.) bewirken könnte, dass diese Induktionsveranstaltungen nicht angerechnet werden und die ganze Induktionsphase dadurch nicht bestanden sein könnte. Kompensationsleistungen bzw. eine Wiederholung der Induktionsphase sind nicht vorgesehen.

Sollte der „Induktionsphasant“ tatsächlich eine volle Unterrichtsverpflichtung von 24 Stunden erhalten, so würde das für ihn allein aus dem Titel der Unterrichtsvorbereitung, Unterrichtserteilung und Unterrichtsnachbereitung großzügig geschätzt eine Arbeitswoche von 48 Stunden bedeuten, wenn man in Betracht zieht, dass ein in diesen Tätigkeiten ungeübter Mensch mindestens eine Stunde pro gehaltener Stunde vorbereiten muss, im Normalfall mehr. Dazu kommen noch verpflichtende Hospitationen bei anderen Lehrern und die verpflichtenden Induktionsveranstaltungen der universitären Einrichtungen. Wann soll dies gemacht werden?

Außerdem muss der „Induktionsphasant“ innerhalb der ersten fünf Jahre ein volles Masterstudium absolvieren. Sollte dies nicht innerhalb dieser fünf Jahre der Fall sein, ist das ein Kündigungsgrund, auch wenn er das Masterstudium später beendet hat. Dieser Kündigungsgrund gilt nach diesem Entwurf auch weiterhin, auch nach 15 Dienstjahren.

Ich frage, wie neben dieser schier unbewältigbaren Belastung ein Junglehrer vielleicht auch noch eine Familie gründen soll, geschweige denn die nötige Zeit für diese finden soll?

Mentorentätigkeit

Eine Mentorentätigkeit, die ein zusätzliches dreisemestriges Studium erfordert und anschließend bei drei betreuten „Induktionsphasanten“ brutto 2.100,00 € im Jahr bringt (netto bei den derzeitigen Steuersätzen 1.100,00 €) bei gleichzeitiger Einrechnung von nur einer Wochenstunde, ist für den geforderten Arbeitsaufwand (Hospitationen, Besprechungen etc.) schlichtweg eine Zumutung.

Fazit:

Der vorliegende Entwurf der Dienstrechts-Novelle ist für junge Kolleginnen zeitlich und/oder finanziell unzumutbar, treibt sie in prekäre Dienstverhältnisse und kann durch die knappen Zeitressourcen die Qualität des Unterrichts keinesfalls steigern. Ich fordere das Parlament und die Regierung daher auf, diese Passagen im Geiste der alten Regelung des bewährten Unterrichtspraktikums zu ändern, um auch in Zukunft unseren Kindern qualitätsvollen Unterricht bieten zu können.

 

Graz, am 19. September 2013

 

 

 

OStR. Mag. Peter Rindler

 



[1] Personenbezogene Formen umfassen gleichermaßen Personen männlichen und weiblichen Geschlechts