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Die Personalvertretung und

der Gewerkschaftliche Betriebsausschuss

des BORG I, Hegelgasse 14, 1010 Wien

 

Stellungnahme zum Entwurf des Neuen Lehrerdienstrechts

Angesichts der Flut von heftigen Reaktionen der Öffentlichkeit auf die Ablehnung des Entwurfes des Neuen Lehrerdienstrechts durch die Gewerkschaft möchten wir einige Punkte aus unserer Sicht klarstellen.

Laut Aussage der Ministerin soll dieses Dienstrecht dazu beitragen, die Qualität des Unterrichts an österreichischen Schulen zu erhöhen, um Schulabgänger im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähiger zu machen. Unserer Einschätzung nach kann das neue Dienstrecht dazu nicht beitragen.

Das Image der österreichischen LehrerInnen ist in den letzten Jahren vielfach durch das Beibehalten von alten, längst nicht mehr gültigen Klischees geschädigt worden. Es ist an der Zeit, diese längst überholten Vorstellungen mit der tatsächlichen Realität abzugleichen. Die Vorschläge der Frau Bundesministerin gehen vielfach total an dieser Realität vorbei. Grundsätzlich sei festgehalten, dass das Bildungssystem eines Landes keineswegs dem Dienstleistungssektor zuzuordnen ist. Die Erziehung und Bildung der nächsten Generation erfordert ein positives und gedeihliches Zusammenarbeiten aller Schulpartner, der Eltern, LehrerInnen und SchülerInnen, was bedeutet, dass jeder der drei Teile die entsprechende Verantwortung für die Resultate trägt – eine wache, leistungsfähige junge Generation heranzubilden, die in Zukunft Aufgaben übernehmen und erfolgreich durchführen kann. Das kann nicht durch einen einseitigen Input der Lehrer Innen geschehen. Das Elternhaus muss Vorarbeit und begleitende Unterstützung bieten und die SchülerInnen müssen bereit sein, die Angebote der LehrerInnen auch aktiv wahrzunehmen und umzusetzen.  Passives Konsumieren geht eindeutig an der Zielsetzung vorbei. Das große Privileg eines kostenlosen, allen zugänglichen Schulsystems darf nicht missbraucht werden. Nicht umsonst haben LehrerInnen in Ländern, die in internationalen Studien gut abschneiden, einen hohen Sozialstatus. Tendenziell stellen pädagogische Institutionen vom Kindergarten bis zur AHS-Oberstufe fest, dass Kinder deutlich weniger Kulturtechniken und Erfahrungen aus dem Elternhaus mitbringen als vor einigen Jahren. Diese Defizite sollen die genannten Institutionen zusätzlich zu ihren traditionellen Aufgaben ausgleichen, was die Anforderungen an die PädagogInnen deutlich erhöht hat. Die Schere zwischen dem, was Kinder mitbringen und dem angestrebten Erziehungs- und Bildungsziel ist deutlich größer geworden.

Das Neue Lehrerdienstrecht nimmt darauf keineswegs Rücksicht. Der gravierendste Punkt in diesem Zusammenhang ist die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung auf 24 Stunden für alle LehrerInnen ohne Unterschied der Fächergruppen. Das ist vor allem für alle ‚Korrekturfächer‘ (Deutsch, Fremdsprachen, Mathematik) eine gravierende Verschlechterung der bestehenden Situation. Für SprachlehrerInnen bedeutet das ca. 2 Klassen mehr (pro Klasse durchaus mehr als 30 SchülerInnen, was sich besonders für Deutsch verheerend auswirkt.

Zur vieldiskutierten Arbeitszeit der LehrerInnen sei in diesem Zusammenhang bemerkt, dass sich Forderungen wie ‚die LehrerInnen sollen immer bis 16.30 in der Schule bleiben und dort ihre Arbeit machen‘, oder ‚die LehrerInnen sollen mehr in den Ferien arbeiten‘ an diesem Punkt ad absurdum führen. Sicherlich ist niemand daran interessiert, dass wir die Arbeit, die in Stoßzeiten (Matura, Schularbeiten etc.) über diesen Zeitrahmen zu leisten ist, in den Sommerferien machen. LehrerInnenarbeit ist in vielen Fällen termingebunden und lässt sich weder vorher noch nachher erledigen.

Was den Anreiz der höheren Einstiegsgehälter anbelangt, ist er schwer erkauft: 24 Stunden in der Klasse zu stehen und sämtliche Mehrarbeiten im Zusammenhang mit dieser Erhöhung der Lehrverpflichtung durchzuführen ist eine Belastung, die sicher nicht zu einer Steigerung der Qualität des Unterrichts und der Betreuung führen kann. Nicht grundlos entscheiden sich schon jetzt viele KollegInnen für eine Reduzierung. Im Vergleich zum bestehenden Dienstrecht bedeutet der Gesetzesvorschlag aber auf alle Fälle gravierende finanzielle Einbußen in der Lebensverdienstsumme (rund 20% Gehaltsverlust für masterwertig ausgebildete LehrerInnen).

Auch die weiteren Nivellierungen im Entwurf des Neuen Lehrerdienstrechts sind nicht geeignet, bestehende Mängel zu verbessern. Das ‚All-in-Paket‘ ohne Zulagen kann kein Anreiz für besonderes Engagement sein. Das neue vierjährige Bachelorstudium als Unterrichtsqualifikation in allen Schularten bedeutet sicherlich einen Qualitätsverlust, nicht nur für den Unterricht in der Oberstufe. Es kann keine Qualitätsverbesserung sein, dass nach dem Neuen Dienstrecht LehrerInnen auch für Unterrichtsgegenstände verpflichtet werden können, für die sie nicht lehrbefähigt sind.

Es besteht kein Zweifel, dass in den letzten Jahren die Anforderungen an die LehrerInnen bezüglich Dokumentation, Layout von bestimmten Übungsformaten, Einsatz verschiedener Medien etc. stark gestiegen sind. Zusammen mit zahlreichen administrativen Tätigkeiten und den gestiegenen Erfordernissen der Teamarbeit, Betreuungstätigkeit, Kooperation mit außerschulischen Stellen und Organisation schulischer Aktivitäten hat sich das Arbeitsausmaß außerhalb der eigentlichen Unterrichtstätigkeit stark vergrößert.

Die Ausstattung der Arbeitsplätze an den Schulen entspricht nach wie vor keineswegs dem gängigen Bürostandard. Das in anderen Ländern bereitgestellte Unterstützungspersonal (PsychologInnen, SozialarbeiterInnen, administratives Personal) ist im Gesetzesentwurf nicht vorgesehen.

Im Sinne einer gedeihlichen Entwicklung des Bildungssystems ist es unabdingbar, Bedingungen zu schaffen, die die Leistungen aller, der Lehrenden und Lernenden positiv unterstützen und bestärken. Das Neue Dienstrecht in der vorliegenden Form entspricht dem in weiten Bereichen nicht.

OStR Mag. Marie-Theres Schmetterer

OSR Angela Ludwig

Im Namen des Lehrköpers des BORG Hegelgasse 14, 1010 Wien